Volltext Seite (XML)
irr irren. öenerfolg ?fg. d in der tt. elir. «le» S08 ^richeint L>ir>lstag, Donners. ^8 un) Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich I Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für Sie Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Aloritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode. Annahm« »,n Inserat» bi« »«»mittag z« Nh». Inserat» wrrdrn mit w p für bl» Lpaltztil« b«r«Hn»t rabellarisch« Satz nach d»s»nber»m Taris Druck und Oerlag vor. Hermann Rühle m Gcoß-GkrtUa. Lür die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla NA tt einen ! iten ver- » lüorf mer kN ort oder bereer- <>II rrl». k I lrilla. st 2V ktS Mcb. » besonder« geniert. n 3 Stnd> lde. Der 8 erteil^ Lv Saal : nicht tr ¬ au, aße l k'- n l s. lfung l. 8 Mg. rrüfung- Lo. 43. 7. Jahrgang. Mittwoch, den 8. April 1908. Oertliches und Sächsisches. Gtiendorf-Dkrilla, den?. April 1908. —* Es soll vereinzelt vorgekommen sein, daß Betäubungsmittel, insbesondere Aufgüffe von Mohn, zum Einschläfern kleiner Kinder benutzt werden. Da ein solches Gebalpen zweifellos gesundheuliche Gefahren, insbesondere für die geistige Entwickelung der Kinder in sich schließt, hat das Königliche Ministerium des Innern unterm 26. Februar d. I. an geordnet, daß die Behörden und Bezirksärzte ihre Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand lenken und bei Vorkommnissen dieser Art. welche zu ihrer Kenntnis gekommen sind, durch Belehrung und Verständigung der Eltern auf Beseitigung der Unsitte nach Kräften hin wirken. Königsbrück. Der Gutsbesitzer Aestel in Neukirch hat durch den Biand am 19. August vorigrn Jahres, bei dem sein? Scheune mit sämtlichen Erntevorräten und vielen Wirtschafts- Aegenständen abbrannte, einen schweren Schaden erlitten Aestel hat G nehm gung zur Ver anstaltung einer Geldsammlung im Bezirke der Kgl Amtshauptmannschaft Kamenz erhalten. Dresden. Am umgangenen Sonntag, den ä. d. M. fi l abends gegen 7 Uhr ein an getrunkener Mann — nach den Ermittelungen ein Tapezierer aus Pieschen — oberhalb der Nugustusbrücke von der Kaimauer aus in die Elbe. Obwohl er schwimmend das Ufer iu erreichen suchte, konnte er an dem Leinpfade dem nassen Element nicht entrinnen und wäre tvohl ertrunken, wenn nicht von dem in der Nähe liegenden Personendampfer Stadt Wehlen ber erste Steu rmann Rosche, der zweite Steuermann Hauschild, der erste Bootsmann Busse und der zweite Bootsmann Hayde mit anerkennungswerler Schnelligkeit das Rettungs boot des Dampfers klar gemacht, dem Manne bochgefahren und ihn an Land geschafft hätten, bon wo aus er auf polizeiliche Weisung »tittelS Droschke nach dem Siechenhaus über geführt wurde. — In Deuben erhielt am Sonntag abend Kl Gastwirt Ehrlich, der wegen eines zer brochenen Tellers streitenden böhmischen Arbeitern lein Lokal verwies, durch den A'beiler Josef Hertlicka aus Hainsberg einen gefährlichen Stich in den Unterieib. Mit vieler Mühe tvurde der Messerheld der sich tätlich an den Beamten vergriff arretiert. Ehrlich liegt schwerkcank darnieder. Pirna. In der kürzlich abgehaltenen Frühjahrs - Abgeordneten - Versammlung des ^ebirgSvereinS g.hdrte das öffentliche Interesse besonders der Aussprache über das sogenannte Kletterverbot. Nach längerem Meinungsaus- litusch fand ein von der Ortsgruppe Dresden gestellter Antrag Annahme, laut welchem an bm Gesamtvorstand das Ersuchen ergeht, sich bsit den am K ettersport interessierten Ver enigungen in Verbindung zu setzen, um beglichst Erleichterungen für die Ausübung bieseS Sportes bezw die Herstellung geeigneter Einrichtungen — es ist in dieser H »sicht Namentlich die Herstellung besonderer Kletter- kege ins Auge gefaßt — mit der Kgl. Forst - Behörde zu vereinbaren. Meißen. Infolge eines in der Nähe vor- gekommenen Falles kam im hiesigen Tierschutz- berein zur Sprache, daß viele Pferaeschlächter Nebenerwerb den Pferdehandel betreiben, infolge der Verbindung dieser beiden Gewerbe lnnnnt es vor, daß die altersschwachen oder Zanken Tiere von dem Pferdeschlächter wieder Erkauft weiden. Dabei ist es vorg,kommen, °aß solche arme Tiere »ach dem Weiterverkäufe jum Steinefahren und and ren schweren Arbeiten verwendet worden sind. Solch Endlichen Mißbrauch entgegenzuwirken, wendet ßch der genannte Ticrschutzverein — übrigens b" mitgliederreichste in Sachsen und durch die ^chutzberrschaft des Königs von wachsen aus gezeichnet — mit der Bitte an alle Pferde ¬ besitzer, zum Schlachten bestimmte Pferde nur gegen schriftlichen Vertrag auszuliefern, in welchem die sofortige Tötung festgelegt ist, und sich zu weiterer Siche, heit ein Kennzeichen des getöteten Tieres ein Ohr, einen Huf usw auszubedingen. Leipzig. Ein Unbekannter stahl in einer Wohnung in der Dürrenberger Straße in L.-Lineenau, wo er sich einschlich, eine Brieftasche aus braunem Leder, enthaltend einen Fünfhundert- und einen Zwanzigmark schein. Der Spitzbube, der gesehen wurde, als er das Haus verließ, ist etwa 28 Jahre alt, von kräftiger Gestalt, hat dunkles Haar, dunklen Schnurrbart — In einem herrschaftlichen Hause in der Springerstraße drangen Diebe mittels Nach schlüssels in ein Fremdenzimmer ein, stahlen daselbst eine Anzahl Betten und verpackten diese in einem Neisekorbe. Als die Spitzbuben im Begriff war n, das.Grundstück zu verlaßen kamen Hausbewohner hinzu. Die Ertappten ließen ihre Beute im Stich und ergriffen die Flucht in der Richtung na^ dem Rosenticke zu Es gelang auch nicht, ihrer habhaft zu werden. — In der Affäre der Ermordung des Buchhändlers Artur Giegler war vor längerer Zeit der 27 jährige Buchdrucker Oswald Walter Schmidt aus der Kuchengartenstraße in Leipzig- Reudnitz in Haft genommen worden. Die Verhaftung erfolgte unter dem Verdacht, daß Schmidt an den Schwindeleien beteiligt sei, die die Mörderin Döll nach ihrer grausen Tat verübte, um weitere Geldmittel zu erlangen. Wie jetzt verlautet, ist die Untersuchung gegen Schmidt auf die Beihilfe zum Mord aus gedehnt worden. Schmidt hatte bekanntlich längere Zeit zu den meistbegünstigten Lieb habern der Döll gezählt. Er galt in früheren Zeiten als vermögender Mann, hatte aber du ch leichtsinnigen Lebenswandel sein Ver wögen bald durchgebracht. Die Ausdehnung der Untersuchung auf Schmidt der neuerdings an der Mordaffäre als beteiligt gilt, dürste auch der Anlaß s.in, daß der Fall Döll noch nicht in der jüngsten Schwurgerichtsperiode zur Verhandlung kam Ob gegen die Döll und ihren Helfershelfer in der nächsten Schwur- gerichlsperiode verhandelt werden wird, steht noch nichl fest. Mittweida. Eine im Gasthof Reichskrone im nahen Altmittweida von sozialdemokratischer Seile aus einbcrufene öffentliche Turner versammlung, in der Genosse Wolke aus Löbeln die deutsche Turnei schäft in heftigen Worten angriff und für den sozialdemokratischen Arbeiterturnerbund Propaganda machte, wurde wegen lumultarischen Verlauf der Versammlung polizeilich aufgelöst. Flöha Die hiesige Polizei verhaftete einen Burschen, der einen geladenen Revolver, scharfe Patronen, eine DiebeSlaterne und eine Anzahl Schlöffel bei sich trug. Man ver mutet in ihn einen Leipziger Verbrecher. Chemnitz. In Ebersdorf bei Chemnitz bat sich auf der Freitreppe eines Hauses der 43 Jahre alte Schuhmachergeselle Ferdinand Richter aus Salupitz in Böhmen (Kreis Saaz) mit Blausäure vergiftet Er starb nachts im dortigen Gemeindehause. Lugau. Infolge des unterirdischen Kohlen abbaues machten sich im Lugau-Oelsnitzer Kohlen revier schon seil Jahren, wie auch in der letzten Zeit, Bodensenkungen bemerkbar So haben sich in Oelsnitz, Lugau und Gersdorf in Gebäuden Risse gezeigt. In Lugau mußte sogar schon in der Nähe des Bahnhofes ein Teck eines Hauses abgetragen werden Aue. Der hiesigen Polizei gelang es, den Brandstifter, der hier eine Herrn Kommerzien rat Gautenberg gehörige Scheune angezündet hatte, in dem wegen fahrlässiger Brandstiftung bereits vorbestraften Arbeiter Kraus zu er mitteln. Es konnte noch nicht festgestellt werden, ob er auch die anderen in der letzten Zeit hier vo, gekommenen Scheunenbrände ver ursacht hat. — Von frevelhafter Hand wurde eine größere Anzahl an der Schneeberger Straße refindlicher junger Obstbäume mit einem charfen Beil derart beschädigt, daß sie nicht weiter gedeihen können. Auerbach. Da die hiesigen Fleischer dem Ansuchen des Stadtrats um Herabsetzung der Fleischpreise nicht entsprochen haben, hat der Stadtrat beschlossen, das öffentliche Aushängen der Fleischpreise auf sogenannten Preistafeln nach dem Vorgänge der Städte Leipzig, Chemnitz. Annaberg usw. anzuordnen. Die Verordnung ist sofort in Kraft getreten. Die Fleischer protestieren nun geg en diese Ver fügung Oelsnitz. Hier brannte das Bleische Wohnhaus nebst Scheune vollständig nieder. Es war das älteste Haus am Orte und wurde im Jahre 1558 erbaut. Eingesandt. Zur Wahlrechtsreform, ii. Wenn die Konservativen den Wähler nach, einer Steuerleistung abwiegen, legen die Nastonalliberalen Wert auf Bildung. Auch zu dieser Frage einige Worte. In unserer Zeit, in^ der so gern vom „Kampf ums Dasein" geredet wird, erfreut sich Bildung mit Recht eines guten Ansehens, und man versteht zunächst darunter, daß jeder Mensch, ob groß, ob klein, mit einer möglichst großen Menge von Kenntnissen bereichert werd. Und gewiß, das ist nötig. Niemand kann heute mehr ein solch beschauliches Leben führen, als ehedem. Ob Bauer oder Hand- w rker oder Arbeiter, sie müssen alle einen ge- w ssen Schatz von Wissen h^ben, um an der Jagd nach dem Glücke teilnehmen zu können. Landwirtschaftliche, Gewerbe-, Fortbildungs schulen und ähnliche Anstalten sind aus dieser richtigen Erkenntnis heraus entstanden. Und soll die Zukunft unseres deutschen Vaterlandes gesichert sein, so muß einzig und allein gefordert werden, daß der deutsche Arbeiter ein Qualitäls- arbeiter sei. Seitdem vor einem halben Jahrhundert über die Erzeugnisse der deutschen Industrie das bittere, aber gerechte Wort siel, billig und schlecht, suchte man durch Ausbildung der Handwerker und Arbeiter diesem Uebel ab zuhelfen. und wenn heute Deutschland unter den W-ltvölkern groß dasteht, fo ist das nicht zum letzten der geistigen Hebung des deutschen Volkes zu danken. Lie Maschine die anfangs die Arbeit des Menschen übernahm und ihn verdrängte, ist allmählich aus der Herrin zu einer Dienerin geworden, und unser Ziel, dem wir zusteuern, muß dahinlauten: Unsere Industrie muß mit Hilfe der Maschine Waren Herstellen, die andere Völker nicht Herstellen können. Industrielle Erzeugnisse, die geringen Eigenwert haben, überlassen wir zur Herstellung Völkern, die wirtschaftlich und geistig unter uns stehen. Besteht Bildung also zunächst in Erwerb von Wissen und Ausbildung von körperlichen Fähigkeiten, so gehört doch auch noch ein zweit-s dazu: Kultur des Gemütes und Willens. Hierher rechnen wir alles das, was unter Sittlichkeit, Tugend, Religion verstanden wird. Und indem die Notwendigkeit der geistigen Hebung des Volkes gefordert wurde, ist oft vergessen worden die zweite Forderung: Der Mensch sei eine sittliche Persönlichkeit! Wie (weit ein Mensch gebildet ist, das ist abhängig von verschiedenen Möglichkeiten: Einmal vom Vorhandensein natürlicher An lagen, dann vom entsprechenden Willen, von örtlichen Verhältnissen und endlich von Geld mitteln. Ist doch die Bildungsfrage eine Geldfrage vor allen Dingen, oder anders gesagt: Wer heute arme Eltern hat, kann seine Anlagen, wenn überhaupt, so doch nur in geringen Maße ausbilden. Hat der Vater Geld, kann der Sohn eine höhere Schule be ¬ suchen. Die Universität ist den niederen Kreisen fast ganz verschlossen. Nach einer Zusammenstellung, die ich über den Besuch der preußischen Universitäten im Jahre 1902/03 vor mir habe, kommt auf 100000 Köpfe der Bevölkerung ein Student, dessen Vater im Hausdienst oder Lohnarbeit beschäftigt ist. Von den 16 467 Studierenden überhaupt waren 11 Studierende Söhne von Arbeitern, 11 von niederen Bediensteten, 117 von unteren Militärbeamten. Es wird wohl niemand sich getrauen, zu sagen, diesen Kreisen fehle die geistige Fähigkeit zum Studium. Und wieviel geistige Kraft geht durch unser heutiges Bildungssystem verloren. Ehe man auf Bildung ein besonderes politisches Recht bezüglich der Wahlen legt, schaffe man auch dem Armen die Möglichkeit, seine ihm ge gebenen Anlagen auszubilden, sonst häuft man zu einer Ungerechtigkeit noch eine zweite. In der Wahlrechtsdeputation ist man sich auch bewußt, daß eine höhere Bewertung der Bildung nicht durchzuführen ist. Es kann nicht ohne weiteres, wohl gar schwarz auf weiß oder durch Zensur, jedem Wähler bescheinigt werden, wie weit und tief seine Bildung sich erstrecke. Vielleicht würde es helfen, wenn vor den Wahlen entsprechende Prüfungen abgehalten würden. Die Wahlrechts schmiede haben sich geeinigt, statt Bildung Vorbildung zu setzen, und merken dabei nicht, daß sie damit aus dem Regen in die Traufe kommen. Maßgebend soll das Einjährig- FreiwilligenzeugniS sein, als ob in diesem Zeugnis nun auch gleich die Garantie gegeben sei, daß der Inhaber Tüchtigeres leiste und moralisch höher stehe - als einer ohne dieses Zeugnis. Der Mann mit gut bestandenem Exam-n ist nicht immer derjenige, der die beste Arbeit leistet. Beweis dafür ist der Burökratismus, über den mit Recht geklagt wird. Vielleicht wäre Bismarcks Werk der Deutschen Einigung und Machlentfaltung noch größer gewesen, wenn er ein Or. vor seinem Namen geführt hätte Und all unsre Denker und Dichter und Sänger hätten dem deutschen Volke reichere Schätze htnterlassen, wenn sie die höchsten Staatsprüfungen bestanden hatten. Klingt das nicht wie Hohn und Mißachtung? Wer einen Menschen nur nach seiner Vor bildung bewertet, vergißt dabei, daß auch durch eigene, anhaltende Arbeit jemand sich bilden kann. Und wir wollen uns freuen, daß in unserem Volke ein Hungern und Dürsten nach Wahrheit wohnt, in der Gegenwart vielleicht mehr als je. Wer das nicht zugcstehen will, der besuche söffentliche Versammlungen, Fort bildungskurse, Volksbüchereien und vieles andere, Hier kommen und sagen: Das Einjährig- Freiwilligerzeugnis gibt erst dem Menschen vollen Wert, heißt nicht anderes als diesen suchenden Volksmafsen die gebührende An erkennung versagen. Nichts wird hemmender für die Entwickelung einer Persönlichkeit als Verachtung seines redlichen Mähens. Soll unser Volk geistig und sittlich höher kommen, dürfen ihm nicht Steine in den Weg geworfen werden, wie sie Zusatzstimmen auf Vorbildung werden müssen. Werfen wir nun noch einen Blick auf die zweite Seite der wahren Bildung, auf Moral und Sittlichkeit, da kann die geringer geachtete Masse des Volkes einem Vergleich mit den ge bildeten Ständen in ernster Ruhe entgegen setzen. Sie kann hier nur gewinnen an eigenem Werte. Und sollte des alles noch nichts sein, das Streben des Volkes nach vorwärts und seine moralische Tüchtigkeit, so mögen sich die Feinde eines freiheitlichen Wahlrechtes sagen lassen: Der wahrhaft Gebildete sieht nicht mit Verachtung auf die, die nicht zu seiner Höhe klimmen konnten. Er steigt zu ihnen hinab, um sie höher und höher zu führen, und in der Anerkennung ihres redlichen MühenS gewinnt er ihr Vertrauen und ihren Dank.