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Die „Ottendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich , Mark. Durch die Poft bezogen 1,20 Mark. Lokalzeitung für dis Ortschaften GtLendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und Deutsche Mode A»n«hm« »»o Arsmaten bi« »»»mittag t« Uhr-i Inserat« werden mit zo PI 'für di« Spaltzetle berechn» Labellarischer'Satz nach besonderem Laris Druck und Verlag von Hermann Rühle in Sraß-Gkrilla. Hur die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Vkrilla Nr. 100. Sonntag, den 19. August 1906. 5. Jahrgang. Orrtliches und Sächsisches. Mttendorf-DkriUa, den ,8. August ^us. — Das Ende der Hundstage naht und damit der Abschluß des eigentlichen Sommers, wenn der Sommer offiziell auch noch einen Monat währt. Schon jetzt sprechen wir vom Spät« oder Nachsommer, Das Tagesgestirn, Frau Sonne, nimmt ihren Lauf nicht mehr so hoch, wie vor wenigen Wochen noch, es scheint, als ginge ihr die „Puste" aus, und das abendliche Dunkel senkt sich bereits frühzeitig hernieder. Welcher Unterschied zwischen Mitte Juni und Mitte August I In der achten Abendstunde schon müssen wir unsere Zuflucht zur künstlichen Beleuchtung nehmen, wenn es gilt, noch Arbeit zu leisten. Wir haben aber immer noch auf viele schöne Tage zu rechnen und die Natur bietet, wenn man auch schon braunes Laub und „Blatt um Blatt" fallen sieht, noch viel, viel Reizvolles. Ja, das farbenprächtigste Bild kommt erst noch, wenn sich das Laub der Bäume bunt färbt. Und doch, die Anzeichen dafür, das wir, wenn auch langsam, so doch mit unfehlbarer Sicherheit einer anderen Jahreszeit entgegengehen, mehren sich. Dazu gehören unter anderen die Preis listen, die uns jetzt, wie alljährlich um diese Zeit, von den Kohlenfirmen ins Haus geschickt werden. Wollen wir uns nicht selbst schädigen so müßen wir diesen Listen Aufmerksamkeit und der Aufforderung zum Kohleneinkauf Gehör schenken, denn zur Zeit sind noch die üblichen Sommerpreisermäßigungen für Kohlen in Geltung, während vom 15. ^September ab die „Winterpreise" in Kraft treten, die höher sind. Ein fürsorglicher Hausvater rechnet da mit, diesmal umsomehr, weil ein weiteres An ziehen der Kohlenpreise mit Bestimmtheit er wartet werden kann. Wir hatten unseren lieb werten Freund im Winter, den Ofen ganz vergeßen, nun werden wir an ihn und den Tribut, den er fordert, unliebsam erinnert, und das in den Hundstagen, da die Sonne noch heiß brennt, — o Ironie des Schicksals. — Einen Feuer-E-mittlungsapparat hat angeblich ein Landmann erfunden und paten- lieren laßen. Der Apparat besteht aus vier Pfeilscheiben und einen Situationsplan. Die Pfeilscheiben werden in den vier Himmels richtungen ausgestellt und je zwei entgegen gesetzte für eine Messung gebraucht. Der Ort de» Brandes, der sich durch Rauch oder Feuer schein bemerkbar macht, liegt im Schnittpunkt der Visierlinien und kann in wenigen Sekunden auf dem Situationsplan festgestellt werden. Für die Feuerwehr auf dem Lande bietet fraglos der Apparat große Vorteile, weil er einen Zeitverlust durch langes Suchen der Brandstelle vermeidet. — Ueber die zuläßige Zahl von Lehrlingen in Handwerksbetrieben sind immer noch irrige Ansichten verbreitet. Es sei daher auf die in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen hingewiesen, da Zuwiderhandlungen unter Um ständen die Gültigkeit der Lehrverträge ausheben können. Es dürfen nämlich Handwerker, die ohne Gesellen arbeiten, nicht mehr als zwei Lehrlinge gleichzeitig halten, und Handwerker die mit Gesellen arbeiten, dürfen erst auf je zwei Gesellen einen weiteren Lehrling halten. Da die Unkenntnis oder Nichtbefolgung dieser Borschristen nicht nur für die Lehrmeister, sondern insbesondere auch für die Lehrlinge unangenehme Folgen haben kann, seien haupt sächlich auch die Väter und Vormünder von Knaben, die später in das Lehrverhältnis treten sollen, daraus aufmerksam gemacht. Dresden. Ein recht bedauerlicherUnglücks- fall ereignete sich gestern früh auf der Freiberger Straße. Während ein beladener und mit Mehreren jugendlichen Arbeitern bespannter P-agen der Knaoenbeschästigungsanstnlt von Edmund Müller in Vorstadt Löbtau die ab- Wssige Straße an der Eisenbahnüberführung m -er Nähe der Siemensschen Glasfabri laßierte, stolperte ein Knabe und riß im Fallen einen Nachbar mit sich. Da der ziemlich um- ängliche Wagen nicht mit Bremsvorrichtung ausaestattet ist, war ein sofortiges Anhalten unmöglich, und di: Räder gingen einem Knaben über die Brust, während der andere am Zug land noch ein Stück neben dem Wagen her geschleift wurde und sich eine starkbiutende Vunde am Unterschenkel zuzog. Ter über ahrene Knabe war unfähig, aufzustehen, und >at innere Verletzungen erlitten. Man brachte ihn nach dem Krankenhause. Weißig bei Bühlau. Der Bahnbau auf jiesiger Flur hat seit einigen Wochen begonnen. Das Bahnhofsgebiet ist durch Ausschachtungen und Schleusenanlagen deutlich zu erkennen. Von der Königlichen Generaldirektion der Sächsischen Staatsbahnen wurde der Kantinen- retrieb für den Bau auf Weißiger Flur den leiden Restaurateuren Fischer und Kirsten über tragen. Schandau. Der Waßerstand der Elbe ist m der letzten Woche weiter zurückgegangen. Die Uferländereien sind waßerfrei. Zwischen Laube und Schandau sind eine Anzahl böhmischer Flöße auf das seichte Ufer geraten und liegen etzt ganz auf dem Trockenen. Sie müßen, levor sie weiterfahren können, erst Wasserwuchs abwartsn, da ein Abbringcn unmöglich ist. Die Frachtschiffe können kaum noch mit halber Ladung fahren; eine Anzahl liegt auf dem Grunde fest. Der Schiffsverkehr ist ein ziemlich schwacher. Meißen. Kurz vor der Durchfahrt durch die hiesige alte Brücke riß heute mittag bet einem auf der Bergfahrt begriffenen Schlepp zuge ein die Schleppkähne verbindendes Draht est. Nur durch rasche Ankerwerfung wurden die Kähne zum Stillstand gebracht und Havarie vermieden. Mühlberg a. d. E. Im Verlaufe des Schweinemal ktes machte sich ein starker Rück gang der Preise für Ferkel und Läuferscheine geltend, sodaß die Preise wesentlich niedriger waren als auf den vorhergehenden Märkten. Händler kauften nur wenig auf, sodaß der Markt nicht geräumt wurde. Döbeln. Das Königliche Ministerium des Innern erteilte die vom apostolischen Vikariat Dresden nachgesuchte Genehmigung einer öffentlichen Geldsammlung für Errichtung eines Gebäudes zur Abhaltung katholischen Gottes dienstes und Religionsunterrichtes. Die Ein sammlung von Gaben in den Häusern ist ver boten. Freiberg. Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich gestern Mittag am hiesigen Petriturm, der gegenwärtig mit einem neuen Abputz versehen werden soll. Der Kupserschmiede- meister Kupferschmied von dort halte sich auf den Turm begeben, um Messungen an dem Kupferdach für spätere Ausbesserungen vorzu nehmen und war zu diesem Zwecke aus der unmittelbar über dem Mauerwerk des Turmes liegenden Lucke herausgetreten. Dabei ist er infolge der durch den einsetzenden Sprühregen entstandenen Glätte von der Kupferplatte, auf der er stand, ausgeglitten und herabgestürzt. Da es gerade Mittagspause war, wurde auf dem am Turme angebrachten Fahrgerüst nicht gearbeitet. Der herabstürzende Körper des Verunglückten schlug zunächst auf das Dach der am Fuße des Turmes ausgestellten Bretterbude auf, in der die Winden für das Emporziehen und Herablassen des FahrgerüsteS montiert sind Jnjolge des Aufpralls wurden die Bretter durchschlagen. Darunter stand ein Mörtslfaß, auf welches der Verunglückte dann mlt dem Kopfe aufschlug. Dabei wurde ihm eine Hälfte des Kopfes vollständig abgerissen. Der Tod muß auf der Stelle eingetreten sein. Von Glück kann noch ein Arbeiter sagen, der unter der Bude beim Mittagsmahl saß, daß er nist von dem Herabstürzenden getroffen wmde. D e Höhe, aus welcher der verunglückte abstür^, dürfte wenigstens 45 Meter betragen. In ganzen mißt der Turm bis zum Knopf 71,208 Mk. Kupferschmied war ein geborener Oesterreicher uud 64 Jahre alt. Er wollte gestern Abend eine Reise nach seiner Heimat nach Wien, unternehmen. Bereits im vergangenen Jahre befand sich der Verunglückte bei einer von ihm ausgcführten Reparaturarbeit an dem Doch des Turmaufbaues in ernstlicher Gefahr abzustürzen, und er leitete damals die Erzählung dieses Vorfalls einem Bekannten gegenüber mit den Worten ein: „Der Petriturm ist heute bald mein Tod gewesen. Cunnersdorf bei Frankenberg. Nahe der elterlichen Wohnung spielte hier das sechsjährige Söhnchen des Architekten Günther mit anderen Kindern auf der Straße. Dabei wollte es kurz vor einem langsam heranfahrenden schwer beladenen Sandfuhrwerk die Straße überschreiten Dadurch scheute das eine Pferd. Während nun der Geschirrführer das Pferd beruhigen wollte war das arme Kind zu Fall gekommen und der schwere Wagen fuhr über des Knaben Kopf und Arm hinweg. Der Tod des beklagens werten Kinde trat infolge der schweren Verletzungen sofort ein. Zittau. Ueber das Auftreten der Nonnen falter hat die hiesige städtische Forstmeisterei einen Bericht erstattet, nach welchem der Kampf gegen die Nonnenfalter mit größter Be schleunigung und größtem Eifer ausgenommen worden ist. Für das Sammeln der Schädlinge das hauptsächlich durch Schulkinder geschieht, sind im ganzen etwa 5 000 M. in den sächsischen und 300 Kronen in den böhmischen Revieren der Stadt bezahlt worden, für das Stück einen bis ein zwanzigstel Pfennig Zwenkau. Vom Amte suspendiert wurde ein hiesiger Schutzmann, der sich einen Miß brauch seiner Amtsgewalt gegenüber einigen Patientinnen des Krankenhauses hatte zu schulden kommen laßen, Wie weit der Schutzmann da bei noch mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt geraten ist, muß die eingeleitete Untersuchung ergeben. Leipzig. Eine unangenehme Ueberraschung wurde einem Herrn zu teil, als er vom Bayrischen Bahnhofe hierselbst mit dem Alpen sonderzug abdampsen wollte. Kurz vor Ab gang des Zuges erschien ein Gerichtsvollzieher auf der Bildfläche, der von den Reisenden die Begleichung einer Schuld forderte. Da dieser sich hierzu nicht gutwillig verstehen wollte, mußte der Gerichtsvollzieher die Hilfe eines Schutzmannes in Anspruch nehmen, worauf die Angelegenheit geregelt wurde. Böhlitz-Ehrenberg. Ein schweres Ver brechen ist am Freitag nachmittag im hiesigen Orte entdeckt worden. Von verschiedenen Paßanten, welche über die Leutzsch-Wahrener Brücke gingen, war gesehen worden, wie in dem schmutzigen Waßer des Luppenflusses von Leipzig kommend, ein Kindesleichnam anschwamm. Einer dieser Passanten erstattete sofort Anzeige bei der hiesigen Gemeindebehörde, da der Leichnam nach hiesigem Orte zuschwamm und es. an der Hängebrücke festhängen bleiben müsse. Dies war jedoch nicht der Fall. Nach längeren Suchen wurde die Leiche kurz über der Flurgrenze des Forstreviers Burgaue an einem im Waßer stehenden Weidenstrauch fest angeschwemmt vorgefunden und ans Land ge bracht, worauf die Leiche polizeilich aufgehoben wurde. Es wurde hierauf festgestellt, daß es ein neugeborenes Kind weiblichen Geschlechtes war, welches schon längere Zeit im Waßer gelegen haben kann, denn es zeigte teilweise schon deutliche Spuren der Verwesung. Das Kind war sehr kräftig entwickelt. Der Kopf war mit einem ziemlich großen Leinwandtuche eingehüllt. Unter diesem Tuche befand sich über dem arg zerquetschten Gesicht ein Stüc Packpapier. Das Tuch war mit einer Schnüre fest um den Hals des Kindes gewickelt. Im übrigen war die Leiche vollständig nackt. Die Leiche wurde bis zur weiteren Verfügung der Königlichen Staatsanwaltschaft m die Leichen ¬ halle zu Gundorf gebracht. Dortselbst fand m Gegenwart der Gerichtsbehörden durch vers chiedene Gecichtsärzte die Sezierung der Leiche tatt. welche ergab, daß das Kind tatsächlich gelebt hat. Doch ließ sich die Todesursache nicht mehr genau feststellen. Nachdem der Befund festgestellt worden war, wurde die Leiche aus dem Friedhöfe zu Gundorf beerdigt. Stollberg. Ein bedauerticher Vorgang rüg sich im benachbarten Gablenz zu. Die 32 Jahre alte Fabrikarbeitersehefrau Hedwig Zschunke spülte im Dvrsbache Wäsche. Hierbei erlitt dte junge Frau einen Krampfanfall. Sie kürzte ins Waßer und ertrank. Glauchau. Der Kampf gegen die Bierpreis erhöhung spitzt sich jetzt anch in unserer Stadt immer mehr zu; namentlich ist in den Arbeiter kreisen die Erregung gegen die Brauereien groß. In einer nach dem Weißen Roß ein- lerufenen Volksversammlung wurde mit den Ringbrauereien scharf ins Gericht gegangen und eine Resolution angenommen, in welcher die Handlungsweise der Brauereien scharf ver urteilt und beschloßen wird, kein Bier aus diesen Brauereien, zu welchem Preise sie es auch liefern, zu trinken. Die Versammlung verpflichtet sich, nur ringfreies Bier zu alten Preisen zu trinken und wo dies nicht angängig andere Getränke zu genießen, ferner wurde noch beschloßen, die Namen der Ringbrauereien öffentlich bekannt zu geben. 17 hiesige Wirte beziehen bereits, um dem Publikum entgegen zukommen, ihr Bier aus einer benachbarten ringfreien Brauerei und verschänken wieder das alte Maß zu den srühreren Preisen, „Netzschkau. Schon seit Jahren erhielten die hiesigen Einwohner anonyme Briefe, ohne daß es bisher gelungen wäre, den Täter zu ermitteln. In letzter Zeit wurden sogar in der Umgegend von Netzschkau an Waldsäumen usw. große Plakate vorgefunden, auf denen gegen Netzschkauer Einwohner die gröblichsten Be leidigungen geschrieben standen; die Plakate waren zum Teil mit Blut bespritzt. Jetzt ist es endlich einigen Männern gelungen, den Täter in der Person eines Arbeiters namens Blei, auf den man schon früher Verdacht hatte, auf frischer Tat zu ertappen; er hatte eben einige von ihm geschriebene Plakate in der oben« geschilderten Weise angebracht. Blei wurde verhaftet. Falkenstein. Entfert hat sich am 15.August der hier zuletzt in Stellung gewesene 19 Jahre alte Handlungsgehilfe Kurt Funke, nachdem er sich dahin ausgesprochen, daß er in Leipzig Selbstmord begehen wolle. Der Verschwundene ist mittelgroß und schmächtig; er hat dunkel blondes, etwas gelocktes Haar. Ebmath i. V. Für das hiesige Neben zollamt ist ein Automobil beschafft worden. Die hier stationierten Grenzbeamten sollen da durch in den Stand gesetzt werden, Schmuggeleien zu verhüten und flüchtende Pascher leichter ein zuholen. Johanngeorgenstadt. Den Beschluß des hiesigen Stadtgemeinderates, den Rathaussaal zu Uebungen des Arbeiterturnvereins herzugeben hatte der Bürgermeister beanstandet. Die Amtshauptmannfchaft Schwarzenberg hat darauf hin in einhelliger Uebereinstimmung mit dem Bezirksausschüße der Beanstandung zugestimmt der Rathaussaal darf daher dem Arbeiter turnvereins zu turnerischen Zwecken nicht her- gegeben werden. Oelnitz i. E. Eine Zwickauer Automobil droschke wollte auf der Straße nach hier drei vorschriftswidrig fahrenden Radlern ausweichen und fuhr dabei auf einen Steinhaufen und in den Straßengraben. Verletzt wurde niemand. Plauen. Mit dem Ausschachte» einer Hauptschleuse beschäftigte Arbeiter stießen wenige Meter vor dem unteren Tore des Schloßhofes auf eine Oeffnung, die sich bei näherer Unter suchung als ein untenrtischer Gang heraus stellte. Er führt durch den Schloßhof nach bem Hotel Blauer Engel hinab-