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Der Große Friede. Ei» Gedenkblatt znr 250. Gedenkfeier des Westfälischen Friedens, 24. Oktober. Von Di-. Hans Hasselkamp. (Nachdruck verboten.) Im Jahre 1645 wanderte durch Deutschland eines jener illustrirten Flugblätter, die dazumal die Stelle von Zeitungen ver traten. Da sah man an einem Tische, den, nach Rang und Würde geordnet, die europäischen Herrscher und die deutschen Reichsstände umgaben, den Papst, einen Jcsuitenpriester und einen evangelischen Doktor in Bcralhung an einem Tische sitze». Aber ihre Verhaut», lung wird durch eine Erscheinung gestört. Jesus selbst tritt in d.n Saal, seine Wnndeu bluten, er trägt das Schmerzenskreuz und warnend hebt er die Rechte gegen die Rathpfleger. Der Slrafengel folgt ihm, der die Ruthen von Pestilenz, Schwert und Hunger in seinen Händen trägt, vor ihm aber knieen die unschuldigen Seelen der umgebrachtcn Kinder und heben jammernd die Hände zu ihm empor. Und Jesus kann, wie der Text sagt, „Die Langmnlh sein nicht länger hinderhalten, Ich kann die böse Welt nicht länger lassen schalten An ihrer Tyranney und überwachtem Grimm, Ich muß ihr rusfen zu mit meiner Donner-Stimm: Hör Welt, du tolle Welt, samt dein so schnöden Kinde», An meinem Eygenthum wvlt ihr euch noch »erfunden?" So inahnt er nachdrücklich zum Frieden. Als aber dann der Papst und die Theologen, die Fürsten und die Herren zu Worte kommen, da stellt sich doch heraus, daß eben Jeder den Frieden nur dann will, > enn seine Wünsche befriedigt werden. Bild und Text haben wohl keinen sonderlichcn Kunstwerth. Und dennoch ergreifen sie noch heut jedes fühlenden Menschen Herz mit unmittelbarer Gemalt. Denn cs spricht aus ihnen die ganze jammervolle Sehnsucht des durch einen unerhörten Krieg ge brochenen deutschen Volkes »ach Frieden und zugleich die ganze Hossnungslosigkeit seiner abgestumpften Seele. Es war kein Schrei nach Frieden, der durch die deutschen Lande ging, denn dazu besaß die gemarterte n»d zerrüttete deutsche Nation nicht mehr die Kraft; es war ein klägliches Stöhnen, ein verzweifeltes Wimmern, es war die Aenßerung des letzte» Gedankens, den das zerstörte Volk noch eben fassen konnte. Was aber ging die Herren Diplomaten, die seit 1643 in Münster und Osnabrück über de» Frieden berielhe», der unermeßliche Jammer des deutschen Volkes an? Sie hatten es ja sicher, die Kongreßstädte ,vare» für neutral erklärt, überdies schützte sie ihre Guardia; sie «schmausten und gingen in Stolz und Prunk einher; ja, sie sahen charin eine diplomatische Pflicht: „ich will klar machen (schrieb ein sranzöfischer Gesandter an seine Königin), von welcher Art auch die geringsten Diener Eurer Majestät sind, und daß der Krieg uns nicht «rm gemacht hat." Sie hatten Zeit, die Herren Legaten, mochte der Krieg auch noch die letzten kümmerlichen Reste von Mlban und Kultur vernichten, und mit großer Umständlichkeit behandelten sie monatelang die wichtigsten Fragen der Etikette: ob dem Dogen von -Venedig der Vorrang vor dem Kurfürsten zukomme, ob dem kurfürst lichen Gesandten der Titel Exzellenz gebühre, ob es es zu erlauben sei, daß der kurbrandenburgische Legat seine Mitgesandtcu vorauf und nicht, wie üblich, hinter sich fahren lasse. Ueber derlei hochwichtige Frage» wurden Ströme von Tinte verschrieben, — draußen in Böhmen und am Rhein, in Schwabe» und Franken flösse» Ströme deutschen Blutes. Wahrhaft erlösend wirkte in dieser diplomatischen Stickluft das Kernwort des wackeren Altenburger Gesandten. Or. Thumbshirn, der Oxensijerua einmal die Leiden der Evangelischen durch den Krieg tlagte. und als der Schwede darauf nur ein Lächeln hatte, mit erhobener Stimme sortsuhr: «Obschon von etlichen Menschen darüber gelacht werden wag. Gott wird die Thränen und Seufzer, das Stöhnen und Wehklagen der Unglück lichen nicht gering achten, und die, so Schuld daran tragen, werden von gerechter Sühn' und Rache nicht verschont bleiben." * * ch Freilich waren die Schwierigkeiten auch nugcheucr. Der Große Friede steht in der Geschichte so einzig da wie der Große Krieg. Nie zuvor und nie nachher hat die Diplomatie einen solchen Ratten- ckönig von Ansprüchen, Schwierigkeiten, Bedingungen zu entwirren gehabt, wie damals. Da waren die Forderungen der übermüthigui Ausländer, die jetzt den Lohn für ihre Kriege heischten, da waren die Separatschwierigkeiten zwtscher Spanien und den Niederlanden, deren achtzigjährige Feindschaft nun zu Ende geführt werden sollte, zwischen der Schweiz und dem Reiche; da war die »othwendig gewordene völlige Neuordnung der Reichsversassnng, die unum gängliche Entschädigung der schier zahllosen Ansprüche der deutschen Reichsstände, zu der schließlich immer wieder das Kirchengut, „dar große Tuch, aus welchem alle Aequivalentien geschnitten werden müssen", herhalle» mußte; da waren endlich die durchaus neu zu regelnden konfessionellen Verhältnisse, die zu den großen internationale» Fragen ein unermeßliches Wirrsal lokaler Fragen hinzusügte», über die Besetzung von Rathsstellen, die Benutzung von Kirchen, die Verwaltung von Stiftungsgeldern, über Banlastcn und Spitäler, Nutzungsrechte und Titelgerechlsame. Sv kreuzten sich hier größte und kleinste Interessen, Welt- und Kirchlhurinspvlitik in hundert facher Verwirrung; die diploniatischen Gruppen und Kouibinationen schwankten und wechselten, was heute beschlossen war, wurde morgen revidirt und übermorgen nmgestoßen; was z» endgiltiger Ausführung bestimmt war, wurde zur festgesetzten Frist wieder verzögert. Eitel- leit, Gewinnsucht, gelehrter Dünkel, Gewissenlosigkeit, Hoffart, sie alle gaben ihren Einschlag in diese» große Unglücksgewebe, sie alle nagten, forderten, wehklagten, bohrten, intriguirten. Die Konfusion dieser Interessen- und Schacherpvlitik war bald so hoch gestiegen, daß die Katholiken protestantische, die Protestanten katholische Ansprüche vertraten, der päpstliche Legat in aller Stille gegen die aller- katholischste Majestät von Frankreich arbeitete und auch über religiöse Dinge inauches höchst profane Wort fiel. Einst sagte der Bischof von Osnabrück in heiliget» Eifer zu dem französische» Herzog von Longuevikle: „Geistliche Stiftungen an das ketzerische Hessen- Kassel aus iefern, heißt soviel, als der Mutter Gottes den Rock aus- ziehen, um eine Ketzerin damit zu bekleiden." „Wohlan", versetzte der Herzog, „für eine so tugendhafte Frau, wie die Frau Landgräfin, muß matt auch Großes thun." 'Nimmt man schließlich noch hinzu, daß, zur Vermeidung von Nangstreitigkeilen zwischen den Herren Franzosen und Schwede», die Franzosen und katholischen Mä hte in Münster, die Schwede» und die Protestanten in Osnabrück ver- handelten und die Kaiserlichen ab- und zureisten, so mag man sich vielleicht ein annäherndes Bild von den unermeßlichen Schwierigkeiten jener Verhandlungen machen könne», soweit ei» Nachlebender überhaupt dazu im Stande ist. Den genialsten, uneigennützigsten und thatkräftigstcn Diplomaten wäre dies Werk wohl über die Kraft gegangen. In Münster und Osnabrück versammelten sich nun zwar die geschicktesten und ge bildetsten Politiker jener Zeit, aber Genies waren sie eben nicht, vielmehr zumeist arme Menschlein mit recht menschlichen Fehlern und Schwächen. Da waren die, welche mit Heigel zu reden, den gelehrten Sparren hatten, die den Verhandlungen, ja den Interessen ihre) Landes keine klassisch gedrechselte Phrase opfern wollte». Da war der Schwede Adler Salvius, der stets die Worte „Klarheit" und „Offenheit" im Munde führte, ui» sich hinter ihnen um so leichter biedermännisch-schlau verstecken zu können. Da war der s, anische Legat de Brun, der sich als ein Original auszuspielen liebte, in ver schlissene» Kleidern ging und in schadhafter Kutsche fuhr. Nicht zu vergessen ist zur Charakteristik der Herren Legaten, daß sie einer ge legentlichen „Handsalbe" nicht abgeneigt waren. Im Dezember 1645 schickte das französische Ministerium 100,00) Frcs. zu Zwecken der Bestechuug nach Münster. Im Begleitbriese hieß cs, daß Sk Majestät es mit Vergnügen sehen würden, daß noch mehr Gesandte von Frankreich Geschenke annähmen. Und der Große Kurfürst er langte das Stift Minden durch eine Gabe von 20,000 Thalern au jeden der beiden schwedischen Gesandten. Es ist ein erfreulicher Zug in diesem trübseligen Chaos von Verhandlungen, daß unter den Deutschen hier und da Spuren de» nationalen Gefühles hervortraten. Der französische Gesandte klagte einmal, diese deutsche» Fürsten seien unklug genug, nicht einzusehcn, welchen Bortheil cs für ihre Unabhängigkeit bedeute^ wenn Frankreich cinige Plätze in Deutschland besitze. „Diese Deutschen sind weit inniger (als die Italiener) durchdrungen von Liebe zum Vaterland; sie empfinden eS als unerträgliche Pein, daß Fremdlinge das Reich zerstückeln." Schöne Gesinnungen; kam es aber zur That, dann war vor dem Streite über Mein und Dein, über Rang und Macht da» nationale Gefühl weggeblasen, und die deutsche» Fürsten und Stände hinge» sich an die Rockschvße der Fremden. War «S ein Wundes daß sie ihnen zum VrgeiMand« des Spotte» wurden? Es gab Nichts, was „französische Eitelkeit und schwedische Brntalität" i» Münster und Osnabrück sich nicht erlaubte«; als der hessische Ver treter der Herzogin von Longuevikle ganz unschuldig rieth, deutsch Diese verbreitetste »»parteiische Zeitung erscheint Wochentags Abends (mitDatnm des nächsten Tages) und kostet mit den sechs wöchentlichen Beiblättern: 1. Sächsischer Erzähler, L. Kleine Botschaft, 3. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, 5. Jllnstrirtes Unter- hallu»,gsblatt, 6. Lnstiges Bilderbuch für Chemnitz: monatlich 40 Pfennige; bei den Postaiistalte»: «onatlich üO Pfennige. 1838. Postliste: Nr. 2808. Telegramm-Adresse: Geaeralanzelgcr. Fcrnspl echstcUe Nr. 136. General- 7- Nr. 247. - 1898. Sonntag, den 23. Oktober. erriet* Anzeigenpreis: «gespaltene CorpnSzeilc (ca.9 Silben fassend) oder deren Raum t SPfg. (Preis verzeichnisse d, Zeile SO Pfg.) — Bevorzugte StFle («gespaltene Petit-Zeile circa H Silben fassend) 30 Pfg. — Anzeige» können nur bis Vormittag lv Uhr angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen- Auslage längere Zeit erfordern. für Chemnitz und Umgegend. (Sächsischer Landes-S»u,eia«r). - Gegründet 1«VS als „Anzeige»" re. Verlag nnd NotationSmaschinen-Drnck von Alexander Wied« in Chemnitz, Theaterstratz« Nr» 8. Geschäftliche Anzeiger-Inserat« finden für billigsten Preis zugleich Verbreitung durch die täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahn-Zeitlmg. Das Kaiserpaar m Konftaiitiriopel. Am Donnerstag hat das deutsche Kaiserpaar Hereke besucht, eS ist dies der Ort, wo sich die große Teppichfabrik des Sultans be findet. Von diesem Besuche wird ans Koiistantiiiopel gemeldet: Zu der Fa' rt des Kaiserpaares auf der anatolischen Bahn nach Hereke hatte die Bahnvcrwaltung ein reichbesetztes Buffet, sowie ein Blumenarrangement ausgestellt, welche, ebenso wie die von dem Maler Navs mit Ansichten bemalte» Fächer, den nngetheilten Beifall des Kaiserpaares fanden. Da- Kaiserpaar, welches sich größtentheilS i»> letzten Aussichtswagenlaufhielt, ließ sich im Vvrbcifahren bei Guelzeh das Grab Hannibals zeige». Der Kaiser crknndigte sich nach dem Einfluß, den die anatolische Bah», besonders ans die Landwirthschast, ausübe. Auf der lestlich geschmückten Station Peudik wurde kurzer Aufenthalt genommen. Der Empfang, welchen das Kaiserpaar bei seiner Ankunft in Hereke fand, war glänzend. Man hatte 'eine Triumphpforte errichtet und eine Abtheilung Marinetruppen bildete Spalier »nd erwies die Ehrenbezeugungen. Der Minister der Zivil- liste, Johannes Essend!, und der Direktor der Fabrik begrüßten die hohen Herrschaften und übernahmen die Führung derselben. Das Kaiserpaar ließ sich mit großem Interesse über die Maschinen, die Einrichtung, die Herstellungsart der Teppiche und die Arbeit der in der Fabrik beschäftigten 800 Kinder berichten. Die Kaiserin unter hielt sich mit viele» Kinder». Sodann erfolgte die Besichtigung der Ausstellung von Teppichen, insbesondere des Riesenteppichs, de» der Sultan dem Kaiser zu»> Geschenk machte. Bei dieser Gelegenheit machte das Kaiserpaar «in? Stiftu»g für die Mädchen, die an diesem Teppich gearbeitet haben, aus der die jungen Mädchen bei ihrer Verheirathung eine Aussteuer erhalten sollen. An dem in dem neu erbauten großen Kiosk am Meer veranstalteten Frühstück nahmen 70 Personen Theil. Der Kaiser »nd die Kaiserin statteten dem Sultan für den ihnen bereiteten Empfang ihren herzlichen Dank in einem Telegramm ab, das der Sultan sofort sreudigst beantwortete. Die Rückfahrt gestaltete sich zu einer großen Kundgebung» indem die am Ufer versammelten Arbeiter und Arbeiterinnen, sowie zahlreiche türkische Frauen dem Kaiserpaar ihr stürmisches „Tschok Jascha" zu- ricfen »nd dabei in die Hände klatschte». Diese Kundgebung dauerte an, bis Ne „Loreley" sich in Bewegung setzte. Da» kaiserliche Paar sichtlich gerührt. ^ Än der Spitze des Programms für Freitag stand ein Besuch des Kaisers und der Kaiserin in der Sofieii-Moschee und in dem Museum, worauf das Kaiserpaar die von dem Botschafts-Dragoman von Eckardt für die Kaiserin i» der Botschaft arrangirte.Ausstellung türkischer Erzeugnisse in Augenschein nahm. Den Glanzpunkt des Tages bildete die Trnppenrevue. Am Nachmittag ^fand der Besuch des deutsche» Spitals und Abends ein Galadiner im Aildiz Kiosk statt, an welchem auch das diplomatische Korps theilnahm. Politisch« Rundschau. Chemnitz, de» 22. Oktober 1898. Deutsches Reich. — Prinz Max von Sachsen hielt im katholischen Verein „Lätitia" in Augsburg einen Vortrag über die katholische Kirche in England, in der er besonders die Freiheit hervorhob, deren sich dich« Kirche in England erfreue, „eine Frcihet der Bewegung, wie man ie in keinem Lande der Welt gewohnt sei, weil die Engländer Allen die Freiheit lassen. Der Staat kümmere sich um die Kirche gar nicht." So berichtet sreudestrahiend die „Augsb. Postztg.", die wohl nicht mit Unrecht aus dem Vortrage schließt, der Prinz wünsche, daß auch i» Deutschland der Staat der Kirche völlig freie Hand lasse. — Die Berliner Polizei hat bei dortigen Anarchisten, A. auch bei dem Expedienten des „Sozialist", Haussuchungen abgehalten, um nach dem aus Budapest ausgewiesenen Anarchisten Mathias Malaschitz zu rech^chire». Derselbe wurde aber nicht aus gefunden; es konnte mir festgestellt werden, daß er sich zwar vor einigen Tagen in Berlin aufgehalten hat, aber inzwischen bereits nach dem Ausland entkommen ist. — Die Berliner Anarchisten haben für den 28. d. M. eine große Protestversammlnng mit dem Thema: Die internationale Anarchistenhetze und die Berschwörung gegen die Freiheit" einberufen. — In einer Korrespondenz des „Moniteur Universel" aus Elsaß-Lothringen wird auf den für »Frankreich höchst ungünstigen Eindruck hingewiesen, den die Dreyfus-Sache in Etsaß-Lothringen hervorgerufen hat. Dies zeige sich auch aus wirthschastlichem Gebiete durch Zurückziehung der Einlagen aus Elsaß-Lothringen i» ost französischen Banken (und wohl auch in Sparkassen), durch den Rückgang der finanziellen und kommerzielle» Beziehungen zwischen Elsaß-Lothringen und Frankreich. Außerdem habe der Besuch französischer Gymnasien und dergleichen aus Elsaß-Lothringen ab- genomme», jener der elsässtschen Unterrichtsaustaltcn durch Eingeborene merklich zugenommen. — Gegenüber der Meldung der „Times", der Hilssgcneralpost> meister der Unionsstaate» habe in seinem Jahresberichte vorgeschlagen, sofort mit England, Frankreich und Deutschland Verhandlungen znr Einführung des Penny-Portos anzuknüpsen, stellt die „Nvrdd. Allg. Ztg." fest, daß an amtlicher Stelle in Berlin über einen solchen Vorschlag noch nichts bekannt ist. — Der „Rcichscniz." veröffentlicht eine Bekanntmachung über die Beschäftigung der Arbeiterinnen und jugend liche» Arbeiterin den Ziegcleien. Die Bestimmungen treten am 1. Januar 1899 i» Kraft und haben bis 1. Januar 1904 Giltigkeit. — Die Nachricht von der Ertheilnng einer Baukonzessivn zu einem H a « d e l s.h a fe» i u Haidar-Pascha ist vorläufig unbegründet. Sie entstand in Folge der durch die Kaiserreise neu angeregten Bemühungen der anatolischen Eisenbahngesellschaft. Gleich- wohl dürfte die Angelegenheit in Folge des KaiscrbesuchS sehr ge fördert sein. Ausland. Oesterreich-Ungarn. Aus Wien wird gemeldet: Von den tschechischen Forderungen an das Ministerium, welche in einem Promenioria zusammeiigefaßt wurde», verlauten folgende: Tschechi,che Universität und Technik für Mähren. Völlige Umwandlung Prags in tschechisches Gebiet. Oeffentlichkeitsrecht für die tschechischen Schulen in Nieder-Oestcrreich. Vermehrung der tschechischen Beamten bei den Wiener Zentralstellen. Besetzung des tschechischen Landsmamuuinisterpostcns. Thun versprach, die Forderungen den einzelnen Ressortministern vorznlegcn. Frankreich. Die Pariser Patriotenliga erläßt fol genden Ausruf: „Die Vaterlandsfreunde, sicher, däß das Mi nisterium falle» wird und das kommende Ministerium ein Interesse daran hat, über die wirklichen Gesinnungen des Pariser Volkes unterrichtet zu sein, beschließe», am Tage der Kammereröffuung zum Coucordieuplatz zu ziehe», um ihre Treue gegen die Republik, ihr Vertraue» zum Heer und ihre Abneigung gegen die Berräther zu bekunde». Kein aufrührerischer Schrei soll ausgestoßeii, aber keine Be schimpfung Frankreichs geduldet werden. Es lebe die Republik! Hoch das Heer! Nieder mit den Verräthern!" Dieser Aufforderung gegen über nimmt auch der sozialistische Beobachtungsaiisschnß Stellung; er beruft seinen Heerbann für denselben Tag aus de» Coucordieuplatz ci» >»it der ausdrücklichen Weisung, de» Todtschlägerbanden der Patriotenliga das Handwerk zu legen. Die Regierung, aus beiden Lagern gewarnt, wird natürlich umsaffende Vorsichtsmaßregeln treffen, uni die Umgebung des Palais Bourbon freizuhalten und Straßen- auflritte zwischen Patriotenligabanden und sozialistischen Haufen zu verhüten. — Eine der „Agence Havas" aus Kairo zugegangene Depesche meldet, Kapitän Baraticr sei bei seiner Ankunft in Kairo von dem Personal der französischen Agentur erwartet worden. Baratier habe berichtet, die Mission March and habe keinen Ossizier und keinen Soldaten verloren. Der Gesundheitszustand sei vortrefflich. Die Berproviantirung bereite keine Schwierigkeiten. ^ Grostdiitannien. Wie man aus London meldet, wird die Stimmung bezüglich der Faschoda-Angelegenhcit in weiteren Kreisen entschieden ernst. Man ist allgemein sehr klar darüber, daß es sich gegenwärtig nicht um Faschoda und Marchand, sondern um di« ganze egyptisch e Frage handele, wobei jedes Nachgeben für Eng land vcrhängnißvoll wäre. Für eine weitere Floltenvermehrnng wird im Stillen „ »ecdings mit Hochdruck gearbeitet, so daß da»» be sondere Vorbereitungen weniger nöthig sind, als in Frankreich. Indessen wird auch darin Nichts versäumt.