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TlgMlü firAistßoßwerda Etnfftge Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt- machmgen der Amtshauptmmmschaft, de« Arbeitsgericht« und des Haupt- zollamts zu Bauden, de« Amtsgerichts, de« Finanzamts, der Schulinspektion Akukirch und Ilmgegend ; Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustriertes Sonntagsblatt / Heimatkundliche Beilage , Frau und Heim / Landwirtschaftliche Beilage. — Druck und Verlag von Friedrich May, G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Amt Dresden Nr. 1521. Gemeindeoerbandsgirokaffe Bischofswerda Konto Nr. S4 s ------ Erfcheiuuugmoetser Täglich mit Lusnahm« der Sonn- und Feier- tag» vyuWpeels für die Zeit «tue« halben Monats: Frei in» Ha» halbmonatlich Mark ÜE beim tlbholen in der Geschäfts- stell» wöchentlich 2 Pfg. Einzelnummer 10 Pfg. (Sonnabend nummer IS Pfg.) Amt Nr. 444 und 44S. Im Fall» höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störung de» Betriebe» der Zeitung oder der Besörderungseinrich- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung de» Bezugspreises. Auzeigeuprei» (in Reichsmark): Di« 44 ww breit« einspaltige Millimrterzeile 10 Pfg., örtliche Anzeigen 8 Pfg. Im Textteil die Sü ww breite Millimeterzeil» SV Pfg. Für da» Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Plätzen kein« Äewähr. — Erfüllungsort Bischofswerda. Nr. 173 Dienstag, den 26. Juli 1V32. 87. Jahrgang Tagesschau. * Der «usuahmezufland in Großberlln und Brandenburg wurde Dienstag mittag 12 Ahr wieder aufgehoben. * wahrend der Sonntag la Berlin ruhig verlaufen war, kam es am Montagabend lm Norden Berlin, zu kommunistischen Au- fannnenrottungen, dle von der Polyel mit dem Gummiknüppel mweinaadergetrleben wurde«. 2n der Naunystraße wurde dle Bothel au, Häusern beschossen. * 2m Vollskommissarlat für au»wärttge Angelegenheiten in Moskau wurde der Nichtangriffspakt zwischen Polen und der Son^etunion unterzelchnel. * vle ttaliealfche Gruppe der lnterparlamenlarischea Anion la Gens chat lhren Austritt au, der Union erNitrt. * Der deuffche Ozeanflieger v. Gronau landete Montag abend 10,45 Ahr aus Labrlwor, der größten Halbinsel Nordamerika,. Auslührliche« cm anderer vtell«. Freie Hand. Die Ablehnung des schwarz-roten Ministerantrages auf I Len Erlaß einer einstweiligen Verfügung in Preußen durch I den Staatsgerichtshof hat der Reichsregierung nun endlich I völlig freie Hand gegeben. Es sah einen Augenblick so aus, I al, wollten die Richter in Leipzig erst große Gesetzbücher und I Kommentare wälzen- «he sie zu einer Entscheidung kamen, die H eigentlich von vornherein selbstverständlich war. Wer er- / freulicherweise trügt« dieser Anschein, und es steht nunmehr fest, um mit dem Wortlaut der Entscheidung zu sprechen, daß die von der früheren preußischen Regierung verlangte Regelung nicht geeignet ist, Reibungen uns Schwierigkeiten zu verringern, sondern nur noch Verwirrung schafft. Auf diese neue Verwirrung kam es den Antragstellern an, aber der Beschluß des Staatsgerichtshofes hat ihnen, schärfer eigentlich noch, als dies erwartet wurtze, das Handwerk ge legt. Die in Preußen begonnene Reinigung, eine wahrhaft notwendige Herkules-Arbeit, kann nun also mit Rübe und Entschlossenheit fortgesetzt werden und man wird sich dabei nicht auf die Großen beschränken, sondern auch den kleineren und kleinen Funktionären des schwarz-roten Systems sein Augenmerk zuwenden. Ebenso dürste man nun, nachdem die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahmen durch den obersten Gerichtshof zum mindesten in einer Vorentscheidung klarge- stellt ist, mit einiger Energie dargn gehen, das ganze Ver waltungsgebaren des schwarz-roten Systems zu durchleuch ten und einige Eiterbeulen aufzustechen, die alle Welt kennt und auf die von der nationalen Opposition immer und immer wieder hingewiesen worden ist, die aber das frühere Regime ungestört weiterwuchern ließ. Der Versuch desUeberwa - chungsausschussesdes Reichstages, dem Kabinett von Papen gewissermaßen Schwierigkeiten zu bereiten» ist eben so kläglich gescheitert wie der preußische Verwirrungsver such. Mit aller Deutlichkeit ist den Herren von Gestern klargemacht worden, daß für die Regierung keinerlei bin dende Verpflichtung aus irgendwelchen Beschlüssen dieses Ausschusses erwächst. Somit ist völlig freie Bahn geschaffen und somit kann die Reichsregkerung, wenn sie auf dem ein geschlagenen Wege entschlossen weiter schreitet, mit freier Hand der deutschen Innenpolitik endlich eine saubere und eine fruchtbare Gestaltung geben. So sehr dieser innerpolitische Fortschritt zu begrüßen ist, umso größer müssen die Bedenken gegenüber der außen politischen Entwicklung sein. Immer und immer wieder muß es gesagt werden, daß es so nicht geht, daß auch die besten innerpolitischen Taten unnütz und verloren sind, wenn in der Außenpolitik kurz getreten wird oder man sich sogar schwere und schwerste Fehler zuschulden kommen läßt. Wenn der Reichswehrminister v. Schleicher in einem Aufsatz in der „Illustrierten Zeitung" es als einen der folgenschwer sten Widersprüche im deutschen Staatsaufbau bezeichnet, daß dieser nach innen das höchste Maß aü Freiheit gewährleisten wollte, während ihm nach außen die Mittel zur Verteidigung dieser Freiheit fehlen, so wird man diesen treffenden Satz aum dahin abwandeln dürfen, daß es einen schlimmeren Wi derspruch garnicht gibt, alsnachinnenhartundnach außen weich zu sein. Eine entschlossene, wirklich autori tative deutsche Innenpolitik läßt sich nur dann durchführen, und hat Erfolg, wenn das Volk davon überzeugt ist, daß sein außenpolitisches Geschick in gleich entschlossenen und festen Händen ruht. Wie ist es da möglich, daß die Reichsregie rung hingeht und die Bereitschaft mltteilt, sich gemäß der englischen und französischen Erklärung vom 13. Juni „in den eintretenden Fällen an einem offiziellen Meinungsaus tausch über die in der Erklärung erwähnten europäischen Fragen zu beteiligen". Da« ist ja gerade, al« wollte man sich die Hände, die man gerade nach innen frei bekommmen hat, nach außen wieder binden. Man mag vielleicht noch daran zweifeln, ob diese Erklärung nun bereits einen Bei tritt zu dem sogenannten englisch-französischen Konsultativ- pakt darstellt, aber als ein solcher wird er zum mindesten von den Bereinigten Staaten von Amerika angesehen wer den, und da werden sich trotz der Erklärungen Borahs in der Schuldenfrage, die bedenklichen Folgen für Deutschland schon bald zeigen. Auf die heiligen Schwüre, daß dieses „Vertrauensabkommen" keineswegs die berüchtigte Schuld nerfront gegen Amerika bedeute, wird man in Uebersee kei nen Pfifferling geben, ebenso wie man in Rußland aufhor chen und seine Konsequenzen ziehen wird. Der Entschluß der Reichsregierung ist einfach unbegreiflich. Er muß zur unmittelbaren Folge haben, daß der neu zusammentretende Reichstag, allem anderen voraus, die Außenpolitik dieses Kabinetts einmal unter die Lupe nimmt und für eine restlose Klärung sorgt, welche unterirdischen Kräfte und Strömungen denn eigentlich im Zeichen des Herrn v. Bapen den Kurs der deutschen Außenpolitik bestimmten, der rmmer mehr und mehr in eine „organische Weiterentwick lung der bisherigen Außenpolitik" einmündet, also den Ehr geiz zu haben scheint, einen der fundamentalsten Programm punkte der ersten wie der zweiten Regierung Brüning auf zunehmen. Noch in Lausanne hat die deutsche Abordnung jedem, der es hören wollte, versichert, daß eine Beteiligung Deutschlands an einem solchen Abkommen, das der deutschen Außenpolitik die Hände bindet, überhaupt nicht in Frage kommt. Und nu steht die Nation plötzlich vor diesem Blitz aus heiterem Himmel, der ihr die Selbständigkeit in den di plomatischen Verhandlungen über alle grundlegenden politi schen Fragen völlig zu nehmen scheint. Nachdem man sol che Erfahrungen, wie sie jedes Kind in Deutschland kennt, mit dem Völkerbund gemacht hat, nachdem die Einrichtung kn SM« «IM» MM. Glückliche Karrdrrng in Labrador. St. Johns (Neufundland). 25. Juli. Wolfgang von Gronau landete um 22.45 llhr Greenwicher Zeit in Lartwright (Labrador). Er war. wie gemeldet, schon gegen 20 llhr in der Nähe dieses Ortes gesichtet wor den. doch hat ihn vermutlich der dicke Nebel an einer früheren Landung gehindert. von Gronau ist Freitaa, 22. Juli, vormittags 11 Uhr, von der Insel Sylt aus zu seinem Etapvenflug nach Nord amerika gestartet. Am gleichen Tage abends 7 Uhr erfolgte die Landung auf Island. Sonntag vormittag flog von Gro nau weiter nach Grönland, wo er abends landete. Montag, nachmittags 4 Uhr, erfolgte der Start nach Labrador, da» er nach einem sechsstündigen Fluge glücklich erreichte. internationaler Konferenzen geradezu schon zu einem all gemeinen Gespött geworden ist, läßt man sich auf eine neue Bindung ein, fängt man wieder mit einer neuen Äemeinsam- keitsarbeit an und scheint dabei nicht einmal sehen zu wollen, daß man damit Frankreich ein neues Instrument zur Erhal tung des Versailler Diktates in die Hand gibt. Es gibt kei nen innerpolitischen Erfolg, er mag aussehen wie er will, der die Regierung von der zwingenden, von der nationalen Ver pflichtung entbinden könnte, diesen unglücklichen und unver ständlichen Beschluß so bald wie möglich zu revidieren. Aufhebung des Ausnahmezustandes in Großberlin. Berlin, 26. Juli. Wie wir erfahren, ist heute die Auf hebung der Verordnung über den Ausnahmezustand in Großberlin und Brandenburg zu erwarten. Die amtliche Verordnung hierüber wird heute mittag veröffentlicht und hat folgenden Wortlaut: Auf Grund de» Artikel» 4S der Reichsversassung ver ordne ich: Die Verordnung belr. Herstellung der öffentlichen Luhe und Ordnung in Großberlin und Provinz Branden burg vom 20. Juli 1932 wird mit Wirkung vom 26. Juli 12 Uhr mittag» aufgehoben. Vas auf Grund dieser Verordnung vom Militärbefehlshaber ausgesprochene Ver bot periodischer Druckschriften wird nicht betroffen. Berlin und Neudeck, 26. Juli 1932. Die Verordnung ist vom Reichspräsidenten unterschrie ben und von Reichskanzler von Papen und Reichswehrmi- nister Schleicher gegengezeichnet. * Berlin. 25. Juli. Das Reichskabinett hat heule eine Be ratung abgehallen, in der folgende Fragen behandelt wur den: Wirtschaftspolitik. Stuttgarter Kon er en z der Ministerpräsidenten. Stellungnahme zum par amentarischen lleberwachungsaurschuß und chlleßllch die Aufhebung de« militärischen Ausnah mezustandes. Das Sabine« hat beschlossen, den mili tärischen Ausnahmezustand sür Berlin und die Provinz Brandenburg im Lause de» Dienstags auszuheben. Damit würden dle Befugnisse, die der militärische Befehlshaber des Wehrkreises III al» Inhaber der vollziehenden Gewalt besaß, beendet sein. Dle vollziehende Gewalt geht damit wie im übrigen Preußen so auch in der Provinz Brandenburg wie der auf dle preußische Regierung oder richtiger auf die vom Reichskanzler eingesetzten kommissarischen Regierungsmit- glieder über. Was die wirtschastssragen betrifft, wird von unterrich teter Seite betont, daß in dem Wirtschastspro- gramm der Relchsregierung nicht, von irgendwelchen Zwangsanleiheplänen enthalten ist. Im übrigen trifft es auch nicht zu. daß der frühere Reichsbankpräsident Vr. Schacht al» Reichskommissar oder al» IreuhSnder der Reichsregierung für die Gelsenkirchener Berg- Werksangelegenheit eingesetzt werden soll. Aller dings wird die Relchsregierung sämtliche in der letzten Zeit erfolgten Relchsbeteiligungen an den verschiedenen ve- trieben in den kreis ihrer Beratungen elnbeziehen. Die Begründung des Urteils das Staatsgerichtshofs. Leipzig. LS. Juli. Nach der Bekanntgabe des Beschlusses de» Staatsgericht-Hofs, die Anträge der abgelebten Minister auf Er- laß einer Einstweiligen Verfügung zurückzuweisen, gab Reichsge- richtspräsident Dr. Bumke folgende Begründung ab: Daß der Staatsgerichtshof grundsätzlich für sich die Befugnis des Erlasses einer Einstweiligen Verfügung in Anspruch nimmt, ist wiederholt betont worden. An dieser Auffassung hält der Staatsgerichtshof nach wie vor fest. Offen bleibt jedoch die Frage, ob die Anord nung einer Einstweiligen Verfügung in einer verfassungs rechtlichen Streitigkeit möglich ist. Bisher sei in einem solchen Falle noch keine Einstweilige Verfügung erlassen worden. Damit sei grundsätzlich anerkannt, daß in einer verfassungsrechtlichen Streitigkeit keine Einst weilige Verfügung erlassen werden könne. Die Frage der Zuständigkeit zur Hauptsache habe man be jaht. Auch die Aktivlegitimation der klagenden Minister sei zu bejahen, obwohl diese ihrer Amtstätigkeit enthoben seien. Der Bedeutung des Staatsgerichtshoses würde cs nicht ent- sprechen, wenn nach einer so kurzen Prüfung eine Einstweilige Verfügung erlassen würde, die die Hauptsache in großem Aus maße berühre. Bei einer Prüfung des preußischen Antrages könne kein Zweifel bestehen, daß dieser darauf hinausläust, die Regierungsgewalt in Preußen zwischen dem Reichskommissar und den enthobenen Ministern zu teilen. Die Prüfung des Staatsgerichtshoses hat zu dem Ergebnis geführt, daß durch eine Einstweilige Verfügung eine Beseitigung der bestehenden Schwierigkeiten nicht zu erwarten ist. Dagegen würde eine Einstweilige Verfügung in diesem Falle eine Verwirrung de» Staatsleben« herbeisilhren, wie dies auch der Vertreter der Reichsregierung bereits darge legt hat. Der Staatsgerichtshos hat sich die Frage oorgelegt, ob den Schwierigkeiten unter Umgehung einer Einstweiligen Verfügung abzuhclfen sei. Er habe einen solchen Weg nicht finden können. Sodann kam der Reichsgcrichtspräsident zur Prüfung der An träge der Zentrumsfraktion und der sozialdemo kratischen Fraktion des Preußischen Landtages, die be- kanntlich darauf hinauslausen, im Wege einer Einstweiligen Der- fügung anzuordnen, daß sich der Reichskommissar einer Dienst ausübung einstweilen zu enthalten habe. Hier erhob sich in hohem Maße die schwierige Frage der Aktivlegitimation. Der Staatsgerichtshof hat zu dieser Frage keine Stellung genommen, sondern wird dies erst bei den Verhandlungen über die Hauptsache tun. Die Anträge laufen darauf hinaus, die Verordnung des Herrn Reichspräsidenten in einem wesentlichen Teile zu lähmen. Etue Einstweilige Versllgmig in diesem Falle würde gleich bedeutend fein mit der Entscheidung in der Hauptsache. Der Staatsgerichtshof legt besonderes Gewicht darauf, das Ver- ahren in der Hauptsache mit möglichster Beschleunigung durchzu- Uhren. Er vertraut daraus, daß das angekündigte Material mit >er Beschleunigung dem Staatsgerichtshof zugefllhrt wird, die die Lage erfordert. Der Staatsgerichtshos verkennt indessen nicht, daß die Entscheidung in der Hauptsache bet der Bedeutung des Falles eine gewisse Zeit in Anspruch nehme, insbesondere auch deshalb, weil stch bei dem Wechsel der Schriftsätze der beiden Par- teien die Notwendigkeit ergeben könne, verschiedene tatsächliche Behauptungen durch den Etaaisgerichtrhof nachzuprüjen. Des halb könne die Entscheidung in der Hauptsache keine Frage von Tagen sein.