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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188610225
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18861022
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18861022
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-10
- Tag 1886-10-22
-
Monat
1886-10
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 22.10.1886
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Erscheint täglich srüh 6'/, Uhr. llkdltttion und Lrpkdition IobanneSgosse 8. Sprechstunde» der Nedartlua: Vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags 5—6 Uhr. Ftr tie NUS»-»« e>»»N<i»t>rr Manulcriptt macht ftch tie Lirtacllc» a>chl »erdmtiu». Annnhnie »er sür die nSchstsolieud, Nniumer bestimmten Inserate an Wochentagen bis S Uhr Nachmittags, an sonn- unv Festtagen früh bis '/,S Uhr. 3» den Filialen für Ins.-Ännahmc. Otto Alcmm, UniversilätSstraße 1. Louis Lösche, Äatharinenstr. 28, p. nur bis '/,!! Uhr. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- and Geschäftsverkehr. Anflage LS,680. Abonnelnrnispreis vicrtclj. 4',, Mil. iacl. Vriugcrlodn ö Mt., durch die Pest bejahen 6 Mk. Jede einz-ine Nummer 20 Pf Bclegerciuviar 10 Pi- Gebühren iür Exirabeilagen lin Tageblatt-Fviinat gesalzt) ohne Postbesürverung 50 Mk. Mil Pofibesürberung W Mk. Inserate sigejpaltene Petitzeile 20 Pf. Größere LLnsle» lau! uns. Preisverzeichnis. Tabellarischer u. Jifiernjatz nach höhermTarif. liertamen ovter dem RedaciionSftrich die tgespall. RelleöOPs., vor den Familien Nachrichten die Kgkipallene Zeile 40 Pf. Inserate sind siel« an die Shpeditioa z« senden. — Rabatt wird nichl gegeben. Zahlung praeauwerLnäo oder durch Post nachnahme. ^ 295^ Freitag den 22. Oktober 1886. 8V. Zahrgang. Amtlicher Theil. Vekanntmachnng. In Folge einer neuerdings anher ergangenen Verordnung der .Königlichen KreiShauptniaNnschast zu Leipzig, betreffend Vorsichtsmaßregel» zur Verhütung einer Einschleppung der asiatische» bholera verordnen wir und machen hierdurch alle Diejenigen, welche es angcbt, daraus besonders ausmerk- l'am, daß die Abortgruben und Pissoir- in Anlagen, die. wie aus Eisenbahnstationen. iu Gastbäusern und Restaurationen, dem öffentlichen Verkehre zugänglich sind, iugleichen in Lchuie», Herbergen, Logir- und Kosthäusern, Maffenquarticren. Fabriken und gewerblichen Anlagen und dergleichen öfter- gehörig dcsliificirt werben müssen. Als zweckmäßigstes Dcsinsectionsmittel wird eine Mischung .» 1 Theil roher, flüssiger Carbolsiiure und 9 Theilen W ss-r empsohlen. Die Organe unserer Wohlfahrt-Polizei haben wir an» g.vieien. streng darüber zu wachen, daß dieser Vorschrift . ilenlhalben nachgekomme» wird. Zu diesem Zwecke ist den mit der Überwachung beausi lragien Beamten der Zutritt zu den gedachten Ocrtiichkcilen unweigerlich zu gestatten. Wir geben uns der Erwartung hin, daß Alle, die r« angebt. in Erkeniitniß der Wichtigkeit dieser Anordnung sür las allgemeine Beste derselben gehörig Nachkommen werden, behalten unS aber für den unerwarteten Fall nicht allseitiger g-höriger Beachtung derselben weitere Maßregeln gegen die Säumigen vor. Leipzig, den 16. Oktober 1886 Der Rath der Stadt Leipzig. VIII, I92l. vr. Georgi. CichoriuS. Dekanutmlflhung, die LLahl der Beisitzer für das GrwerbeschiedS gericht betr. BelnisS der laut OrlSstalut für VaS GewerbeschiedSgericht zu Leipzig in Verbindung mit dem von der Königliche» Kreis- hauplniaiinschast durch Beschluß vom 20. Tecember 1880 bestätigten Rachtrage hierzu auf die Zeitdauer von 3 Jahre» vorzuiicbmeiibe» Wahl von 60 Beisitzern für diese- Scbiedö- gercch!. welche zur Hälfte Aebiitgeber und zur anderen Hälfte Arbeitnehmer sein mtlffe» und von denen die elfteren aus schließlich von Arbeitgebern, die letzteren ausschließlich von Arbeilinüinern zu wählen sind.'weideu hierdurch alle Stimm berechtigten, und zwar ohne Unterschied bcS Geschlechts a. in der Abtheilung der Arbeitgeber alle diejenigen Kauf- lente, Fabrikanten und selbstständigen Gewerbetreibenden, welche volljährig und und in Leipzig nach tz. 14 der G werbe-Ortiiiing inr Gewerbe aiigemeldel haben, in der Aölheilung der Arbeitnehmer alle diejenigen von ch> -n, welche volljährig und iu einem hiesigen Gewerbe- Elallisscuient zur Zei! der Gibt beschäftigt sind, gele.de!>, zur Ausübung inrcS Wahlrechte- unv bei Verlust desselben sür diese Wahl Montag, den November 1888 in der Zeit von 12 Ubr Mittags bis 8 Uhr Abend- im Ztadtbause. Obstinarkt Nr. 3, 1 Etage, Zimmer Nr. 87, in Person sich eilizusinden und ihren auf 30 wäblbare Per sonen der betreffenden Abtheilung lautenden Stimmzettel abzugcben. Die an der Wahl sich Betheiligenden haben sich vor dem Wahlausschüsse, iiisoweit diesem nicht die Wahlberechtigung bekannt ist, aus Erfordern über ibre Wahlberechtigung auS- zuweisen, und zwar die Arbeitgeber durch Zeugnisse des RatbeS als der Gewerbepolizeibebörde, die Arbeitnehmer durch Zeugnisse ihrer Arbeitgeber, resp. deS Polizeiamts, durch welche bestätigt wird, daß der Arbeitnehmer wirklich hier in Arbeit steht. Formulare für diese letzteren Zeugnisse werden ebenso, wie die erstsrcn Zeugnisse selbst, im Stadthause, Obst- niarkt Nr. 3. 2. Etage, Zimmer Nr. 1l3d, schon von jetzt an unentgeltlich verabfolgt. Wählbar sind unter den oben sub » und d aufgesllhrten Sümiiiberechtigtcn nur Männer, welche sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, da- 25. Lebensjahr erfüllt habe» »uv in Leipzig wohnhaft sind. Leipzig, am 19. Oktober 1886. Slablrath Dietel, Vorsitzender des Gewerbeschiedsgerichts VI o. 1850. und Wahlvorsteher. Fröhlich. Vckanntmllchllng. Tie von uns ausgeschriebene Lieferung von 2000 lsd. Metern granitnen SctileußeiisMstücke ist vergeben, und werden die nicht berücksichtigten Herren Bewerber ihrer Angebote entlassen. Leipzig, am 15. Oktober 1886. Id 3811 1106 Der Rath der Stadt Leipzig. I)r. Georgi. Gringmulh, Ass. Manillmiirlsimg. Tie unter dem I>. September d. I. von uns ausgeschrie bene Lieferung von 200 Stück gußeisernen Schleußendeckeln ,st vergeben und werden dabcr die nicht berücksichtigten Herren «Bewerber ihrer Angebote entbunden. Leipzig, am 15. Ockobcr 1886. rv' Der Rath der Stadt Leipzig. 11k>7 I)r. Georgi. Gringmulh. Assessor. Dckanilllilachlmg. Bel dem tm neuen Börs-ngebäude hierielbst eingerichteten Post, omte 9 tSnnen vom 25. Lctober ab allgemein, nicht nur o»u Börsenbeluchern, gewöhnliche und eingeschriebene Briesvoslsenduagen, Hclobriefe, kleinere Geld» und Werlbpackete, Briese mit Poftnach- nähme und Postanweisungen, sowie Telegramme ausgeaeben werben. Tie Tienststundkn bei dein Postamt« 9 sind wie solgt festgesetzt: an den Wochentagen: von 8 Uhr Vormittags (im SommerhoIbjahr von ? Uhr Vor mittag«) bis 8 Uhr Nachmittag»; an den Sonn- »»d Artertaae«: von 8 Uhr Vormittag« (im Svmmerhalbjahr von / Uhr Vormlltag«) bi- 9 Uhr Vormittags und von b bis 7 Uhr Nachmittags. Leipzig, 18. October 1886. Der Saiserliche cber-Postdtrrrtar. Walter. Vekannlmachung. Da» mit 2950 ^ IahreSgehall und Amtswohnung au«- gestattete Pfarramt zu Connewitz ist wegen Emerllirung des bisherigen Inhabers neu zu besetzen. Bewerbungsgesuche sind unter Beifügung von Zeugnissen bi» rum 10. kommenden Monat- bei un» einzurrichen. Leipzig, den 20. October 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. I». 5S7L vr. Georgi. Kretschmer. Nichtamtlicher Theil. Rußland und die Türkei. Nachdem Rußland sieben Wochen lang in Bulgarien al» die gebietende Macht gehandelt hatte, ist am 18. October plötzlich in der Person Gadban Essendi'S in Sofia eio Ab gesandter der Türkei erschienen, weicher die bulgarische Negierung darüber belehrt hat. daß zwischen Rußland und der Türkei in der bulgarische» Frage bas vollkommenste Ein- vcrsiäudniß herrscht. Die Türkei verlangt die Vertagung des Zusammentritts der Svbranje aus unbestiiiinüe Zeit und giebt ai» Gründe dieser Forderung an Len Einspruch Rußland» gegen die Wahlen, das mangelnde Einverstäiibniß der Mächte über die Person deS neue» Thro»caildidalen und die Noth- weudigkeit, den Berliner Vertrag aufrechtzuerhalten. Damit wirk eine ganz neue Lage geschaffen, welche die bulgarische Negierung vor neue und unerwartete Schwierigkeiten und Hindernisse stellt. Sv lange die Türkei die Entwickelung der bulgarischen Berbältnisse als scheinbar tbeilnabmloser Zuschauer beobachtete, konnte sich Bulgarien der Hoffnung hiiigebe», daß die Türkei die Haltung der bulgarischen Regierung still» schweigend billige, und diese ivnrde in der Nichtigkeit ihrer Auffassung dadurch bestärkt, daß die Türkei die Wahlen zur großen Svbranje trotz deS russischen Einspruch- vornehmen ließ. Da erklärt die Türkei plötzlich acht Tage nach der Wahl und nachdem bereit- der Tag sür den Zusammentritt der Svbranje sestgcsctzt ist» daß Rußlands Einspruch ein triftiger Grund sei, um dir Berathungen der Svbranje als zwecklos erscheine,» zu lassen, abgesehen davon, daß «ach tri« von de» Mächte» zuzelasicner Throncandidat vorhanden sei und daß der Berliner Vertrag sür Bulgarien maßgebend sei. Dieser ver spätete Schritt der Türkei ist um so überraschender, als bisher Niemand an dem Recht der Türkei, in Bulgarien eiiizuschreilen, gezweiselt hat. und Jeder wirst unwilitürlick die Frage aus, warum denn die Türkei nicht früher gesprochen Kat. Welche Aufregungen wären Bulgarien und ganz Europa erspart ge blieben , wenn die Türkei gegen die Vornahme der Wahle» Einspruch erhoben bätle! Die Sendung des Generals Kaul- barS wäre dann ganz überflüssig geworden, und wenn sie deiiiioch geschehen wäre, so bätte man ikr keine Bedculung beigelegt, denn nicht aus DaS kam eü an, was Ruß land durch seinen Mund verlangte, sondern aus DaS. was die Türkei als OberlchcnShcrrin Bulgariens anorbnele. Heute kann man den türkische» Eingriff in die Gestaltung der bulgarischen Verhältnisse nicht mekr als selbstständige, aus dem eigenen Einschluß der türkischen Regierung hcrvor- gegangene That betrachten, sondern man ersinnt darin nur die Wirkung des russischen Einflusses. Erst aus russische Anregung hat sich der Sultan bewogen gcsüblt, aus seiner Zurückhaltung hcrvorzulrelen und seine Meinung über eine wichtige NegiernngShaiivlung der Regentschaft zu äußern, welche sicher unlerbliebeu wäre, wen» der Einspruch der Türkei rechtzeitig cisolgl wäre. Ti- Türkei bat sich damit zur Nolle eines russischen Werkzeuges her gegeben, und man wizv in Bulgarien mit Recht entrüstet sein, daß die Türkei sich ihrer obcrlehciishcrrlicbcn Befug nisse nicht früher erinnert hat. Merkwürdig au der türkische» Note ist hcsonderS die Begründung, denn die Türkei beruft sich ausdrücklich aus die Beanstandung der Wahlen durch Rußland, woraus mittelbar hervorgebt, daß die Türkei gegen die Vornahme der Wahlen nichlS einzuweuden balle. Wes halb trotzdem der russische Einspruch als HinderuugSgrund für den Zusammentritt der Svbranje geltend gemacht wird, ist ganz unverständlich, weit der» Berliner Frieden gemäß, auf welchen sich die Türkei außerdem beruft, Rußland in Bulgarien nicht mehr zu sagen hat als jede andere am Berliner Friedensschluß betbeiligtc Macht. Die Berufung aus den Mangel de» Einverständnisse« der Vertrags»,ächte über die Person deS neuen Cankibaten sür den bulga- rischen Thron hat einen vernünftigen Sinn, denn eine parlamentarische Berathnng ebne vorherige Feststellung der Tagesordnung ist in der That zwecklos. Auch damit ist die Türkei vollständig im Recht, wenn sie die bulga rische Regierung aus den Berliner Frieden ai« auf die Grundlage verweist, die sie bei ihren Maßnahmen sestzuballen bat, und e» ist klar, daß die ostrunielifchen Abgeordneten an der Wabl deS neuen Fürsten nicht tbciliichine» dürfen. Also hätte die erwähnte doppelte Begründung deS lürkijche» Einspruchs gegen de» Zusammentritt der Sobranje mehr al- hingercicht, »in ibn zu rechtfertigen, durch die Bezugnahme auf den russischen Einwand gegen die Gesetzmäßigkeit der bulgarischen Wablen verliert aber die türkische Einniischung ibren Wertb, den sie als selbstständige Willensäußerung gehabt bätte, und man erkennt ans diesem Schrill nur die sür die Türkei beschämende Tbatsache, daß sich kiese Mach! jeg licher selbstständigen Polilik begeben hat und ganz dem russische» Einfluß unterworfen ist. Rußland erscheint unter diesen Umständen nicht mehr als Störer von Ruhe und Frieden in Bulaarien; die bulgarische Regierung, welche unbefugter Weise Wablen ohne vernünf tigen Zweck und Ziel anordnete, erscheint vielmebr im Lichte einer revolutionaircn Gewalt, welche verdientermaßen in ihre Schranken zurückgewiesrn wird. Die russische» Forderungen nehmen dementsvrechend auch jetzt eine weil best miniere Gestalt an, Rußland begnügt sich beute nicht mehr nul der Unterwerfung der bestehenden Negierung »nler se ne» Willen, sondern verlangt den Rücktritt derfelbe», die ll,>g>Itigkelt»' erklärung der Wahlen vom 10. October und die Anberaumung eine« neuen Wahllermin» im Einversiändniß mit der russischen Regierung. Die bulgarische Regierung hat zwar dem Ver nehmen nach aus diese Ziimulhuug mit der Erklärung geanlwcrtet, daß sie die Verfassung al» die allrinize Nicht» schnür ihrer Handlungen betrachten werde, diese stolze Ant- »ort hat ab« ihr« Berichtigung verloren, nachdem die Türkei sich den russischen Stankpunct in der Bcurtbeilung der bul garischen Verhältnisse angeeignet hat. Der „Observer" batte das Richtige getrofs-ii. alS er sagte, daß die russische Supre matie in Bulgarien ohne Krieg und selbst ohne russische Be setzung de- Lande» auf friedlichem Wege zu Stande kommen werde. Rußlands Triumph über das kleine Bulgarien darf heute al» enbgiltig vollzogene Thatsachc betrachtet werden, aber dieser Triumph bildet zugleich das rühmloseste Blatt in dem Buch der Geschichte Rußlands. DaS kleine Bulgarien hat sowohl unter der Führung seine« heldenmüthigen Fürsten, alS auch nach der Abdankung desselben sebr anerkennenSwerthe Beweise seiner Thatkrasl und feine- eifrigen Streben» »ach Unabhängigkeit gegeben. Es war ihm nicht besckieve», die Früchte seiner Auslrengungen zu ernten, die Gewalt bat schließlich Recht behalten, und da» unglückliche Land wird bald die Bestimmung erreicht haben, die ihm von Rußland bereits im Jahre l878, wenn auch bi- jetzt erfolglos, zugekacht war. Die Türkei, aus deren Ausschließung auS Europa die russische Polilik damals ebenso gerichtet war wie heute, bat selbst die Hand dazu geboten, um die russische Herrschaft über Bulgarien zu bestätigen und zu befestige», sic wird sich deshalb auch nickt wundern können, wenn der russische BuiibcSgkilossc von beute sich eine- Tage- in einen Unhold verwandelt, welcher die Hand nach Konstantiiiopel ausstrcckt und da« griechische Kreuz aus der Hagia Sofia aufricht-t. * Leipzig, 82. October l886. * In London haben neue Verbandlungen zwischen Eng land und Deutschland über eine weitere feste Abgren zung de« gegenseitigen coloniale» Machtbereichs be- gönne». Graf Hatzseldt ist kieserbalb vom Urlaub nach London zurückgekommen, und vom Auswärtigen Anil in Berlin ist dereitS vorigen Freitag der Geb. Rath vr Krauel in London eingetrof'sen. der schon bei den früheren Verhandlungen über die Fidschi-Jnseln, W-stasrika und Neu-Guinea sich beste»- ciugesübrt hatte. Tie jetzigen Verhandlungen dreben sich i» erster Linie um Ostasrika unk bezwecken, sür die Zu kunft in Bezug aus Grenze und Machtspbäre die Möglichkeit jede- Streite- an-zuschlietzcu. Da mit dem Cabinek Glad- stonc auch die kleinliche Mißgunst au- der englisch-» Politik befestigt ist, mit der seiten» England» die koloniale Machte lSdehanug Deutschland« zu vurchkreuzrn versucht wurde, so bleibt ru hoffen, daß die jetzigen Verhandlungen ein beide Theile zufriedenstellende» Ergebnis; haben werden. *Ter russische Botschafter Gras Paul Schumalow, der gleich nach seiner Rücklehr auS Petersburg nach Berlin mit dem StaatSsecretair Grasen Bismarck eine längere Unter redung gehabt hat, ist zum Fürsten Reichskanzler nach Varzin gereist. * Der neucrnannte französische Botschafter am Ber liner Hose, Herbette, ist aus Paris bereits in Berlin eingetroffen. * Während die Zahl der Selbstmorde in der Armee in de» erste» Monaten d. I. crsreul.cber Weise ganz außer ordentlich gering war, hat sie in de» letzten Monaten wieder eine beträchtliche Steigerung erfahren. Im preußischen, würt- tembcrgiichen und sächsischen Heere, sowie in der dem XV. EorpS allackstrten bayerischen Besatzungsbrigade sind ini Mai 23, im Juni 25, im Juli 22 und im August 2l Selbst morde vorgekoiiimen, wogegen die Zabl in den ersten 4 Monaten »ur l2, 17. 16 und 13 betragen Halle. Immerhin aber steht da» lausende Jahr bis jetzt ui» ein Beträchtliche« zurück hinter den 7 letzte» Jahren, indem in den ersten 8 Monaten nur 149 Selbstmorde vorkame» gegen 188, 171, 186, 194, 195 197 und 199 in dem entsprechenden Zeitraum der Vorjahre bi» 1879 zurück. * Der Vortragende Rath >m NeichSawt deS Innern, Herr Weymann, ist'zum Vorsitzenden de» Ober-SceamtS ernannt worden. * Zur Frage der Reform der Branntwein besteuerung schreibt die „Nationalliberale Corre- s p o » d e n z": ES heißt jetzt mit Bestimmtheit, daß die Regierung aus die Nesori» der Brann»wei n!>esteuerung vorläufig oer. zichtcn werde. Wir würben bedauern, wenn sich dies bestätigte, weil wir der Ueberzeugung sind, daß sich trotz der Ersahrunge» der Wuiterjkssion eine Verständigung wurde erzielen lassen, wen» man aus unberechtigte agrarische Forderungen verzichtete und aus den jenigen Boden uch stellte, ant welche» Natioaalltberalc und Ceutrnm zu treten bereit waren. Denn eine Verständigung über eine mäßige Verbrauchssteuer damals nicht z» Stande kam, so lag es einmal an der ablehnenden Haltung der Eonservativen und ihren maßlosen agrarischen Ansprüchen andererseits und vornehmlich aber au der Ungunst der äußeren Umstände, welche eine ruhige eingehende Erörterung und Unterhandlung nicht mehr gestattete. Der varlainentarische Widerstand wäre unseres Erachten« bei ernstem Willen der Regierung z. überwinden, und aus die Dauer wird man doch nicht umhin tonne», iinincr und immer wieder aus die Brannlweiniteucrieiori» zunlckzukommen, weil dieses Be'iußmittel vorzüglich geeignet zu einer höheren Be steuerung ist. Da« Projekt wird doch nicht verschwinden, b>§ inan die richlige Form seiner Verwirklichung gesunden hat. Und wie sollen, wen» man auf dieien Plan vorläufig verzichtet, die voryandr- nen und wachsenden Bedürfnisse der Reich« gedeckt werden? ES wird von einer Resor», und Eihöhung der Bieriieuer geredet. Wir würden diesen Gedanken, rom Branntwein die Hand abznztehen und dafür im Bier ein- ergiebigere Stciirrgiiellr zu suchen, sür sehr unglücklich und im Reichstage sür noch viel nuSsicknSloler halten nl« den bic-her v-rfolgten Plan. ES braucht nicht breiter aiisgesitdrk zu werden, welche gewichtigen Grunde der VolkSwohlintiii eine mäß ge Vertheiicrnng deS Brannt wein- zulässig, i» wuiischknSwktlh erscheinen tassen. billiges Bier aber gebieterisch fordern. Die srüheren Versuche einer Erhöhung der Bräusteuer sind auch nicht einladend za einer Wiederholung. Die Nachricht tritt denn auch noch ln sehr wenig verbürgerter Form auf und es ist einstweilen kein Anlaß, näher daraus cinziigehe». Andererseits wird berichtet, das Deficit im Reim Haushalt solle lediglich durch Erhöhung der Matricular- benrag- gedeckt werden. DaS wäre ein SuSkuustSmtltel de« Augen- bl cks, der Verlegenheit. Daß dauernd dal Reich mit leinen wachsenden Bedürfnissen n chi an die selbst mit Finanznotd und Deficit» kämmenden, tost auS'chließiich ans die direcien steuern angewiesenen Eiozelstaaten sich wenden kann, bedars keiner weiteren BuSsührung. Ein dauernder Verzicht aus »>n- anSgtebige Reichssteuerresorm ist vollkommen un- möglich, und e« wäre sehr zu bedauern, wenn die Regierung mit -inem Bekenntniß der Ratd- und Hilflosigkeit vor den Reichstag träte, wie »« in der Anweisung der Bedürsutssr de- Reich» aus die Matricularbeüräge liegen würde. * Ten, Generalsecretair der nationalliberalen Partei vr. Jerusalem war in seiner Rede auf dem Kölner Parteitag eine Aeußernag in den Mund gelegt worden, di« in d«r Presse, namentlich der fortschrittlichen, viel besprochen und kritisirt wurde. Er sollte geäußert baden, wir wollten keinen Parlamentarismus, wie ihn England habe, da wir in diesem Staate sehen, wohin derselbe führt. Herr vr. Jerusalem aber bat in Wahrheit, wie da» „Centralblait sür die nalioiialliberalen Vereine" richtig stellt, gesagt: .Wir wollen keine Einwirkung deS Parlament« aus die auswär tige Politik, wie sie in England herrscht, denn dort bat un» diese Einwirkung gerade gezeigt, wie sie die auswärtige Politik völlig zu lähmen vermag." Damit werben wohl alle Bemerkungen der „Freisinnigen Zeitung" u. a. Uber die „völlige Abkehr de- NationalliberalisinuS von den constitutio- nellen Grundsätzen unv das Bekenntniß der Partei zum SchemeonsiitutionaliömuS und Absolutismus" hinfällig. * Nachdem in Posen die Errichtung einer „Polnischen RettungSbank". welche den polnischen Grundbesitzern in Posen und Westpreußcn. die i» finanziellen Nöthen sind. Hilfe bringen und aus diese Weise die Erwerbung polnischen Grund besitze» seiten» der AiisietelungScommission verhindern oder erschweren soll, definitiv beschlossen worven ist. wird demnächst in gleicher Angelegenheit in Krakau eine Cvnserenz stattfinden. ES soll dort, wie die „Schlesische Zeitung" bemerkt, Uber die Betheiligung GakizienS an dem RettungSbank-Project und namentlich über die Errichtung von Filialen dieser Bank in Galizien Beschluß ßefatzl werden. Die Krakauer Blätter fordern die Polen Galiziens bereit- zur größtmöglichen Be theiligung an der Posener Bank auf. welche zum Schutze der heiligsten nationalen Interessen de» gesammten Polen» er richtet worden sei. * Aus Braunschwely, 19 Oktober, wird der „National- Zeitung" geschrieben: .Die Verhaftung de» bekannten ReLtSanwaltS und Notar-vr. jnr. Dedekind in Wolfen büttel ist hier völlig unerwartet gekommen. Daß der alle Welsenenthnsiast noch dem Tode de» Herzog» Wilhelm seiner Leidenschaft sür Broschüren und Flugschristen zu Gunsten der welsischen Sache noch mehr al» früher die Zügel schießen ließ, war bekannt; man nahm aber bisher an, daß man von ObrigkcitSwegen dem Austreten deS wunderlichen Manne» keine Bedeutung beiinesse. Einmal hatte man ihn. nachdem er vor Jahren wegen MajestätSbelridiguag 6 Monate Gesängniß ver büßt hatte, vorübergehend noch ernst genommen; da» war i» vorigen Jabre, al» gegen ibn und den Grafen Schulenbnrg» Hehlen ein Procrß wegen Beleidigung de» braunschweigischen StaotSministerium« angestrengt wurde, der aber «tu negative- Resultat hatte. Seitdem ist nur die Betheiligang Dedekmb'S an den, Unternehmen eine» hier wöchentlich zweimal erscheinenden Welsenbiättlein« „Brunonia" bekannt geworden, die sür ihn eigentlich selbstverständlich war. Man glaubte darum auch zuerst, al- die Verhaftung ruLbar geworden, an irgend eine» Zusammenhang mit der „Brunonia" oder dem hier begründeten „Club Wels". Bi» zur Stunde sind die Mit glieder diese- kaum staal-gesäbrlichen Verein- sämmtlich un- bekelliizt geblieben, und auch die Gerüchte, daß unter denselben nccb Verhaftungen sollten vorgenoinmen werben, scheinen un- bc>z»il»dkt zu sein. Am meisten Beachtung verdient jedenfalls daS übrigen- auch »och »»beglaubigte Gerücht, die Festnahme Dedekinb's sei auf eine a»-wärtige Requisition erfolgt, nachdem in Hannover bereit- Verkostungen stattgefunden. Die hiesigen Gerichtsbehörden bewahren über die Angelegenheit Ver schwiegenheit. ES wird behauptet, daß eS sich um eine LandeSverratbS-Beschuldigung handele." * Die zur möglichsten Verhütung einer Cholera-In vasion auS Oesterreich-Ungarn an preußischen frequenten GrenziibcrgangSpuncten, dem Vernehmen nach, in Au-sicht genommenen behördlichen BorbengungSmaßregeln dürsten aus Verhängung einer eigentlichen Grenzsperre wohl im Vorhinein verzichten, nachdem die Erfahrungen der letzten Jahre zur Genüge dargethan haben, wie selbst die strengsten in Vieser Richtung gchandbabte» Maßregeln sich dem Ver rücken der Seuche gcg-müber ohnmächtig erwiesen haben. Möglichst genaue Ueberwachung de- Reisenden» und Güter verkehr?, Jsoliruuz etwaiger ckolerakrank-r oder auch nur cholcraverdäckligcr Persönlichkeiten, Vernichtung der con- statirtcn Eboierakeimc, unv vor allen Dingen Sorge dafür, daß keine Ebolcravamt in der Bevölkerung Play greife, da- sind die wesciitlichnen GesichtSpirncte, nach denen jetzt in Wie», Angesichts deS cuien, alsbald telegraphisch signalisirten Cholera- loceüsaüeS, versabren wird und von Vene» sich die dortigen iiievicinischen Autoritäten den zweckdienlichsten Erfolg ver- spreme». In Wiener sachuiännischen Kreisen glaubt man nicht an ein nahe bevorstehendes epidemisches Austreten der Leucbe. unv wa« sür Wien gilt, dürste in verstärktem Maße sür unsere diesseitigen Verhältnisse anzunehmen sein. * Mehr al» acht Jahre sind verflossen, seit sich Oester reich-Ungarn im Berliner Vertrage mit der Regulirung de» Eisernen Thore», mit der Beseitigung der Schiff- sahrtShindernisse aus der unteren Donau zwischen Orschowa und Turn-Sewerin, von den Mächten beauftragen ließ, und noch immer sind die längst fälligen Arbeiten nicht einmal begonnen worden. Ungarn beanspruchte die Durchführung de» Werke«, al- aber b,e österreichische ReichSbälsle ihm das selbe überließ, zeigte Ungarn immer geringere Neigung zur Erfüllung der übernommenen Verpflichtung. Vor einigen Monaten richtete der neue österreichische Handel-minister an die ungarische Regierung eine Nachfrage über den Stand der Dinge, erhielt indessen seine Antwort. Weder an der untern Donau, noch in Oesterreich, noch in Deutschland, so schreibt der Wiener Corresponvent der „Schlesischen Zeitung", wird die ungarisch« Regierung durch solche« Gebühren ihr Ansehen erhöhen, zu ihrem eigenen Schaden aber die Donauschiffsahrt immer mehr und mehr Herabdrücken. * In Wien ist augenblicklich eine Commission versammelt, b-stebenv au» dem Krieg-minister Grafen Bylondt, mehreren CorpScommandanten, dem Chef de- GcneralstabS Baron Beck, dem Präsidenten des technischen und administrativen Militair- comitS- Kreuz, sowie einer Anzahl im Schießwesen erfahrener Fachmänner. Wie e» heißt, handelt eS sich um die Berathung der Einführung de- nenen GewehrmodellS. — Gleich zeitig tagt noch eine Conserenz ganz anderer Art in Wien, nämlich eine solche von Bischöfen. Es sind bereit» der Fürstbischof von Prag Gras Schönborn. Bischof vr. Müller von Linz. Fürstbischof Zwerger von Seckau, Bischof Bauer von Brünn und Fürstbischof Missia von Laibach eingetrofien. Die Bischöfe beratben unter dein Vorsitze de« Wiener Fürst- crzbischos« Ganalbauer. Der Gegenstand ihrer Verhandlungen wird geheim gehalten, doch nimmt man vielfach an, daß e» l sich um die konfessionelle Schule handelt.
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