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Kummer 84 - 25. Jahrgang «mal wöch. Bezugspreis für April 3 M. einschl. Bestellgeld. Anzeigenpreise: Die Igesp. Petitzeile SüI, Stellengesuche 20 L. Die Petitreklamezeile. 89 Milli, meter breit, I ^t Össertengcbuhren für Selbstabholer 20 bei Uebersenüung durch sie Post außerdem Portozulchlaa. Ein',e!-Rr tll I. Sonnioqs-Nr. IS Geschäfll. Teil. I. Hillebrand in Dresden. pelrws pen Nute tNülien o v fnie6i'iek vrescken K. pillniirer Ltr. 46 Kuk 27479 SWllWie Sonnabend, 17. April 1926 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung aus Lieferung sowie Erfüllung v. Anzeigenaufträgen u. Leistung o. Schadenersatz. Für undeutl. u. d. Fern, ruf übermitt Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung Unverlangt eingesanSt« u. m. Rückport« nicht versehene Manuskripte werd. nicht aufbewahrt Hauptschriftleit.: Dr. Joseph Albert. Dressen witchiift-ftetle, Druck und Brrlagi Saxonm- LuchLruckere, GmbH., Drerde»-A. I. Poliers,r>;f,e 17. Fenmii 21VI2. Poillchecktonio Dresden >171,7 PaiiNoiNo: Basse,>nc «- grinsckie, Dresden. Für christliche Politik un» Kultur Redaktion der Sächftsckieu BolkSzeitunn Dresden. Slliüad, l. Poliers,ratze 17 Hernrn, 20711 ,n,d 2IVI2. Fürstenabfindung — Duellsrage Berlin, 16. April Die vorgesehenen Besprechungen Ser Vertreter der Regie rungsparteien des Reichstages mit der Noichsregierung haben heute vormittag 10 Uhr in der Reichskanzlei begonnen. An den Verhandlungen nehmen von der Reichsregierung die Minister Külz und Marx teil. Ter Reichskanzler ist im letzten Augen blick an der Teilnahme verhindert worden. Die Verhandlungen werden sich vermutlich sehr lange ausdchnen, da beabsichtigt ist. nach der Besprechung mit den Vertretern der Regierungspar teien auch die Vertreter der übrigen Parteien zu den Verhand lungen hinzuzuziehcn. Zur Beratung steht in erster Linie der Gesetzentwurf über die Fürstenabfindung. Es werden aber auch die gegenwärtig akuten innen- und außenpolitischen Fragen behandelt werden. Auch die Duellfrage soll erörtert werden. Reichskanzler Dr. Luther, sowie die Neichsminister Dr. Külz und Dr. Reinhold werden heute abend 8.30 Uhr zu ihrem Münchener Besuch Berlin verlassen. Berlin, 16. April. In der gestrigen Sitzung des Ncichskabi- netts ist über das Abfindungskompromiß ein Beschluß noch nicht gefaßt worden. Vielmehr soll der Kompromißentwurs erst im Laufe des heutigen Tages mit den Fraktionsführern der Regie- rungskvalitlon noch einmal durchberaten werden. Von den Be sprechungen mit den Parteiführern, denen heute Besprechungen mit den Teutschnationalen und den Sozialdemokraten folgen sollen, dürfte die endgültige Fassung des Kompromisses abhängen. Die Lage in Preußen Ans dem Preußischen Landtag wird uns mitgeteilt: Die augenblickliche politische und parlamentarische Lage fn Preußen ist recht eigenartig. Bekanntlich ist der Landtag mit einem großen Eklat anscinandergegangen, nach dem das lange mühselig vorberatene und nach außerordent lichen Mühen endlich im Plenum beratungsrelfe und dann auch in den Verhandlungen erledigte Hauszins st euer- gesetz zur Abstimmung kam, dort aber nicht die Mehrheit fand. Die Abstimmungsniederlage ist aber von der preu ßischen Regierung nicht so ernsthaft anfgefaßt worden, daß sie zum Anlaß bestimmter politischer und Parlamen tarischer Konsequenzen genommen worden wäre, weil es sich um eine Zufallmehrheit handelte, hervorgeruscn da durch, daß eine ganze Anzahl von Mitgliedern der Regie rungsparteien «darunter vom Zentrum nicht "weniger als 2i »nd von den Sozialdemokraten 11) vor der Vornahme der Abstimmung abgereist waren. Daraus konnte die preußische Regierung nur Recht den Schluß herleiten, daß das Gesetz unter anderen Umständen glatt angenommen worden wäre. Das Hauszinssteurrgcsetz wird von der preußischen Negierung als ein unerläßlicher Bestandteil der ganzen preußischen Finanzpolitik angesehen. Bei dom Wiederzusammentritt des Landtags werden nun die Bemühungen in erster Linie auf die Wiedergut machung des Vorganges gerichtet sein müssen, einmal, um der Regierung die Basis für ihre finanziellen und wirt schaftlichen Maßnahmen zu geben und zum anderen aber auch, »m die Parteien auch wirklich aktionsfähig zu machen. Namentlich das Zentrum wird nachdrücklichst dafür zu sor gen haben, daß solche Zwischenfälle, wie sie sich jetzt er eignet haben, sich nicht mehr wiederholen. Nicht nur mit der Stellung einer Regierungspartei, sondern auch mit der Stellung des Zentrums innerhalb der Negierung ist es nicht zu vereinbaren, wenn angesichts w scharf zngespitzter partei politischer Konstellationen Gefahren heraufbeschworen wer den, die nicht nur für die Negierung, sondern auch für die Partei selbst von sehr empfindlicher Rückwirkung sein könnten. Es wird aber auch wohl über die ganze Haltung der Deutschen Volk sparte! noch eindringlich zu sprecht,: sein. Im Reichstag ist sie Regierungspartei, im Preußischen Landtag hat dieselbe Partei die Politik ihrer eigenen Gesinnungsgenossen im Reichstag und des ihren eigenen Reihen angehürenden Außenministers Stresemann glatt desavouiert. Im Reichstag Regierungs-, im Landtag Oppositionspartei, hat die Deutsche Volkspartei sich zwischen zwei Stühle gesetzt, die das Vertrauen zu ihrer Ehrlich keit und Zuverlässigkeit außerordentlich erschüttern müssen. Auch das kann nicht ohne bestimmte Folgerungen bleiben. Wird der Landtag nicht zu einer sichergestellten Arbeits fähigkeit kommen, dann bleibt gar nichts anderes übrig, als die Auflösung. Zerrissen Ueber kurz oder lang mußte Ser seelische Zwiespalt in der sächsischen Sozialdemokratie auch organisatorische Folgen nach sich ziehen. Im Grunde war ja das schöne Ein heitsgewand der sächsischen sozialistischen Parteiorganisation schon seit geraumer Zeit arg zerschlissen. Der Schneider wußte längst, daß er mit diesem Stoff auf die Dauer die Risse nicht würde flicken können. Man erinnere sich an das chambr« separse, daß sich die Minderheit der sozialistischen Fraktion bereits einmal im Landtag anweisen ließ. Alan Senke an die Knebelung der Meinungsfreiheit der 23 durch die sozialistische Presse, die schon seit langem nur noch der radikalen Minderheit als Sprachrohr dient. Nur schwache Fäden hielten dieses rot« Parteigewand noch notdürftig zusammen, und es hat nur noch eines bescheidenen Anlasses bedurft, um diese Fäden endgültig zu zerreißen. Günstigenfalls Halle man diesem Gewände noch eine Le bensdauer bis zur Auflösung des Landtages im Herbst zuge billigt. Die Gnadenfrist aber lies unerwartererweise früher ab. Tie gestrige erste Landtagssitzung nach den Osterferien hat eine restlose Klärung gebracht: das Tischtuch zwischen den beiden sozialistischen Fraktionshälficn ist endgültig zerschnitten! Man erinnert sich, daß einer der Linkssozialisten im Ja nuar dieses Jahres mit der prophetischen Drohung herausplatzte, der Landtag werde das erste Quartal dieses Jahres nicht über leben. Eine Zeitlang schien es ja fast, als seien die Kleister- versuche des Berliner ParteivorstanScs tatsächlich von Erfolg gewesen. Man hörte von unerfüllbaren Agitationsanträgen zur Erwcrbslosensrage und zur Wohnungsnot, durch die man die 23 für die Landtagsauflösung zu ködern versuchte. Aber es kam anders. Die entscheidende Sitzung am 2b. März sah die 23 nicht auf Seiten der radikalen Minderheit, und die erträumte Lanötagsauslösung war wieder einmal ausgeblieben. Die Folge davon aber war ein Beschluß der Bezirksvorstände der Sozialdemokratischen Partei, der zu Beginn der gestrigen Land tagssitzung zur Verlesung kam. Alle sozialdemokratischen Ab geordneten. die am W. März nicht für die Landtagsou flösung gestimmt hoben, gelten nicht mehr als Vertreter der Sozial demokratie. Demgegenüber erließen die 23 eine längere, aber entschiedene Erklärung, in der sie es oblehncn, sich dem Geiste der „Konjunklurjäger und Wortheiden" zu beugen, dt« in letzter Zeit wieder systematisch den Gedanken eines Paktes mit den Kommunisten, den erklärten Feinden der Sozialdemo kratie, propagieren. Die sächsische Parteileitung wird bezichtigt, aus Liebe zu der kommunistischen Illusionspolilik die sozial demokratische Partei Sachsens auseinander, gerissen Zu haben. Es wird klar und deutlich sestgestellt, datz eine Partei van der Stärke der Sozialdemokratie in der Republik sich auf die Dauer der staatlichen Mitarbeit und Ver antwortung nicht entziehen könne. Die Erklärung schließt mit dem Bekenntnis zur Beibehaltung des Kurses positiver Staatsmitarbeit zum Vorteil des Volkes. Lenk! Polen ein? Die Wirlschafisverhandlungen Warschau, 16. April. Die polnische Negierung hat khrem Berliner Gesandten ein Memorandum über die Liquidationssrage und die Handelsvertragsverhandlnngen zur Uebergabe an den deutschen Außenminister zugesandt. Gleichzeitig ist der polnische Gesandte beauftragt worden, Dr. Stresemann dringend zu bitten, die Verhandlungen über den Handelsvertrag und die Liquidation so schnell wie mög lich zu Ende zu führen. Die polnische Regierung hat be schlossen, die bisherige Handelsvertragsdelegation noch durch den Vizeminister für Handel und Gewerbe zu verstärken. Der Vorsitzende der Delegation und der Vizeminister be geben sich am Freitag nach Berlin. Skrzynskri in Wien Wien, 16. April. Am Donnerstagabend gab der Bundes kanzler Ramek zu Ehren des polnischen Außenministers Skrzynski ein Abendessen. In seiner Begrüßungsansprache führte Dr. Ramek unter anderem aus: Der Abschluß des Schieds- Vertrages zwischen Oesterreich und Polen verkündet aller Welt, daß diese beiden Staaten entschlossen sind, in ihren wechselseiti gen Beziehungen das Anwendungsgebiet friedlicher Mittel für die Schlichtung von Streitigkeiten zu erweitern, weil ihre Völker von aufrichtiger Freundschaft zueinander erfüllt sind und nichts anderes wünschen, als Frieden, Arbeit und gegenseitigen Aus tausch ihrer geistigen und materiellen Güter. Auf Wirtschaft!;, chem gebiete wird hoffentlich der heutige Tag «ln neuer Impuls für die engere Gestaltung unserer Handelsbeziehungen sein. Der polnische Ministerpräsident führte in feiner Erwiderung unter anderem a:.s: Um die Welt einer besseren Zukunft ent- legenzuführen ist die Erkennung der Notwendigkeit internatio naler Solidarität nötig. Ich schätze mich glücklich, daß ich im Namen Polens Dokumente unterfertigen konnte, die für ein« Politik der internationalen Solidarität deutliche Zeugnisse und Sürgschaften sind. Zu diesen gehören die Vereinbarungen von Locarno, die unserer Friedenspolitik Ausdruck geben und gegen jemanden gerichtet find . Der Schiedsvertrvg gibt Zeugnis von inferen beiderseitigen Bestrebungen, unsere politischen Beziehun- »en inniger zu gestalten. An da» Abendessen schloß sich ein Empfang, zu dem zahl reiche Einladungen «vgangen waren. Polen und -er Völkerbund Aeußerungen Paul Boncours. Berlin, 16. April Der ständige Vertreter Frankreichs im Völkerbundsrat, der sozialistische Abgeordnete Paul Boncour, hatte gestern eine Besprechung mit deutschen Sozialdemokraten über die Probleme der nächste» Zukunft, besonders über die Fragen, die mit dem Völkerbunde Zusammenhängen. Er erklärte, seine Reise nach Polen habe den Zweck verfolgt, an Ort und Stelle jene polni schen Probleme zu studieren, zu denen der Völkerbund Stellung zu nehmen habe. Zu seiner Erklärung in seiner Erwiderung auf eine Begrüßungsrede in der franca-polnischen Scjmgruppe in Warschau, daß er es im Interesse aller Signatarmächte der Lo carnoverträge für wünschenswert hielte, wenn Polen im Völker bundsrate vertreten würde, betonte er, dies sei in -er Tat seine Uerberzeugung. Bezüglich seiner Aeußerungen über die inter nationale Bedeutung der polnischen Armee sagte er: Das euro päische Friedens- und Sicherheitssystem, das auf dem Völkerbund und den Locarnoverträgen begründet sei, höre an der östlichen Grenze Polens auf. Wenn er also die Ostgrenze Polens als die Grenze dieser Friedensorganisation bezeichnen müsse, so stelle er damit nur eine bedauerliche Tatsache fest. Der polnische Soldat habe eine Mission zum Schutze der gesamten für den Frieden organisierten europäischen Zivilisation zu erfüllen. Diese Mei nung halte er aufrecht. Seine Aeußerungen über die Mission des polnischen Soldaten seien in keiner Weise gegen Deutschland ge richtet gewesen. „Ruhland vor -em Bankerott" Die Moskauer Börse geschlossen. Moskau, 16. April. Im hiesigen Arbeiterklub er klärte Bucharin in einer bedeutsamen Rede, datz Rußland vor dem wirtschaftlichen Bankerott stehe, wenn die Bauernbevölkerung nicht sofort helfend eingreife, um di« Lage zy.Dttsn. Schnelle Hilfe sei erforderlich, da der Zusammenbruch) wmrfttelbar bevorstehe, zumal mit auslän-' :bischer Hilfe nick»» rechnen sei. , > Der weitereKarke Rückgang des Tschepwonez hat dazu geführt, daß die tzwwjetregierung gestern die Moskauer Börse geschlossen hat. Der Handel mit ausländischen Devisen wurde aber atzt.de» schwarzen Börsen fortgesetzt, wobei der Tscherwomttz,Wt «ine» weiter stark fallenden Kurse gehandelt wurden Am meisten verdutzt über diese Wendung der Dinge dürft« wohl der Berliner P a r t e i o o r st a n d der S. P. D. sein. Er hat es für gut befunden, sich bis heute um eine klare Ent scheidung im Sachsenkonflikt !>erumZudriicken. Datz ihm da durch die Zügel immer mehr aus den Händen gleiten mußten, war ihm scheinbar nicht so ganz bewußt. Heute aber wird ihm vielleicht unter dem Druck der Tatsache die Einsicht aufgegan gen sein, daß eine aufgeschobene Entscheidung noch lange kein« aufgehobene zu sein pflegt, und daß er jetzt unter vielleicht noch ernsteren Verhältnissen wie bisher wird Farbe bekennen müssen. Es tut gut, sich an diesem Wendepunkte klarznmachen, wie stark die Politik der Sozialdemokratie im Reiche in letzter Zeit von den Verhältnissen in Sachsen beeinflußt war. Nur aus den zarten Rücksichten auf die Töne vom radikalen linken Flügel der Partei her ist es za erklären, wenn die Idee der Großen Koalition im Reiche mit Festigung der Verhältnisse in wachsendem Maße an Zugkraft eingebüßt hat, wenn vor allen Dingen nach Sem kläglichen Ausscheiden der Deutschnationalen trotz aller Bemühungen keine breitere und festere Regierungs basis geschaffen werden konnte. Von dem sächsischen Sozialisten- streit aus gesehen fällt auf das Zwangsläufige dieser Entwik- kelung manches Licht. Man spricht heute offen davon, daß die Sozialdemokratie auf eine Teilnahme am zweiten Kabinett Luther nur deshalb verzichtet Hobe, weil sie andernfalls eine Parteispaltung hätte befürchten müssen. Darüber aber mußte man trotzdem im klaren sein, daß sich eine so ernste Parteikrise durch die Gesetze der Taktik allein nur kurz« Zeit aufhalten läßt. Die Spaltung hat doch begonnen. Und wenn auch in Sachsen die Explosivstoffe in ganz besonderem Maße angehäust waren, so zeigen sich di« beiden Gegensätze, die hier zum Bruch geführt haben, doch auch in der übrigen deutschen Sozialdemokratie. Die 23 heben das in ihrer Erklärung mit Nachdruck hervor: „Ueberall, in Baden, in Hamburg, in Preußen, Württemberg und im Reich ringen in der Partei in mehr oder weniger scharfer Form di« grundsätzlichen Auffassungen miteinander, ob man positiv an der Staatsmaschin« Mitwirken oder in negativer Opposition verharren solle." - Weniger vom Standpunkt des lachenden Dritten als von dem der Forderung des Staatswohles aus wird man dies« Ent wickelung mit einer gewissen Genugtuung hinzunehmen bereit sein. Denn der Staat hat ein große» Interesse Lar«, dt»