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Wochenblatt keensstieebee Velegpsmm-6S resse: lto. iS blocl>endlatt prilsmtr kr für Pulsnitz Amts-Blatt 1« Sonnabend, den 22. Juli 1805 57. Jahrgang Erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend. Beiblätter: Illustr. Sonntags- blatt u. Snmor. Wochenblatt Abonnement. Monatl. 50^, vierteljährlich 1.25 hei freier Zustellung ins Kaus, durch die Poß bezoaen unter Nr. stN2 z.2L. des König!, klmtsgeplckts und des Stadtralkes 2u pulsnttL. Amtsblatt für den Bezirk des Rönigl. Amtsgerichts Pulsnitz, umfassend die Ortschaften: Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Böhmisch-Vollung, Großröhrsdorf, Bretnig Hauswalde, Dhorn, Oberstem«, Niedersteina, Weißbach, Oberlichtenau, Niederlichtenau, Friedersdorf-Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Rlein.Dittmannsdorf Druck und Verlag von E. L. Förster'» Erben (Inh.: I. kV. Mohr.) Expedition: Pulsnitz, Bismarckplatz Ar. rsr. Verantwortlicher Redakteur Gtto vorn in Pulsnitz. ! Inserate für denselben Tag find bis vormittags io Uhr aufzuoeben. Einspaltige Zeile oder deren Raum 12 ! kokalpr. io ö Reklame 20 ö > Lei Wiederholungen Rabatt. Alle Annoncen-Erpeditionen nehmen Inserate entgegen. -i ' - Auf Blatt 1 des hiesigen Vereinsregisters ist heute der Rabatt-Spar-Verein Röderthal, Großröhrsdorf, und als dessen Vorstandsmitglieder der Fabrikant Herr Lrnst Bruns Schölzel in Bretnig, sowie der Buchbindermeister Herr Lmil Paul Berger in Großröhrsdorf eingetragen worden. Die Satzung ist am 26. Juni 1905 errichtet. Pulsnitz, am 20. Juli 1905. . , - Königliches Amtsgericht. Bekanntmachung, Marienschietzeu betr. Nach 8 139 c Ler Reichsgewerbeordnung wird hiermit während deI Marienschiesiens, d. i. Sonntag, den 25-, Montag, den 24. und Dienstag, den 25. Juli d. I., das Offenhalten der Verkaufsstellen auf dem Schützenplatze bis 12 Uhr nachts gestattet. Schaubuden, Karussels und dergl. sind an diesen Tagen spätestens 1 Uhr nachts zu schließen. Pulsnitz, am 22. Juli 1905. Der Ltaötrat. vr. Michael. Drahtbericht des Pulsnitzer Wochenblattes. Dresden, den 22. Juli, früh '/,8 Uhr. Konstantinopel. (Meldung des Wolff- Bureaus.) Durch eine Dynamitbombe, welche auf der Straße vor der Moschee explodierte, als oer Sultan nach dem Selamik die Moschee verließ, wurden 40 Personen, Eingeborene und Soldaten, jedoch keine Fremden, getötet. Der Sultan kehrte unverletzt und vollständig ruhig nach dem Palast zurück und empfing den österreichischen Botschafter. Der Täter ist wahrscheinlich getötet. Keuche Ereignisse. Das deutsche Panzergeschwader ist am Freitag vor Kopenhagen eingetrosfen. Ein neuer Ruhstrat-Prozeß ist m Sicht, da Bier mann und Schweynert das Wiederaufnahmever- sahren beantragen wollen. Der „Petit Parisien" meldet das wenig glaub würdige Gerücht, daß außer dem Prinzen von Wales auch der deutsche Kronprinz nach Tokio reisen werde. ^ie Leiche des von den meuternden Mannschaften des „Potemkin" ins Meer geworfenen Komman danten Golikow wurde bei der Küste von Eu- patoria ans Land gespült und zur Beerdigung nach Sewastopol überführt. Im Hafen von Libau sind 137 Matrosen wegen der jüngsten Unruhen verhaftet worden. Der „Nowoje Wremja" wird gemeldet, daß der Vormarsch der Japaner von Korea aus nun mehr bestimmteren Charakter annimmt und sich auf der Linie Mussan—Nangan bewegt. Nach der Petersburger Telegraphen-Agentur sind japanische Kriegsschiffe bei Nikolajewsk, in der Nähe der Küste, gesichtet worden. Viele Be wohner von Nikolajewsk und Wladiwostok flüch ten nach Chabarowsk. 3o. Juni hat ein Orkan die Ortschaft Jaluit .auf den Marschall-Inseln völlig zerstört. Infolge (der Hitze in Neuyork ereigneten sich vor gestern 100 Todesfälle und 400 Hitzschläge. Unser nächster Krieg. Unsere höheren Seeoffiziere äußern sich nur mit beson derer -Mierve h^r marinepolitische Fragen. Um so beach tenswerter dürften nachstehende Offenherzigkeiten sein, die der Anzeiger- einem Admiralstäbler verdankt. Diese Zuschrift lautet: Dor einigen Jahren erschien die Schrift eines jungen, zum Generalstav m Berlin kommandierten Oberleutnants, die sich mit den Möglichkeiten eines englisch-deutschen Krieges be faßte. Seine Lösung war sehr einfach: Wir setzen ein paar Divisionen bei unseren Vettern an Land und überlassen sie dann ihrem Schicksal, da wir inzwischen von der übermächtigen englischen Flotte arg zugedeckt werden. Diese Divisionen aber besetzen London und damit ist der Sieg zu unseren Gunsten entschieden. Diese, gelinde gesagt, Harmlosigkeit — anders kann man es kaum bezeichnen — regte die Engländer außer ordentlich auf. Daher datiert ihre neuerliche Nervosität gegen über Deutschland. Wer jetzt in England reist und Gelegen heit erhält, die Meinung der besten Gesellschaft zu hören, weiß, daß es dort allgemein heißt: der nächste Krieg sei ein englisch-oeutscher. Die Deutschen selbst, heißt es, erörterten ja die Chancen ,eines Ueberfalls. Daher die geniale Neu verteilung der britischen Flotte, die in erdrückender Ueber- macht jetzt vor der Nordsee aufmarschiert ist, um den Deutschen den angeblichen Appetit vergehen zu lassen. Dar aktive Offizierkorps denkt noch weiter. Die beste Parade ist der Hieb. Und so ist denn Admiral Fisher der Ueberzeugung, England müsse so bald wie möglich los schlagen Dieser Gedankengang wird im englischen Volke um so besser verstanden, als es aus der Geschichte weiß, daß See gewalt Reichtum bedeutet. Einst war Spanien, dessen Sil berflotten die Schätze Amerikas heranschleppten, der reiche Mann Europas. Nach der Vernichtung der Armada war es aber mit dem Wohlstand dahin. Amsterdam ward an Stelle des damals noch spanischen Antwerpen der Stapelplatz für allen Reichtum der Erde und die holländischen Millionäre wurden sprichwörtlich. Hundert Jahre darauf kämpften die Engländer in zwanzigjährigem Ringen die holländische Kriegs flotte nieder und damit kam London an die Spitze aller Handelsstädte, wurde Zentrum und Regulator aller Gold adern der Erde. Und dabei hatte eS doch einst nicht einmal die Einwohnerzahl von Lübeck erreicht. Seit 1870 hat nun Hamburg seinen Handel prozentual weit stärker entwickelt als die Themsestadt. Schon ist der größte Teil des früheren Umschlagsverkehrs London entzogen, weil die Ueberseer von und nach den Kontinentalhäfen direkt verfrachten. Geht es in derselben geometrischen Progession weiter, dann ist London in einem Menschenalter überflügelt. Auch unsere Frachtrate im fremden Küstenhandel steigt. Weder die British Ostindia noch die P. L O. haben eine solche Dampferflotte aufzuweisen wie Hamburg-Amerika-Linie und Norddeutscher Lloyd Ohne 1870 wäre das alles un denkbar. Und wenn man uns jetzt ein Tsuschima bereiten könnte, wäre alles dahin. Die Engländer könnten eine neue „Navigationakte" dekretieren, die uns ebenso die Luft be nähme, wie die alte den Holländern. Früher als irgend ein anderer Deutscher erkannte der Kaiser die Möglichkeit eines solchen Ganges der Weltge schichte. Sein Flottenprogramm war daher Prophylaxe, war Versicherung unserer Volkswirtschaft mit ihren Milliarden werten gegen die Gefahr n unseres „nächsten Krieges", den er nicht will, den aber andere uns aufzwingen könnten Dank seinem unermüdlichen Drängen können wir in diesem Herbst zum ersten Male 18 Linienschiffe Herausstellen. Das ist allerdings auch alles und die Engländer sind immer noch viermal stärker. Aber vielleicht wird über kurz oder lang unser Volk selbst sich zu jenem Enthusiasmus zurück- sinden, der 1848 unseren Liberalismus für die Flotte beseelte. Und eS kann sicher sein: diese Millionen wären nicht hinaus geworfen. Vor der Ausreise der Baltischen Flotte erklärte der Kommandant eines der größten russischen Schlachtschiffe seinen Offizieren resigniert: „Wir sind keine Seeleute und werden es nie sein." In Deutschland wäre ein solches Wort un denkbar. Unsere „blauen Jungens" sind prachtvoll; und unser Material scheut keinen Vergleich mit dem ausländischen. Dank unserer ausgezeichneten Industrie sind wir sogar in der Lage, auf einzelnen Gebieten „außer Konkurrenz" zu stehen. Wenn die japanischen Torpedoboote bei ihrem ersten Angriff auf die Port Arthur-Flotte so wenig Erfolg hatten, so verdankten sie das der englischen Füllung ihrer Torpedos. In derselben Lage hätten unsere schwarzen Teufel reinen Tisch gemacht. Die schlimmsten Erfahrungen machen die Engländer mit ihrer schweren Schiffsartillerie. Ihre 30,5 Zentimeter-Geschütze neuesten Typs müssen vielfach nach 20 bis 30 Schüssen schon ausgewechselt werden. Auf den Schlachtschiffen der „Prince of Wales "-Klasse waren die Rohre zum Teil schon nach dem Anschießen untauglich. Es sind dies alles Drahtkonstruktionen. Augenscheinlich ist es der englischen Industrie nicht gelungen, Mantelringgeschütze schwerer Kaliber herzustellen, wie sie bei unS üblich sind. Die englische 30,5 Zentimeter-Kanone, deren Kernrohr mit 14 (an der Mündung) bis 75 (am Bodenstück) Lagen von Stahldraht umsponnen ist, hat lokale Schwächen und ist Nißbildungen ausgesetzt. Aus dem gleichen Grunde waren die Japaner andauernd gezwungen, ihr schweres Material zu schonen. Die Nation kann bei uns dagegen sicher sein, daß das Geld nicht für untaugliche Dinge vergeudet wird. Sie sollte diese Kapitalanlage umso weniger scheuen, als auch unsere Taktik gewiß nicht vor der fremder Seemächte zurücksteht. Ueber diese Dinge läßt sich freilich in der Oeffentlich- keit nicht sprechen. Aber das kann man wohl sagen, daß ein deutsches Geschwader sich nie auf ein hinhaltendes Fern gefecht beschränken würde. Heran an den Feind! ist nicht nur die Parole der Armee, sondern auch der Marine. Der offensive friderizianische Geist ist in ihr lebendig vom Groß admiral bis zum letzten Schiffsjungen. Eine solche Schar ungenügend auszurüsten, wäre ein Verbrechen an dem Geist der Nation; hoffentlich wirken die großen Zeiten, die wir durchleben, so auf unsere Volksvertretung, daß sie von sich aus das Tempo des Flottenbaues beschleunigt, an das unsere Regierung sich aus parlamentarischen Gründen gebunden hat. Oertliche «ud sächsische Angelegenheiten. Pulsnitz. Das Heben des SchützenhauSsaal-Neu- baues ging gestern Nachmittag halb 7 Uhr unter Anteil nahme vieler Mitglieder der Schützengesellschaft von statten. Nach Verklingen des Liedes: „Nun danket alle Gott" und nach Verlauf der üblichen Zeremonien brachte der Zimmrer- polier Müller aus Lichtenberg auf die Schützengesellschaft, die Baumeister und auf die Bauleute Hochs aus, in die von den Anwesenden freudig eingestimmt wurde. Der Hebebaum war geschmückt mit Gummihosenträgern welche an die Ar beiter zur Verteilung kamen. Im Laale des Schützenhauses folgte alsdann der Hebeschmaus, der, gewürzt durch mehrere Toaste und belebt durch die fröhlichen Weisen der Stadt- kapelle, recht fidel verlief. Pulsnitz Das beliebte, von hier und auswärts immer gern besuchte Marienschießen des Schützen-Jägerkorps steht nahe bevor. Dasselbe wird von morgen Sonntag, den 23. bis mit Dienstag, den 25. Juli abgehalten. Am letzten Festtage wird ein großes Feuerwerk abgebrannt. Zu den Vorbereitungen gehört nur noch schönes Wetter, damit das Fest einen befriedigenden Verlauf nehmen kann.