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Amtsblatt für die königliche» mb städtischen Behörden zu Freiberg nnd Brand. ü Erscheint jeden W»chentag Abend« a Uhr für 1 andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mart 25 ' zweimonatlich 1 M. 50 Pf. u. etmnonatl. 7b Verantwortlicher Redakteur Iuliu» Bros« iu Freiberg. , 33. Jahr,arg. „ > .... > den > s Inserate werden bi» Vormittags 11 Uhr angenom- - M H' I Dienstag, den 12. IM j ^und^-r^-f^^ltm-Zeil. 1881. Wetter-Prognose für Dienstag, de« 1k. Juli: Abnehmende Bewölkung, Temperatur wärmer, keine wesentlichen Niederschläge, oder ganz trocken. Tagesschau. Freiberg, 11. Juli. Die Wiedergenesung der deutschen Kaiserin ist soweit vorgeschritten, daß der Kaiser am Sonnabend Abend seine Reise nach Mainau antreten konnte. Gestern traf derselbe in Konstanz ein, woselbst er vom Großherzoge von Baden und der Prinzessin Viktoria auf dem Bahn hofe empfangen wurde. Nach kurzem Aufenthalte und unter enthusiastischen Kundgebungen der Bevölkerung be gab sich der greise Monarch dann per Dampfschiff nach der Insel Mainau. Dort wird er nur bis Mittwoch verweilen und dann die Reise nach Gastein antrctcn. — Der deutsche Botschafter in Konstantinopel, Graf Hatzfeldt, ist bis auf Weiteres mit der Wahrnehmung der Geschäfte des Staatssekretärs im auswärtigen Amte zu Berlin betraut worden, gleichzeitig wurde derselbe mit der Stellvertretung des Reichskanzlers im Bereiche des aus wärtigen Amtes beauftragt. Die definitive Ernennung des Grafen Hatzfeldt zum Staatssekretär in erwähntem Amte dürfte wohl bald nachfolgen, welcher Posten seit dem im Oktober 1879 erfolgten Tode des Staatsministcrs von Bülow unbesetzt geblieben war. Als Nachfolger für den Grafen Hatzfeldt in Konstantinopel gilt noch immer der jetzige deutsche Gesandte in Athen, Herr v. Radowitz. Mit besonderem Interesse wird man dem Auftreten und den Erfolgen der Sozialdemokratie bei den bevor stehenden Reichstagswahlcn entgegensetzen dürfen. Es ist bekanntlich das erste Mal, daß unter der Herrschaft des Sozialistengesetzes die Sozialdemokratie in die Wahl bewegung cintritt. Wo bisher einzelne Nachwahlen statt- gefundcn, war ein wesentlicher Rückgang der Partei nicht zu merken. Und man wird sich auch bei den bevor stehenden Wahlen allzufesten Hoffnungen auf den Nieder gang dieser Bewegung nicht hingeben dürfen. Freilich sind den Sozialisten in der öffentlichen Agitation die Hände gebunden, allein cs sind naturtzemäß noch immer Fäden genug vorhanden, mit denen die Bewegung ausrecht er halten und geleitet wird. Wenn wir uns daraus gefaßt machen, daß die Anzahl der abgegebenen sozialdemokratischen Stimmen auch unter der Herrschaft des Sozialistengesetzes einen erheblichen Rückgang gegen früher nicht aufweist, so sind wir damit doch sehr entfernt davon, zuzugeben, daß sich dieses Gesetz nicht bewährt und seinen Zweck verfehlt habe. Daß man die sozialdemokratische Gesinnung mit diesem Gesetz unterdrücken könne, wird wohl Niemand an genommen haben; man konnte nur danach streben, die äußere Agitation und Aufreizung zu ersticken. In wie weit die positive heilende Thätigkeit der bürgerlichen Ge sellschaft mit der Anwendung der Unterdrückungsmaßregcln gleichen Schritt gehalten hat, wollen wir heute nicht untersuchen, zu sehr befriedigenden Resultaten würden wir schwerlich gelangen. Die sozialpolitische Reform, welche der Reichskanzler in der verflossenen Session in Angriff genommen hat, ist bis jetzt an der Unreifheit der gemachten Vorschläge gescheitert, wir hegen aber das Vertrauen, daß diese Vorschläge, soweit sie von gesunden Grundlagen aus gehen, erreichbare Ziele anstreben und nicht lediglich als leicht hingcworfcne lockende Versprechungen für die Wahlen sich erweisen, ihrer Verwirklichung, vielleicht schon in der demnächst beginnenden Ligislaturperiode, entgegen gehen werden. Es scheint uns im liberalen Interesse durchaus nicht wohlgethan, der von dem Reichskanzler eingeschlagcnen Bahn sozialpolitischer Reform jede Berechtigung und jede Aussicht auf Durchführbarkeit von vornherein abzusprechen; man wird freilich mit größter Vorsicht und Besonnenheit diesen theilwcise ganz unübersehbaren Projekten mit ihren weittragenden Konsequenzen entgegentreten, man wird ge wissen Bestandtheilen dessozialpolitischcn Reformprogramms des Reichskanzlers prinzipiell die Zustimmung verweigern müssen. Allein es bleibt unbestreitbar ein Kern wohl gemeinter, erfolgversprechender und auch praktisch ausführ barer Vorschläge, über die sich alle Parteien mit der Re gierung verständigen könnten und vielleicht auch werden, wenn einmal diese Fragen den Wirren des Wahlkampfes entzogen sein werden. Eine interessante Frage ist nun aber auch, wie die Versprechungen und Reformversuche des Reichskanzlers auf die Haltung der Sozialdemokraten bei den Wahlen wirken werden. Diese Partei wird ja eine erhebliche Zahl von Abgeordneten auf keinen Fall durch bringen, wohl aber ist sie in vielen Wahlkreisen in der Lage, einen bedeutenden Einfluß auf den Ausfall der Wahl auszuüben, sie wird in mehr als einem Wahlkreis, wo sic selbst nicht durchzudringen vermag, durch das Gewicht ihrer Stimmen den Ausschlag zwischen Kandidaten anderer Parteien zu geben haben. Daß sich eine besondere Er wärmung für die Reformprojekte des Reichskanzlers in den Kreisen, in denen die Sozialdemokratie ihre festesten Wurzeln hat, kundgegeben hätte, wird man nicht behaupten können. Anderseits haben aber die Liberalen auch Unter stützung Seitens der Sozialdemokratie schwerlich zu er warten , höchstens in dem Fall, daß sie sich verpflichten, einer weiteren Prolongation des Sozialisten-Gcsctzes nicht zuzustimmen; eine derartige Verpflichtung wird aber wohl nur die Fortschrittspartei übernehmen. In welcher Richtung das nicht zu unterschätzende Gewicht der sozialdemokratischen Stimmen schließlich in die Waagschale gelegt werden wird, scheint uns ein heute noch schwer berechenbarer Faktor. In Oesterreich dauert die Erregung über die Prager Exzesse in unvermindertem Maße fort, wenngleich die äußere Ruhe in der böhmischen Hauptstadt zunächst wieder hcrgestellt ist. Die Entrüstung der gesummten deutschen Bevölkerung, welche durch die völlig haltlosen und den offenkundigen Thatsachcn widersprechenden Versuche der Czechcn, die deutschen Studenten für die Tumulte ver antwortlich zu machen, noch gesteigert ist, macht sich Luft in den schärfsten Angriffen der Prcffc, welche mit Nachdruck verlangt, daß von Seiten der Regierung in den nationalen Fragen eine Politik eingchalten werde, welche für die Zukunft den Ucbcrmuth des slavischcn Elementes in Schranken halte und dem deutschen Elemente die ihm in dem Kaiserstaate gebührende Stelle sichere. Beachtung verdient, daß auch ungarische Blätter sich in ähnlichem Sinne aussprechen und dabei betonen, daß bei der Fort dauer der gegenwärtigen Verhältnisse sich ein scharfer Gegensatz zwischen Ungarn und Oesterreich hcrausbilden und die besten Bürgschaften einer ersprießlichen auswärtigen Politik zerstören würde. — In Prag fand in der Nacht vom 8. Juli wieder ein kleiner Krawall gegen die Deutschen statt. Im Augustiner-Brauhaus befand sich eine deutsche Gesellschaft. Weil dieselbe deutsch sprach, wurde sie von den Czechen „deutsche Hunde" angerufen und mit Stühlen bombardirt. — Durch die auch zu Reichenberg in Böhmen während der letzten Tage vor gekommenen czechischen Exzesse hat sich der dortige Magistrat genöthigt gesehen, eine Kundmachung zu ver öffentlichen, in welcher es heißt, die Stadt sei in der jüngsten Zeit der Schauplatz bedenklicher Volksansamm lungen gewesen, bei denen sogar die körperliche Sicherheit einzelner Personen bedroht, ja selbst verletzt wurde, so daß die Sicherheitsbehörde einschrciten und mehrere Ver haftungen vornehmen mußte. Es ergehe daher an alle Eltern, Vormünder, Lehrherren, Gcwcrbeinhaber und Dienstgeber der gemessene Auftrag, ihre Pflegebefohlenen, Lehrlinge, Arbeitsgehilfen und Dienstboten nach dem Eintritte der neunten Abendstunde im Hause zu behalten und sie nach dieser nicht mehr aus dem Hause gehen zu lassen. — Die czechischen Blätter haben seit dem 7. Juli bezüglich des neuernanntcn Leiters der Statthalterei, Feldmarschall-Lieutenant vr. Kraus, eine Schwenkung ge macht. Sie beurtheilen denselben Plötzlich sehr freundlich. Von den 318 ilalieutschea Abgeordneten, welche sich an der Abstimmung über den, die Vermehrung des Kon tingents der politischen Wähler betreffenden Theil des neuen Wahlgesetzes betheiligten und von denen 202 ein Votum abgegeben haben, reiste beinahe die Hälfte schon am nächsten Tage von Rom ab, so daß die Kammer in der folgenden Sitzung beschlußunfähig war. Die am 24. März d. I. begonnene und in ihrem wesentlichsten Theile beendete Wahlrcform-Debatte, welche 41 Sitzungen in Anspruch nahm, hat aber die Kräfte der Deputirlen erschöpft und wenn es auch an gutem Willen, ihre Pflicht zu thun, nicht fehlt, so ist doch bei den Meisten das Fleisch zu schwach, und täglich von 10—12 Uhr Vormit tags an bis 3—7 Uhr Nachmittags, also 7 Stunden bei einer Glühhitze von 36—37 Grad in einem, der Tcmpc- Iratur nach einem Backofen nicht unähnlichen, geschlossenen Raum zu berathen, ist auch gar keine Kleinigkeit. Unter solchen Umständen muß sich daher die Regierung mit dem Möglichen begnügen und wenn sie, abgesehen von der Militärvorlage, in welcher sie ihre Erwartungen auch auf ein Minimum zu reduziren gezwungen sein wird, noch im letzten Stadium die Budgets pro 1881 erledigen lassen kann, so darf sie sich wirklich mit dem Erreichten begnü gen, denn unter den bestehenden Verhältnissen mehr zu fordern wäre absolut unmöglich. Aber auch den Budgets dürfte nur eine provisorische Genehmigung zu Theil wer den; dagegen ein definitives Votum erst den Sitzungen nach den Sommerferien, den im November wieder aufzu- nchmenden Sitzungen der Kammer Vorbehalten bleiben. — Die Scnatskommission für die Wahlreform-Vorlage be schloß, die weitere Berathung bis zum Zusammentritt der Kammern im November zu vertagen. Die Sorge der französische« Regierung wird fort dauernd durch die nordafrikanischen Unruhen in Anspruch genommen. Sfax ist nach zweitägigem Bombardement fast vollständig in Trümmer gelegt worden, die Moschee wurde zerstört. Eine Landung französischer Truppen Kat noch nicht stattgefunden, da Verstärkungen aus Toulon zuvor erwartet werden, wie auch die Ankunft mehrerer Kanonenboote zum Schutze der Ausschiffung. Der niedrige Wasserstand gestattet den Panzerschiffen nicht, sich der Küste soweit zu nähern, um die Landung der Truppen gehörig zu unterstützen. Die Araber haben das Feuer erfolglos erwiedert; ihre Kanonen trugen nicht weit genug, um die Panzerschiffe zu treffen. Sfax ist ziemlich stark befestigt, die Zahl der Araber, welche die Umgebung besetzt halten und die Ausschiffung der Franzosen erschweren, wird auf 10—15 000 geschätzt. Unter den tunesischen Truppen, die gleichfalls gegen Sfax abgesandt waren, herrscht Mißstim mung und Demoralisation; dieselben sollen nur auf den günstigen Augenblick warten, um zu den Insurgenten zu desertircn. Aus mehreren tunesischen Küstenstädten kommen gleichfalls Nachrichten von wachsender Aufregung, so daß eine Entsendung von Kriegsschiffen dahin in Aussicht ge nommen ist. Das Panzergeschwader des Diittelmeeres, aus acht Schiffen erster Ordnung bestehend, ist am Sonn abend bei Toulon angelaufcn, um Kohlen und Proviant- vorräthe zu komplettiren und sich bereit zu halten, auf das erste Signal in See stechen zu können. Der Kriegsminister scheint zu den abzusendenden Truppenkontingenten jetzt die vierten Bataillone verwenden zu wollen, aus denen kom- binirte Marschrcgimenter gebildet werden- So haben wei tere vier vierte Bataillone der Pariser Garnison den Befehl zum Abmarsch nach Afrika erhalten. Man sicht also, daß die Lage der Dinge in Nordafrika eine durchaus ernste ist. Die Gerüchte, nach welchen Bu-Amema die Offensive ergriffen hätte, finden keine Bestätigung. Es sind Maß regeln getroffen worden, um neue Ueberfälle zu verhindern; allein angesichts der in der Sahara herrschenden Hitze er scheint es unmöglich, Bu-Amema im äußersten Süden vor dem Herbste anzugreifen. — Dubodan von der Rechten wird am Mittwoch über die algerischen Angelegenheiten interpelliren. Der ungemein glänzende Empfang, welchen die Offiziere des seit einiger Zeit in der Ostsee kreuzenden englischen Geschwaders im Hoflager des russischen Kaisers zu Peter- Hof, sowie in Kronstadt gefunden haben, entbehrt wohl nicht einer gewissen politischen Nebenbedeutung. Man scheint in Rußland durch die warme Aufnahme, welche die russische Kaiscrfamilie und die Behörden von Kronstadt den englischen Gästen bereitet, die gegenwärtigen guten Beziehungen zwischen England und Rußland betonen zu wollen und dieses Bestreben wird auf englischer Seite voll gewürdigt. Das englische Geschwader hat am Freitage Nachmittag 6^ Uhr den Hafen von Kronstadt verlassen. Vor der Abfahrt hatten der Kaiser, die Kaiserin, der Großfürst Thronfolger, Großfürst Wladimir nebst Ge mahlin, die Großfürsten Alexei Alexandrowitsch, Michael Nikolajewitsch nebst Sohn, der Herzog von Leuchtenberg mit Gemahlin und die Prinzen von Oldenburg und von Mecklenburg-Schwerin nebst Gefolge das Geschwader be sucht. Aus dem Panzerschiffe „Herkules" wurden die russischen Gäste mit einem Frühstück bewirthet. Nachdem dieselben später den „Herkules" besichtigt hatten, begaben