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Dresdner Nachrichten : 28.10.1870
- Erscheinungsdatum
- 1870-10-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187010289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18701028
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18701028
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1870
-
Monat
1870-10
- Tag 1870-10-28
-
Monat
1870-10
-
Jahr
1870
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 28.10.1870
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Erscheint: «glich früh , Uhr. Inserate «erden angenommen: bis Abends v, SonntaaSr bis Mittags 12 Uhr Marieustratze 12; in Neustatn: Vuchdruckrrei von Joh. PL hl er, gr. «lostergasse a. Lnzeigen in dies. Blatt« sinken rin« ersolgreiche Brrbrrünng. Auflager Exemplare. Föimnemsgt: Dlettefilihrlich LVNgr. bei nnintgtldlichrrLi«. frrung in'« Hau». Durch di« «Slligl Post »teneljLHO.22',«,,. Einjtln« Nummer» l Ngr Inseratenpreise: 8tir drn «au» gespaltenen Zeile: I Ngr. Unter „Lingesaobtt' die Zeile 2 «,r. Nr. MI. Fünfzehnter Jahrgang: Mitredaeteur: Theodor Vrobisch. Freitag, 28. Oktober 187»: Dresden, W. Oktober. — Der bisherige erste geistliche Ratb im katholisch geist lichen konslstorinm, Superior Franz Bcrncrt, ist zum Präses und der zum Superior und Piarrcr an der katholische» Hos- irch: allpicr berusenc Superior nnd Miner an der katholischen Kirch: zu Leipzig, KanonicuS Franz Stolle, zum ersten gcist llchen Ratbe des gedachten Konsistoriums ernannt worden. — Der königliche (General Adjutant, Gcnrrallicutcnant von Thlelau, hat den Preußischen rochen Adler Orden I. Klasse echtsten. — Die offieicllc Bestätigung der Kapitulation von Metz wurde gestcni Stachmittag auch ,n unserer Stadt mit lebhafte ster Tbcilnahme ausgenommen. Schon von 3 Uhr an wurde in verschiedenen Straße» der Stadt geflaggt, daö BunkcS-Telc- gravhcnbüreau in der WaisendauSskrahe war von Menschen- Massen bestürmt, welche die Köpfe noch ungläubig zu den Fen stern emporstrccktcn. bis ibncn das Kopfnicken eines sreuntlichen Beamten oder eine kurze bingcworfcne Reminiöccnz wie „'s ist richtig. 150,000 Gefangene re. re.!" die Bestätigung gab. Hof fentlich führt kiele Kapitulation uns dem Fricdensschluß näber. Zunächst wird unö aber von den 150,000 Franzosen wieder ein hübscher Theil zugewicsen und in Dresden einguartlcrt locrden, hier, wo die EtnguartlerungSlast. den Nlann täglich nur zu 7',-d Ngr. berechnet, bereits die Sumine von 207,500 Tbaler kostet! Sollte Dresden bei der 'Abrechnung mit Frankreich nicht auch seine Liquidation im Hauptquartier abgcbeu können ? — Zwei nicht uninteressante Briefe, in denen Musik liegt, geben unö Gclegenbclt. auch Einiges über unsereMilitärinusik- direkteren zu erzählen, die bekanntlich draußen zum blutigen Waffentanz amspiclen müssen und von denen schon einer todt geglaubt wurde. ES sind dies der Ltabdtioinpcter Wagner und Musikdirektor Ehrlich. 'Wagncr'o Brief ist aus klcrmont dom 14. d. M. und spricht von außerordentlich gutem Quartier dri einem reichen Kaufmann, wo die Eompositionsgabc nicht schlief; denn Wagner hat daselbst einen „Marsch der deutschen Avantgarden 1K70" und eine Polka: „2»> BIvouak" componirt und zwar für Orchester und E lavier. Beides ist bereits an Bote und Bock nach Berlin avgcgangcn. Wir werten indcß diese Kompositionen auch bald in Dresden auf der Terrasse spielen hören. Interessant ist jedenfalls der Schluß des Brie fes. den wir wörtlich folgen lassen: „Lieber Herr Marschncr! Nicht unbekannt wird Ionen sein, daß mich alle Zeitungen todt sagten, >a am Nbein bat man inir zu Ebrcn Eonecrtc gegeben. Vorgestern schickte mir der Kronprinz K. H. von Sachsen ein Gedicht, daS in Kassel, wo ich diesen Sommer concertirtc, in mitten eines TodtenkranzcS gedruckt erschienen ist, daö die 'Auf schrift trägt: „Den Pfauen des Komponisten undTrompctinen- dirtuoscn Friedrich Wagner, gefallen bei Sedan. Bon Earl Stcltcr. Zum Besten deutscher Krieger. Preis 2 Sgr. Nach druck nicht gestattet" re. — Der Brici des Musikdirektor Ehrlich idatirt vom 17. d. M. auö Aulnay und drückt sein Inhalt die Sehnsucht des Korps aus, den deutschen Truppen zum Bom bardement von Paris austpielen zu können. DaS Schreiben schließt mit der Meldung, daß soeben i» einer Entfernung von 2 biö 0 Minute» die sranzösiichcn Granaten In der Größe eines Zuckerhutcs cinschlagcn. Im Berlage von Gebrüder Bercndsodn in Hamburg sind socbcn zwei treffliche und zeitgemäße Pbotographiccn er Schienen, welche nach den Originalbildcrn deö genialen Malers 1. Popper in dem einen Bilde den Moment tarsirllen, in wel- ct>em König WillxOm nach der Schlacht bei Sedan mit dein gefangenen Kaiser Napoleon in einer »abgelegenen Billa am 2. September 1^70 zusammcntraf. Bride Figuren geben in Haltung und Gcsichtsausdruck ein wahrheitsgetreues Abbild der seltenen und peinlichen Situation, König Wilhelm in straf fer, königlicher Würde, Napoleon in gebeugter ergebener llntcr- thanigkcit, durch die Glaöthür im Hintergründe die Gestalten des Kronprinzen Wilhelm, Bismarck s und Moltke'o ersichtlich. Daö schöne Blid trägt die Unterschrift: „'Nicht um alle Län der, die das Meer um aßt, möcht ich vor (Such so sieben, wie Ihr vor mir." — Die zweite Photographie stellt in zwei Scene» französische Truppe» dar, wie sie auf dein 'Bilde zur Linken unter großer Zuversicht „tambour paitant" ihre» sogenannten Spaziergang nach Berlin antretcn, und dann aber auf dem Bilde zur Rechten aiö Gefangene in Berlin cinzielx» müssen. Die erste Gruppe hat die Unterschrift: „So wollten wir", die zweite Gruppe: „So mußten wir" - nach Berlin. Wie schon erwähnt, machen bcitr Bilder dem Maler und Photo graphen alle Ebre. — Dem Bcrnebmcn nach ist zur Unterbringung von noch 2500 sranzüsischcn Gefangenen, welche nach Dresden tonnnen, die Errichtung eines vierten großen Karrlö in Katitzer Flur, an die bereits bei Uebigau bestehenden sich anschließend, ange- ordnet worden, mit teste» Ausführung in allernächster Zeit be gonnen werden soll. — In Zwickau wurde ein Eisenbahnbcamtcr vcrba'tet, der um Scherz in Meerane da-.- Gerücht auögcsprengt hatte, daß aut telegraphischer Meldung der König von Preußen gefangen worden sei. — Der große Preis des akademischen Neiscstlpendiumö bei der K. Akademie der Künste. <»00 Thir. jährlich aus 2 Iabrc, ist dem Maler Richard Brandncr aus Laucnstein, zrither Schü ler im akademischen Atelier des Herrn Professor Ue. Hübner, mit Rücksicht aus ein von ihm ausqeiührtcö Oclgcmäldc „Ko lambllg im Gefängnisse" mit allerhöchster Genehmigung zucr- t.rnnt worden. — Ein wahrer Orkan wülhetc in der Nacht vom Mittwoch zun, Donnerstag, der sich erst spät erhoben lmtte. ES war kicö kein lebendiges Nachspiel des Jahrmarkts, der sonst im Ganzen eine zu'rictenc Physiognomie gezeigt hatte. Mit welch' kräfti ger Faust die aller Jungsraucnschast Hohn sprechende Winds braut In der Residenz gewirthschastet, das bewiesen die noch stehenden JahnnarktSbuden, deren Zusammenbrcchen mit solchen Knalleffekten begleitet war, daß man an eine Schlacht glauben konnte, die vom besten Kanonendonner beseelt war. Um mehr Frische in die Melodie zu bringen, sangen auch die zcrbroelxmcn Scheiden der DaSlaternen und der Fensterflügel ihr bekanntes Lied dazu. nimm, man noch deyu die Mollakkorde deS Sturm windes selbst, dann hat man ein Lied zum Steincrwciclrcn. ES war sogar gesährlich, aus den Trottoirs zu gehen, da jeden Augenblick zu den schon unten liegenden Dachziegeln sich neue gesellten. Aus der Kreuzstraßc erhob sich eine ganz respcctable Barrikade, und zwar »ach neuem Rochcsort'schcn System, den» sic bewegte sich. Sie bestand nämlich auö einer großem Jahr marktsbude, die der Sturm umaesioßcn und so quer über die Straße gelegt, daß er vermittelst deö Schirmes, den ibin das Lcinwandtach bot, die Bude mit jedem neuen Stoße immer einige Ellen weit dem Gewandhause zuschob. Ein derartiger Sturm ist für die Hauvwirtbc von großem Nutze», denn er zeigt ihnen in einer rasenden Stunde, was sic in einem Jahre voller Ruhe nicht gesehen haben, nämlich — ihre schmthastcn Dächer. - — Wäbrcnd der vorgestrigen Nacht ist eine leere Lowry durch den Sturmwind vom Aldcrtödahnhos über die Marie» brücke nach dem Leipziger Babnhos getrieben worden und glück lieber Weise einige Zeit vor dem Abgang des Wiener Eilzugcs angcianat, wodurch derselbe vor einem großen Unfall vcwahrt worden sein dürste. Während deö heftigen Gewittersturmev in der vorver gangenen NE bat ein Blitzstrahl in daö Bahnhofsgebäude zu Rödcrau cingcschlage» und gezündet, das Feuer ist inteß bald gelöscht worden. Aiö ganz besonders merkwürdig ist hierbei der tlinstand zu bezeichne», daß der Blitz über ein Bett hinweg ge fahren ist, daö Deckbette und Kopfkissen versengt, die im Beite liegende Frau aber glücklicher Weise völlig unbeschädigt ge lassen. — Bei dem Sturm in vorvcrgangener Nacht sind aus der Elbe bei Pirna vier Zilien untcrgcgangcn, welche tbeilS mit Kohlen und Steinen beladen waren. Bon der Mannschaft daraus fanden Drei den Tod in den Wellen, ein Bicrtcr wurde noch gerettet. Ei» Gleiches geschah mit einer Zille bei Btase- witz, die mit Steinkohlen beladen war, hier aber gelang cs der Mannschaft ebemallö, sich zeitig genug zu retten. — In Görlitz in Hobenzollcrn ist «in gerade nicht wohlha bender Mann plötzlich zu einer zahlreichen Familie gekommen. Bei Metz fielen seine 0 Söhne und 4 Schwiegersöhne, hie ihm die Witt'wcn mit zusammen 21 Kindern zurücklicßcn. — Unter großem G.krach stürzte gestern Abend aut der Marienstraßc ein Butcnwagcn um. Borübcrgchcnde schätzten sich glücklich, unbeschädigt auö der Schußlinie gekommen zu sein. In der 5. Etage des Hauses Nr. G der Gaicricstraßc I>at gestern stüh ein unbedeutendes Schadenfeuer stattgestmdcn, welches durch eine teiecte FcnernngSanlagc entstanden war. — Gewiß giebt cS für einen Greis nichts Schöneres, als mit Rnbe und Zufriedenheit auf die verflossenen Iabre zurück- biicken und sich treu erfüllter Pflicht erfreuen zu können. Ein Gegenstück zu solchen Ehrenmännern, ein hiesiger Schuhmachcr- gcselle, wurde in der jüngsten Zeit von hier abgcsübrt um aber mals wegen verschiedener von ihm auögestlhrter Diebstähle, iür 1'/-,- Iabrc im Schlosse zu Waldbeim Unterkommen zu finden. Der Betreffende ist 05 Iabre alt, bat aber bereits gegen 25 Jahre Strafschaft der vcnchiedenstcn 'Art verbüßt, rechnet man hierzu die vielfach erlittene Untersuchungshaft, so dürfte der selbe leicht sein halbes Leben im Gefängnis; :c. zngcbracht habe». — In der Vösmitz wurde ein wahrhafter Hamsierspeicber ausgcsundcn, den eine Tagearbeitcröwivwc sich angelegt. Es war dies eine großartige Niederlage der verschiedenartigsten Dinge, die zumeist auö Bauholz, diversen Getreidcsortcn, Wasch- ieinen, anschnlichcn Kürbissen ,'c. bestand. Durch Zufall wurde dies Waarcnlager entdeckt nnd dasselbe, da der redliche Erwerb iebr in Zweitel steht, in gelicl'tiiche Berwabrung genommen. Die cingeleitetc Untcrfnchnng ist bereits im Gange. Die Wcinicsc ist in den Ncbengcbirgc», die sich nach Meißen binzicbcn, seit 'Anfang dieser Woche in vollem Gange und wird erfreulicher Weise von der Witterung begünstigt. Der Preis rer Trauben stellt sich heuer ungemein niedrig, denn für die beste Oualität zahlt die khampagncrfabrit iür den Kcntner höchstens 4 Tblr.. geringere Sorte kann man schon mit 2 Thir. 15 'Ngr. haben. Sogenaimttr Tafelwein zum Bcriantt kostet in voizüglicher Waarc die 'Niese 15 Ngr. Die Gencralreviiion des sogenannten MittelteicheS bei Morltzbnrg hat vor wenig Tagen in gründlichster Weise statt- gesunden und behauptete der Fiichzug auch diesmal seine An ziehungskraft; denn um Kämet nach den schuppigen und kaltdlü Ilgen Wasserbewolmern hatte cSkeineNoth. ebichon diePreise dieser Waarc Iadr aut Jahr ebenfalls in die Höbe gegangen sind. DaS Piund Karpfen kostete diesmal 5 Ngr. - Anfangs kom menden Monats, den 2. und 0. November soll die Ausfischung des großen Schloßteiches vor sich geben, was unter den schwän zelntcn Insassen viel Aergerniß geben dürste. Wie wir ans Os eh atz hören, soll nun auch die Pcrien deS angeblichen Eapiiai» Johnsen ermittelt sein, der na>1' einer innerer früheren Mittbcstungcn unlängst aut dem Lorcnztirchncr Markte über Berübnng eines TaschendiebstablcS betroffen und von der GenStarmcric in sicheres Gewahisam nach Oschatz ge bracht worden war. Die Bermnibung, daß man es in ibm mit einem gewiegten Gauner zu thu» i^abe, ist bestätigt worden. Er stammt, wie cö heißt, aus Weimar, lvit eine gute Schuibil tnng genossen, weite Resten gemacht, dabei die verschiedensten Name» geführt, allein schon »ichriachr Eonilicie mit tcn Krimi nalbehörtrn, die ihn wiederholt wegen Berüdung von Taschen- dievstählen genauer in s Berhör genommen, zu bestehen gehabt. Zuletzt, und zwar Mitte vorige» IabrcS, kam er in Homburg deshalb in Frage, weil er dem damals kort ambältlichen Bruder dco Bicckönigs von Aegvpten in die Bl»sttasche seines Reckes gegriffen und sich dadurch deS Taschendiebstabls verdächtig ge macht hatte. — Loctwi tz. (SS liegt etwas ungemein GcmütberbebciitrS darin, wie sich jetzt Stadt und Land cinmüthig die Hände reimen, nm die Wunden, die der unserem Bateriande ausgezwuiigeiie Krieg schlägt und die Sorgen nnd Bekümmernisse, die er daheim IXNwrrust, nach Kräften lindern zn hellen. Auch in Lockwitz hat man sich mit Opserbercltwllllgkeit an dem vier von dem hochherzigen Besitzer dev hiesigen Rittergutes, Herr» Baron von Cappher in die Hand grnomnrenrn Licbcswerk des intcr nationalen Hllssvereinü bctticillgt und veranstaltet zugleich Sammlungen für die hiesigen hilfsbedürftigen Familicn in den Kampf gezogener Krieger, während Herr v. kappdcr dieselben Tag für Tag aus seiner Küche mit kr sttigcr Nahrung versorgen läßt. Auch öffentliche Adendunterhaltungen werden hier zu diesem Zwecke adgedalten und durch, am den gegenwärtigen Krieg sich beziehende Vorträge. durch patriotische Lieder selten unseres Gesangvereins, durch Mitthei ungcn aus Feldpostbriefen daö Interesse für die große Sache deö Baterlandcö rege crl-alten. Kürzlich gab zu gleichem Zwecke das Sladtmusikchor von Pirna hier ein konccrt — es war dies bereits daö 22.. welches der wackere Dirigent desselben, Herr Musikdirector Reißer, in glei chem Sinne In der Umgegend von Pirna veranstaltet hatte — und überließ über zwei Dritttheile der Einnahme unserer Sol- datcn-Famillcn-Unterstützungökassc. Auch eine Sammlung skr das so schwer geprüfte Straßburg, von unserem Hcrm Pastor Weiß angeregt, ist bereits hier im Gange. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 25. Oktober. Zwei gute Kunden vom Zucht- und Ardeitöhause stehen aber mals vor Gericht, um sich tcn Reisepaß nach Zw'ickau oder Waldbeim zu holen. Karl Friedrich Ernst Hille aus Gciv- mannödon und Friedrich August Stelzer aud Altiranken sind des Diebstahls angcklagt. Beite sind geständig, ln der Nacht vom lO. zum 17. August d. I. auf NclsewitzcnS einen Ein- druchödichstahl verübt zu haben. Nachdem Beide freies Nacht- auarticr im dortigen Garten genommen hatten, trug Hille beim Erwachen kein Bedenken, sich auch noch ein billiges Frühstück am Orte zu verschaffen; er weckte Stelzer nnd veranlaßtc denselben, ein Gleiches zu thun. Zunächst ging'S zum Speisc- salon: Hille riß das angenageltc Fenster von der Eingangsthür gewaltsam ab und stieg ein. Bittere Täuschung, — nur zwei leere Biertöpschcn waren vorhanden. Stelzer nahm dieselben Jenen ab und stellte sic aus einen Stuhl- HM eilte weiter zu dem daselbst befindlichen Biertunnel und verschaffte sich durch Zerbrechen einer Fensterscheibe Eingang in denselben. O Freude! Fine Partie Appetitswürstchen, I Kittchen kigarrcn, 1 Flasche mit Brantwcin füllten schnell des Diebes Taschen unv 1 Paar dastehende Stielet kamen denselben auch zu statten. Schnurstracks lies nun der Dieb — zum Genossen, nein, er lies in hie Hände der inzwischen vom Fcnstcrklirren erwachten Haus bewohner und mußte sich gefangen ergeben. Stelzer batte rechtzeitig Ncißauö genommen. Der Hausknecht erkannte den Dieb sogleich alö einen Gast vom vorigen Abend her und da rum fragte crstcrcr auch sofort: „wo ist denn der 'Andere?" — Hille ist noch angcklagt im vergangenen Sommer auS einem Bahnwärterhäuschen eine dem Bahnbauwächtcr gehörige Schaufel entwendet zu haben. Der Angeklagte gesteht dies zu. — Auch Stelzer ist noch eines Diebstahls dringend ver dächtig. Am 20. August d. I. kam gegen 'Abend ein Mann iStclzcrs mit einem kleinen gefüllten Sack die Oberbodentreppc im Schncider'schcn Brauvaufc aus dcrNbänitzgasse herab. Die in der vierten (Stage wehwnde, durch daö außergewöhnliche Geräusch aufmerksam gewordene Frau Gottsaucr rief den Un bekannten an; ohne darauf zu achten lies derselbe die Treppen hinunter. Frau G. immer hinterher; in der Hausstur wart endlich der Fremde tcn Sack weg und wollte eiligst weiter, allein Zeugin G. ließ denselben durch ihren dazu gekommenen Ehe mann verfolgen, worauf es diesem gelang, den Ausreißer im Ratbbausgäßchcn scstgihalten und arretiren zu lassen. Der Inhalt deö Sackes bestand in Wäsche, an Werth beinahe 10 Thir., welche tbeilö dem Zeugen Schuldircctor Hanisch. theilS dessen Pensionärin, Zeugin Keßler, gehörte. Während Stel zers Haft kam, nach geschlossener Boruntcriuchung, noch eln Arrestant in dieselbe Zelle und nun kommt an den Tag. >vaS Beide damals verabredet baden. Dieser 'Andere war Maurer Hcmpci aus Bielau. Er kam wieder aui freien Fuß und schrieb bald darauf einen Brief an den früheren Ncbcngcfangenen, wo- rimicn er sich erbietet, vor Gericht zu bezeugen, wie er an dem betreffenden Tage wabrgcnommcn bade, daß eine ihm bekannte Frau auf der Straße zu ibm iSt.j gesagt habe, er solle etwas von dem oben erwähnten Orte abbolcn und dasselbe beim Rade- burgcr Boten am der FIcijchergasfc abgebcn und daß dabei die FrauIin Geldstück >ür den Dienst gegeben habe. Darauf hat nun Stelzer sich auf genannte» Hcmpci als Zeugen berufen. Derselbe wird heute aus der Haft, worinnen er sich auf'S diene befindet, vorgestiblk und bezeugt daö eben Erwähnte und: „die Frau beiße West unk habe voriges Jahr aui der Zirgelgassc gewohnt." Der Gerichtshof und die Staatsanwaltschaft veichiie ßcn, genannte Wolf soiort kommen zu lassen. Sie kommt. Beide, der Zeuge und der Angeklagte wollen die Frau als die selbe wieder erkennen. Frau 'Wolf dagegen berncmt auf daS Bestimmteste, jemals dein Angeklagten einen Auftrag gegeben z» baden. Herr Staatsanwalt Ncicbe - Eifeiistlick stellt Straf antrag. Der Gerichtshof herurtbcilt Hille zu l Jahr und 2 ragen Zuchthaus und Stelzer zu I Iabr gleicher ^tiaie. Dresden, 27. Oclober. Gelingt Mrrn Thiers der Ab schluß eines Waffenstillstandes in Versailles, setzt er sodann i« der neugcwählten Konstituante sic Gutheißung der Friedens- griindlagen durch, so hat er sein Meisterstück gemacht. Thiers, eine »lehr realistische Natur als der pathetische, thränenreiche Jules Favre, tritt allerdings mit mehr Aussicht auf daS Ge lingen seiner Mission vor Bismarck in Versailles, da er zunächst schon mit den Vollmachten der Tourscr Negierung ausgestattet ist, während Favre alö einfacher Privatmann kam, sah und weinte. Ob Thiers auch mit den Vollmachten der Pariser Theils der Negierung, also auch Ncchcsvrts, ausgerüstet ist oder nach Paris erst gehl, wenn er mit Bismarck handelseinig geworden ist, das ist noch nicht aufgeklärt. Trotzdem muß man fast, wenn man Alles, was sich einer Verständigung entgegen stemmt nur oberflächlich betrachtet, an der Möglichkeit derselben ver zweifeln, wenn nicht Thiers Zugeständnisse macht, welche himme' weit von den; Geiste verschieden sind, der immer noch in den Spalten sämmtlicher Zeitungsartikel Frankreichs weht. Vor allen Dingen wird es sich um Zugeständnisse militärischer 'Natur,
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