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Lxptd. u. Redaktion Tre4»en-Rcuftavl v. Meißner Gasse 4 Tie Zeitung erschein! Ttenstag, Psunerstag und Eonnabend früh. AtonncmentS- Preis: »irrttljShrl. M. 1,50 Zu beziehen durch die kaiserlichen Post emstalten und durch unsere Boten. Lei freier Lieferung in« HauS erhebt die Post noch eine Ge bühr von 25 Psg. Sächsische Vochtilung. Ein unterhaltendes Blatt für den Bürger und tandmann. Amtsblatt für die Igl. AmtShauptmannschastm Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt," für die Ortschaften des kgl. Amtsgerichts Dresden, sowie für die hl. Forstrentämter Dresden, Tharandt und Moritzburg. . vexantwortticher Redakteur und verleg« Aerrmum» Müller in Dresden. « III II» 11! ri U » I! » ! H I»,!! » I I I '! "I I.IIH, . 1 III » I Inserate werden bis Montag, Mittwoch u. Freitag Mittag angenommen und kosten: dielspalt.Zeile I5Pfg. Unter Eingesandt: 30 Pfg. Jnseraten- rlnuahmestcllcn: Die Arnoldijche Buchhandlung, Jnvalidcndank, Haascnstein L Vogler, Rudolf Mosse, G L. Taube « Co. in Dresden, Leipzig, Frankfurt a/M., T. Kohl, Kessclsdors u. s. w. Mr. 107. Sonnabend, den 10. September 1892. 54. Jahrgang. Politische Weltscha«. Deutsches Reich. Während wir in unserem Heu« tiyen Aufsatze die allgemeinen politischen Gesichtspunkte ent wickeln,welche bei derBeurtheilung der neuenMilitärvorlage in Betracht kommen, geben wir an dieser Stelle eine officiöse Korrespondenz wieder, die interessante Enthüllungen über die Zwecke dls angekündigten Gesetzentwurfes enthält. „Nach genauen Berechnungen- — so heißt es darin u. A. — „verfügen die Mächte des Dreibundes, also Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Italien, über rund eine Million Soldaten weniger als Frankreich und Rußland zusammen. Sieht man ganz von dem Wandel ab, der in späteren Zeiten in dem Bündnißverhältnisse eintreten könnte und rechnet man nur mit der treuen und festen Waffenbrü derschaft, in der wir zur Zeit mit Oesterreich-Ungarn und Italien stehen, so bleibt eS doch immer noch sehr fraglich, ob das letztgenannte Land bei der Sorge um seine Küsten an einem dem Dreibünde aufgedrungenen Kriege offensiv wird theilmhmen können. Unter allen Umständen macht eS die politische und geographische Lage Deutschlands höchst wahrscheinlich, daß wir die Hauptkosten des nächsten großen europäischen Krieges werden tragen müssen. Deshalb ist es eine Pflicht des deutschen Reiches, sein Heer ohne Rücksicht darauf, daß eS treuer Freunde gewiß sein darf und daß keine un» mittelbaren Kriegsgefahren drohen, möglichst stark und kriegstüchtig zu erhalten. Die neue Militärvorlage be zweckt nun in erster Linie eine Vermehrung der regulären Truppen. Mit einer jährlichen Rekruteneinstellung von 180,000 Mann ist die militärische Leistungsfähigkeit Deutsch- landS bei Weitem nicht erschöpft. In Frankreich wurde trotz seiner an 10 Millionen Köpfe geringeren Bevölkerung die Zahl der jährlich auszuhebenden Rekruten durch daS Gesetz vom Jahre 1889 auf 220,000 Mann erhöht. Dem entspre. chend soll nun auch der Friedenspräsenzstand der deutschen Armee eine Vermehrung erfahren, jedoch gedenkt man die Infanteristen künftighin im Allgemeinen nur zwei Jahre bei der Fahne zu behalten. Auf diese Weise können weit mehr Rekruten als bisher ausgebildet werden, ohne daß deshalb die Kosten ins Unermeßliche wachsen. Im Mobilmachungsfalle wird man dann zur Einreihung in die Feldarmee über eine viel größere An zahl ausgebildeter Soldaten im kriegstüchtigsten Alter verfügen und nicht so bald auf die älteren, für einen Feldzug minder tauglichen Leute der Landwehr zurück zugreifen brauchen." — Tie Quintessenz dieser etwas weit schweifigen Auslassung besteht also darin, daß die Frie densstärke der Armee eine Erhöhung erfahren und daß osficiell auch die dreijährige Dienstzeit fortbestehen soll; nur bei der Infanterie will die Regierung im All- emeinen eine Verkürzung der Dienstzeit eintreten lassen, Feuilleton. Der Roman einer Kunstreiterin. Von R. Eckert. Nachdruck verboten. (Schluß.) „Das ist ja eine angenehme Ueberraschung, gnädige Frau", wendeten Sie sich an die Sprecherin, während Sie die Ihnen zum Willkommen gebotene Hand rig^ch an die Lippen führten. Sie fuhren dann fo". »aben Sie die Zügel der Regierunb auf Haus Aschberg dem Gemahl anvertraut, um einmal unserer Stadt einen Besuch zu machen? Es ist liebens würdig von Ihnen, uns nicht vergessen zu haben, die Saison ist ziemlich todt und ein so Heller Stern, wie Frau von Aschberg, verspricht ihr Leben und Glanz zu verleihen." „Da machen Sie freilich die Rechnung ohne den Wirth, lieber Freiherr", lächelte die Dame. „Ich bin nur ein flüchtiger Gast; Rücksprache mit meinem Anwalt führte mich her und schon in drei Tagen gedenke ich zu meinen Rüben und Kohlköpfen zurückzukehren." „Sie machen mich untröstlich —" sagten Sie dann. „Haben Sie sich das Spotten noch nicht ab gewöhnen können?" unterbrach Sie die Dame, indem , sie Ihnen einen leichten Schlag mit dem Fächer gab; „wenn Sie übriaens untröstlich sein sollten, so bin ich bi der Lage, Ihnen Jemand zu empfehlen, der aus- § reichenden Trost gewähren dürfte." jedoch möchte sie sich auch hierzu nicht gesetzlich verpflichten, vielmehr soll das in jedem einzelnen Falle ihrem Ermessen Vorbehalten bleiben. Der von uns bereits auf Grund einer telegraphischen Meldung kurz erwähnte kaiserliche Erlaß, worin die großen Manöver in den Reichslanden abgesagt werden, lautet im Wortlaute: „Nachdem die Cholera von dem AuSlande her auch in unserem Vaterlande Eingang ge funden hat und da die Ansammlung großer Menschen massen besonders geeignet ist, die Epidemie zu ver breiten, so Hobe ich in landcSräterlicher Fürsorge an geordnet, daß die diesjährigen großen Manöver oeS 8. und 16. Armeekorps im Hinblicke auf die damit für die Truppen und die Bevölkerung verbundene Gefahr nicht statlfinden sollen. So lebhaft ich mich gefreut haben würde, bei diesem Anlasse wiederum daS Reichs- : land zu besuchen und mit einem Theile seiner treuen Einwohnerschaft in nähere Berührung zu kommen, so muß ich mir diese Freude doch für j.tzt versagen. Ich thue dies in der zuversichtlichen Hoffnung, daß meine Entschließung mit Gottes Hilfe dazu beitragen wird, ein weiteres Umsichgreifen der verheerenden Seuche zu verhindern." — Auch die KorpSmanöver der baierischen Armee sind abgesagt worden. Gleichzeitig wurden die kommandirenden Generäle ermächtigt, auch die Brigade- und DivlsionSmanöver sofort abzubrechen, sofern der Ge- sundheitszustand der Truppen zu Besorgnissen Anlaß geben sollte. Bisher ist derselbe aber ein durchaus normaler. Der Ausbruch der Choleraepidemie in Hamburg bildet in der Presse des In- und Auslandes den Gegen stand mannigfacher, zum Theile sehr erregter Erörte rungen, wobei die von den dortigen Behörden zur Be kämpfung der Seuche ergriffenen Maaßnahmen vielfach einer sehr abfälligen Kritik unterzogen werden. In wieweit dieselbe berechtigt ist, läßt sich zur Zeit noch nicht sagen; in Hamburg selbst vermag man nicht jede der getroffenen Maaßnahmen auf ihre Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit hin zu prüfen. Es wird aber auch in zahlreichen deutschen und auswärtigen Blättern die Be hauptung aufgestellt und geflissentlich weiter verbreitet, der Hamburger Senat habe die Thatsache, daß in Ham burg eine Choleraepidemie auSgebrochen sei, absichtlich längere Zeit geheim gehalten, um nicht durch ein Bc- kanntwerven dieser Thatsache die Handels- und Schiff fahrtsinteressen zu schädigen. Dem gegenüber ist der „Hamburger Korrespondent" zu der Erklärung ermäch tigt. daß, sobald das Auftreten der asiatischen Cholera ärztlicherseits festgestellt war, durch den obersten Me- dicinalbeamten über die Sachlage an das Reichsgesund heilsamt berichtet worden ist. Die Behauptung, der Hamburger Senat habe den Ausbruch der asiatischen „Ich brenne vor Neugier", fielen Sie ein. < „O, Ihre Neugier soll schnell befriedigt werden", ! rief die Dame und schickte einen bedeutungsvollen Blick nach der Stelle hin, wo Ihre Angebetete, von mehreren Herren umringt, in lebhafter Unterhaltung begriffen ' war." Sie folgten dem Blicke und die Freude, die Ihr Antlitz verklärte, sagte der Dame, daß Sie ihre Worte verstanden hatten. „Und nun wollen Sie", fuhr Karper, den Freiherrn vorwurfsvoll ansehend, fort, „nun wollen Sie Ihre Herzensdame, deren Charakter Sanftmuth, Bescheidenheit und Güte zieren, eine Verwandte von Frau von Asch berg, Fräulein Helene von Aschberg, im Stiche lasten, weil sie — arm ist?" Der Freiherr war betroffen und stotterte: „Die Mitgift meiner zukünftigen Frau ist für mich jetzt eine Lebensfrage, weil meine Schulden die Kräfte meines Vaters bereits übersteigen. Als er kürzlich hier war, hat er mit Aufbietung der letzten pekuniären Kräfte noch einmal geholfen." „Ich weiß es, Ihr Vater befindet sich in einer schweren pekuniären Nothlage", sagte Karper „und darum soll ihm und Ihnen geholfen werden. Ich übergebe Ihnen hier diese Brieftasche mit dem Werth inhalte von 150,000 M.; die Hälfte davon betrachten Sie als die Mitgift der armen, aber braven Helene von Asckberg und die andere Hälfte werden Sie freund lichst Jyrem Vater in meinem Namen einhändigen." „Wie soll ich Sie denn nennen?" stammelte der Freiherr, „Karper scheint doch nicht Ihr richtiger Name zu sem." Cholera verheimlicht, entbehrt hiernach jeglicher Begrün dung. Höchst befremdlich muß eS erscheinen, daß ver schiedene Blätter sich nicht scheuen, zur Weiterverbrei tung einer solchen Verdächtigung der hamburgischen Re gierung und der ihr unterstellten amtlichen Organe bei zutragen. — Inzwischen hat der Medicinal - Inspektor vr. Krauß in Hamburg, den man allgemein für die mißlichen sanitären Zustände daselbst verantwortlich macht, sein Entlassungsgesuch eingereicht, welches denn auch vom Senate sofort genehmigt wurde. In den weitesten Volkskreisen Hamburgs besteht der Wunsch, daß daS kaiserliche Gesundheitsamt die Oberleitung deS städtischen SanitätSwesenS übernehmen möge. Welche Verwirrung daselbst herrscht, geht aus der Thatsache hervor, daß acht behördlicherseits als verstorben gemel dete Cholerakrauke lebend sich wieder bei ihren An gehörigen eingefunden haben. ES werden in nächster Zeit wohl roch mehr solche Fälle zu verzeichnen sein. — Ein Telegramm aus Hamburg vsm 8. d. M. besagt ferner: Von gestern bis heute Mittag sind 655 Er krankungen und 315 Todesfälle zur Anmeldung gelangt; davon entfallen auf Mittwoch 261 Erkrankungen und 180 Todesfälle, die übrigen sind Nachmeldungen. Die Abnahme gegen vorgestern beläuft sich auf 62 Krank- heits- und 10 Todesfälle Am Mittwoch war ein halbes Jahr verflossen, seit daS mitteleuropäische Zollbündniß in Kraft getreten ist. Es wäre verfrüht, jetzt schon ein Urtheil über die Wir kungen dieser handelspolitischen Abmachungen fällen zu wollen. Processe so tiefeingreifender Natur, wie sie durch den Abschluß der neuen Handelsverträge emge- leitet worden sind, vollziehen sich nur allmählig und eS bedarf geraumer Zeit, bis der Güteraustausch sich den neu geschaffenen Verhältnissen anbequemt. UeberdieS wird man nicht übersehen dürfen, daß die Gestaltung des wüthschaftlichen Verkehret auch von Umständen ab hängt, auf welche die Handelsverträge keinen absoluten Einfluß ausüben; diese können die Konjunkturen wohl theilweise ändern, aber nicht gänzlich umgestalten. Vor. läufig ist die befriedigende Thatsache fe stzu stellen, daß die wirthschaftlichen Faktoren in Deutschland und in den anderen Vertragsstaaten mit Eifer daran sind, sich die neu geschaffenen Verhältnisse zu Nutze zu machen und daß sich in den industriellen Kreisen kaum eine Stimme gegen die neuen Verträge erhebt. Geduld und Ausdauer, so wie eine intelligente, zielbewußte, ehrliche Arbeit bilden gerade auf wirthschaftl chem Gebiete die unerläßliche Voraussetzung, wenn der Zweck erreicht werden soll, den die Schöpfer der Handelsverträge im Interesse und zum Wohle der Völker im Auge gehabt haben. Wenn es auch begreiflich erscheint, daß die Saat bisher noch keine jedermann sichtbaren materiellen Flüchte getragen „Nennen Sie mich meinetwegen den großen Un bekannten, der lediglich einen Ausflug nach dem Kon tinente gemacht hat, um sich nach dem Schicksale seiner Verwandten umzusehen. Die Brieftasche giebt auch über meinen wirklichen Namen Auskunft und ent hält noch eine andere Ueberraschung, die Sie ebenso interessiren wird, wie Ihren Vater. Im Uebrigen ist mein neuer Name in der That Karper. Wenn Sie das Verzeichniß der Namen der Oel-, Baumwoll- und Goldprinzen durchsuchen könnten, so würden Sie auf den Namen Karper stoßen. Und nun Gott befohlen! Ich trete morgen eine Weltreise an und es ist fraglich, ob ich jemals wieder in dieses Land zurückkehre. Sollte ich es aber dennoch einmal Wiedersehen, so würde es mich freuen, zu erfahren, daß Sie längst Ihren Ab schied eingerei?"^"-sn die diplomatische Laufbahn mit der Landwirths^r?,vHu vertauschen und daß Sie in der heitersten, ja glücklichsten Laune auf Schloß Falkenberg wirthschaften." Karper hatte sich erhoben, dem Freiherrn kräftig die Hand geschüttelt und war rasch von dannen gegangen. Friedrich von Falkenberg schaute ihm betroffen nach und stand noch lange regungslos. Der Vorgang hatte sich so rasch abgespielt, daß der junge Freiherr nicht wußte, ob er wachte oder träumte. Nur langsam gewann er seine Fassung wieder. Dann aber griff er rasch nach der Brieftasche und eilte seinem Heime zu, um die Klärung deS Austritts bei der Lampe Schein vorzunehmen. Friedrich von Falkenberg sandte in der Frühe des nächsten Tages an seinen Vater eine Depesche deS Inhalts: