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Mockrnblatt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: Mittwoch« u. Sonnabend« früh 8 Uhr. Abonnementspreis: Vierteljährlich 124 Ngr., auch bei Bestellungen durch die Post. Inserate werden mit 1 Ngr. für den Raum einer gespaltenen Corpus-Zeile berechnet und sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags 11 Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. SkchsmwrwanriBkr Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Ernst Ludwig Förster in Pulsnitz. Geschäftsstellen für Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M Tschersich. Dresden: Annoncen bureau von C. Graf und Haasen- stein L Vogler. Leipzig: Bernhard Freyer, Rudolph Möge, Haasenstein L Vogler und Eugen Fort daselbst. Auswärtige Annoncen-Aufträge von uns unbekannten Firmen und Personen nehmen wir nur gegen Pränumerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonvme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, mag der Betrag veiliegen oder nicht. LxpeÄ. ^int8dtatte8 .M 36 Mittwoch 6. Mai 1874 Deutsches Reich. Dresden, 29. April. Der hiesige deutsche Reichsverein wird auch die Döbelner Versammlung am lO. Mai beschicken deren segensreiches Ergcbniß für die Stärkung der reichs freundlichen Kräfte im Lande hoffentlich die kurzsichtige Geltend machung von Parteizielen zerschellen wird. Es muß ein kurz und bündig gehaltenes Versprechen, unter allen Umständen für die verfassungsmäßige Entwickelung der Reichszustände Sorge tragen und die Feinde von Kaiser und Reich bekämpfen zu wollen, zur Theilnahme an dem Reichsverein für Sachsen genügen. Er hat sich wohl zn hüten, die heimaihlichen Ver hältnisse der Lausitz, deS VoigtlandeS, deS MeißnerlandeS, Dresdens rc. verrücken zu wollen, wenn er anderntheils um gekehrt auch wiederum eine Aufgabe darin erkennen muß, ungerechtfertigte locale Eigenthümlichkeiten zum Besten deS großen Ganzen verschwinden zu machen. — Der Fünfzehner-Ausschuß des Rcichsvereins in Leipzig erläßt unterm 28. April folgende Einladung: .Laudcsvec- sammlung iu Döbeln Sonntag, 10. Mai, Vormittags 10.) Uhr im Gasthof zur goldenen 'Sonne. Tagesordnung: 1) Berichterstattung des Fünfzehner-AuSschusseS über seine bis herige Wirksamkeit; 2) Entgegennahme von Mittheilungen über den Stand der Reichsvereinsangelegenheit in den ein zelnen Wahlkreisen; 3) Berathung und Feststellung des vom Fünfzehner-Ausschuß provisorisch ausgestellten und versendeten Statuts; 4) Eonstiluttung des .Reichsvereins für Sachsen' und Wahl eines definitiven Vereinsvorstandes. — Alle Partei genossen, welche dem .ReichSverein für Sachsen* beinetretcn sind oder bcitreten wollen, werden hierdurch eiugeladen, sich an der oben bezeichneten LandeSversammkmg, sei es in Person, oder durch Vertrauensmänner, zn betheiligeu." Leipzig. (L. Tgbl.) Von der Aufbesserung der Lage der Unteroffiziere hat man bis jetzt noch nicht die Wirkung verspürt, die man sich in militärischen Kreisen davon versprochen hat, obgleich schon von An- fang an in der Tagespresse jeder Erfolg bezweifelt wurde. Und so ist es denn auch gekommen. Am 1. October v. I., dem letzten Entlassungstermin, soll der Mangel an Unteroffizieren sogar noch größer als sonst gewesen sein. Es erklärt sich das zur Genüge aus der Gering fügigkeit der bewilligten Vergünstigungen, die die Ein nahmen eines Unteroffiziers kaum auf die Hälfte dessen bringen, was ein gesunder Mann mit gleichen Schul kenntnisfen im bürgerlichen Leben erwerben kann. Um diesem auf die Dauer außerordentlich nachtheiligen Mangel an so wichtigen militärischen Excerziermeistern abzuhelfen, wird der Staatsregierung kauni etwas Anderes übrig bleiben, als mit freilich sehr erheblichen Kosten die Be soldungen noch einmal und zwar bedeutend zu erhöhen. — Wie einer Notiz des „L. Tgbl." zu entuehmcn, Würde der diesjährige Sommerfahrplan der Linien auf den sächsischen Staatseisenbahncn erst mit dem 1. Juni zur Einführung gelangen. Da erfahrungsgemäß viele Partien, namentlich von Vereinen, auf den Sonntag nach Pfingsten verlegt werden, dä ihnen für die Feier tage die starke Bahnfrequenz störend ist, so sei darauf aufmerksam gemacht, daß der Sonntag nach Pfingsten gerade der letzte Mai ist und der nachfolgende Montag als erster Juni dem neuen Fahrplane angehören wird. . — In seinem, am 27. v. M. abgehaltenen Dis- cufsionsabend des Chemnitzer Arbeitervereins behandelte derselbe, wie das Chemn. Tagebl. mittheilt, das Thema der Leichenverbrennung. Die Einleitung hierzu geschah durch Vortrag der Broschüre eines italienischen Gelehrten. Dieselbe legte m der Hauptsache klar, wie schädlich das Oberwasser, welches durch die Gräber nach den Brunnen laufe, auf die Gesundheit der Menschen einwirke; da Friedhöfe größtentheils auf hochgelegenen Plätzen ange legt seien. Im gleichen Smne wirke auch die giftige Ausdünstung der verwesenden Leichen. In ästethisch'er Beziehung suchte die Schrift zu beweisen, daß der Ge danke au eine Zerstörung der Leichen durch Feuer nicht fo abschreckend "sei, als der des Processes der Verwesung. Den Schluß bildete die Veranschaulichung verschiedener Verbrennungsversuche der Neuzeit durch Leuchtgas. In der Hieranschlieheuden sehr anregenden Debatte pflichtete man im Allgemeinen die Verbrennung der Leichen, namentlich in dichtbevölkerten Orten bei und beschließt man zur weiteren Verfolgung, alle in dieser Angelegen heit von außen kommenden Nachrichten im Aug zu be halten. — Das „Zwickauer Wochenbl." schreibt: Nach Be endigung des diesjährigen Kreis-Ersatzgeschäftes stellt es sich wiederum heraus, wie wenig noch die Stellp süchtigen für ihr eigenes Interesse dadurch sorgen, daß sie vor dem Kreis-Ersatzgeschäft sich erkundigen, in welcher Weise sie etwaige Wünsche bei demselben anzubringen haben. Wir erfahren aus competenter Quelle, daß nach dem Schluffe des Kreis-Ersatzgeschäftes nachträgliche Recla- mationen, Gesuche um Umdesignirungen zu anderen Waffen rc. nicht mehr gestattet sin^, da die betreffenden Listen wegen der nunmehr sofort beginnenden Umarbeit ung für das Departements-Ersatzgeschäft am Tage der Loosung geschlossen werden müssen. Der Zweck dieser Zeilen ist daher, unsere Leser, welche es betrifft, darauf aufmerksam zu machen, sich vorher bei der betreffenden Behörde Rath zu holen, wenn sie bei der köuigl. De partements-Ersatzcommission einen Wunsch auszusprecheu haben, in welcher gesetzlichen Form dies geschehen muß und sich nicht blos auf Hörensagen oder aus eignen Ver gleich mit einem Falle zu vertaffen, der dem übrigen gleich zu sein scheint oder wohl gar, wie es ja oft ge schieht, unthätig es dem Zufall anheim zu geben, ob die Bestimmung der Behörde nut ihrem Wunsche zusammen treffen wird. OelSnitz bei Stollberg. Sonntag früh 4 Uhr ver unglückte auf dem Steinkohlenwerke Oelsnitzer Vereins glück in gräßlicher Weife der Kunstwärter Schnabel aus Tauua bei Schleiz. Derselbe war auf der Tonne aus gefahren, dieselbe wurde zu hoch getrieben und der Un glückliche stürrte über 600 Ellen tief in den Schacht; zer schmettert, theilweise stückweise kam er unten an. Schnabel wollte nach dreijähriger Abwesenheit von der Heimath an demselben Ta^e dorthin zurückkehren, hatte zu diesem Zwecke Geschenke eingekauft und statt des heimk-hrenden Sohnes erhielt die Mutter die Todesnachricht. Berlin, 2. Alai. Ein fünfzehnjähriger Knabe hatte während der Eisenbahnfahrt von Ostpreußen bis Kreutz aus dem Eisenbahnwagenfenster gelegen. Nach 8 Tagen bekam er starkes Flimmern vor den Augen; jetzt nach 14 Tagen ist er erblindet und wird in einer hiesigen Augen-Klinik behandelt. Es soll leider wenig Hoffnung sein, daß er je wieder sehen wird. Möge nian es daher unterlassen, auf längere Zeit dem scharfen Zuge auf der Eisenbahn sich auszusetzen. Berlin. Inzwischen macht die Affaire Bismarck- Arnim viel von sich reden. Graf Arnim hat sein Ab berufungsschreiben dem Marschall Mac Mahon übergeben und ist gleich darauf nach Berlin abgereist. Man be zweifelt, daß er den Botschaftei poften in Konstantinopel antrctcn werde. Der „Schlesischen Zeitung" wird tele- graphirt, daß der Austritt des Grafen Arnim aus dem Staatsdienste als vollendete Thatsache gelte, und die Berliner Börsenzeitung berichtet, daß nian in parlamen tarischen Kreisen bestimmt wissen wolle, es sei der feste Entfchluß Arnim's, sich in das Privatleben zurückzuziehen. Derselbe habe in diesem Sinne einem Herrenhausmit- gliede gegenüber schriftliche Erklärungen abgegeben. Berlin. Aus der beendeten Reichstagsscssion bringt die „Trib." folgende Reminiscenz: „Lasker ist nicht mehr der Triumphator, der nach geschloffener Session wie sonst sich der meisten Reden oder Worte rühmen kann. Sein Antipode Windthorst hat ihn darin über holt. Das ist jetzt der gesprächigste Redner des deutschen Reichstages. In 42 Sitzungen hat er 66 Mal das Wort genommen, Lasker nur 55 Mal. Daneben zählen aber auch verschiedene kurze Bemerkungen mit. Beide Gegen füßler lieben es z. B. zur Geschäftsordnung zu sprechen. Dagegen sind begreiflicher Weise die vielen parlamentar ischen Interjektionen, in denen Windthorst sichLganz be sonders gefällt und die fortwährenden Einreden, die er mit zwei Worten dein Inhaber der Rednerbühne zuwirft, nicht mit gerechnet. Sonst müßte man von Tausenden pon Aeußerungen sprechen, die der große Windthorst in der abgelaufenen Session verübt hat. Er kann nicht schweigen. Sein „sehr wahr," sein „nicht wahr," sein „Oho!," sein „Na na!" sein „guoä non" findet sich Seite für Seite in dem stenographischen Berichte. Auffallend ist, wie schnell nach Windthorst und Lasker die Zahl der einen einzelnen Abgeordneten angehörenden Reden herab sinkt, von 66 und 55 gleich auf 30. Zu Worte ist über haupt nur ein Viertel des Parlaments gekommen. Drei Viertel haben sich damit begnügt, an der allgemeinen Heiterkeit oder am Murren Theil zu nehmen. Berlin. Die „Voss. Ztg." - schreibt: Nach Mit theilungen, welche der „B. F. C." aus scheinbar zu verlässiger Quelle geworden sind, werden in der deutschen Preßleitung demnächst wichtige Aenderungen vorgenommen werden. Geheimrath Prof. Aegidi wird von dem Posten abberufen werden und das ganze Institut einen ein heitlichen Charakter erhalten, der dem vielbesprochenen Krieg der Offtciösen unter einander ein Ende machen soll. Ueber die Person des Nachfolgers fehlen noch be stimmte Angaben. Berlin. Bezüglich Erhöhung der Eisenbahutarife verlautet der „Wcs.-Ztg." daß ein Reichspfennig als Marimalsatz für Transport der ersten und unentbehrlichen Lebensmittel an Stelle des in der Reichwerfassung in Aussicht genommenen Pfennigtarifs treten soll. — Der deutsche Turnlehrertag soll Heuer voin 28. Juli bis 1. Aug. in Salzburg abgehalten werden. Es ist der siebente Turnlehrertag, der sich an jene von Ber lin, Gera, Dresden, Stuttgart, Görlitz und Darmstadt aureiht. Schweiz. Bern. Aus allen Ländern Europas und sogar aus Amerika sind der Schweiz Glückwünsche zur An nahme der freiheitlichen Bundes-Revision zugegangen. „In neuem Glanze strahlt die schweizerische Republik," sagte mit Bezug auf diese Glückwünsche der Bundes- Präsident Schenk vor dem Bundesrathhause zu einer jauchzenden Versammlung. Er fuhr fort: „Edler steht unsere Republik da, menschlicher, gereinigt von Vielem, was sie verunstaltete, freier, gerechter, selbstbewußter und stärker! Und was sie geworden ist am 19. April, das ist sie geworden aus sich selbst und dadurch sich selbst in langem gewaltigen inneren Ringen, volle Freiheit ge während jedem Gegensätze, jedem, auch dem erbittertsten und maßlosesten Worte, in Geduld, in Standhaftigkeit, in Selbstüberwindung und Maßhalten, mit alteidge- nössiscber Treue zusammenstehend und Verständigung suchend!" Frankreich. Paris, 2. Mai, Abends. Ein Telegramm des Jour nal „Soir" aus Bayonne vom heutigen Tage bestätigt die Nachricht von der Entsetzung Bilbaos. Zwölf Kanonen und eine große Anzahl carlist'scher Gefangener sind in die Hände der Regierungstruppen gefallen. Spanien Madrid, 3. Mai, Morgens 9 Uhr. Die neuesten durch die aintliche „Gaceta" sofort veröffentlichten Re gierungsnachrichten melden, daß Bilbao entsetzt worden ist und die Regierungstruppen daselbst eingerückt sind. Das dritte Armeecoips besetzte Bitbao gestern Nachmittags 5.1 Uhr, also nicht, wie die „Correspondenzia" meldete, schon am 1. d. — Marschall Serrano zieht heute in Bilbao ein. Die Carlisten sind desorganisirt und suchen durch Guipuzcoa ihren Rückzug zu bewerkstelligen. Tas Zmpfgesetz v. 8. April 1874 enthält u. a. folgende Bestimmungen: § 1. Der Impfung ^mit Schutzpocken soll unter zogen werden: I) jedes Kind vor dem Ablaufe des auf sein Geburtsjahr, folgenden Kalenderjahres, sofern es nicht nach ärztlichem Zcugniß (H 10) die natürlichen Blattern überstanden hat; 2) jeder Zögling einer öffent lichen Lehranstalt oder einer Privatschule, in welchem der Zögling das zwölfte Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht nach ärztlichem Zeugnih in den letzten fünf Jahren