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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 15.12.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-12-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191812155
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19181215
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19181215
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-12
- Tag 1918-12-15
-
Monat
1918-12
-
Jahr
1918
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Sonntags-Ausgabe Sonntag, den IS. Dezember Nr. «88 Bezugspreis: L M.A.x-LLL'^.'kN ,t»eI«NLtr"ch Är. L»0- M» «dbeler »»ustiich «. »«: ivck «»««« «,«»«rtlae» FUlalea In« Ha»0 ««»rocht monatlich M. rLS, IlhrUch Bl. 72» darch »t, Po» Mnekhald Deolschlandt Selamt-Ma»««^ «pnattt» M. r.7ä, »lertellSdrlich M. Ub; Moroen-Äutg«»« M. 1^». Bdead Aas^d, M. 1,«^ Sona«aa»-A,«,°d. M. L« »onatltch <a»«t«tt»btlch Välkdefteagedlid^ . ... chtnzalanmmer: Morgea-Äalgad« l» Pf.. Bbead-Bnzgab» M Vt- Hcurptschrtstleiter: Dr. Erich Everth, Leipzig. UL Jahrgang Anzeigenpreis: LLLk-r^-'^-LW Aazeia», ». BadSrda» N» »mN. ko- it» Kslonei^il« « Vt, ». ans» SS Vt- Ieo»runa««tch<pH: M gd; dletn» Anzeigen di» Keieeelielt, N Ps. aalwtit« 3L Vs.: V.piernet^ilchler: ««der 2« Zeile« «ms«« A«i>, über 3UU Zeilen: S0S». <v«Ichdst«o»,eigen mit Vlatzoorlchrgt«, i» vreil« «rdddl. Vlatz »ich D»t«»»»rlchrtst »d»« DerdlndllchdeL Beilage»: Delanrdaunaa« Al. 7.— da« Laisead autlchl. V»skge»> > >r. S«r«lpr,ch.B»Ich!»d -Kr.i««L 14«» »»d >4-»« V»«lche<dd,»- »Sil. Schrisilritimg mid Deschdsigflel»: Zohaanltgaff« ?ir.it. Verlag: Dr. Neinhold ck Co^ Leipzig. 1918 Die Regierung an die Arbeiter Derordnnng über Ablieferung von Waffen und Heeresgut Berit«, 14. Dezember. (Drahlbericht.) Der Rat der Volks- deaufiragte« ersäht folgende Verordnuag über die 3«» rückführuag voa Waffen »ab Heeresgut la dea Besitz des Reichet: Trotz aller ergangenen Aufforderungen nnd konlroll- mohaohmeu befinden sich »och immer zahlreich«, aut de» Beständen der Heeresverwaltung stammende Waffe« sowie bedeutend« Mengen an HeereSgat und HeereSgerät unbefugterwelse im Defih von eallasseuen Soldaten und oo» Zivilpersonen. Diese Zustände ltöuaea nicht länger geduldet werde». Die Reichsregierung fleht sich daher genötigt, ihnen entgegenzolrete». Wir verordaeu mit sofortiger Gesetzeskraft: 8 l- sich unbefugt i» dem Besitz von Waffen befindet. die aas tzeeres- beständen stammen, ist verpflichtet, sie innerhalb der voa den zuständigen Behörden bezeichnete» Frist abzullefera. Wer zuständig« Be hörde ist, bestimmt die Laadeszentralbehörd«. Unbefugter Besitzer ist, wer ohne den Wille« der Regierung oder der ihr unter stellten Organe den Besitz deutscher Waffe« erlangt hat oder erhält. g 2. Di« gleiche Verpflichtung siegt demjeuigea ob, der Heeretgerät und Heeresgut aller Art (Fahrzeuge, ins besondere Kraftfahrzeug«, Pferd«) im Besitz hat, ohne sich über den rechtmässige« Belitz dieser Gegenstände auswciseu zu können. Handelt es sich um militärisch« Bealeldangs- oder Ausrüstungsstücke zum persönlichen Gebrauch, so hat der Besitzer den Nachweis des rechtmätzlgen Erwerbes zu führe». 8 ö- Wer sich nach Ablauf der Frist noch unbefugterwelse im Besitz von Gegenstände» der tu ßtz 1 und r b«eichnete« Art befindet, wird unbeschadet einer »ach dea allgemeine« Strafgesetze« wegen der an- b«fügten Aneignung etwa bereits verwirkten Strafe wegen Unterlassung der angeordneten Ablieferung mit Gefängnis bis za fünf Jahren and ml» Geldstrafe dis zu 100 000 Ut oder mit einer dieser Strafen bestraft. 8 4. Wer der angeordneten Ablieferung innerhalb der vorgeschriebenea Frist nachkommt, bleibt für etwaige vor der Ablieferung begangene, auf den abgeliefertea Gegenstand bezügliche Aneignung strMret. Di« Mtt- siihrungÄdestimmongea «lasten die Landcszentralbehörde«? Der Rat der Bolksbeauftragten: Ebert, Haas«, Dittman», Laudtberg, Barth. Gesetz -rrr Vttdung einer freirvtMgen Voltsr-Lhr Berli», 14. Dezember. 1. Zar Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordaaug oad Sich«h«it ist eine freiwillige VolkSweyr z» bilden. 2. Die Vollmachten zur Aufstellung der Abtellaagen dies« Volks- wch: erteilt ausschließlich der Rot der Volksbeauftraglea, d« aach die Zahl und Stärke d« Abteilungen sestsetzt. 3. Die Volkswehr unterpeht ansschließsich dem Rat der Volks- beauftraglen. Sie verpflichtet flch d« sozialist.sch-demokralischen Repu blik durch Handschlag. 4. 3a die DoskSwehr werde« nur Freiwillige ausgenommen. Sie wird auherhalb d.S Rahmens des Heeres steh««. Gerichltiche u,td Diszipl narvcrhällnifie werden noch geregelt. 5 Die Freiwilligen wähle« ihre Führer selbst, und zwar etwa 100 Freiwiü ge tHundecischafl) einen Führer und drei Zugführer, mehrere Hunderlschaslen bilder, eine Abteilung und wählen den Abtei ungS- führer «nd den Stab. 3hm stcyl ein VertraucnSral von fünf Frei willige« beralend zur Scile. 8. Jeder Freiwillige ilt im Dienste zum Gehorsam gegenüber seinen felbstgewähllen Führern v:rpslichl«t. 7. Für die Annahme der Freiwilligen ist Vorbedingung: ») 3« der Regel Zurücklegung des 24. Lebendjahres. d) körperliche Rüstigkeit. c) Längerer einwandfreier Frontdienst. 8. Die Freiwilligen habe« zunächst eine Probezeit von 21 T:gru zu leisten. Wird ihre Geeignetheit festgestellt, so sind sie zunächst aus 8 Monat« zu verpflichten. Die Verpflichtung kann nach Ablauf dieser Zelt vo« drei zu drei Monaten verlängert werden. Früher« Lösung d«< Dienstverhältnisses ist bei schwerer Verletzung der darch dasselbe begründeten P'lichken zulästig: sie erfolgt durch den AblellungSführer «ater Zustimmung des Vertrauensrats. 9. Die Freiwilligen find auszurüstea, zu bewaffne« «nd unter- zubriagen. Wegen besonderer Bekleidung und Abzeichen bleibt Be stimmung vorbchalleu. Die Gebührnlsse und Versorgungsansprüche werbe« noch festgesetzt. Früher erworbene VersorgongSanspruchc bleibe» bestehen. 10. Das preußische k.-M. hat mit Zustimmung d«S Rates der DolkSbeauftragleu die crforderllcheu AaSführongSbesÜmmunge« z» er taste«. Der Rat der Volksdeaufiragtea: Ebert. Haase. Scheideman«. Diltmaun. Lands berg. Barth. Entwarnung der Spartakusleute? Kopenhagen, 14. Dezember. (Eig-Drahlberichk.) 3n einer llaterredmrg des Berliner Korrespondenle» der .Berliask« Tldenb«' hat Scheideman« erklärt, datz di« Regierung dl« L»1- «aff««ng der Spartakus!«»!« erwäg«. Li« bk» echt fet, »ach fette« Worte» »nd Haabluage» zu «teile«, »lcht «vrmal. Aa LoSreltzongSbestredungen deutscher Staate» glaube er, Scheideman», »lcht. MS künftig« Slaattform nehme er «ine rein sozialistische Re publik an. De» Zusammenbruch der bolschewistische» Regierung Rotz laubs erwart« er binneu weniger Woche». Berlin, 14. Dezember. (Eig. Drahtbe richt.) Nach Er- Klärungen iu de« Berliner Fabrikversammlungen fordert die Spar- takusgrvpp« ihre Anhänger i« Deutschland zur gewalt same» Verhindern»- der Wahle» zur Ratioaal- versammluag auf. Den Heimkehrenden Vor vielen Tagen schon hatte Leipzig etn buntes Fahnenkleid angelegt, um seine heimkehrenden Krieger würdig zu empfangen. Viel Hörle man seitdem von jubelnder Begrüßung am Rhein, und weiter und welker zog diese Bewegung der Freude ihr« kreis«, bis sie nun auch zu ursierer Stadt gelangt ist. Da- spürten wir, als in den letzten Stunden viele Hänöe sich regten, Fahnenmasten aufrichteten und Tannengirlanden befestigten. Die erhobenen Herzen kümmerte nicht der Regen von gestern — sie dachten an den Sonntag, der zum inneren Lichtkag werden so'lle. Diese Sonn« will sich keiner von den vielen nehmen lasten, deren Sehnsucht in langen Tagen mit gekrampstsn Händen nach dem Lichte griff und nur dunkle Leere satzte. Ein Teil der Leipziger Brigade kehrt Helm. DaS ist nicht nur ein Festtag für die Garnison, sondern auch ein Festtag für viele Familien. Ihnen kehrt der Vater heim, kommen die Söhne, die Brüder zurück. Ihre Vorstellung hat flch den Einzug lange Zeit mit anderen Farben ausgemali! Im Wandel de- Geschehen- haben flch dann diese Farben mehr nnd mehr gedämpft und gedunkelt, aber auch die Wirklichkeit dieser Tage konnte die Freude nicht verscheuchen. Da ziehen sie ein, Blut von unserem Blute, Mitbürger unserer Stadt, die über vier grausige Jahre die Heimat mit ihrem Leibe gedeckt haben, die ln Schlamm und spritzendem Granatenhagel dafür Bürge waren, daß flch daheim in Ordnung und Ruhe die tägliche Arbeit verrichtet«. Gerade Leipzig konnte da- an seiner Messe spüren, deren Besuch tu steiler Kurve stieg. DaS danken wir denen, die heute in festem Gleichschritt durch die Straßen ziehen and am Markt begrüßt werden. Die aber, denen die Spaliere allenthalben zujudeln, werden, wenn auch nur für einen Aogenbl ck, zurückdenken, unter wie verschiedenem Himmel und in was für Lagen sie diesen Augenblick herbeigesehnt haben. Ileberall haben die beiden Schwesterregimenter gekämpft, überall auch liegen ihre Toten. Manchem fehlt heute der Kamerad zur Seite, mit dem er diesen Einzug zu erleben gedachte, ln manchem Kreise bricht auch gerade heute ein alter Schmerz mit neuer Wucht auf — irgendwo ruht etn Tapferer. Diesen dankbare- Gedenken, ihre« Hinterbckebenen und den Wiedcrkehrenden Taten der Dankbarkeit! Ein« n«e Heimat empfängt sie, vielen ist sie noch fremd, Unstcherhek «nd Sorgen drängen vielleicht nach oben. Indessen, die Heimat will nicht nur begrüßen, st« will auch wirken. Sie keimt die Nöte, die hle «nb da lauern. Sie hat e- versprochen, daß st« dem Suchenden Arbeit schaffen will, btt an die Grenz« des Mögliche», und auch für di« Frage nach dem schützenden -Dach wird da- unverzagte Volk eine Antwort sticken, dl« beruhigt. Mit Euch naht der Friede, Euch empfängt Freih^t. Teile der Mackenfen-Armee in der Heimat Bersin, 14. Dezember. sDrahkde richt.) Wie bke ,B. Z.' meldet, sind von der Armeegruppe Mackensen bis setzt bereits große Teile in der Heimat eingetroffen. E« sind angelangt: Di« gesamt« 11. Armee, Teil« der 218. und 228. Zns.-Div. sowie die seinerzeit ans der Ukraine nach Rumänien entsandten Teile der 7. Landw.-Dtt. »nd Teile der 16. Znf.-Division. Bersin, 14. Dezember (Drahkbericht.) General Lima» v. Sa», der- teilt durch Funkspruch avS Konstantinopel mtt, daß die deutschen Truppen voa Konstantinopel, klettafle» »»d Sorte» t» Stärke von 10000 Mann in Konstantinopel versammelt find und zuvcrsiri'Mch und guten Mutes die baldig« Heimbeförderung erwarten. An die deutsche« Arbeiter Berlin, 14. Dezember. sDrahkberichl) Die Errungenschaften der sozialistische« Revolution sind in Gefahr. Die drohende Katastrophe zeichnrk sich täglich deutlicher ab. Vergcht nicht, wie wir stehen! Der Krieg Hal uns arm gemacht, die Niederlage noch ärmer. Unser Bode« ist vernachlässigt und ausgesogcn, unser Vieh ist geschlachtet, unsere Verkehrsmittel sind heruntergekommen, die Produklion-anlagen für die Herstellung von FriedcnSgülern abgenutzt, teilweise ruiniert. Die wichtigste» Rohstoffe mangeln. Drückende WaffenstillstandSbediagungen lähmen unsere Bewegungsfreiheit. Ungeheuerlich sind die Lasten, die der siegreiche Feind «nS aofbürdet. Arbeiter, in eurer, nur in eurer Hand liegt eS, das VerhäagalS abzu wende«! Ihr mäht anser« zusammeagebroche«« Wirtschaft wieder aosr chlen. Ihr mützl dc.für sorgen, daß uns Hanger uud Bürgerkrieg erspart bleiben und da.',, «vas «nweigrrlich auf Bürger krieg folgt: Verwüstung aller Errungenschaften der Revolution, « ar « r Revolution Ihr müßt arbeiten. Der Sozialismus verlangt Arbeit, Kana nur bestehe» aaf Grundlage der Ardril. Wer feier« motz, wirb Unterstützung bekomme«, aber wer feiert, obwohl er arbeite« kann, macht sich und -le andern ärmer, versündigt flch a» seinem Volk und dessen sozialistischer Zukunft, lsilfl den Zu sammenbruch bereiten, drr schließlich aach ihn selbst verschlingt. Arbetter, bleibt nicht in dea Großstädte« zasammeagedräagt, wo die Industrie euch »icht genug Arbeit schaffe» Kanu, weil es an Kohle »nd anderen DelriebSfioffe« fehlt «ab wo ihr schließlich Hunger leiden müht» weil di« LebeaSmtltel nicht heran gebracht werden können. Geht hiaauS a»fS Laad, tt di« Städte der Provinz. Die Kräfte, di« in Bersi« and andere« Groß städte« brachllegen, werden dort dring««- gebraucht. Geht zu de» Arbeitsnachweise«, st« werde« euch sage«, wo ihr lohneade Arbeit findet, die euch »ährt «nd das Volk rette» wirb, keiner darf sich setzt darauf versteife«, an dem Ort z» b eide«, oa de« er währen des Kriege« gekommea ist. Aa der Vernunft, an der sozialisti sche« Dlszlpll« jede« «i«z«l«ea hängt da« Dasein, die Frei heit, bi« Zukunft unserer sozialistische» Republik. Arbeiter, schützt e»re Revolution vor de» Angriffe» segsicher Reaktion. Revel pe aach vor dem Haager and wirtschaftliche» Auflösung. Der Ral der BolkSdeaäftraglea: Ebert. Haase. Scheideman«. Dittman». LonbMeqz. Barth. Soch gegen die A - «nd S^RSte V BerÜ», 14. Dezember (Dratztberlcht »nserer Ber liner Schrtftletting.) Der A.- and S -Rar t« kre»z»ach hat in Trier angefragt, ob für di« von den Feinden besetzten Gebiete di« un gehinderte Ausreise- und Rückkehrmöglichkeit der Delegierten gewähr leistet wird, di« zu der Berliner Tagung der A.- und S.-Rät« am 10. Dezember entsandt werden solle». Diese Frage wurde von der deutschen Waffensitllstandskommlssto» pflichtgemäß an di« Oberste Heeresleitung der Alli «rten weiteegegeben Marschall F o ch hat darauf die lakonische Antwort ertokt, dl« alliierte» Milcht« er kennen d«e A. «nbS. Rät« nicht a». Neuer Geist in der Schule Von Professor Dr. Kühnel, Leipzig. Die alte Ordnung ist zusammongebrochen; e^ne neue Zeit zieht her auf. Trauernd steht mancher da: aber die meisten sehen dieser neaen Zeit ln- Angesicht und sind gewillt, am Neubau Le- Reiche- mitzuarbeiten. Und dies sicher nicht bloß, um ihren bisherigem Standpunkt zu Einfluß zu bringen: man darf glauben, daß sie unter dem Leid und der Last der Ereignisse wirklich umgelernt haben. Da ist nun auch für uns Schul männer die Zeit gekommen, umdenken zu dürfen; zu dürfen, sage ich; denn alz ich im Jahre 1013 in Wort und Schrift zur .inneren Re form' mahnte, da ist mir da« damals von der Behörde stark verübelt worden. So mutzte eS denn kommen, wie es gekommen ist; das Fest halten am allen Geiste l>aben wir mit Strömen kostbaren Blutes und mit dem Verlust unendlicher Kulturgüter büßen müssen, und es ist letzten Endes der Grund zu gewaltsamer Umwälzung gewesen. Mehr als le richten sch darum heute aller Augen auf die Jugend; sie ist unsere Hoff, nung, unsere Zukunft. Sie in dem neuen Geiste zu erziehen, ist unsere Aufgabe. Mir Schulmänner freilich können das nicht allein durch führen, die Eltern vor allem müssen den neuen Geist verstehen 'erneu und fördern. Wie unterscheidet er sich vom alten? Nur einige Punkt« seien herauSgvgriffen und e namder gegenübcrgestcllt. Zn der alten Schule war eä der Geist der Stofsbewältigung, in der neuen ist os der Geist der Menschenbildung. Er kommt dea meisten Ettern höchst erwünscht. Manches Mal schon habe« sie sich, wenn st« den Sohn oder d e Tochter über die Schularbeiten gebeugt sahen, gefragt: Wozu diese Malle von Wissensstoff? Wird das Kind ste jemals im Leben brauchen können? Wäre eS nicht richtiger, wenn man sich begnügte, an einzelnen Stoffen z. B. an« Vergangenheit »nd Fremd« den Gegen satz zur Gegenwart und Heimat herauSzuarbeiton? Wäre es nicht rich tiger, an einem Bruchteil dieser Etosfmassen zu lehren, wie ma» lernt, w t e man emdringt in ein neues Gebiet, w i e man sich etwas in zweck, mäßigster Weise zu eigen macht? Wäre es nicht bester, wenn das Kind seine körperlichen und geistigen Fähigkeiten vollkommener entwickeln könnt«, anstatt fortgesetzt mit Kenntnissen sich volhupfropfen? Gewiß hat es allerorten Lehr«, voll Geist und Liebe gegeben, di« ihre» Blick ans das Ziel der Menscheubtldun» gerichtet hatten. Ader aach sic konnten flch nicht dem Drucke der Lehrpläne, Zensuren» Prüfungen, Tc- rechtlgungen, Inspektionen entziehen. Ob sie wollte» oder nicht, viele «»achte das System z» — Paukern'. Menschendildvng aber ist etwa- anderes, Zarteres, Höheres, Wertvolleres, auch etwa« viel Praktischeres; sie müssen wir künftig treiben. Dazu «ruß ober erst der Stoffgelst auSgekieben werden. Man wolle mich nicht falsch verstehen. Selbstverständlich ist für all« Gebiet-- «in umfangreiche- Wissen nötig; aber der Gedanke an dies Wissen soll im Gebiete der Erziehung nicht bieHerrschaft haben ES ist ganzähnsich wie mit dem Beamtentum: da« neae Reich kann es in keiner Weise entbehren; aber die Bureaukratie soll nicht herrschen.) Dieser Stoffgelst führte zum Worklernen. Ver-chen und Ge dichte, L eder und Sprüche, GrgebmSsähe und Geschichten wurden in großer Zahl gelernt, auswendig gelernt, decket so »st ohae rechtes Ver- sländn s des Sinnes. Wäre eS da nicht besser, di« Jagvck lernt« mehr Sachen, Dinge kennen: Bäume und Tiere, Wege und Werkzeuge, Ge- brcruchSgegenltände «nd Nahrungsmittel, WohmmgS- u. DerkehrSeinrich» tungen nsw.nsw. .Ein« gewisse Dersch elmng vom Literarischen hinüber zum Natürlich-lebendigen, zu reicherer Anschauung der Wirklichkeit, auch der kulturellen', das hat der verstorbene Wilhelm Münch schon in seiner .Zulumstspädagogik' vor mehr denn 14 Jahren betont. Richt daß das Literarische damit schlechter wegkommen sollte, aber es sollte nicht in dem Maße verfrüht werden, wie wir eS heut, noch treiben müssen, und nicht in der Masse auf die Zagend einstürz«, wodurch die Freude am Literarischen abgeköket wird. Die ganze Richtung hat es mit sich gebracht, daß in unseren Schalen vielfach noch der Gei^t des Nachsagens herrscht, auch dort, wo di« Wirklichkeit, wo Dinge «nd Erscheinungen erfaßt werden sollen. Wie unser Körper lebt, was Salze find, wie Schiffahrt und Bergbau betrieben werden, wie der Kaufmann arbeitet usw^ das wurde gesagt. Aber nicht da- Ncrchsage« das unbesehen irgendwelcher Autorität sich beugt, sondern der Geist der elgenenErfahrung muh eS sein, der künftig in unseren Schulen zu regieren hat. Wo die eigene Er fahrung nicht an die Wirklichkeit heranreicht wegen der Zagend unserer Schüler, da muß erwogen werden, ob ein solche« Gebiet hinauSgeschccken werden Kana, bis flch eigene Erfahrungen ermöglichen lassen. Mit dem vorigen hängt zusammen, daß die Schüler zum Urteilen oevonlaßt wurden auch dort, wo unzureichende Sachkenntnisse vorlagen Ich erinnere nur an die ethischen Urteile, die der Geschichtsunterricht herauSforderte. Unsere gesamte heutige Lnterrichtskechnik mit ihrer .Entwicklung' und ihrer Fragerei förderte damit den Geist des Ratens «nb der intellektuellen Anpassung, unterdrückte aber geradezu den Geist des selbständigen Denkens. Der aber muß ia unfern Unterricht herein. Eine bedeutsame Folge hakte die «he» berührt« Sachlage. Durch jahrzehntelang« Schalgewöhmmg bemächtigte flch de- ganzen Volkes — auch derer, die darch höher« Schulen gegangen sind — ein Geist der Gängelung, der jeglich« Anregung von oben erwartet, der bei allem Denken und Tn» flch leiten ließ. Die anpolittsche Haltung wetter krelse. dt« Tellnahmlostghev gegenüber den Anforderungen der Zett, do- Re- giertseinwollen läßt sich mit auf diese Verhältnisse znrückstlhren. Aber wir sollten bei unserem Erziehung«- und Anterricht-werk an- vor Augen halte«, datz hle Freiheit Sgewinnung und selbständige Verantwortlichkeit da- Atel de- mündigen Menschen sein mutz, und sollt« uns fragen, oh unser Unterricht-verfahren diesem oder jenem Geiste dient. Liner der Haapvräger der vorige« Entwicklung war ferner der Geist der Abstraktion, der unser« Unterricht erfüllke. Di«, in tellektuell« Förderung »nserer Schüler war geradezu daraus gerichtet, scho» «tt der Ei«zeterschetn»ng verallgemeinernd« Folgerungen zu ziehen. Di« rascheste Gewinnung des .Systems' erschien beinahe als Zweck alles Unterrichts. Lud wir sollten dock gerade da- Gegenteil tun; wir sollten von Anfang an bis oben hinauf uns bemühen, unfern Schülern da- Bewutztseln der Grenzen der Abstraktton zu vermitteln. Zn unser« Schülern müßte der Geist walten, der die Sachlage und die De- dingungen des Ginzelsolles im Gegensatz zum allgemeinen beobachte« m»d «men««« lehrt, da- wär« wahr« Geistesbildung. Damit hängt wiederum zusammen, datz in unserem Schulunterrichte herrfchmck war der Geist der Theorie, der flch irrtüml cherweise für den Geist der Btldang hielt. Aber BUdaaa ist etwas ganz andere-
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