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-kr. *L« — LO. Jahrgang Freitag «en L». September LVI» »scheint «Snllch oa«m. mN «u»nahme der Sonn- und Festtag», «»«aabe 4 mit .Die Zeit tn Wort und Bild» dterlcljShrltih 2,1« In Dresden durch Boten ».4» In ganz Deutschland frei Hau» ».82 in Oesterreich 4.4» L «»««ab» » ohne illustrierte Bella«» dterteljübrlich IM« In Dresden durch Boten 2.4« ^ In ganz Deutschland srct Haus 2,22 4«: in Oesterreich 4 «7 L — Sinzel-Nr. 1« ^ Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die Saelpnltene Petilzeile oder der-n wi» 48 4. Reklamen mit 8t» z die Zeile berechnet. de> Wiede:volungen eulsprecheadkN Rabatt Vnchdrnckerel, '.Nedaktton »»d KeschäslSftelle! Dresden, Ptlluiqer Strafte 4». — Fernsprecher 18«»«» Für Rdetgabe nuverlangt. Schriftstücke kr i»e Verbi„dlichke«!i Redaktion».Sprechslunoc: I I bis 12 Uhr. Für oas 4. O-uartal IVL1 abonniert man auf die „Sächsische Volks zeitung" niit der täglichen Romanbeilage sowie der wöchentlich erscheinenden Beilage „Feierabend" zum Preise von 1.8V Mk. (ohne Bestellgeld), durch den Boten ins Haus ii.1v Mk. Der Bezugspreis auf die Ausgabe ^ mit der illustrierten Unter- Haltungsbeilage „Die Zeit iu Wort und Bild" erhöht sich monatlich um 10 Pfennig. Ein ernstes Wort. Die Sozialdemokratie hat in Jena dem Zentrum den Krieg erklärt, die linksliberale Presse tobt und wütet gegen don „UltramontaniSmus", der Evangelische Bund hält nach wie vor den Kampf gegen die katholische Kirche für wich tiger, als die Abwehr der Feinde des Evangelium, im eigene» Lager. Ueber die Bretter, die die Welt bede> en, gehen Stücke, die von der Intoleranz der katholischen Kirche oder der Tuinnidreistigkeit ihr getreuer Menschen erzählen, wie Schönherrs „Glaube und Heimat" und Thomas' „Erster .Klasse", ans der meisten LeinNxmd der Kinematographen zittern die Bilder sittlich verderbter römischer Geistlicher und barbarischer Päpste, Witzblätter zweifelhafter Sorte setzen in gemeiner Satire und Zote die „Aufklärungsarbeit" volksverhetzender Tageszeitungen fort und schon versuchen gewissenlose Wühler auch die politisch und religiös neutral sein sollende Fachpresse und selbst Familienblätter zum Kampfe gegen Nom zu benutzen, Lüge und Verleumdung erheben dreist ihr Haupt und kein Mittel ist zu gemein, sofern es sich nur verwenden lässt als Waffe gegen den verhatzten Katholizismus. Und wehe dem, der die Kühnheit besitzt, sich in der Oesfentlichkeit als ganzer, treuer Katholik, oder gar als Feind der Feinde von Thron und Altar zu be kennen! Mit Hohn und Spott übergossen ist er als Finster ling oder Römling in der sogenannten Gesellschaft unmög lich geworden, und nicht nur als Privatmann, nein, wenn irgend möglich, auch im Berufe, gilt es ihn schlecht und ver ächtlich zu machen. „Kreuziget ihn!" tönt es von allen Seiten dem Verwegenen entgegen, der sich treu zur Tiara bekennt und tausendmal schlechter als der gemeinste Ehe brecher oder Vatcrlandsverrüter ist der, der offen und ehr lich sein t'rcnlci i» »„am imuctam ,-a>Imlmaiii «-«„'li-mnin, ich glaube an eine heilige katholische Kirche, spricht. Zeichen der Zeit! Und zugleich ein Mahnruf znin Zu sammenschlüsse für alle, die mit ernster Sorge das be ängstigende Wachse» des Unfriedens und des Unglaubens sehen. Ein Mahnruf, zusammenznstehen zum Schube der heiligsten Güter der Katholiken, sich noch mehr und noch fester um das Zeichen des Kreuzes und um den Hirtenstab zu scharen. Wer in seinem Herzen noch einen Funknen Liebe zu seiner Kirche sich bewahrt hat, wer nicht will, dast dereinst auch in unserem dentsclM Vaterlande wie in Frankreich und Portugal der Umsturz triumphiert und Thron und Altar hinwcggerissen und das Kreuz gelästert und mit Füsten getreten wird, der kann und darf nicht länger mehr untätig abseits stehen, der must jetzt erwachen und in die Reihen der Kämpfer für Christentum, Vaterland und guten Sitte ein- treten. Es must, jeder nach seinen Kräften, mithelfen, den Freiheitshelden und Volksbeglückern nach dem Sinne des „Berliner Tageblattes" und des „Vorwärts" die heuchle rische Maske vom Gesicht zu reisten, er must dazu beitragen, dem Volke die Augen darüber zu öffnen, wie viel Lüge und Verleumdung in all den Erzählungen von den Sünden der Kirche, ihrer Führer und Priester und von der Schlech tigkeit aller rechtsstehenden Kreise enthalten ist. Um aber das zu können, must er vor ollem dort Rat und Rüstzeug holen, wo er in erster Linie Hilfe und Unter stützung finden kann: In der katholischen Presse. Mehr als je ist es deshalb heute Ehrenpflicht für jeden Katho liken, eine katholische Zeitung zu halten und zu lesen, mehr als je ist es eine Notwendigkeit, dast jeder wahre und echte Katholik beiträgt zur Stärkung und immer weiteren Ver breitung der katholischen Presse. Darum, Freunde, sorget dafür, dast vor allem auch unsere tapfere „Sächsische Volks zeitung" zur täglichen Lektüre aller Katholiken in Sachsen wird! Allo Man» an Bord . . . der Sieg wird dann auch diesmal unser sein! Kado, Leipzig. Die abgelehnte rote Offerte. Dresden» den 2> September 1811. Herr Bebel hat in Jena die Bedingungen für die Un terstützung von liberalen Kandidaten recht nieder gestellt; er hat seine Radikalen damit zu beruhigen gesucht, dast er erklärte, mehr könne nicht gefordert werden. Diese Ansicht vertreten wir allerdings auch, denn wer diesen roten Schein uütcrschreibt, der ist ein politischer Sklave des Abgeordneten Bebel. Die freisinnigen Kandidaten scheinen ohne weite res dazu entschlossen zu sein, denn ihre Presse akzeptiert die sechsfache Sklavenkette ohne weiteres, ja sie findet darin nichts besonderes. Anders ist die Aufnahme im nationallibcralen Lager; da lehnt man die Offerte rundweg und in allen Teilen ab. Das Signal gab die parteiamtliche „Nat.-lib. Koresp.", die zu den Stichwahlbedingungen von Jena schreibt: „Wir müssen es daher, wie schon aus anderweitigen Anlässen, so auch angesichts der bevorstehenden Reichstags wahl ncichdrücklichst als eine Forderung der politischen Sitt lichkeit wie der persönlichen Würde bezeichnen, daß die Kan didaten, die um das Vertrauen der Wählerschaft werben, es grundsätzlich von sich weisen, anderen Parteien gegen über schriftliche oder mündliche Abmachungen einzugehen oder sich auch nur auf Verhandlungen in dieser Hinsicht einznlassen." Diese Lesart findet nun in weiten liberalen Kreisen Zustimmung. So schildert die „Köln. Zeitg." die Situa tion sehr zutreffend in den Sätzen' „Bebel enthielt sich bei nahe jeder Polemik gegen den Liberalismus, dem er bei bürgerlichen Stichwahlen die Hilfe der Sozialdemokratie beinahe bedingungslos in Aussicht stellte. Die in Jena ansgegebene Parole lautet demgemäß nicht: Auf zun: Kampfe gegen die bürgerlichen Parteien, sondern nur: Alst zum Kampfe gegen den schwarz-blauen Block! Tie Speku lation, die man dabei ansstellt, ist klug und durchsichtig; man weist, dast seit der Reichsfinanzreform in weiteren Kreisen des Bürgertums eine große politische Erbitterung gegen den schwarz-blauen Block Platz gegriffen hat, die leicht zu einem Radikalismus der politischen Gesinnung führt. Diese Erbitterung hofft man sozialdemokratischen Zwecken nutzbar machen zu können. Man hofft, recht viele bürgerliche Mit läufer gewinnen zu können, indem man sagt: Seht, wir haben in Jena unseren Radikalismus gemildert, die Gegen sätze in der Partei sind infolgedessen ausgetragen, wir wen den uns daher gegen den schwarz-blauen Block, dessen Po litik ja auch ihr mißbilligt; also liegt kein Grund vor, uns eure bürgerlichen Stimmen zu verweigern. Betrachtet man von diesem Gesichtspunkte die a.nzerordentlich gemäßigten Reden BebelS, auf die in anderer Hinsicht noch näher ein zugehen sein wird, so ergibt sich für den Liberalismus die. Notwendigkeit, derartigen Manövern schon letzt durch ener gische Aufklärungsarbeit entgegenzntreten. Die Sozial demokratie ist und bleibt die Partei der Revolution, wie sich das gerade in Jena immer wieder zeigte. Ueber das Endziel sind alle Richtungen der Sozialdemokratie von Rosa Luremblirg über Bebel und Ledebonr bis Frank einig, wenn auch über die Mittel und Wege die Meinungen aus einandergehen." Sehr zutreffend gesagt, aber wenn es nicht leere Worte sei» sollen, dann must nun die Tat sehr schnell folgen; man hat in Düsseldorf hierzu i ( erreiche Gelegenheit, um zu zei gen, dast die Sozialdemokr Nie die „Partei der Revolution" ist. Schon in acht Tagen must gepfiffen werden, da darf man nicht mehr nur den Mund spitzen. Der frühere Nationalist ereile Abgeordnete Tr. Böttiger meult nilwirsch: „Die Fortschritts" n jubelt, dast ihrer Partei diesmal nicht die Hanfschlinge, iond rn ein rotes Bändchen des roten Kampfgenossen »mgelegt weiden soll. Auch hier wird eine große Bescheidenheit beim Bürgertum vorausgesetzt. Denn Bebels neue Parole besagt, dast bei der Hanptwahl überall selbständig vorgegangen werden soll, dast also sozialdemo kratische Stimmen so viel wie möglich gesammelt werden müssen. TaS kostet aber, da dann vielfach Fortschritts- kandidaten überhaupt ans der Stichwahl ansscheiden wer den, der Fortschrittspartei eine Anzahl von Mandaten, was ihr übrig gelassen wird, kann sie dann nur erwerben, wenn sie den oben erwähnten Revers nnterschreibt, der ein im peratives Mandat schlimmster Art enthält, verfassnngs- widrig ist und die parlamentarische Bewegungsfreiheit arg beschränkt. Was erklärt dann die Sozialdemokratie nicht alles für Ausnahmegesetz und Beschränkung politischer Frei heit, was ist ihr nicht Belastung der Volksmassen? Man must schon ein sehr weites Gewissen haben, um den Revers im Sinne und nach dem Wunsche der Sozialdemokratie un terschreiben zu können." Auch daran wird man später wieder erinnern müssen, znm Beispiel im Oktober im Kreise Konstanz. Wir wollen dann sehen, wer der Kandidat mit dem „weiten Gewissen" ist. Auf der Zentrumsseite wird cr nicht zu suchen sein. Wenn heute sich zahlreiche liberale Stimme» dagegen wehren, dast sie ein Jena erleben wollen, so darf man doch nicht zu voreilig sein mit den endgültigen Schlüssen; es kan» in der Wahlzeit leicht anders kommen; da kann es bei manchen liberalen Kandidaten heißen: „Schreibt, Herre, schreibt, Dast Ihr bei der Pfarre bleibt" Aber wir wollen uns dann wenigstens daran erinnern, dast es im September viele liberale Kreise gegeben hat, die einen Revers für die Sozialdemokratie als eine Entwürdi gung angesehen haben. VolMsche Rundschau Dresden, den 2t Sep.ember Iltt> — Ueber den Stand der Marirkkovcrhandlungcn meldet halboffiziös die Agence Havas, daß beide Negierungen von dem lebhaften Wunsch auf Verständigung geleitet werden, so dast die Aussicht auf eine befriedigende Lösung vorhan den sei. Dennoch beständen noch „prinzipielle" Fragen in der Schwebe, in denen Frankreich nicht nachgeben könm. Das offiziöse Wolfssche Telegraphenbureau beeilt sich, diele Auffassung zu bestätigen, aber zugleich heroorzuhcben, dast auch deutsch.' Forderungen prinzipieller Natur bestünden, auf die Deutschland nicht verzichten könne. Diese halbamt lichen Kundgebungen der französischen und dentjchcn Regie rung haben auf der Börse ben irnhigend gewirkt, jedoch wurde» vom Auswärtigen Amte den Mitgliedern der Fi nanzwelt sofort beruhigende Versicherungen gegeben. In der Unterredung erklärte Unterstaatssckretär Zimmermann; „Die Marokkos r a g e wird in zwei bis drer T a g e n i n g ü n st i g c in Sinne erledigt sei n."' Die Vertreter der Grostfinanz fragten darauf, ob sie von dieser Ankündigung Gebrauch machen könnten, und der Unterstaatssekretär entgegnete: „Ja, jeden beliebigen Ge brauch." Tie Herren teilten alsbald die. Worte des Unter staatssekretärs der Börse mit, die Banken intervenierten und ein größerer Kurssturz wurde verhindert. Vertagung der Marvkkvsragc. Eine schon etwas mehr als sonderbare Idee, so schreibt der Reichstagsabge- ordnete Erzberger. ist in der letzten Woche in einer Anzahl deutscher Blätter aufgetancht: man möge dir Lösung der Marokkosrage bis zu einem politisch günstigeren Zeitpunkte vertagen. Kein Spaßvogel kam auf diesen superklugen Ge danken, der den Hundstagen zur Ehre gereichen würde. Was soll denn durch eine Vertagung der Lösung gewonnen werde»? Was heute Schwierigkeiten bereitet, liegt auch noch in Jahren hindernd im Wege; der heutige Zeitpunkt! ist jedenfalls nicht ungünstiger als ein späterer. Einmal! »inst das Reich wieder eine aktive Anslandspolitik beginnen» und werden sich dem ersten Anläufe die vereinten Gegner oegeniiberstcllen; das ist 1022 noch ebenso wie U>11. Wollte man aber jetzt mutlos die Hände sinken lassen, weil zu viele Schwierigkeiten vorhanden sind, so wäre dies eine Bla mage sondergleichen, die von den verderblichsten Folgen für das Ansehen des Reiches sein müßte. „Schwierigkeiten sind dazu da, um überwunden zu werden", sagte einmal der heutige Reichskanzler, und diese Schwierigkeiten werden im Laufe der Jahre nicht kleiner, sondern immer größer und za bl reicher. Man kann sich das Gelächter der Welt vor stellen, wenn Deutschland die Aktion ohne Erfolg abbrechen würde; cs müßten sich namentlich die Engländer kugeln vor Vergnügen. Tann wage später einmal das Reich einen neuen Vorstoß! Daher kann unter keinen Umständen von einer Vertagung der Lösung die Rede sein. Wie denkt man sich denn die Zwischenzeit'-' Soll unser Schiss auS Agadir abziehen, oder soll es bleiben? Sollen imine> mehr Deutsche sich dort niederlassen oder sollen sie sich znrückziehen? Wie soll es mit der französischen Erpeditio» in Fez gehalten werden? So erhebt sich eine wichtige Frage nach der an deren und alle drängen ans eine Entscheidung und defini tive Lösung. Man kan» auch diesen Gegenstand des Strei tes nicht mehr jahrelang zwischen zwei benachbarten Staa ten lasse»; das könnte England am meisten znsagen. Je restloser die Marokkosrage gelöst wird, um so besser für unsere gesamte Stellung in der internationalen Politik. Endlich sei noch die Frage genannt: Wann sott denn die poli tisch günstigere Situation kommen? Kein Mensch hat die Zukunft in der Hand, darum soll man keinen Wechsel auf diese ansstellen »nd keine notwendige Aktion auf sie ver schieben. Wenn nicht ei» außer der gewöhnlichen Berech nung stehender Faktor austritt, wird die heutige Situation noch so lange dauern, als sie schon bestanden hat; dreht sich aber das Blatt der Weltgeschichte mehr zu unseren Gnnstcn. dann hat das Reich noch Anliegen genug ans dem Herzen, die zu erfüllen sind. Man hat zu Beginn der Agadiraffäre allseitig ein zähes Tnrchhaltcn gefordert, und diese Politik hat sich lsisher bewährt; wer die stärksten Nerven hat und nicht sofort nninntig wird, der wird der Sieger sein und den Erfolg, der vor der Tür steht, einheimsen könne». — Die Düsskldorscr Rrichstagsersainvahl. Ueber die Zunahme der iozia1demokratiscl>en Stimmen sihreibt der „Vorwärts": „Die Sozialdemokratie dagegen hat diesmal 8123 Stimmen mehr erhalten als bei der letzten Wahl. Untev diesem StimiinnznwachS dürfte sich freilich eine erhebliche Anzahl nationallibcraler Stimmen befinde». Denn die Nationalliberale», die bei der letzten Wahl l I 001 Stimmen: erhallen haben, sich jedoch vom Mandatsbeinerb aiisge- ichlossen hatten, werden ihre Stimmen zwar znm Teil ank Breitscheid und Heckenrath, znm andere» Teile aber auf de» sozialdemokratischen Kandidaten abgegeben haben. Jedoch ist es zncifellos, dast diesmal die Sozialdemokratie- auch ans eigener Kraft eine beträchtlich größere Stimnien- zahl ansgebracht hat als im Jahre 1007. Dast die National liberalen znm Teil für de» sozialdemokratische» Kandidaten eingetreten sind, darf wohl darauf znrückgeführt werden, daß der Zentriimskandidat Dr. Friedrich noch kurz vor der Wahl die Hansabündler vor den nopf gestoßen hat. Er hat cs nämlich in letzter Stunde kategorisch „bgelchnt, dem Hansabnnde irgendeine schriftliche Erklärung abzugeben.'' Was nun die bevorstehende Stichwahl betrifft, so sagt selbst die „Tägl. Rundschau":