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A-en-Vlussa-e N Ilchkim». Nr. »I« Demursiag. i s«« i»r» «a»ri»»en «rewe» Aernlprecher-Sammklnummer: rsrir Nur sür NachtgeftirLche: Nr. rooit Gchristleltung u. HaupIftkickiLItssteN«: »»»«den-«.», «karienstraß« N»/4» Gegründet 1-SS «e»ug»,k»«»r »»»».«« w. »uN l— »«« «Ü«N» ,wr»u>««a»r LustrNuug frr< vmM I.7V «. Postbe,ug»pret« >ür Monat JuN ».40 Mk. etn>»l. »6 Vlg. Postgebühr «ohne Post,usteUung»gebühr>. Stnrelnummer 10 Ps,. «n,etgenpreste: Die «ln,eigen werden nach «oldmarl berechnet: di« ein- Ipaltige »» mm breite Zeile Sb P>g., >ür au«w!!rt« 40 P,g. Aamilienan,eigen und Steliengriuch« ohne Rabat« >b P'g., austerhalb Sb Plg., die SO mm breite Reklame,eile soo Plg.. austerhalb Sbü P>,. Oslertengebühr »o Pig. «lutwirtigc «uitrbge gegen «orauibe»ahlung Druck ». Verlag: Llepsch « Retchardt, Dresden. Postlchcck-»io. lv«s Dretde» Nachdruck nur mit deutl.Quellenangabe (Dreidn. Nachr.) ,ulüstig. Unverlangte Schriststückc werden nicht aulbewahr« Sr. Düngers Reglerungserklürung Mehr fachliche als partetpolitifche Eignung hei »er Kabinettsbildung hestimmen» - Schlechte Finanzlage Sachsens - Berwaltnngsreform, Mirtfchafls. Mittelstands un» Lanötvirtschafts Hilfe, »ie nächsten Aufgaben - Für »as Berufsheanttentum Di» Entscheid«»« vertag» Abstimmung über -en Mißtrauens- anttag in -er nächsten Sitzung Mtnistervorstellung. Regierungserklärung, Mißtrauens votum! Eine gewichtige Tagesordnung, die die heutige Sitzung des Sächsischen Landtages an Bedeutung über die vorhergehenden noch hinaushebt, obwohl doch jede einzelne geladen war mit Spannungen und Ueberraschnngsmomenteu. Di« Schwere der Entscheidung liegt, durchzittert von nervöser Ungewißheit, fühlbar über dem sommerlich schwülen Haus. Die Tribünen gefüllt, die VolkSbotcn vollzählig und geschäftig. Jeder zu einem Sechsundneunzigstel Bcrkörpcrung des volkswill«»» und durchdrungen von dem Bewußtsein, daß von diesem winzigen Bruchteil das Schicksal -es Kabinetts avhängen kann, bas sich auf der Negierungsbank zum ersten Male präsentiert. Neben den wohlbekannten Gestalten der Parteimintster aus der allen Regierung ziehen die beiden Jachmänner.besonder« die Aufmerksamkeit auf sich. Als Ptrsonlichkette» kvuneu sie utemand enttäuschen. Trotzdem "schlägt ihnen au» verschiedenen kleinen Parteigruppen Ver stimmung entgegen, weil ein hoher Richter und ein hoher Verwaltungsbeamter diese Sessel einnehmen statt dieses und jenen Abgeordneten. Das sind die Ressentiments, die Sachsens »hohe Politik- bestimmen. Und davon hängt eS ab, ob den neuen Männern die Chance gegeben wird, mit voller Kraft «nü unter eigener Verantwortung ans Werk zu gehen oder Nur als »geschäftsführende- Minister aus tägliche Kündigung. Hammerschlag! Der Kampf beginnt mit Rede und Gegen rede zwischen dem Kommunisten Renner und dem Landtags- vräsidenten. Die Absicht der Regierungsparteien, die Ab stimmung über das Mißtrauensvotum zu verschieben, scheitert zunächst an einer Linksmehrhett, der sich Altsoztalisten und Auswertler angeschlossen haben. Ein schlechtes Vorzeichen! Steigende Unruhe bemächtigt sich des Hauses. Die Worte der GeschäftSordnungsreüner verklingen im Stimmengewirr. Hin und her geht der Meinungsstreit, ob einfacher Einspruch genügt, um die Vertagung zu erzwingen, oder ob die Mehr- heit entscheidet. Nicht rechtliche Erwägungen, sondern politische geben den Ausschlag. Nochmals kommt eS darüber zur Ab stimmung mit dem gleichen für die Regierung ungünstigen Ergebnis. Der Ministerpräsident tritt an »a» Rednerpult, stellt sein Kabinett vor und verliest die Regierungserklärung. Sie hält -ie Richtlinien der abgetretenen Negierung Hcldt im großen und ganzen aufrecht und bietet jedenfalls keine An griffsflächen für diejenigen Parteien, welche bisher die Re- gicrungsverantwortung getragen haben. Eindringlich klingt am Schluß der Appell an di« staatserhaltenden Parteien, ihre Mitarbeit nicht zu versagen. Nochmals beginnt dann der Kampf um das Mißtrauens votum. Dr. Blüher holt »um neuen Vorstoß aus und Mt- nistervrästdent Dr. Bünger unterstützt ihn, indem er v o n NegterungSsvite aus gegen die sofortige Abstimmung sein Veto etnlegt. Neuer Redekampf um die Berechtigung dieses Schrittes. Der Sozialdemokrat Büchel protestiert, die Rechte widerspricht. Im allgemeinen Durcheinander gehen die Meinungen unter. Der Deutschnationale Dr. Eberle sucht zu beruhigen und eine Note der Sachlichkeit in die Debatte zu bringen. Dann kommt der früher« Landtagspräsident Schwarz und stellt die politische Seit« des Streites heraus. Deutlich läßt er die unter der Oberfläche arbeitenden Bemühungen um die Große Koalition burch- schimmern. Zur Sache will auch er den Standpunkt der Re gierungsparteien und der Regierung nicht anerkennen. Der Einspruch des Ministerpräsidenten ist nach seiner Meinung zu spät erfolgt, um Geltung zu haben. Ihn widerlegen wieder der Demokrat Dr. Dehn« und nochmals der volks parteiliche Führer Dr. Blüher. Zu viel Lärm, meint er, um den Kommunisten aus der Patsche zu helfen, in die sie sich mit ihren weißen Zetteln gesetzt haben, die Dr. Bünger zur Wahl verhalfen. Erinnerungen über «inen gleichen Vorgang im Jahre 1924 werden anfgesrtscht. Zum Schluß endlich die Entscheidung des Präsidenten, baß dem Einspruch des Mi nisterpräsidenten stattgegebcn wird. Die Spannuirg löst sich, die Entscheidung ist vertagt. Der Sitzungsbericht L. Sitzung Dresden, den 4 Juli 1929 Der Sächsische Landtag steht heute im Zeichen eines großen TageS. Auf der Tagesordnung befindet sich als erster »nd wichtigster Punkt die N e g i c r u n g ö e r k l ä r u n g des Kabinetts Bünger. Die Tribünen sind dicht beseht. Bald nach 1 Uhr erscheinen auch die Abgeordneten und viele Ncgicrungsvcrtreter im Saale. Außer dem Ministerpräsi denten Dr. Bünger sind anwesend die beiden neue» Männer des Kabinetts, Dr. Richter und Dr. Manns, selb. Nach Eröffnung der Sitzung durch den Präsidenten Wecke! erhält Abg. Renner (Komm.) das Wort zur Geschäftsordnung. Er fordert, daß der von seiner Fraktion «tngebrachto MißtrauenSantrag gegen die «ene Regierung bereits heute verhandelt werbe, wie eS dt« Verfassung vor- schreibe. Daß die Tagesordnung bei der Einbringung des Antrages festgesetzt gewesen sei, habe keine Bedeutung. Präsident Wecket betont, geschäftsordnungsmäßig liege dt« Sache so, daß der Landtag seine heutig« Tagesordnung schon beschlossen habe. Der Mißtrauensantrag könne daher erst auf die nächste Tagesordnung gesetzt werden. Diese Mei- nung vertrete der Vorstand. Widerspruch eines einzigen Ab- geordneten würde genügen, um den Antrag des Abg. Renner abzusetzen. Abg. Renner sKonnn.f hält nach wie vor diesen Stand- pnnkt für geschSstsvrsnnng». »nd »ersasinngswidri«. Der Antrag müssv heut« verhandelt werdon. Der Präsident fragt de« Landtag. Sozialdemokraten. Kommunisten. Altsozialisten «nd Bolksrechtpartetler erklä ren sich dafür, daß der Antrag Renner heute verhandelt wer de» müsse. Präsident Wecket verkündet, daß der Antrag ans heutige Verhandlung mit 49 gegen 46 Stimmen angenom men sei. Vizepräsident Dr. Sckardt sD.-N.j sowie die Abgeordnete» Schmidt und Dieckmann iD. Vp.j treten dieser Auffassung entgegen. Abg. Schmidt Hab« der heutigen Verhandlung des Antrages widersprochen. Der MißtrauenSantrag könne hente also nicht beraten werden. Die Geschäftsordnungsdebatte geht weiter. Ein Antrag des Abg. Schmidt tD. Vp.j, die Sitzung auf eine Stunde zu unterbrechen, wird mit den Stimmen der Kommunisten, Sozialdemokraten, Altsoztalisten und Nationalsozialisten ab gelehnt. Nun erhält Ministerpräsident Dr. Dünger das Wort zur Regierungserklärung. Sie lautet wie folgt: Auf Grund de« Artikels 26 der Sächsischen Verfassung habe ich folgende Herren zu Ministern ernannt oder wieder ernannt: Zum WirtschaftSmtnister und meinem Stellvertreter Herrn Minister Dr. Krug v. Nidda «nd ,. Falkenstei«. zum Finanzmintster Herrn Minister Weber. zum Justizmintster Herrn OberlandeSgertchtSpräsidenteu Dr. Mannsseld, zum Minister des Innern Herrn KretShauptmann Richter. Das BolkSbildungSmtntsterium «erde ich selbst weiterftthren. Die Entschließung über die Besetzung de» Arbeit», und Wohlfahrt dm ini st ertums muß ich mir noch Vorbehalten, da die nach dieser Richtung von mir ge- pslogenen Verhandlungen schließlich nicht zu einem Erfolg geführt haben. Sämtliche Minister haben der Reichs- und Landesverfassung Treue gelobt. Die Rechtsgültigkeit meiner Wahl ist von einige» Geilen angesochten worben, nach meiner Ansfassnng mit Unrecht. Ich muß es denen, di« die Wahl nicht für rechtsgültig halte«, überlassen, die Entscheidung des StaatSgerichtShofe» «ns Grund dcS Artikels 19 der Reichsversaffung anznrnse«. Bei der Kabinettsbildung habe ich dadurch, daß ich die Weiterführung des Volksbildungsministeriums übernahm, die Zahl der amtierenden Minister um einen verringert. Selbst das wäre mir nicht gelungen, wenn ich die Ministerien nach rein parteipolitischen Gesichtspunkten, nach der Partei- konstellatton. hätte besetzen wollen. Die Schwierigkeiten, die in dieser Beziehung bei der Vielgestaltigkeit der Parteien schon an sich vorhanden waren, wurden durch auseinan der st redend« Personalwünsche besonderer Art noch vermehrt. , Schon das allein führte «ich an de« Entschluß. die Einigung der Parteien ans der Grundlage eine» »ahlneti» zu versuchen, da» eine geringere »art«l»»litische Gebundenheit answeift »nd die sachlich« Uia»»»g als einzige« Maßktab für die Auswahl seiner llftnalieder mehr in die Erschein««» «reten läßt, al» die früheren Kabinette. Renn hierbei «ine Reihe von Parteien einen Sitz im Gefamtministerinm nicht erhielten, so nahm ich an. daß sie die Unmöglichkeit, ans rein Parteipolitischer Grundlage z« einer alle befriedigende» Lös««» ,« komme«, erkennen und mit mir der Ansfassnng sei« würden, daß auch ohne ihr« ««- mittelbare Beteilig««» an der Regier»«» ei» Kabinett von Männer«, die sür die Belange aller Parteien Verständnis haben, die Negierung auch z» ihrer Zufriedenheit führe« könne. Auf Grund solcher Erwägungen Hab« ich das politisch am meisten umstrittene Ministerium, nämlich das Ministe rium des Innern, mit einem außerhalb der Parteivorschläge stehenden Fachmann besetzt, der allgemein als ein besonders hervorragender Verwaltungsbeamter gilt. WaS daS Justizministerium angeht, so schien eS mir geboten, gerade dieses aus der Parteipolitik und dem Streite der Meinungen völlig herauszuheben. Ich habe da her geglaubt, auch dieses Ministerium einem vom Partei politischen völlig l o s g e t r e n n t e n Fachmann übertragen zu sollen. Als solchen ist e» mir gelungen den höchsten Richter des Landes Sachsen zu gewinnen, der insbesondere durch seine hervorragende Mitarbeit im Reichsrat und im Strasrechtsausschuß des Reichstags weit über die Grenzen des Landes hinaus einen Name« hat. Die umfassende Kenntnis dieser beiden neuen Fach- minister auf ihren künftigen Tätigkeitsgebieten gewährleistet eine sofortige Wiederaufnahme und eine ungestörte Weiter- sührung der Arbeit in ihren Ressorts. Derselbe Gedanke möglichster «ufrechterhaltrms einer ruhigen un- stetigen Weiterarbeit war sür mich mitbestimmend. die übrigen Minister in ihre« Aemteru zu belassen. Wenn hiernach die neugebtldete Regierung, äußerlich ge» sehen, von der früheren auch abwetcht, so werden di« Nicht- linien ihrer Politik in der Hauptsache doch die- selben sein. Diese Richtlinien sind dem Landtag bekannt, und ich glaube daher, bet der Darlegung der künftigen Re- gterungSpolitik nicht allzu sehr tu die Einzelheiten gehen zu sollen. Die Regierung wirb, fest auf dem Boden der Verfassung stehend, den Zustand der Ruhe und Ordnung, wie er in den letzten Jahren erfreulicherweise geherrscht ha^ unbeirrt aufrechterhalten. Daß sie treu zum Reiche stehen wird, ist ein Selbst- Verständlichkeit. Sie ist daher auch der Meinung, daß bet einer Neichsreform die Aufgaben, bet denen Lebensfragen des Reiches berührt werden, dem Reiche zukommen. Nicht nur um der Länder, sondern auch um de» Reiches willen ist anderseits eine gesunde Dezentralisation nötig, bei der eS den Ländern überlassen ist, insbesondere Kultur und Wirtschaft nach ihrer regionalen Eigenart zu fördern und zu pflegen. Die Finanzlase -es Staates hat sich in de« letzten Jahre« infolge der Reichsfinanzgesetz» aebnng wesentlich verschlechtert. Für da» nächste Jahr steht »och eine weitere Siubnße an Einkommenftener «nd KörperfchastSftener bevor. Wie bekannt, ist die Kaffenlage des Staates ans» Lnßerfte angespannt, hauptsächlich, weil für die Bedürfnisse des außerordentliche« Haushalts Anleihen nicht unterzubringen find. Infolgedessen ist größtmögliche Sparsamkeit auf allen Gebieten daS Gebot der Stunde. Dies muß um so mehr gelten, als «» nicht möglich sein wirb, die dem Lande zur BeZügung stehenden Steuerquelleu stärker in Anspruch zu nehmen. Die Regierung beabsichtigt, dem Landtag« Gesetzentwürfe über eine Abänderung der Wanderlagerstener sowie übereine Aenberung des Stempelfteuergesetzes vorzulegen. Dem An träge Nr. 86, betreffend die Fenerfchutzstener und die Straße«» reinigungSabgabe, wirb die Regierung zustimmen. Wetter ist die Regierung der Meinung, daß hinsichtlich der AufwertungSftener an Stelle der Verordnung vom 80. März 1928 baldigst «ine gesetzliche Grundlage geschaffen und daß die Verteilung des LandcSanteils an der Sraftsahrzengfteuer tnterkommunal anderweit geregelt werden muß. Ihre besonder« Aufmerksamkeit wir- die Re- gierung den finanziellen Schwierigkeiten der Gemeiuben »nb BezirkSverbände »uwenden. Hierbei wirb ev bet der gespannten Finanzlage des Landes insbesondere daraus ankommen, die finanziellen Beziehungen zwischen Land. Gemeinden und BezirkSverbände» richtig abzuwägen. Die Arbeiten an der «ertvaltimgSeeform. die durch die vorzeitige Auslösung des Landtages unterbrochen worden sind, wird die Regierung alsbald wieder auf nehmen. Nur wenn die öffentliche Betätigung zur rechte» Zeit vereinfacht und verbilligt wird, mindert sich die Gefahr» baß unter dem Drucke der Verhältnisse überstürzte Schritte ge tan und dabei wertvolle Errungenschaften preisgegeben werden müssen.