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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 10.08.1912
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-08-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120810024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912081002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912081002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-08
- Tag 1912-08-10
-
Monat
1912-08
-
Jahr
1912
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Bezugs-Preis «u Letpzta und Voran« durch unl«r« I,Sa«r und Cvedttrur« 2mal tätlich U>, Pau» gedraqt SU Pt. monatU. L7U Mk. oteneliäbrl. Bet unlern Filialen ». vn» nahmestellen adarholt 7S Pf. monatl. LLMk. oteNeltahu. »ne» «« Volt: innerhalb Deurlchland, und der deutlchen Kolonien vieNrliährl. h.iilt Mk., monatl. 1.A> Mk. auoichi Poltdeltellgeld Ferner in Belgien. Dänemark, den Donoultaaten. Italien, Luremdurg. Niederlande. Nor wegen. Oelirrreich - Ungarn Rußland, Schweden und Tchwet». In allen udngen Staaten nur drrekt durch die Deichatt». llell« de» Blatte» erhältlich. Da» U«tp,,,«r ragedian «rlchern» »mal täglich. Sonn» a. Fererlag» nur morgen». Ubonnements-Annahm, 2,ha>«»i»gal1e 8. bei unleren Lragtrn. Filialen. Spediteuren »nv AnnadmelteUe.i, towie Bonämlern und Bnelträgern. S»a,»lv,rkaut»vr,1» lll Pt. MpMcrTagtblaü j»ZuHandelszeitung. S-NKKM«:! zt4 694 (I »V j Dep-Noll« Srimin. Steinwe, ch W./'LL' Amtsblatt des Rates und des Votizeiarrttes der Stadt Leipzig. Lnzeigeu-PretS M Inierate an» Letv,ta <ur» U»«b»ng bi. Ispaltig, PettU.il. ÄPs. dr. «eklame. zeit« l Mk. oon «»wärt, » Pt. Neklamen Ml. Inlerat« oon Behörden rm «nt- lichen Teil di, P«ttt,»tl« SN W. G«Ichäst»ani«ige» mit Plagoorlchrttten im Pretl, erhöht Nada« nach lartt. «eitagegediihr Tel amt- autlag» S Mk. o lautend «rkl. Bostgeduhr. leildetia,» höher. Feftertetlt« »uttraae können nicht turllL» geeogen »erden. Für da» ikrlcheinen an beinminten Tagen and Plätzen wird kein» tbaranti» übernommen. <ln,«rg«n - tlnnadm« I»»a»m»g«ll« 8, bet lämtlichen Filialen n. allen Nnuoncen« Lrpedttionen de» Sn» and Au»lande» Vrntk »ab Verl«, Mich« » Nürft« Inhaber Panl Nürltea. Nedattto» nn» Veickätrettell«: 2ohannr»ga>t« 8. -«»»«-zilial« De,eben: Eeenrage t. l tTeiephon «S21). ros. Zstirgsmi Nr. 406 Sonnsvenü, üen 10. Nugult 1912. Die vorliegende Ausgabe umfaßt 8 Seilen. Oss Wichtigste. * Muley Hafid wird Sonntag die Reise nach Frankreich antreten. (S. Ausl.) * Der Senat der Bereinigten Staaten nahm die Bestimmung des P a n a m a ge s e tz e s an, nach der Schiss« oer Eisenbahngesell- schaften von der Durchfahrt durch den Panama kanal ausgeschlossen find. (S. Ausl.) * Bei einem Automobilunglück auf der Straße Leipzig—Altenburg wurde eine Frau Seidel aus Leipzig getötet. (S. Tageschr.) Oss Inkrafttreten üer RVL>. Heber das allmähliche Inkrafttreten der Reichs versicherungsordnung im allgemeinen und Kranken versicherung im besonderen orientiert folgende Zu sammenstellung: Der Invaliden- und Hinterbliebe ne n - V e r s i ch e r u n g, die als erste am 1. Januar 1912 ins Leben trat, folgt zuerst die Unfallver sicherung am 1. Januar 1913, während als Zeit punkt für das Inkrafttreten der Krankenver sicherung der 1. Januar 1914 in Aussicht genom men ist. Diese Anordnung entspricht dem Matze der Vorarbeiten, das zur Durchführung der einzelnen Versichcrungszweige vorausgesetzt wird. Waren zur Einführung der Invaliden- und Hinterbliebenenver sicherung nur geringfügige Aenderungen erforderlich, jo brachte die Einrichtung der Unfallversicherung schon mehr Arbeit, weil die Bildung neuer Berufsgenossen schaften und Zweiganstalten zur Aufnahme der neu unterstellten Betriebe bzw. Tätigkeiten schwierig« Verhandlungen und organisatorische Maßnahmen nötig machte. Es wäre wohl möglich gewesen, diese Arbeiten bis zum 1. Juli zu vollenden, allein den Berufsgenossenschaften lag daran, nicht mitten im Geschäftsjahr mit neuen Verhältnissen anzufangen. Am schwierigsten und umfangreichsten gestalten sich aber die Arbeiten zur Durchführung der Kran ke n v e rs i ch e r u n g, für die jetzt noch rund 1^ Jahr zur Verfügung stehen. Die neuen Versicherungsbe hörden werden schon gleich energisch an di« Arbeit gehen müssen, denn bis zum 1. Januar 1913 sollen alle bestehenden Ortskrankenkassen, Betriebs- und Jnrmngskrankenkassen den Antrag auf Zulassung beim Dersicherungsamt stellen. Versäumen sie diesen Termin, so werden sie aufgehoben. Dem Anträge mutz das von der Generalversammlung beschlossene, den Vorschriften der Reichsoersicherungsordnung ent sprechende Statut beigefügt werden, sofern nicht das Versicherungsamt eine Nachfrist bewilligt. Die Ober versicherungsämter müssen dann di« Satzungen ge nehmigen, zunächst aber prüfen, ob im Hinblick auf den Bestand der Landkrankenkassen oder der allgemeinen Ortskrankenkaffen die Zulassung ausge sprochen werden darf. Vorweg mutz daher di« Errich tung der Landkrankenka^en und d«r allgemeinen Ortskrankenkassen beendet sein. Hierzu bedarf es um fangreicher Ermittlungen. Ehe nun di« Satzungen für diese Kassen aufgestellt werden können, mutz wie» derum das Erscheinen der Mustersatzungen, die der Bundesrat beschließen will, abgewartet werden. Einige wichtige Aenderungen auf dem Gebiet« der Krankenversicherung sollen alsbald ins Leben treten. Durch Kaiserliche Verordnung ist bestimmt worden, datz auf die bestehenden Krankenkassen die Bestim mungen der Reichsoersicherungsordnung über die Er richtung, Vereinigung, Auflösung, Schließung und Ausscheidung von Krankenkassen sofort anzuwenden sind. Daraus ergibt sich, daß über di« Aenderung der Satzungen der bestehenden Krankenkassen nicht mehr di« Bezirksausschüsse, sondern die Oberversicherungs ämter beschließen, und daß in letzter Instanz nicht das Oberverwaltungsgericht, sondern das Reichsversiche- rungsamt entscheidet. Auch bei der Beschlußfassung über Organisationsveränderungen tritt als erste In stanz an die Stelle des Bezirksausschusses das Ober versicherungsamt; zugleich müssen die eingehenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über das Verfahren bei Schließung, Auflösung usw. von Kran kenkassen angewandt werden. Das bedeutet vor allem, daß die Versicherungsämter die Leitung dieser Arbeiten übernehmen müssen. Ortskrankenkassen für Tcwerbezweige oder Betriebsarten dürfen von jetzt ab nicht mehr errichtet werden. Auch die Errichtung neuer Betriebs- und Jnnungskrankenkasscn soll nach dem 1. Januar bis zum 31. Dezember 1913 nicht mehr zulässig sein, weil alle Krankenkassen, die auf Grund der Reichsoersicherungsordnung errichtet werden, erst mit den Bestimmungen dieses Gesetzes am 1. Januar 1914 ins Dasein treten können, und weil alle Kran kenkassen, die noch nach geltendem Recht errichtet wer- den, bis zum 1. Januar 1913 ihre Zulassung nachge sucht haben müssen, widrigenfalls sie geschlossen wer den. Betrieb«, die weniger als 150 Versicherungs pflichtige beschäftigen, dürfen Betriebskrankcnkassen nicht mehr errichten, Eemeindekrankenversicherungen sollen zum 1. Januar 1914 geschlossen sein. Die Ge meinden können nach Maßgabe der Vorschriften des Krankenversicherungsgesetzes die Gemeindekranken- verficherung beseitigen; alsdann fällt das Vermögen an die Gemeinden zurück; werden sie geschlossen, so wird über das Vermögen zugunsten anderer Kranken kassen verfügt. Di« Bescheinigungen der Hilfskassen endlich verlieren am 1. Juli 1914 ihre Gültigkeit die weit überwiegende Zahl dieser Kassen »ird damit ihre Tätigkeit als Träger der Krankenversicherung einstellen. : . Oss preutzilche Schleppmouopolgeletz wird dem Landtage im Oktober d. I. zugehcn; es ist beabsichtigt, das staatliche Schleppmonopol auf dem ganzen Kanal« vom Rhein bis Hannover mit sämt lichen Seitenkanälen (also Rhein—Weferkanal mit Dortmund—Emskanal, Kanal nach Hannover, Lippe von Wesel bis Lippstadt, Zweigkanäle nach Dort mund, Herne, Osnabrück, Minden und Linden) zur Einführung zu bringen, lleber die Einrichtung des Schleppmonopols erfahren wir folgende Einzelheiten: Der Schleppbetrieb wird ausgeführt von frei fahrenden Schleppdampfern, für spätere Jahre ist für gewisse Kanalstrecken auch elektrische Treidelei vorgesehen, die Treidelanlagen werden bereits beim Bau des Kanals angelegt werden. Der Rhein— Hernekanal bleibt frei von der Treidelei, sie ist vor nehmlich für den Ems—Weserkanal gedacht. Die Schleppzüge werden neben dem Schleppdampfer aus zwei Fahrzeugen bestehen, die bis zu 5 Kilometer in der Stunde fahren. Zur Einführung gelangt der 13stündige Schlcppbetrieb, so daß ein Zug eine Maximalreije bis zu 60 Kilometer am Tage zurück legen kann. Für den Dortmund—Emskanal, dem bereits bestehenden Kanal, sind Einschränkungen des staatlichen Betriebs in Aussicht genommen, um den bestehenden Schleppunternehmen für ein« Uebcr- aangszett entgegenzukommen. Ferner sollen die Unternehmen unter gewissen Bedingungen ent schädigt werden, obwohl ein Entschädigungsanspruch an den Staat nicht besteht, di« Entschädigung wird hauptsächlich zur Milderung großer Härten dienen. Die Uebernahme geeigneter Privatdampfer in den staatlichen Fahrpark und die Anstellung geeigneter Privatbcamter der jetzigen Gesellschaften im Staats dienst ist vorgesehen. Selbstfahrer werden mit be sonderer Erlaubnis für jeden einzelnen Fall zuge lassen, so lange dadurch weder der übrige Verkehr leidet, noch Kanaleinrichtungen beschädigt werden. Ueber die Aufnahme des Schleppmono polgesetzes im Landtage schreibt man einer Berliner Parlamentskorrespondenz aus gut unter richteten parlamentarischen Kreisen: „Wer die Stimmung in den Fraktionen in den letzten Jahren verfolgt hat, so ber den Beratungen zum Eisenbahnetat und bei wasserwirtschaftlichen Fragen, hat erkannt, datz die Aufnahme eines Schleppmonopolgesetzes rm Landtage eine bessere sein wird als in den Jahren 1905 bis 1908. Gegen di« Einführung des Schlcppmcnopols durch den Staat ist nur eine ganz kleine Minderheit, die Gegner des Gedankens, die 1904 und 1905 im Landtage auf traten, haben sich überzeugen lassen, datz das staat liche Schlcppmonopol sehr viele Vorteile hat, und daß die Befürchtung, aus dem Schleppmonopol könne ein Betrieosmonopol werden, hinfällig ist. Die Vor teile des staatlichen Schleppmonopols liegen auf der Hand. Für den Staat entstehen ganz bedeutend« finanzielle Vorteile, die in Jahren so groß sein werden, daß man in Preußen keine Etatsnöte mehr kennen wird. Kanäle und Eisenbahnen werden Bundesgenossen, indem die Konkurrenz zwischen ihnen beseitigt wird. Der Staat kann seine Tarispolitik auf die Wasserstraßen ausdehnen und kann durch regulierende Tarifgestaltuna wirtschaftlichen Ver schiebungen vorLeugen. Es ist ein Ausgleich möglich zwischen den Frachten verschiedener Wasserstraßen, als auch zwischen den Wassers racksten und Eisenbahn frachten. Bei einem privaten Schleppmonopol ist dies ausgeschlossen. Durch einen staatlich organi sierten Betrieb wird die Leistungsfähigkeit des Kanals erhöht, ein bestimmter Fahrplan bedingt die Einhaltung von Fristen, ^und die Vorteile für die Industrie sind hiermit begründet. Zum ersten Male werden Kanalschleusen voll ausgenutzt werden können. Sehr erheblich sind auch die Vorteil« für den Befrachter, da Kanalabgaben und Schleppgebühren in einer Summe bezahlt werden und die Lieferfristen besser eingehalten werden können. Schließlich läßt di« Einführung des staatlichen Schleppmonopols besser eine Entlastung der Eisenbahnen zu, beide Einrichtungen können Hand in Hand arbeiten: treten im Frachtoerkehr des Kanals Störungen auf, kann die Eisenbahn die Frachten übernehmen, ohne daß für den Befrachter Mehrausgaben entstehen. Was die technische Frage anbelangt — Treidelbettieb oder Dampferbetrieb — so ist nach den Erfahrungen auf dem Teltowkanal dem Dampfer betrieb der Vorzug zu geben. In den ersten Betriebs jahren ist die elektrische Treidclei zu teuer, sie rentiert sich erst bei einem Mindestjahresverkehr von 3 Mil lionen Tonnen auf allen Kanasstrecken; zunächst dürfte dieser Verkehr höchstens auf dem Dortmund— Rheinkanal zu erreichen sein, auf den anderen Strecken erst nach Jahren. Der Teltowkanal hat aus Ersparnisgründen die Treidclei etwas eingeschränkt und verwendet streckenweise wieder Dampsschlcpper. Es wird nicht schwierig sein, schon beim Bau der Kanäle Anlagen für den späteren Treidelocrkehr zu schaffen. In etwa 10 Jahren wird dieser ausge nommen werden können, zumal die Kanalbauten durch den Treidelbetrieb mehr gesrbont werden. In welchem Umfange dies möglich erscheint, werden di« Beratungen im nächsten Winter im Landtage zeigen. Ile lürlrinlie Wie aus Konstantinopel gemeldet wird, soll das Zentralkomitee beschlossen haben, der neuen Re gierung energischen Widerstand zu leisten, in der Absicht, den verlorenen Einfluß nach Möglichkeit wiederzugewinnen. Niazi Ber undEyabBei. zwei Helden der Revolution, sammeln ihre Truppen und ziehen sich in das Gebirge zurück. Sie rufen die Bevölkerung zu den Waffen und wollen den Kampf gegen das neue Ministenum aufnehmen. Die Situation, in der sich das Komitee augenblicklich befindet, ist geradezu kläglich. So sind bei einer Versammlung, die in Saloniki stattfand, nur 23 Teil nehmer erschienen. Dir Forderungen der Albanier. Aus Saloniki wird gemeldet: Die Führer der Arnauten übergaben Ibrahim Pascha ein Schriftstück, das 12 Forderungen enthält, deren Bewilligung die Arnauten verlangen. 1) Erhebung und Festsetzung der Steuern und Abgaben, sowie Organisation der Fmanzgebarung auf Grund der für Albanien maßgebenden Ver hältnisse. 2) Leistung des Militärdienstes nur in den rumelischen Provinzen, ausgenommen im Kriegs fälle, wo die Arnauten auch in andere Reichsteile gehen wollen. 3) Ernennung ehrlicher, die Landessprache kennender Beamten. 4) Errichtung von Acker schul en. 5) Vermehrung der Anstalten für den Kultus unterricht. 6) Schulunterricht in mehreren Sprachen. 7) Bau von Straßen und Eisenbahnen zur Hebung des Handels. 8) Absolute Freiheit betreffs der Errichtung von Privatschulen. 9) Organisation der Nahijes. 10) Sollen die Mitglieder des Kabinetts Said zur Verantwortung gezogen werden. 11) Generalamnestie. 12) Wiederauslieferung der den Arnauten abgenom menen Waffen. Die Kaufleute und der Velagerungs- justand in Saloniki. Saloniki, 10. August. Die Kaufleute suchen die Regierung zu bewegen, den Belagerungs- Die große Karriere. 17) Roman von A. von Klinckowstroem. lNachdruck verboten.) Gleich im Treppensaal traf er die Blankensteins, Komteß Kathi und ihre Eltern. „Sie kommen gewiß auch wegen der Froseniusfchen Angelegenheit!" rief ihm das Komtesserl lachend ent gegen. „Ich mutz gestehen, datz uns auch nur oroinäre Neugier hergeführt hat, weil es sich doch um di« Dalila von oamals bei Bertolois handelt." „Haben Sie die Sachen schon gesehen?" „Nein, sie sollen da irgendwo im letzten Raum „tolaehüngt" sein." Die Vier zogen zusammen weiter, und dann steuerte Kathi Blankenstein zielbewutzt auf eine Gruppe von kleinen Genrebildern los, — es waren ihrer fünf im Minzen, — di« in einer Eck« hingen. „Das müssen sie sein!" In der Tat trugen die Machwerke den Namen „Esther Frosenius", aber nebenher auch deutlich den Stempel der Unbedeutendheit und mangelnder Ori ginalität. Sie waren ungeheuer banal und anek dotenhaft, peinlich korrekt in der Zeichnung und in der glatten ausgeklügelten Bertoldifchen Manier gemalt. „Ach!" sagte Kathi und sah mit großen erschrocke nen Augen zu Haidek auf. „Wie schade! Ich hatte immer noch gedacht, di« Kritik lei vielleicht ungerecht gewesen und es werde wohl alles viel besser sein, als es da in der Zeitung stand. Aber dies ist wirklich nichts." Haidek schwieg. Er hatte die Empfindung, daß die Ausstellerin besser tue, die Künstlerinnenkarri«re voll ständig an den Nagel zu hängen, und die Uebcr- zeugung, datz sie diese ganze Blamage nur Bertoldis übereifriger Protektion verdanke, denn aus eigener Initiative schien keines dieser Sächelchen hervor- geganUM A sein^, ^i« Komteß fort. „Drei Bilder sind schon verkauft. Es gibt also doch Leute, die Geschmack daran finden, und damit sind sie da sein-berechtigt. Das freut mich riesig. Mir war's gräßlich, als ich die schlechte Besprechung las." „Warum freut Si« das so s«hr, Komteß? Sic ken nen doch die Täterin gar nicht." „Ich habe sie ja gesehen und fand sie so sehr schön. Uno dann tut es mrr immer so schrecklich leid, wenn jemand, der sein Bestes gegeben zu haben glaubt, heruntergerissen wird. Er kann doch nichts dafür, daß es eben nicht das Beste ist." „Das muß man im Gefühl haben, wenn man auch nur einen Funken von künstlerischem Empfinden be sitzt." „An diesen Taten trägt sicher der Lehrer viel mehr Schuld als die Schülerin. Auf dessen Urteil hat sie sich doch verlassen." Er sah freundlich in das warme Gesicht, das ihm unter dem flockigen hellblonden Haar rosig cm gegen blühte. Es waren die ersten guten Worte, die er in dieser Angelegenheit Härte, und sie waren gütiger als seine eigenen Gedanken über den Fall. „Wenn ich Geld hätte, würde ich auch noch rasch etwas von ihr kaufen", erklärte sie munter. „Aber ich habe leider keins" „Aus reinem Mitleid?" „Mehr um der Kritik ein Paroli zu bieten. Ich mag das nicht, wenn so jemand, der die Macht in Händen zu haben glaubt, mit geschwollenen Worten über ein wehrloses Menschenkind hersällt. Wenn man diese Sächelchen hier einfach totgeschwiegen Hütte, das wäre netter gewesen." .Würde aber der Malerin vielleicht auch nicht gepatzt haben. Heruntergerissen zu werden ist immer hin noch eine Art Reklame. Stellen Sie sich vor, daß Sie hier als Anfängerin ausgestellt hätten —" „Hätte gar nicht passieren können." „Nicht?" „Nein. Weil ich nie mit Halbheiten zum Vor schein gekommen wäre Etwas Ganzes, Ordentliches oder gar nichts." „Ja. wenn man darüber nur immer selbst ein Urteil besäße." „Das fühlt man eben, wie Sie vorhin sehr rich tig bemerkten. Ich bin freilich nicht mit Talenten behaftet, aber sonst im Leben, in anderen Dingen, die ich erreichen möchte, da weiß ich schon, was ganz ist, oder nur halb." „Ach, Komteß, die meisten Menschen müssen sich mit dem Halben abfinden. Ganzes Glück? — Herr gott, das wäre etwas zu Großes, Wundervolles. Ich wenigstens kenne niemand, der vollkommen glücklich ist, obne Kompromisse." „Also gleich hier, meine Eltern zum Beispiel. Ich glaube, ich werde auch aus dem Grunde nie heiraten, denn immer würde ich mit Vaters Maßstab messen, so wie der mit Mutter ist, und wie es bei uns zu ¬ geht." Sie sah ganz strahlend und unbefangen um sich. Die anderen lachten, Haidek meinte mit einer leich ten scherzhaften Verbeugung gegen die drei Blanken stein: unter solchen Auspizien aufgewachsen ist, hat freilich die Anwartschaft auf das Glück von vorn herein in der Tasche." —Und er dachte dabei: „Was für ein herziges Ding! Wen die mal lieb hat und heiratet, der zieht das grobe Los." Dann schlenderten sie in den Treppensaal zurück, und wie sie hier erschienen, kam es Haidek vor, als sähe er Esther Frosenius scheu in den gegenüber liegenden Nebenraum daoonhufchen. Vielleicht hatte er sich getäuscht, aber er hätte darauf schwören mögen, daß sie es gewesen sei. Bald danach gingen die Blankensteins fort, und da er nun alles hier gesehen, wär« es für ihn das Natürlichste gewesen, sie zu begleiten. Aber er ver abschiedete sich trotzdem oben an der Treppe oon ihnen. „Kommen Sie nicht mit hinaus?" fragte Komteß Kathi erstaunt und etwas enttäuscht. „Wir könnten doch noch alle zusammen irgendwo Schokolade trinken." In anderen Momenten würde er dem Vorschlag unbedingt zugestimmt haben, aber in diesem Augen blick empfand er nur den unwiderstehlichen Drang, festzustellen, ob die flüchtige Vision, die er eben ge habt. Täuschung gewesen sei oder nicht. Er brachte sogar schon ein« gute Dosis moralischer Entrüstung in sich auf, für den Fall, datz die Frosenius die Stirn haben könne, sich hier am Ort ihrer Niederlage zu zeigen. „Entschuldigen Sie mich", sagte er hastig. „Ich glaubte eben jemand zu sehen, den ich sprechen möchte. Ein andermal, nicht wahr?" Kathi schien gar nicht empfindlich, und das war auch etwas Nettes an ihr, was ihm gefiel. Sie schmollte weder, noch warf sie ihm einen kokett stra fenden Blick zu, nickte nur freundlich. Er wartete höflich oben, bis die Familie an der Treppenbiegung verschwand, und eilte dann in den Nebenraum. Richtig, dort stand Esther verschüchtert, und als er «intrat, wandte sie ihm schnell d«n Rücken, als sei fi« in die Betrachtung der Aquarelle vertieft, die hier hingen. Aber er hatte doch ihre erschrockenen, ver hetzten Augen gesehen, und seine moralisch« Ent rüstung sank in sich zusammen. Er begriff es nicht, daß sie hier sein konnte, doch si« war nun einmal da, und — tat ihm leid. Einige Sekunden hindurch überlegt« er, ob er si« anreden sollte. Was hatte er ihr eigentlich zu sagen? Jedenfalls nichts Angenehmes. Und dann stand er doch mit einem Male neben ihr. „Fräulein Frosenius!" Langsam wandte sich ihr Gesicht ihm zu und wurde dunkelrot. „Ich habe mich also nicht getäuscht. Sie sind «s wirklich." Er stockte. Ihm fiel ums Leben nichts ein, womit er es Wie motivieren können, datz er hinter ihr dreingelaufen war, und dann fuhr er merklich befangen fort: „Sie sind vermutlich gekommen, um zu sehen, wie Ihre Bilder hängen." „Nein, ich sah das schon am ersten Tage. Das Sekretariat benachrichtigte mich, datz drei von ihnen verkauft find. Deshalb kam ich." „Nun, das ist immerhin wenigstens ein pekuniärer Erfolg. Ich gratulier«." „Da ist nichts zu gratulieren. Das bißchen Geld wiegt die Schande nicht auf." „Schande ist wohl ein zu großes Wort. Ich kann mir freilich Lenken, datz Sie niedergeschlagen sind." „Ich wollte, ich hätte nicht ausgestellt!" unterbrach sie ihn halb schluchzend. „Schon wie ich die Sachen außerhalb des Ateliers hier an fremden Wänden und in anderem Licht sah, wußte ich, datz mir der erste Versuch kläglich mißglückt sei. Mir liegt Figürliches ja eigentlich gar nicht. Mir liegt alles Landschaft liche und einfach Ruhige besser." „Warum sind Sie denn nicht dabei geblieben?" „Weil ich verdienen mutz." „Es kommt Ihnen offenbar nicht auf die Art und Weis« an, in der das geschieht", sagt« er herb. Ihr Gesicht verdüsterte sich. Der tragische Zug kam hinein, der ihm seinen gefährlichsten Reiz gab. „Wag soll ich machen? Ich mutz nehmen, was sich mir bietet. Tr ist mir nicht an der Wiege ge sungen word«n. daß ich einmal um meinen Lebens, unterhalt würde arbeiten müssen, und so habe ich auch nicht arbeiten gelernt." „Ich weiß nicht, wo Ihre Wiege gestanden hat.* „Es würd« Sie auch schwerlich interessieren." „Doch! Es interessiert mich!" entfuhr es ihm. „Erzählen Sie mir von sich. Kommen Sie, setzen wir uns einmal da auf die Polsterbank." (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)
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