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M S»00 »tlni» vumtal Nr SS«, vierter Jahrgaüg. und Anzeiger Mr das Erzgebirge v.runtworUich«, Redakteur! tzkitt Heidel«. Für di, Inserat« verantwortlich: Welter sirem. Leibe in Au« i. Lrzgcb. mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Sonntagsblatt- Sprechstunde der Redaktion mit Anenahm» der Sonntag» nachmittag» von «—» Uhu — Telegramm-Adreff«: Tageblatt An«. — Fernsprecher B. Für unverlangt «ingesandt« Manuskript« kann Gewähr nicht geleistet werden. Druck und verlag Mmr »Nl«.«. verleiS-L-eN»«»^ m. b. H. in Au« i. Erzgeb. Ä«zag,pr«t»: Durch unser« Boten frei ins yau» monatlich »0 psa. Bei der SeschSftrstell« abgeholt monatlich VS Hfg- und wdchentlich ,0 psg. — B«i d«r Post bestellt und selbst abgeholt vierteljährlich z.so Mk. — Durch H« VrtestrLger frei in» Baus vierteljährlich i.-r Mk. — Einzeln» Nummer »0 psg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahm« von sonn- und Feiertagen. Annahme von Anzeigen bi» spätesten» »'/, Uhr vormittag». Für Aufnahme von glitzeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn st» am Lag« vorher bei uns »ingehen. Jns«rtion»pr«i»; Di« fiebrngespaltrn» Aorpuszril« oder deren Raum 10 psg., Reklamen 2» pfg, Bet grdßeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Diese Nummer umsutzt K Seiten. Das Wichtigste vour Tage. Am Dienstag fanden in Berlin die Wahlmänner wäh len zu den L and t a g Sc r s atz wah l e n für die kassier- ten sozialdemokratischen Mandate statt. » In Baden haben die Nationalliberalen, Demokraten und So- zialdemokraien ein S ti ch m a h l a b k 0 m in e n gegen Rechte und Zentrum abgeschlossen. Der Zar hat seine Heimreise von Raeeo 11 igi aus über Belfort und über deutsches Gebiet fortgesetzt. * Der bedeutende japanische Staatsmann Fürst Ito wurde in Charbin von einem Koreaner aus poli tischen Gründen erschossen. Die französische Negierung will eine Vorlage ein bringen, die den M i n e n a r b e i l e rn einen Gewinn anteil sichern soll. Raceouigi. ßtz Die Romanen sind doch wetterwlendische Leute. Heute himmelhochjauchzend, morgen zu Tode betrübt und manchmal auch umgekehrt. Als vor Monaten bekannt wurde, daß der Zar auch nach Italien kommen wolle im Anschluß an die Be gegnungen mit den Staatsoberhäuptern Frankreichs und Englands, erhob sich allerorten in Italien ein Sturm der Entrüstung, und der Widerspruch weiter Bevötkcrungskreise war derart stark, daß der Besuch von Monat zu Monat verschoben wurde. Trotz aller schärfsten Ueberwachung hielt man unliebsame Zwischenfälle doch nicht für ganz ausgeschlossen. Inzwischen hat man ziel bewußt gearbeitet, die der Regierung nahestehenden Organe wurden nicht müde, de» eminenten Nutzen einer solchen Monarchen begegnung für Italien in den hellsten Farben zu schildern, und man hat es sogar dahingcbracht, daß die Sozialisten von den angedrohten Prolestkundgeoungen Abstand rahmen im Interesse Italiens. Daraus kann man ersehen, welch hohe Bedeutung den Tagen von Raccontgi beigem ffen wird, und eS scheint tat- sächlich, daß in jenem italienischen Släotchen sich eine für die internattpnale Constellation hochwichtige Wendung abgespielt hat. Die der italienischen Regierung nahestehenden Blätter beteuern zwar fortgesetzt, daß durch die Begegnung die Dreibundtreue Italiens in keiner Weise verletzt würde. Aber wir wissen ja zur Genüge, wie man in Italien diese Dreibundtreue auffaßt, die seinerzeit nicht verhinderte, daß der italienische Dele gierte in Algeciras in allen wichtigen Fragen auf der Seite der Gegner Deutschlands zu finden war. In den Mitteilungen über die Besprechung der Monarchen und der Leiter der beider seitigen auswättigen Angelegenheiten wird immer betont, daß es sich um eine Ergänzung des Dreibundes handle und um den eventuellen Abschluß von Abmachungen, die in keiner Weise den Interessen des Dreibundes zuwiverlaufen. An sich mag das ja richtig sein, aber oer Umfang der Interessen ist immerhin ein recht dehnbarer Begriff, und bei der in Italien überwiegenden, dem Drei bunde nichtgar zu günstigen Stimmungkann man mit ziemlicher Sicher heit oiMhmen, daß Jialten so viel wie möglich für sich, speziell auf dem Balkan, hat herausschlagen wollen, ganz unbekümmert um die Interessen seiner Verbündeten insonderheit Oesterreich- Ungarn». Eine Reihe von Blättern spricht dies auch ganz affen au», indem sie erklären, der Haltung Oesterreich» auf dem Balkan gegenüber sei das schärfste Mißtrauen am Platze. Oesterreich werbe in Bosnien nicht Halt machen, sondern den Weg nach Salo nicht suchen. Au» diesem Grunde seien die Interessen Italien» und Rußlands identisch und wie da» Rußland die Berechtigung der italienischen Wünsche anerkenne, so fei Italien auch seinersett» bereit, den Russen «in Recht auf den Schutz der slaoischen Interessen zuzusprechen. Bet derartigen Tendenzen läßt sich vorau»sehen, wie der Has« laufen, wirb. Die Tage von Racconigi bedeuten zweifellos den Anschluß der italienischen Politik an den Zwetbund und zweifellos wird Jialien noch mehr wie bisher tm Fahrwasser dieser Politik schwimmen, nachdem e» bezüglich des Balkan» Zusicherungen erhalten hat, also in dem einzigen Punkte, der c» von dem Zweibunomächten und dem diesem eng liierten England trennte. Ob hierüber genau umschriebene Abmachungen getroffen »erden oder nicht, ist ganz gleichgültig. ES genügt, daß dle 0 f fi z i ö se Agentur ein Communique verbreitet hat indem ausdrücklich gesagt wird, du Monarchenzusammenkunft sei eine Ergänzung der Begegnungen von Cherbourg und Porlmouth. Von Björkö ist keine Rrde. Das genügt! Ob unter diesen Umständen zuni Jahre 1ttl4 der Bund erneuert wird ist fraglich, und es wäre auch weiter kein Vcrlu.i, wenn es nicht geschähe. Denn ein derartiger ursicherer Kantonist, dessen feindselige Ge sinnung gegenüber dem österreichischen Bundesgenossen oft genug heroorgetreten ist, ist nur geeignet, eine kraftvolle Betätigung Deutschlands und O-st-rieichs zu hemmen. Diese beiden eng be freundeten Mächte werden auch allein fertig, und darum brauchen uns die Tage von Björkö keinerlei Beklemmung zu verursachen. Der Zar auf drtr Heimreise. Der Hofzug des Kaisers Nikolaus traf um 1 Uhr 44 Min. gestern mittag auf dem Bahnhof in Worms ein, wo der PrinzunddiePrinzessinHeinrich von Preußen, der Eroßherzog und die Großherzogin von Hessen und die Prin zessin von Battenberg sich eingefunden hatten, Die Herr schaften begrüßten den Kaiser und bestiegen dann «den Zug, um den Kaiser Ibis Frankfurt zu bagleiten. Dort ist der Sondcrzug um 2 Uhr 25 Minuten auf der Station Dackenheim eingetroffen. Nach herzlicher Verabschiedung von seinen Verwandten, die hier den Sonderzug verließen, setzte der Kaiser seine Reise über Sachsenhausen un!> Bebra fort. Politische Tagesschau. Aue, 27. Oktober. Der neue Staatssekretär tm Reichsjustizamt. -tz Die Ernennung des bisherigen Kammergerichtspräsidenten Dr. Hermann Lisco zum Staatchekretär des Reichsjustizn nts wird man mit Befriedigung begrüßen dürfen. Exzellenz Lisco — der Sproß einer alten liberalen Theologenfamilie — hat sich auf allen Stufen seiner bisherigen Wirksamkeit als ein frei gesinnter, vornehmer, von äußerstem Wohlwollen getragener Mann erwiesen. Er wird — deß kann man gewiß sein — Len Ruf, der ihm so vorausgeht, auch auf dem neuen Posten zu rechtfertigen bestrebt bleiben. Insbesondere Idars man von ihm erwarten, daß er — soweit das an ihm liegt und das staats- sekrctarielle Amt, dessen Einflußsphäre ja nicht unbegrenzt ist, es gestattet — auf die Besserung der Beziehungen zwischen Pu blikum und Richtern bedacht sein wird; daß er darauf halten wiv), die angemessene Behandlung des Publikums zu einem Teil richterlicher Pflichterfüllung zu machen. Auch auf die Rechtsprechung werden die Auffassungen das neuen Staats sekretärs, der der UÜberzeugung l.bt, daß das Recht seine feste sten Wurzeln im Gefühl des Volkes haben muß, wohl mit der Zeit ihre Wirkung üben. — P 0 litisch ist Staatssekretär Lisco bisher nicht hervorgetreten. Immerhin kann man wohl an nehmen, daß er gemäßigt liberalen Anschauungen nicht ganz fernsteht. * Bei de« Landtagsersatzwahlen in Berlin ergab der Aus fall der Wahlmännerwahlen in der ersten und zweiten Abteilung einen sicheren Sieg der sozialdemokratischen Kandi daten in drei Wahlkreisen. Im 12. Wahlkreis (bisher HofH mann, Soz.) wurden in den beiden ersten Abteilungen 118 frei sinnige, 121 sozialdemokratische, 46 nationalliberale, 5 konser vativ« Wahlmänner gewählt. Die 80 erforderlichen Stichwahlen sind für die Freisinnigen günstig. * Der Entwurf der Reichsverficherungsordnung ist, wie die R Pol. Korr. hört, vom Bundesrat in mehreren wesentlichen Punkten umgestaltet worden. Die Umgreifenden Ände rungen, die sich namentlich auch auf das Verfahren bei der Fest stellung der Renten beziehen, bedingen naturgemäß s.hr umfang reiche Arbeiten. Deshalb könne ein fester Termin für die Ein bringung der Vorlage im Reichstage noch nicht in Aussicht ge stellt wevden. * Mr di« Stichwahlen in Bade« ist zwischen den ltbera - len Parteien und den Sozialdemokraten zur Eindäm mung des Zentrum» da» Großblockabkommen getroffen worden. Danach stimmen die liberalen Blockparteien in sechs Wahlkreisen für di« Sozialdemokraten und umgekehrt stimmen die Sozialdemokraten in zwölf Kreisen für die Nationalllberalen und in sechs Kreisen für die Demokraten. In weiteren elf Krei sen stehen die Sozialdemokraten mit liberalen Kandidaten in engerer Wahl. In diesen Kreisen wird selbstverständlich dpr Kampf ausgekämpft. * Di« Pliin« König» Ferdinand». Ein Telegramm aus Belgrad meldet: Obwohl sich die hiesigen offiziellen Kreise an dem Empfange des Königs Ferdinand in Krusschewitz be teiligt haben, wird der Besuch des Königs in politischen Kreisen doch mit scheelen Augen betrachtet. Man bringt nämlich die Reis« mit der Absicht des Königs Ferdinand in Zusammenhang, das Terrain für die Personalunion zwischen Bul garien und Serbien zu sondieren. Diese Annahme wird durch den Umstand unterstützt, daß ein bulgarischer Diplomat und Vertrauter König Ferdinands, der als begeisterter An hänger der Ide« der Personalunion gilt, sich erst vor kurzem angeblich zum Zwecke der Anbahnung freundschaftlicher Bezieh ungen zwischen Bulgarien und SeMen längere Zeit hier auf gehalten hat. Auch gilt Pasitsch, der soeben wieder Mini sterpräsident geworden, schon lange als Förderer des Planefi. * Das Strafgericht über die Spießgesellen Morengas. Nach einem Bericht des kaiserlichen Gouvernements in Windhuk ist, wie die N. P .K. meldet, das Gerichtsverfahren gcgen neun sei tens der Kapregierung ausgelieferten Mitglied der Einge- Vorenenbande, welche im Dezember vorigen Jahres unter Füh rung von Morengas ehemaligen Vormann Rolf im Süden des Schutzgebietes mehrfach lleberfälle verübt hatten, sowie gegen ein im Schutzgebiete festgenommenas Mitglied der Bande beendet worden. An fünf von den sechs der Leute, die zum T 0 dever urteilt worden sind, ist die Strafe bereits vollzogen worden. Bei dem sechsten hat der Gouverneur die Todesstrafe in lebenslängliche Keltenstrafe umgewandett. Bei den übrigen Bandenmitgliedern, die zu lebenslänglicher Kettcnhaft verur teilt waren, ist die Strafe auf mehrjährige Kettenhaft ermäßigt worden. Das Urteil -er Regiernngspreffe über die sächsischen Lanvtagswahleu. In ihrem WochenrückbUck zieht die Rordd. Allgem. Ztg. eine Parallele zwischen dcm Ausfall der Landlagswahien in Baden und Sachsen und hebt hervor, daß während in Baden das Zen trum einen augenblicklichen Vorsprung gewann, die frühere konser vative Mehrheit in Sachsen die Führung schon längst ent- gültig verloren habe. Weiter hecht es: Auch die liberalen Parteien schneiden dort nicht günstig ab. Der Freisinn gelangt nur in sieben Wahlkreisen zum Mitbewcrb. Die Nationalllberalen haben vier Mandate erzielt, kämpfen aber um wettere 29, wobei ihnen nur ein teilweiser Eifolg verheißen werden kann. ES sieht aus, als würden die ko: seroa'ive und nationalliberale Fraktion in annähernd gleicher Stärke in den sächsischen Landtag einziehen und oerinuilich zusammen die Majorität au»- machcn, die durch einige andere Vertreter bürgerlicher Parteien siq noch erhöhen wag. Leider ist die sozia.demokratische Wahlarbeit hier zu ganz bedeutenden Erfolgen gediehen. D e darin liegende politische Gefahr ist den doch zu dringend, al« daß sich die bürgerlichen Elemente nicht entschlossen vereinigen müßten, um dis weitgehenden Hoffnungen des Radikalismus zu dämpfen. Ferner nimmt die Nordd. Allg. Zig. Nockz von dec im Dresdn. Journal veröffentlichten Verwahrung des sächsischen Ministers des Innern Grasen Vitzthum von Eckstädt dagegen, daß seine programmatischen Ausführungen bei einer Besprechung mit den höheren VerwaltungSbeamten des Landes am 18. d. M. auf die Neuwahlen in Sachsen vercchnet gewesen seien, wiederholt die Darlegungen des Ministers ausführlich und hebt hervor, daß sie in der Tat genau erkennen lassen, wie wenig sie mit der augenblicklichen Tagespolitik zu schaffen haben. Die offiziöse L«ipz. Ztg. sagt: Ginge man lediglich nach der Zahl der verlorenen Mandate, so müßte man eine Niederlage des Liberalismus (!) feststellen. Die Nationalliberalen, die im alten Landtage 31 Abgeordnete zählten, halben am Don nerstag nur 4 Mandate, die Freisinnigen nicht eins erhalten. Indessen stehen die Nationalllberalen in 30, die Freistnnig»n in 8 Stichwahlen, und wenn diese Wahlen für den Liberalismus günstig ausfallen, so kann gar noch ein« Vermehrung der Man date eintreten. Ausgeschlossen ist aber «ine nur aus Natio nalliberalen und Freisinnigen bestehend« Kamm«rnkhrh«it. Da» Wahlergebnis legt jedenfalls den bürgerlichen Parteien nahe, den bisherigen Zwist untereinander zu beenden unk zur besseren Wahrnehmung der gemeinsamen vaterländischen Inte ressen wieder aneinander zu rücken. Jetzt bleM diesen Parteien, wollen sie nicht selber der Sozialdemokratie zu einer maßgebenden Stellung im Landtag« verhelfen, nicht andere» übrig, al» sich unter Zurückdrängung allas Gegensätzlichen gegen di« radikale Partei zutammenzu- schließen. Auch dann wird es in manchen Kreisen noch schwer genug halten, neue sozialdemokratische Gewinn« zu verhin dern. Das neue Wahlrecht hat der Sozialdemokratie, die Z es nicht oft und laut genug gls Vierklaffenschmach verdammte, ; «inen breiten Weg in den Landtag eröffnet. Es hat aber auch Z