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Nummer 77 — 26. Jahrgunq Lounavend, den 2. A^ril1927 <>„ml Ivöch. Bezugspreis für April 3,00 All«, einschl. vestellgelo Anzeigenpreise: Die Igesp. Petitzeile 30 -Z. Stellengesuche 20 .Z. Die Petitreklamezeile. 89 Milli- neler breit, 1 Offerlengebühren für Selbstabholer: SO bei Uebersendung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 10 L, Sonnlags-Nr. Beickäftlicher Teil: Artur Lenz in Dresd-n. Sümstsüie Im Jolle höherer Gewalt erlischt jede Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung o, Anzeigenaufträgeri u. Leistung o SclioSenersatz. Für unöeutl. u. ü. Fern, ruf übermitt. Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u.m. Rückporto nicht versehene Manuskripte werk, nicht anfbewahrt. Sprechstunde der Redaktion 2—3 Uhr nachmittag» Hauptschristleit.: Dr. Joseph Albert. Dressen wcschtistSitelle, Lrnil und Verlag: Stroma. Biichdlll:scl.ei Dresden A. 1. Polici strotze 17» .Fenniis '-1012. Postsrkerfsonto Dresden 14797. üanks^iUo: Dresdner Bank, Dresden. Für christliche Politik und Kullur Redaktion der Sächsische,> Volktlzeitnng Drerden-'.Mstak» l. PoUe,sirns,s 17. geriirut ÄNII »,,d TUN,'. Der Kalholizismus in Bulgarien MsW« Mi> WO«« Die Jniliattve -es Zentrums in -er Frage -er Nevision -es Dawes-Abkommens — Kritik -er Parteien am Steuersystem — Prolesl -er Länder gegen den Finanzausgleich Aus R o »l wird uns von einem besonderen kirchen politischen Mitarbeiter geschrieben: Bor kurzem hat der seit zwei fahren in Bulga rien wirkende apostolische Visitator Msgr. Roncalli und zugleich mit ihm der vor kurzem geweihte Bischof des orientalischen Ritus Msgr. Stefan Kurte ff. der e r st e aus dem einheimischen bulgarischen Klerus s'rnsekricrte Bischof. Rom verlassen, um sich in die bulga rische Heimat zu begeben. Die Weihe dieses Bischofs wurde in Rom als ein wichtiges Ereignis in der gegen wärtigen kirchlichen Außenpolitik gewertet, und sie er- srreint umso interessanter, wenn man die ivechseloollen bn'ichicke der immer ein Streitobjekt zwischen Konstan- tuwpel und Rom bildenden Katholiken Bulgariens be trachtet. Im neunten Jahrhundert christianisiert, erhielten die Bulgaren ihre kirchliche Unabhängigkeit, im zehnten ver loren sie sie aber, als ihr Erzbischof 1018 vom ökumeni schen Patriarchen abhängig wurde. Eine neue Union mit Rom brachte sie ihnen wieder und dauerte auch weiter, als das Land dem osmanischen Reich angegliedert wurde. Erst 1767 wurden alle Bischofssitze von den Griechen mit Türken besetzt, denen der Sultan erst 1870 wieder die kirchliche Autonomie bestätigte. Die Bulgaren erkann ten den römischen Primat a-n und erhielten von Pius Xi. das Recht, die a l t b u l g ar i s ch - slawische Liturgie bei behalten zu dürfen. Ihr erster Bischof, Sokolski. aber wurde von den Russen in ein Kloster bei Kiew ent führt, dem nur kurz regierenden unierten Nachfolger P o - pow folgte Nilus Ivoroivsky, der wieder schismatisch wurde. Um 1884 errichtete der Heilige Stuhl zwei apo stolische Vikariate in Bulgarien, das eine mit dem Sitz im mazedonischen Kukutsch, das andere in Adrianopel. In Kukutsch war der eingeborene bulgarische Lazarist Msgr. Mladenoff der erste Vikar, der aber wieder zur Orthodoxie zurückkehrte und viele Tausende von Gläubigen mit sich zog, später aber nach Rom zurück- kehrte. Sein Nachfolger Scianoff zog sich 1021 ins Pri vatleben zurück. Der Vikar von Adrianopel, Msgr. P e t- koff, starb 1920 und seit seinem Abgang besahen die durch die Unfälle ihrer Oberhirten, wie durch die Kriegs ereignisse sehr geschwächten Katholiken Bulgariens bis 1st26 keinen Bischof m ehr, sondern nur einen Prcadininisterutor. Der dritte derselben mar der nun zum Bischof ernannte und eben erwähnte Msgr. Kurtefs, Titnlar von Brila, mit der nach orientalischer Sitte er folgten Namensänderung nun Bischof Z p r i l I u s genannt, ein starker Mann, den Papst Pius »>. bei sei ner Audienz mit den Worten begrüßte, „er sei ihm so lieb wie ein Sonnenstrahl". Er ist der s i e b e n t e B i s ch o f d e r. K a t h o l i k e n slawischen Ritus und der e r st e , der seinen Wohnsitz in Bulgarien n i m m t. Bischof Kurteff, erst 36 Jahre, stammt von bul garischen Eltern und kam von der Südgrenze des Lan des in die von Assunzionisten geleiteten Seminare von Karagatsch und Konstantinopel. Er wurde vor drei Jah ren nach seinem Seelsorgerdienst von Proadministrator Kondoff als Mitarbeiter und Sekretär in der Führung der slawischen Katholiken nach Philiopopcl berufen und übte sein Amt auch unter dem Nachfolger Don Kozgroff aus, das er nach dessen Tode im vorigen Jahre selbst übernahm. Ihre unmittelbare diplomatische Vorgeschichte hat diese Bischofsernennung darin, dah schon während des Krieges, als die Bulgaren noch einen siegreichen Ausgang desselben für die Mittelmächte erhofften, von dort aus neue Bestrebungen für eine Union ins Werk gesetzt wur den. Es sollte eine Nuntiatur in Sofia errichtet werden. Während des Krieges aber sah der Heilige Stuhl, dem ähnliche Angebote auch von anderen kämpfenden Mäch ten wie Japan, Serbien und der Türkei, gemacht wurden, aus Neutralitätsgründen von jeder Aufnahme diploma tischer Beziehungen ab und überlies; die Angelegenheit der Kardinalkongregation für die orientalischen Kirchen, ödaß wirkliche Verhandlungen erst nach dem Kriege ein etzten. Sie gingen über die Wiener Nuntiatur und führ en im Jahre 1025 vorläufig zur Entsendung Msgr. Ron calli als apostolischen Visitator nach Bulgarien, wo man von Seiten der Regierung wiederholt den Wunsch aus sprach, die vorübergehende Stelle eines Visitators, die ja unpolitischer Natur ist und nur religiös-kirchlichen Cha rakter trägt, In eine dauernde und politische verwandelt zu sehen. Man sprach auch In Rom bereits im Juli des vergangenen Jahres davon, dah eine apostolische Dele gation in Bulgarien geschaffen werden soll und nannte Msgr. Roncalli selbst als deren kommenden Titelträger. Gegenwärtig aber ist darüber noch nichts entschieden. Infolge des Vertrages von Neuilly sahen sich die Bul garen von Thrazien und Mazedonien veranlaßt, in ihr kleines Vaterland sich zurückzuziehen, wo die Katholiken Berlin, t. April. Der Reichstag will, wie -wu berichteten, Pie Etatberatting unter allen Umständen nach var Ostern beenden. Er hat deshalb gestern seine Beratunzen -bereits uni 10 Uhr vormittags begon ne». Auf der Tagesordnung staub zunächst der Haushalt der Kriegslasten, dessen unveränderte Annahme der Ans schus; vorschlug. Die Anssprache begann mit einem höchst bedeut samen Borstos-, des Zentrums, dessen Redner sich ossen für eine Erleichterung der Kriegslasten im Interesse der deutschen Wirt schaft uns der Weltwirtschaft einsetzte, Abg. Professor Dr. Dessauer <Ztr.> erklärte, sie Zenirumsfraktion wolle oen Anias-, benutzen, um hinsichtlich des Reparationsprobiems und der Repara'ionsgu- Wirkungen in der deutschen Wirtschoit und in ser Weilwiitsch.iit eine Reihe von Ueberlegungen alle» denjenigen, die es angehi, zu unterbreiten. Er erinnerte daran, das-, der Daivesplan von vornherein nicht de» Ehrgeiz hatte, eine endgültige Lösung der Reparationssrage zu bringen, sondern das; er sich selbst von Anfang an nur als ein Experiment betrachtete, das die Enöregelung nur ahne» lieh. Das bisherige wvhitäiige Wirken des Dawesplanes bestehe darin, das; er die Zeit der Machtpolitik durch das Recht, das Chaos durch dir Ordnung ersetzt und das Fundament für eine Klärung und eine Erholung der deutschen Bolltswirlschaft gelegt habe. Ans dem bisherigen glailen Funkiionieren des Tawes- Mechanismus könne man indessen f ü r ö i e Z u Kunst keine Schlußfolgerungen ziehen. Tenn erstens hätten die Anfangsjahre der deutschen Wirtschaft eine gemisse Schonzeit gelassen, und zweitens sei in diesem Jahre durch die erste Dawes Anleihe und durch spätere private Anleihen der deulschen Wirt schaft aus Amerilia fast ebensoviel Kapital zugeslosseu als sie hohe absühreu müssen. Das könne naturgemäß kein Dauer zustanü sein. Daher sei bis jetzt das eigentliche Problem der Dawes-Gesetzgebung, was Deutschland ohne schwere Erschütte rung der eigenen Wirischast und ohne erhebliche Störung der Weltwirtschast leiste» kann, überhaupt „och nicht beiühri worden. Die Rede erinnerte an die schwere» Gefahren, die sich sür die anderen Länder ans den deutschen Reparauansleislungen er gebe». Durch den Dawes-Pian erziehe die Welt uns Deutsche zu einer n b e r flüssige » P roduktian . der Pia» ivirke wie eine Peitsche auf unseren Export. — Auch der Generalagent Parker Gilbert, so fuhr Tessaner fori, habe sich bemüht, ein Urteil über Deutschlands künftige Zahlungsfähigkeit abzugebe». Heute habe noch kein Mensch eine Ahnung, wie es künftig mög lich sein werde, statt der jetzige» 509 Millionen zmölshundert Millionen auszubringr» und doch den Haushalt zu balancieren. Grundsätzlich sei Deutschland gern bereit, an Vorschlägen für die Endlösung des Problems mitzuarbeite». Da indessen diese Endlösnng für -die nächste Zukunft noch nicht zu erhoffen sei, bleibe Dcntsch-laiid nichts anderes übrig, als seinen Waren export zu forcieren, und um dies praktisch möglich zu machen, bleibe nichts anderes übrig als eine Weliverständignng über den Warenaustausch statt des jetzigen planlosen Shstems von Hoch schutzzöllen. Der Widersinn, daß man von Deutschland Lcistun gen verlange, und sie gleichzeitig erschwere, könne nicht Lauern, Des weiteren sei eine Festsetzung der deutsche,, Ge sa ,» t v e r p s l i ch t u » g e », heute 8-4 Jahre nach Kriegsende, nicht länger zu umgehen. Der Herr Generalagent ist der Ansicht, das; die Staude für diese endgültige Regelung der Kriegsschulden und Kriegs safte» noch nicht gebammen sei. Aber ich glaube. Las; er die .Hoffnung teil!, dir ich im Rainen meiner Fraktion ansspreche, daß die Stunde recht vaid komme» möge. Tie Ungewißheit innerhalb des Kriegstastsnproblems ist eine Barrikade, über welch; die guten Kräfte der MenschlM nur mühselig hinioeg- steigen, und darum ist es«ei„e gemeinschaftliche Angelegenheit aller Kulturnalionen, diese Ungewißheit durch endgültige Regelung zu beenden. Dieser wohldurchdachten uns den Gegenstand voll er schöpfenden Rede stimmten die Sprecher aller Fraktionen von den Dentschnalionalen bis zu den Sozialdemokraten zu. Be zeichnend war es. Las; der sozialdemokratische Redner, also der Vertreter der Opposition, erklärte, er habe den Ausführungen Dessauers mchls ivesentliches hinzuznsiigen. Der Kriegslastenetat wurde unverändert angenommen. Die zweite Sitzung begann nach einer kurzen Mittags- pause um 3 Uhr Der Haushal, des Reichssiiiaiizminisleriums gab der Opposition Gelegenheit, reiche Kriitii anzubnng. u. 2,'er Sozialöemobral Simon sSchwabe»! beklagte sich üix-r die schatte Anspannung Ler Massensteuern, während der Großgrund besitz zun, großen Teil überhaupt Heine Steuern zahle. Tie Slenerriickstände delrügen schon 700 Millionen. Diese iniißlen .inler Schonung Ler kleinen Leute rücksichtslos beiaet rieben werden. Abg. Ge re Ke sDnai.I bezeichnete es als notwendig, bei een Finanzämtern Ausgaben arzubaueii. Die Zinsen sür Steuer- rückstände ijetzt 10 Prozents müßten ermäßigt werde». Zur Stcuersabotage wind-- seine Fraktion niemals die Hand bieten. Abg. Scheiter sZlr.s betonte die Wichtigkeit des steuerlichen Fundaments iur orn Staat.. Tie Grundlagen der Steuergesetze uns Tariic müßten möglichst wenig geändert ivcrden. Ruhe und Stetigkeit der Ent wicklung liege im Interesse des gleiches wie der Steuerzahler. Größer.- Bcreinsachung und Bereinhe-tlichnng Lei Stcuersormu iare sei z» sardern. Steuerrüchstände bis >02! falle man nieder schlagen. Allcidings sei das Lahnsteiierauskomuien »ennnia! so hoch gewesen wie sas aus der l a u d w irts ch östlichen Ein - k o m i» e n st e u e r. Das sei zum größeren Teil ans den Rück gang Ler Renlabiiilä! der LanLwirtschas! zurück,-,».führen ge wesen. Ban allgemeiner SteuerLrückebergerei in der Landwirl- schaft könne man jedenfalls nicht sprechen. Wa wirklich Steuer sabotage vorkamme, müsse natürlich schars durchgearisfen werden. Solange die Bewertung sür 1020 nach nicht abgeschlossen ist, sollte man die Finanzämler nicht mit einer Reubewer- t n n g für 1927 belasten. Abg. Cremer sTBP.s beklagte sich über mangelndes Ver ständnis der Steuerbehörden für den Mittelstand. Aög. Diel rieh (Dem.) setzte sich ca-für ein. das; keine neuen So-nergesetze gemacht würden: das sei der beste Weg zur Bereiusachuug Ler Steuerveranlaguug. Reichsfinai,zini»,ister Dr. Köhler erliiäue, die L'icuerrückslände von über st. Milliarde müßien unbedingt eingetrieben weiden, allerdings unler Schonung de-' des slawischen Ritus gegenwärtig etwa 5000 Seelen zäh len. Sie wohnen zerstreut in Bulgarien, namentlich in dessen südlichen Gebieten. Anher diesen aber existieren daselbst noch etwa 560» getaufte Christen, die aber vor- läufig in Erwartung eines Oberhirrten und besserer po litischer Verhältnisse mit ihrem Behcnntnis zurnckhalten. in 18 Orten zerstreut und von dreißig Priestern, meist schon hohen Alters geführt, leben diesen Vulgaren in schlechten materiellen Verhältnissen, teils als geborene Bulgaren, teils als Thrazier oder Mazedonier und ver danken, was ihre Kirche dort besitzt, die Residenz des Bi schofs und des Klerus in Sofia, Kapellen und Priester wohnungen hier und dort, der Fürsorge des Heiligen Stuhles. Die Katholiken in Sofia und Philiopopel be sitzen Schulen und Wohlfahrtseinrichtungen für die rö mischen und orthödoxen Katholiken. Eine landmännische Institution der slawischen Katholiken ist die von einem Turiner Lazaristen 1800 gegründete Vereinigung der Eucharistischen Schwestern vom Heiligen Vincenz von Paul. Das neue Abkommen mit Frankreich Ei» Zusatz zum Handels-Provisorium. Berlin. 1 April. Das Zusatzabkommen zu de», vorläufigen Handels abkommen mit Frankreich ist gestern abend in Paris unter zeichnet worden. Die gen ticke Delegation wirb für die .Handelsverttagsver- hanbluiigi.-» mit Frankreich unter der Leitung des Ministerial direktors Dr. Posse am Sonntag wieder nach Paris reisen, wo die Verhandlungen über de» Hauptverlrag am Mvnlag beginnen werden. I» politischen Berliner Kreise» wird die ernste Absicht unterstrichen, zu einer endgültigen Regelung der deulsch-sranzö» fischen Handelsbeziehungen zu gelangen. I» dem Spczialabkommcn über die Frage der Einiuhr der französischen Weine wirb das Einsuhrkontingent aus 70000 Hektoliter festgesetzt und zivar sür die Zeit zwischen dem l l. Avril »nü dem 30. Juni des Jahres. Diese sranzösischen Weine werden demselben Zolltarif unlerworfen, den die italieniscl>ei> und st»» nischeu Weine in Deutschland genießen In dem Abkomme» sind weiter andere Sp e z ia l s rag e n die sich aus das Elsaß und die Saar beziehen, geregelt