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Die „Vttendorfer Zeitung" erscheint Dienstag, Donners tag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich t Mark. Durch die j)ost bezogen p20 Mark. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode". Annahme von Inseraten bi, vormittag zs Uhr. Inserate werden mit Pf. für die Spaltzeile berechnet. Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Druck und Verlag von Hermann Rühle in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Dkrilla. Nr. 10. Sonntag, den 24. Januar 1904. 3. Jahrgang. Hundesteuer. Die für laufendes Jahr fällige Hundesteuer ist bis HM" 30. Januar d. gegen Entnahme der Hundesteuermarke auf dem Gemeindeamte zu entrichten. Nach Fristablauf beginnt des geordnete Beitreibungsverfahren. Ottenckorf-filouitLclorft am 15. Januar 1904. Der Gemeindevorstand. Lincke. Oertliches und Sächsisches. Vttendorf-Dkrilla, 2Z. Januar 1904. — Der Kampf gegen den Alkoholismus hat im Jahre 1903 in ganz Deutschland bedeutende Fortschritte gemacht; besonders stark gewachsen sind diejenigen Vereinigungen, welche von ihren Mitgliedern völlige Enthaltsamkeit von ollen geistigen Getränken fordern. Allen voran stehen die beiden deutschen Großtogen des unabhäng igen (internationalen) Gultemplerordens, die zusammen über 25 000 Mitglieder zählen. Im Königreich Sachsen gab es Ende Dezbr. 1903 21 Gultemplerlogen, die sich mit nahezu 700 Mitgliedern auf Dresden, Leipzig, Chemnitz und 7 andere sächsische Orte verteilen. Im Hinblick auf die großen gesundheitlichen, wirt schaftlichen und sittlichen Gefahren, welche der zur Volkssitte gewordene Genuß geistiger Ge tränke auch m unserm Lande überall hervor- gerufen hat, wäre freilich diesen Vereinen eine noch weit größere Verbreitung zu wünschen. Der Guttempterorden zählt Angehörige aller Stände zu seinen Mitgliedern und wendet sich im besonderen auch an die Frauenwelt. In politischer und konfessioneller Hinsichi beobachten die Guttemplerlogen strengste Neutralität da gegen pflegen sie edle Geselligkeit und nehmen sich mit Elfer und nachweisb rem Erfolg aller durch den Alkohol besonders Gefährdeten an- Nähere Auskunft erteilt völlig kostenfrei Herr Kaufmann Hugo Schleinitz, DreSden-A., Neu markt 7, 1. Etage. — Die berüchtigten Schatzschwindler sind wieder an der Arbeit, sie gehen von neuem auf den Gimpelfang aus. Ihre Briese, die sie jetzt versenden, fabeln von einem in Paris stehenden, mit 800000 Franks beschwerten Koffer- Natürlich ist das Schwindel, die Herren spekulieren nur auf den Vorschuß. Hoffentlich geht niemand ihnen ins Garn. Klotzsche-Königswald. Der Latsrnen- wärter W-, der am Sonnabend verunglückt war, ist am andern Morgen plötzlich verschiede». Dresden. Einen schweren Verlust erlitt am. Mittwoch abend der Hausdiener der Firma Richard Schädlich Nachfl., indem ihm eine gefüllte Geldtasche, die er beim Wechseln auf den Wagen deS Boten Schütze im Gasthof Palmbaum legte, abhanden kam. — In der Wohnung des Hutmachers Engel mann, Louisenstraße 81, brach Donnerstag nachmittag ein Küchenbrand aus. Ein fünf jähriges Kind verbrannte, während ein drei jähriges schwere Verletzungen erlitt und nach der Diakonissen-Anstalt üb:rgeführt werden mußte. Radeberg. Zwei Knaben fuhren gestern auf einem Handsmlitten die abschüssige Stolpener Straße herab und gerieten in die Pferde eines vor ihnen fahrenden Wagens. Eins der Pferde schlug aus und zerschmetterte dem sechs jährigen Glasmacherssohn Klengel die Hirn schale. Sterbend wurde er seinen Eitern ins Haus getragen. Losch w i tz. Der Murkctisr Berenz vom 2. obcrschlesischen Infanterieregiment Nr. 23 in Neiße, der Weihnachten von dort desertiert war, wurde hier durch einen Schutzmann am Donnerstag sistgenommen und der- Militär behörde zugeführt. Kreischa. Das Projekt einer elektrischen Bahn vnn Niedersedlitz nach Kreischa, um deren Erbauung die Interessenten auch in diesem Jahre die StaalSregierung und die Stände- kammern in einer Petition angehen, ist in der am 20. Januar abgehaltenen Sitzung des Gemeinderats zu Kreischa wesentlich gefördert worden. Er hat einstimmig beschlossen, die von der Regierung etwa verlangte Zinsgarantie für die zu erbauende Bahn zu übernehmen und diesen Beschluß unverzüglich in Form einer Zusatz-Petition der Regierung und den Stände- kammsrn zugehen zu lassen. Ebersbach bei Radeburg. Zum zweiten male hat vorgestern der hiesige Briefträger Gall seinen Dienst stillschweigend verlaffen, ohne stiner vorgesetzten Behörde oder sonst jemand eine Mitteilung zu machen, weshalb er keinen Dienst mehr tun will. Was den jungen, sonst sehr soliden Mann veranlaßte, seine sichere Stelle auf so sonderbare Art aufzugeben, ist rätselhaft; jedenfalls ist eia krankhafter Zustand des Mannes nicht ausgeschlossen. Cossebaude. In einer der letzten Sitzungen beschloß der hiesige Gemeinderat, die Frage der Einverleibung der benachbarten Ge meinde Göhlis zunächst nicht weiter zu ver folgen, da damit eine nicht unbeträchtliche Steuererhöhung eintrelen würde, was bei der herrschenden wirtschaftlichen Lage von der hiesigen Einwohnerschaft mißbilligt werde. Bischofswerda. Der hiesigen Polizei ist es am Mittwoch gelungen, diejenigen drei Burschen zu ermitteln, welche am 10. d. M. auf hiesiger Eisbahn eine junge Dame in flegelhafter Weise dermaßen anrempellten, daß diese hinfiel und den linken Unterschenkel brach. Sie sind in einer hiesigen Glasfabrik als Einträger und Verschmelzer beschäftigt. Eine exemplarische Strafe ist ihnen sicher. Pirn a. Gemeinsam in den Tod zu gehen beabsichtigten vorgestern früh zwei hiesige Frau-nspersonen, indem sie sich am Landungs plätze der Ruderboote in der Nähe der Postaer Fähre in die Elbe stürzten. Der Schiffer Richter sah in dec Dämmerung eine sich be wegende dunkle Masse, die beiden Frauen, in der Elbe treiben und sofort sprang er in die eisige Flut und arbeitete sich an die Lebens müden heran, die er auch glücklich erfassen und noch lebend ans Ufer bringen konnte. Die beiden Unglücklichen, die etwa 50jähcige leidende Frau eines hiesigen Einwohners und die etwa 25jährige Tochter derselben, hatten sich, wie der „Pirn. Anz." mitteilt, zu ihrem verzweifelten Vorhaben den Sonntagsstaat angelegt und mit Stricken fest zusammengebunden. Als Motiv zu der Tat dürfte die langjährige Krankheit der Frau anzunehmen sein. Pirna. Ein Bahnfrevel ist von noch un bekannter Hand auf der Bahnlinie Pirna- Berggießhübel in der Nähe von Rottwerndorf verübt worden. Auf dieser Strecke sind in der Zeit von nachmittags 1 bis 2 Uhr 15 Stück Steine auf die Schienen gelegt worden. Die Maschine des 1 Uhr 40 Minuten von Pirna abgehenden Zuges zermalmte die Hindernisse, ohne daß es zum Glück zu einem Eisenbahn unfall kam. M eA ß e n. Hier wurde am Montag in einer von 114 Personen besuchten Versamm lung die Schneider - Zwangsinnung mit 103 gegen 11 Stimmen aufgelöst. Grimma. Von einer schadhaften Stelle der Gasleitung aus drang in der Nacht zum Mittwoch Gas in das Schlafzimmer der Kinder des Schnittwarenhändlers Fritz auf der Langestraße. Als Herr Fritz abends nach Hause kam, waren die drei Kinder bereits be wußtlos. Der Vater holte sofort ärztliche Hilfe herzu, und es gelang, die Kinder wieder zu sich zu bringen und die Lebensgefahr zu beseitigen. Leipzig. Der 20 Jahre alte Kassierer einer Versicherungsanstalt ist seit dem 16. Jan. spurlos verschwunden; man nimmt an, daß dem jungen Mann ein Unfall zugestoßen ist. Ein am Tage des Verschwindens durch den Kassierer beförderter Geldbrief mit 4000 Mark ist an den Adressaten gelangt, sodaß Mutmaßungen nach gewisser Richtung nicht angebracht sind. — Unter dem Verdachte, seine Ehefrau auf gehängt zu haben, nachdem ein Vergiftungs versuch fehlgeschlagen war, ist der Kernmacher Wilh. Limpert hier verhaftet worden. Limpert, welcher wegen Raubes schon eine Zuchthaus strafe verbüßt hat, unterhielt ein Liebesverhält nis und verbreitete lebhaft das Gerücht, daß seine Frau krank und lebensüberdrüssig sei, da mit ein zunächst angenommener Selbstmord erklärlich erschien. Chemnitz. Die freiwilligen Feuerwehren zu Chemnitz haben es unternommen, hier eine „Weigand-Stiftung" ins Leben zu rufen, welche aus Beiträgen der weitesten Kreise der Bürger schaft gebildet, dem hochverdienten Branddirektor von Chemnitz überwiesen werden soll, damit dieser über die Verwendung der Stiftung zum besten der hiesigen Feuerwehren Bestimmung treffen kann. Meerane. Die Auflösung der Filiale Meerane des Textilarbeiterverbandes wurde gestern abend in einer zahlreich besuchten Textil arbeiterversammlung mit Rücksicht auf die in letzter Zeit gegen die Filiale ergriffenen vereins polizeilichen Maßnahmen beschlossen. Crimmitschau. Wie berichtet wird, hatten die Fabrikanten Tausende von auöge- wanderten deutschen Arbeitern evangelischer Konfession zurückzuführen geplant und der Ge danke soll seiner Verwirklichung schon sehr nahe gewesen sein. Man nimmt und wohl mit Recht, an, daß die Streikleitung hiervon Kennt nis erhalten und daß dies der Hauptprund für die Aufgabe des ungleichen Ringens gewesen ist. Von Crimmitschau aus wird die Meldung verbreitet: „Die Zahl der vorläufig arbeitslos Bleibenden wird von den Fabrikanten auf mindestens die Hälfte der Streikenden, das heißt auf 3500, beziffert." Das ist wohl übertrieben. Es kann sich nicht mehr um die Hälfte der ursprünglichen Anzahl der Streikenden handeln, sondern um die Hälfte der zuletzt noch ausständig gewesenen, also um etwas über 2000, soweit sich im Augenblick übersehen läßt. Dauernd ausgesperrt werden die Hauptagitatoren bleiben. Erst in etwa acht Tagen wird sich übersehen lassen, wieviel Arbeiter in die Fabriken ausgenommen werden können. Die jugendlichen Arbeiter Crimmitschaus, die sich an dem Streik beteiligten, fangen bereits an, das Streikge biet zu verlassen. Am Mittwoch trafen mehrere jugendliche streikende Crimmitschauer Textil arbeiter in Plauen i. V. ein, erkundigten sich nach der dortigen Geschäftslage und der Zahl der Arbeitslosen, um eventuell in der Plauen- schen Textilindustrie Arbeit zu finden, da sie in Crimmitschau keine Arbeit mehr bekommen. Für alle Fälle wird es die Pflicht der Arbeiter organisationen im Reiche sein, welche die Crimmitschauer Streikenden ermutigt haben fünf Monate in dem von vornherein aussichts-' losen Kampfe zu verharren, den Notstand zu mildern. Die sozialdemokratische Presse hat ja schon vor Wochen verkündet, daß die Arbeiter von Crimmitschau, wenn sie unterliegen, nicht im Stiche gelassen werden würden. Es wird sich nun zeigen müssen, ob von dieser Seite Wort gehalten wird. Dem Vernehmen nach müssen zunächst noch eine größere Anzahl aus wärtiger Arbeiter hsreingenommen werden, da die getroffenen Engagements bindend sind. Den Crimmitschauer Industriellen werden noch täglich weitere Mittel zur Unterstützung zugestellt. So bewilligte die Bremer Baumwollbörse vorläufig 15000 Mark und der Bocholter Fabrikanten verein wöchentlich 3000 Mark. Wie aus Gera gemeldet wird, beschlossen die Vereinigten Sächsisch-Thüringischen Färber und Appreteur« einstimmig, den Crimmitschauer Fabrikanten bis auf weiteres Uüterstützung auch nach dem Streik zu gewähren. Werdau. Die vor kurzem an die hiesige Spinnerei-Industrie und den Handel gerichtete Aufforderung zu Beiträgen für Anpflanzungs versuche von Baumwolle in den deutschen Kolonien hat das erfreuliche Resultat gehabt, daß der Industrie-Verein Werdau im Auftrage von 18 Spinnereifirmen, 8 Vertretern von Baumwollhäusern und einer Speditionsfirma die Summe von 7200 Mark bei dem Kolonial wirtschaftlichen Komitee in Berlin zur An meldung bringen konnte. Zwickau. Hier beginnt am 25. Januar eins auf vier Wochen berechnete Verhandlung gegen 20 Angeklagte aus verschiedenen Gegen den Deutschlands wegen Wechselreiterei rc., deren Mittelpunkt Zwickau bildete. Gegen 100 Zeugen, darunter Bankdirektoren des In- und Auslandes sind geladen. — In Lauter bei Zwickau sollte die Be erdigung eines vor einigen Tagen verstorbenen 12jährigen Schulmädchens, einer Stieftochter des Fabrikarbeiters Fritz, stattfinden. Di« Behörde untersagte jedoch in letzter Stunde das Begräbnis, da das Mädchen an den Folgen von Schlägen, die es in voriger Woche von ihrem Klassenlehrer erhalten hat, gestorben sein soll. Ob dieses Gerücht in irgend einer Weise begründet ist, läßt sich zur Zeit noch nicht sagen, da erst das Ergebnis der gerichtlichen Sektion der Leiche abgewartet werden muß. Tatsache ist, daß das Mädchen bisher immer gesund gewesen war, seit der Züchtigung aber gekrän kelt hat. Ebmath i. V Der Viehschmuggel und die Pascherei von Lebens- und Genußmitteln sind dank der erheblichen Vermehrung der Grenzbeamten und der gesteigerten Wachsamkeit der letzteren im Jahre 1902 und 1903 noch weiter zurückgegangen. In den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts war der Ertrag der hohen Strafen bei entdeckten Zollhinterziehungen noch sehr beträchtlich, indem von 1881 bis 1895 in Sachsen 8907 Personen zu Geld bußen und 59 Personen zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden. Die Geldstrafen beliefen sich auf 588 743 Mark, die hinterzogenen Zoll- gcfälle auf 57574 Mark. Neben der Ver mehrung der Grenzaussichtsbeamten hat ins besondere auch die Herabsetzung der Wartezeit während der das aus Oesterreich in den sächsischen Grenzbezirk eingeführte VieS dort zu verbleiden hat, die „Schmuggelnotwendigkeit" verringert. Plauen i- V. Große militärische W'Nter- übungen der 4. Infanterie - Diviston Nr. 40 finden am 10. und 11. Februar in hiesiger Gegend statt. An diesen Uebungen wird auch das hiesige Regiment beteiligt sein. — An Stelle des seit längerer Zeit ge planten Lutherdenkmals, für welches bereits gegen 20000 Mark durch freiwillige Spenden aufgebracht sind, soll nach einstimmigen Beschlusse des Kirchenvorstandes der Luther - Parochie ein Lutherhaus errichtet werden, in welchem die Schwestern der Gemeindediakonie, ferner die kirchlichen Vereine der Gemeinde, Bibel- und Missionsstunden, Konfirmandenunterricht usw., ihre Heimstätte finden sollen. — Zum Uebertritt in die Schutztruppe für Deutsch-Südwestafrika haben sich von unserem 10. Infanterieregiment Nr. 134 insgesamt 15 Mann freiwillig gemeldet. Acht davon sind als feld- und tropendienstfähig befunden worden und haben ihre Einberufung stündlich zu erwarten.