Volltext Seite (XML)
Donnerstag» äen 13. Oktober 1932 Muer Tageblatt MM- Anzeiger für Sas Erzgebirge kete-ra««»» lagrSioa Ma»«sg»blrgi EtttHülk-ttd üle llMtllch-tt SekunntmachunAen Ü-A Nates der Stüdk IMÜ de- Amtegerichts ^ttg. pofigheck^onwr MM ckttpOg >w» I»ee Nr. 241 Donnerstag» äen 13. Oktober 1932 27. Jahrgang „Mit Hindenburg iiir Deutschland!" Kanzlerrede unter dem Jndel der Bauern in München — Programmatische AusMrungen u. Bauens über die Elelchbrrechtigung, die Bersassungsresorm und das Mrtschastsprogramm der Regierung — Scharte Adrechnnna mU -itler — Milderungen der llnterstützungskürzungen angetündigt München. 11. OttoHvr. Reichakanzler von Pape« traf heute früh, begleitet von Staatssekretär Planck von der Reichskanzlei, Ministerialdirektor Marcks, dem Thef der Presseabtellung der Rrichsregierung, Ministerialdirektor Pukas und dem bayerische» Neichsratsbevollmächtigten, Dr. von Preger, im Müirchener Haupt, bahnhos ein. Ministerpräsident Dr. Held begrüßt« den Kanzler beim Ver lassen des Salonwagens herzlich und stellte ihm die zum Empfang erschienen Hentn vor. München, 11. Oktober. Reichskanzler von Papen stattete heule vormittag dem Ministerpräsidenten und dein bayerischen Ke. samtministerium im Ministerium de» Aeutzeren seinen Besuch ab Ministerpräsident Dr. Held bewillkommnet« den Reichskanzler herzlich zu seinem Besuch in Münch«» und fuhr fort: „M'e dem Besuch bet der bayerischen Staat»regi«rung verknüpft sich d. > Be kenntnis de» Reichskanzlers, daß man in Berlin in der '.«ich», regierung unter Ihrer Führung die Selbständigkeit der Länder anerkennt und achtet. Nur so gemeint, gewinnt ein solcher offizieller Besuch de» Reich,, kanzlers Sinn und Bedeutung. Daß wir dafür besonderen Dank wissen, namentlich in den Stürmen unserer Tage, ist «ine Selbst. Verständlichkeit. Wir erblicken in dem Besuch de» Reichskanzler, das Bestreben, di« Fühlung zu übernehmen und zu halten mit den einzelnen Länderregierungen in der Zeit der großen geistigen und wirtschaftlichen Not de» Bolles. E» kommt darin die Ueberzou. gung zum Ausdruck, daß das gesamte deutsche Bott zusammenstehrn muß, wenn es gilt, dieser Not Herr zu werden. Sin zersplittertes Deutschland wird sie niemals meistern können. Außenpolitisch hängt alle» von unserer absoluten Einigkeit ab. Nur durch freies Zusammenarbeiten ist da« große Ziel zu erreichen, Deutschland zu einem wahrhaft einigen und glücklichen Bott zu machen." Reichskanzler von Papen dankt« für die freundlichen Worte und erklärte: „Mein Besuch soll mehr sein al» «in« formelle Höf. ltchkeit; er soll ein Symbol sein dafür, daß in der Tat gerade jetzt in den vielleicht schwersten Stunden der Nachkriegszeit wir nur dann zu dem großen gemeinsam«» Ziel wetterschreite» können, wenn wir di« Einigkeit -wischen dem Reich und den Ländern wiederherstellen, wie st, einstens gewesen ist. St« wissen, daß «s „Wir Wen den W Die Rede des Kanzlers München, 1L. Oktober. Reichskanzler von Papen hat heute mittag, von stürmi schem Jubel umtost, in München vor den bayrischen Jndu. striellen gesprochen und man darf sagen, daß die Zuhörer die leidenschaftlichste Rede zu hören bekamen, die ein Kanz ler der Nachkriegszeit gehalten hat, und dazu eine Rede, neben deren Leidenschaftlichkeit die Stärke blitzender Rhe torik stand. Papen leitete ein mit einem Bekenntnis zur Einheit aller deutschen Stämme, die sämtlich an der Ge- staltung des deutschen Geschicks mitarbeiten müßten. Die deutsche Einheit, so führte er aus, ist das Höchste und Hei- ltgste (brausender Beifall). Gerade weil wir den Frieden wollen, fordern wir für uns die Grundrechte der Freiheit und Gleichberechtigung, fordern wir gleiches Recht und gleiche Sicherheit wie alle anderen europäischen Staaten, denn die Gleichberechtigung ist die Grundlage nicht zuletzt auch für unser gesamtes wirtschaftliches Dasein. Unser Ziel ist ein friedliches Europa, da» geordnet ist nach den Gesetzen der Gerechtigkeit und des SelbstbesttmmungSrechteS der Völker. Erst dann, wenn dieses Ziel erreicht ist, wird wieder Vertrauen die Grundlage des gemeinsamen Auf- -aueS der Welt sein. Der Kanzler kam dann auf das Wirt- schaftSprogramm der von ihm geführten Regierung zu spre- chen und erklärte, daß keine Regierungsmaßnahme der Nach- krtegSzeit solchen Anklang gefunden hätte wie die wirtschaft- ltchen Maßnahmen der jetzigen Reichsregierung. Der An- fangSerfolg laste günstige Aussichten auf die Zukunft zu, der Kampf gegen den Pessimismus habe mit Erfolg ein- gesetzt, eine fühlbare psychologische und materielle Entspan- nung sei nicht zu verkennen. Wir stehen, so erklärte der Kanzler, doch erst am Anfang de, Möglichkeiten, die sich au- den Maßnahmen der Regierung ergeben sollen. Wenn heute Herr Hitler kommt und mit einer leichten Arm. bewegung erklärt, mein Wirtschaft-Programm sei bereit- aescheittrt und habe sich schon erledtat, so sprechest die Tat. fache« doch wohl deutlich gegen diese Ueberzeugung (Bet- fall). Die günstig, Entwicklung der Weltwirtschaft-, bewegung hat «rgodauort mrd hält am Am Handelspolitik von Anbeginn meiner Regierung an mein große» Ziel gewesen ist mit den Ländern und durch die Länder, deren außerordentliche Wichtigkeit und Bedeutung in kultureller und sonstiger Hinsicht ich nie übersehen und stet» anerkannt habe, da» neue Reich zu bauen. E» ist mir «in besondere» Bedürfnis, den richtigen Kontakt mit den Ländern zu pflegen und in offener Aussprache über die schwebenden Fragen di« Meinungen auazutauschen, die auf den» schweren Wege vor uns liegen." Bom Ministerium de» Aeußeren begab sich der Reichskanzler in den Landtag zum Besuch des Landtagspräsidenten. München, 11. Oktober. Ministerpräsident Dr. Keld hatte Dienstagabend zu einem Empfang im Palais an der Königin- Straße geladen, der dem Reichskanzler und den Herren seiner Be gleitung Gelegenheit geken sollte, mit führenden Persönlichkeiten der bayerischen Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Kunst und de» Schrifttum« in persönlich« Fühlung zu treten. Zu dem Empfang war u. a. erschienen der päpstlich« Nuntius, der Landtagsprästdent und der Kommandant. Ministerpräsident Dr. Held wies in seinen Begrüßungsworten auf den außerordentlichen Ernst der Lag« hin und betonte, daß jede Regierung auf den guten Willen des gesamten Botte» ange wiesen sei. Wenn dieser gute Wille nicht vorhanden sei, so sei da» Regieren außerordentlich schwer und der Erfolg innen- und außen, politisch sehr zweifelhaft. Reichskanzler von Pape« dankt«, daß ihm Gelegenhoit regeben sei. niit Bertretern aller Berufe und Stände persönlich Fühlung zn nchmen, weil persönlich« Fühlungnahme die einzige Möglichkeit sei in diesen Zeitkäufen weiter zu kommen. Die Rrichsregierung, so führte der Kanzler weiter au», sei entschloßen, au» den kulturel len Kräften der Länder den Nutzen zu ziehen, der au« ihnen ge zogen werden müss«, wenn da» deutsche Bott den Weg nach auf- näri» wiederfinden solle. Dieser Weg erfordere die Zusammen fassung aller Gnerglen. Wenn di« Regierungen die wertvollen Kräfte, die gerade in den Ländern gewachsen sind, wieder hinter sich bringen könne, dann könne man den Weg in die Zukunft mit Vertrauen beschreiten. Der Kanzler gab zum Schluß der Hoffnung Ausdruck, daß das Tal der Kris» bald durchschritten sein möge, und daß e» uns vergönnt sei, die junge Generation wieder einer besse ren Zukunft entgegenzuführ«». Di« Wort« de» Reichskanzlers wurden mit ste*k»m Beifall ausgenommen. Im Wi> die MW!" der Regierung führte der Kanzler u. a. au-: Den Gedanken einer ganzen grundsätzlichen Autarkie lehnen wir ab, weil eS feststeht, daß Deutschland nicht auf seine internationalen wirtschaftlichen Beziehungen verzichten kann. Aber es müssen Maßnahmen getroffen werden zum Schutze und zu der Erhaltung der schwer ringenden Landwirtschaft und insbesondere für die bäuerliche BeredelungSwirtschast, ihr müssen Lebensbedingungen geschaffen werden, die sie vor dem völligen Zusammenbruch bewahren. Es gibt für die von den deutschen Kontingentierungsmaßnahmen betroffe nen Länder ein Mittel zur Beseitigung von Schäden: die fühlbare Beseitigung des internationalen ProtektionSwesenS in der Wirtschaft und die sich daraus ergebende vermehrte Einfuhr deutscher Jndustrieerzeugniffe, die dazu führen würde, daß wir unsere Erwerb-losen in die Betriebe schaf. fen köniilc Auf die kommende WeltwtrtschaftSkonferenz au-bltckend, gab der Kanzler der Hoffnung Au-druck, daß sie beitragen möge zur Beseitigung der industrielle« Zoll, mauern und de» WährungSschwierigkeiten. Au seinem sozialpolitischen Programm erklärte der Kanzler, daß e- vielfach al» ein Zeugnis der Arbeitnehmer- feindltchkeit der RetchSregierung angesehen worden sei. Wir verteilen, so führte Reichskanzler von Papen aus, keine Milltonengeschenke an die Industrie, sondern wir haben nur das eine Ziel, möglichst viele Millionen von Erwerb-losen zu Arbeit und Brot zu verhelfen. Da- ist Sozialpolitik im wahrsten Ginne de- Worte-. Mit Systemen und Phrasen werden die Arbeitslosen nicht von der Straße gebracht. Un» geht eS darum, die sozialen Einrichtungen lebens- und leistungsfähig zu erhalten.. Für den Winter hoffe die Re. gierung, so fuhr der Kanzler fort, in der Arbeitslosenhilfe die Unterstützungssätze erhöhen zu können und weiter werde über die Möglichkeiten der Zulassung von höheren Leistun- gen Lei der Krankenversicherung sowie bei den Rentenemp. fängern und Kriegsbeschädigten und -Hinterbliebenen be raten. Die Formen und Grenzen der Sozialpolitik könnten unmöglich unabänderlichen Gesetze« unterworfen sein. Der versoraung-staat, wie er in de« letzte« Jahren «ar, drohe die nationale Kraft do» Ratio« g« schwäche« «nd de» Ma», xi-am-, der die Wirtschaft t« untragbare« Maße belastet habe, sei der Hauptschuldige am Zusammenbruch der sosta- len Einrichtungen. An dtr Stelle de» marxistischen Bo- griffe- von der Sozialpolitik setzen wir, erklärt« von Pape«, den Begriff der wahren und christlichen Volksgemeinschaft in der Sozialpolitik. Da» schwere Werk, da- e- g» voll bringen gilt, läßt sich nicht meistern ohne va» vertrauen de- Bolkes in alle« seinen Ständen. Jede Besserung kann mer etappenweise vorwärtsgetrieben werden. Aber die Stund» de» Aufstieges hat begonnen und ist e- da nicht ungeheuer- lich, wenn versucht wird, au- parteiegoistischen Gründe« dieses Aufbauprogramm zu sabotieren «nd de« Weg da deutschen Volke- zu blockieren? Ich bi« de» Ansicht, «rein» Herren, daß wir die Meinung de- «ach Arbeit und Brot rufenden Bolles damtt trefft«, daß wtt mit drakonisch« Härte gegen solche Gabotageversuche vorgehe« Weeden. (Lanamchaltender, brausender Beifall.) Zur Frage der Verfassungsänderung erklärt« der Kaug- ler, daß die Zett zu durchgreifenden Reformen gekommen sei. Die Periode der Gesetzgebung mtt dem Paragraph»« 48 müsse einmal abgeschlossen werden, aber da- kö«n» nur ge schehen auf dem Wege über ein umfassende- Reformwerk. Wir wollen, führte der Redner au-, eine ««parteiisch» Staatsgewalt schafft«, di» unerschütterlich über dem Spiel der parteilichen Kräfte steht mrd die richtige Verbindung zum Volke findet. Die Regierung muß unabhängiger sein als eS bisher der Fall war, ihr Bestand darf nicht mehr ab hängig sein von parlamentarischen Aufall-mehrheiterr. Al- Gegengewicht zu den Beschlüssen de- Reich-tage- bedarf Deutschland einer Erste« Kammer mtt scharf abaesteckte« Befugnissen. Die Regierung beabsichtigt, die Verfassung-- reform im Einvernehmen mit den Ländern vorzunehmen. Jede Maßnahme zu einer Zerschlagung Preußen- lehnen wir dabei ab und wir wünschen eine Stärkung der Stellung der Länder. . Bei seinem Zusammentritt wird de» neue Reichstag de« Entwurf zu dem Reformwerk berett- vor- finden. Der Kanzler feierte dann in begeisterte« Worte« de« Reichspräsidenten als den unerschütterliche« Hort deutsche« Empfindens in der Nation und kam dann auf di» Vorgänge am 13. August zu sprechen, als man dir Absicht gehabt habe, die nationalsozialistische Bewegung in die verantwortliche Mttarbett einzugltedrrn. Dieser Lag s«i al- ein Schicksal-- tag für da» deutsche Volk anzusehen. Wenn Hitler heut» behaupte, er habe nicht alle Macht au-schlietzlich für sich verlangt, so sei da» falsch, denn Hindenburg habe diese- Berlangen nach der AuSschließlichkttt mtt klarem Blick ab- gelehnt. Die Nationalsozialisten mit ihrem mystischen Füh- rerglauben seien zu einer politischen Konfession geworden, die ihren Glauben auS der Politik nehme, während die kon servative GtaatSführung eine Politik wähle, die auf de» Grundfesten des Glaubens aufgebaut sei. „Man kann", so erklärte der Kanzler mtt erhobener Stimme über Hitler, „nicht aus der einen Seite die Massen mitleidslos verachten und sich auf der andern Sette demo- kratisch.parlamentarischen Gesetzen unterwerfe« und ein» Revolution gegen eine nationale GtaatSführung gemein- sammttde« Kommunisten entfessel« wolle«. Die Nationalsozialisten rede« um ihrer Parteiztele willen stän dig von den Blutopfer«, die sie für die Ratto« gebracht haben. Was find denn diese Opfer gear« di» zwei Millio nen deutscher Frontkämpfer, die al- Opfer de- große« Krie ges fielen, und auf deren Andenken allein eine wahr» mrd nationale Volksgemeinschaft aufgebaut sei« kau«. (Brausen der Beifall.) Wir lehnen den Machtanspruch vo« Partei»» ab. Die Führer de- Staate- solle« Diener de- Volke-, nicht seine Herren sein. Wer sich in unsere« Kämpft nicht geschlossen und eindeutig hinter die Regierung stellt, ist et« Feind des deutschen Volke». Da- Volk muß da- erkenne« und wird die Partetbürokratie so behandeln, wie e- ihr zu kommt. Unser Ziel bleibt unverrückbar bestehe«. E- muß so geschehen um Deutschland- willen. Wir sind entschlossen, den Auftrag, den un- Hindenburg gab, bi- zum Erfolg durchzuführen. (Beifalls) Wir haben dazu den Wille« und auch die Macht. Da- Volk, Reich «nd Länder müssen da neue Deutschland bauen. Und möge von der Maa- bi- an di» Memel, durch da-ganze Vaterland, die Idee eilen, die getragen ist von der Parole: Mtt Ht«de«b«rg für ein neue- bessere- Deutschland!" Den Ausführungen de- Reichskanzler- folate minuten langer, nicht endenwollender, brausender Beifall, durchtänt von lauten Beifallsrufen der versammelten.