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Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. W 195. Freitag den 14. Juli. 1865. Vie gegenwärtigen handelspolitischen Verhält nisse des Zollvereins. Für den Fabrik- und Kaufmannsstand des Zollvereins ist es von Wichtigkeit, eine Ueberficht jener Handelsverträge zu besitzen, welche mit dem 1. Juli l. I. in Wirksamkeit getreten sind. Wir theilen daher das Nöthige hier mit. Vor allem gehören hieher die Zollvereinigungsverträge vom 28. Juni, 11. Juli und 12. October 1864, durch welche die Fortdauer des Zollvereins in seinem bisherigen Umfang und unter Annahme des von Preußen mit Frankreich abgeschlossenen Handelsvertrags vom 2. August 1862 gesichert worden ist; dann der ZollvereinigungSvertrag vom 16. Mai l. I., welcher die vorstehenden drei ZolleinigungSverträge nebst allen früheren, soweit sie noch in Geltung bestehen, in sich zusammen faßt und hiernach eine vollständige Codification des bestehenden ZollvereinSvertragSrechtS darstellt. Sodann kommen in Betracht folgende zwischen dem Zollverein und den Zollvereins-Ausländern abgeschlossene Handelsverträge, als: der erwähnte Vertrag mit Frankreich vom 2. August 1862 nebst seinen Nebenverträgen (Schifffahrtsvertrag und Uebereinkunft wegen der Zollabfertigung auf den Eisenbahnen) und dem besonder« ProlMoll vom 14. Dc- cember 1864, welches verschiedene Erläuterungen und Ergänzungen diese- Vertrags enthält; ferner der Handels - und Zollvertrag mit Oesterreich vom 11. April l. I., der Handelsvertrag mit Belgien vom 22. Mai und jener mit Großbritannien vom 30. Mai l. I., endlich der Vertrag zwischen Bayern und Frankreich wegen gegen seitigen Schutzes der Rechte an literarischen Erzeugnissen und Werken der Kunst vom 24. März l. I. In den genannten vier Staaten, Oesterreich, Frankreich, Belgien und England haben die Zollvereinsangehörigen vertragsmäßig die Behandlung nach dem Rechte der dort meistbegünstigten Nationen anzusprechen. Nachdem aber Frankreich außer dem Vertrag mit Preußen, resp. mit dem Zollverein vom 2. August 1862, auch mit Großbritannien, mit Belgien, mit der Schweiz, mit den Niederlanden, mit Italien, mit Schweden und Norwegen, den Hansestädten und Mecklenburg Handelsverträge abgeschloffen hat, so kommt in Folge des Art. 31 des genannten Handelsvertrags vom 2. August 1862 den Zollver einsangehörigen auf dem französischen Markt der Genuß der gleichen Rechte und Begünstigungen zu, welche daselbst die Angehörigen dieser letztgenannten Länder genießen. Ebenso genießt der Zoll vereinsangehörige in Folge der obengenannten Verträge zwischen dem Zollverein einerseits, und Oesterreich, Großbritannien und Belgien andererseits, auf dm Märkten dieser drei Staatm das Recht der dort meistbegünstigten Nationen. Würde daher beispiels weise in Belaien für einen französischen Artikel ein niedrigerer Zollsatz festyestellt wordm sein oder werden, als er für den Zoll verein in seinem Vertrage mit Belgien vereinbart wurde, so hat dessenungeachtet der Zollvereinsangehörige diesen niedrigeren Tarif satz in Belgien ebenfalls zu beanspruchen. Ob dagegen die Zoll vereinsangehörigen auf dem Markt in der Schweiz, Italien, Schweden rc. ebenfalls so günstig gestellt werden, wie eS Frank reich bereit- dort vertragsmäßig ist, hängt noch von dem Zustande kommen von Verträgen und Übereinkünften zwischen dem Zoll verein und diesen letztgenannten Staaten ab. Zugleich ist es von Werth zu wissen, daß die ZollvereinSerzeugniffe in den Colonien und ausländischen Besitzungen Großbritanniens dieselben Zollrechte und Begünstigungen genießen, welche daselbst da- Mutterland (England) genießt. Mit dm Niederlanden endlich besteht noch der unterm 31. Dec. abgeschlossene Vertrag des Zollvereins. zu Recht, durch welchen den Angehörigen desselben in den Niederlandm der Genuß der Rechte der Meistbegünstigten ebenfalls gesichert ist. In Folge dieser nmm BertragSverhältuiffe ist nun für die Berkehr treibenden de- Zollverein- selbstverständlich die Kmntniß der Wisch« allen dm obengenannten Staaten gegenseitig vereinbarten Zolltarife unbedingt uothwmdig, wmn sie dorthin mit Sicherheit Geschäfte mach« wollen. Wie wir hören, ist die Herausgabe einer Sammlung dieser Handelsverträge von einigen deutsch« Buchhandlungen beabsichtigt. Doch ist nach dem Gesagten ein leuchtend, daß eine derartige Sammlung nur dann Anspruch auf Vollständigkeit und allgemeine Brauchbarkeit machen kann, wmn sie nicht allein die Verträge, sondern auch die verschiedenen von den contrahirenden Staaten gegenseitig vereinbarten Tarife (von dem Zollverein einerseits und von Frankreich andererseits mit ihren respectiven Contrahenten vereinbarten) enthält. (Allg. Zig.) Än die Leipziger Sänger. Die Tage des I. deutschen SängerbundeSfefteS stehen nahe bevor und legen uns die Mahnung ans Herz, uns gründlich vorzubereitm auf die Lösung der großen musikalischen Aufgabe. die auch unserer dort harret! Die Sänger Leipzigs sind auserwahlt, die Solisten zur Aufführung der 1. Hälfte des I. ConcerttageS zu stellen und es ist ihnen ferner anheim gegeben worden, die Gesänge bei der Bannerweihe und am I. Concerttage mit ganz besonderer Aufmerk samkeit einzuüben und somit einen festen, zuverlässigen Kern der musikalischen Aufführungen dieses Tages zu bilden. Je ehrender das in unser Wollen, wie in unser Können gesetzte Vertrauen ist, desto ernstere Pflicht ist es für uns, diesem Vertrauen zu entsprechen. Jeder Einzelne möge eS als eine persönlich an ihn herantretende Pflicht erachten, die wmigm noch bevorstehenden Proben zu be suchen und schon im Voraus sich darauf einrichten, an dm be treffenden Abenden sich keiner anderen Thätigkeit zu widmen. Diejenigen Herren, welche um Uebernahme der Soli ersucht werden, mögen sich am Sonnabend Abend 8 Uhr im Schützen - Haus einfinden; für die Gesammtprobm sind die Abende des Montag, 17. Juli, und Donnerstag, 20. Juli, und als Local wiederum das Schützenhaus festgestellt. Schließlich können wir nicht unterlassen, auf das Dankbarste den Eifer anzuerkennen, der sich bisher in allen Proben unserer Vereine gezeigt hat und welcher uns die freudige Zuversicht giebt, daß die Leipziger beim Feste mit Ehren bestehen werden, vr. H. Langer. Richard Müller. G. Reusche. Fritz Trinckler. Verschiedenes. * Leipzig, 13. Juli. Die gestrige Quartalversammlung der hiesigen Kramer-Innung hat auf den Antrag des Herrn M. Lorenz einstimmig beschlossen: an da- k. Ministerium des Innern die Bitte zu richten, dasselbe möge die Schwierigkeiten, welche den Beitritt Sachsens zu dem zwischen dem Zollverein und Italien ab zuschließenden Handelsverträge bisher gehindert haben, schleunigst be festig«. — Die dritte Abtheilung de- Gewerbevereins zu Meerane hat eine ähnliche Eingabe beschlossen. * Leipzig, 13. Juli. Wie die „Leipziger Börsenhalle* meldet, befand sich in voriger Woche Herr Gustav Spieß von hier in Dresden, um sich dem Ministerpräsidenten Freiherrn v. Brust als nmernannter Generalconsul der Türkei vorzustellen. Erst vor Kurzem langten die Accreditive an, welche denselben beim königlich sächsisch« Hofe beglaubigen. Das Exequatur wird in den nächsten Tagen publicirt werden. Die Türkei hat nur in Wien. Triest, Venedig, sodann in Danzig (zur Zeit unbesetzt) und in Hamburg Gmeralconsulate für Deutschland, außerdem Consulate nur in Ragusa und Bremen, wie andererseits nur die Hansestädte, Preußen und Oesterreich eigene Vertreter ihrer HandelSintereffen in der Türkei haben. Herr Gustav Spieß ist in der Handelswelt als eine junge strebsame Kraft bekannt, welche auch auf literarischem Gebiete nicht ohne Erfolg thätig gewesen ist und noch größere Leistungen verheißt. Er machte bekanntlich als königlich sächsischer ComMissar dre preußische Expedition nach China, Japan und Siam in den Jahren 1860, 1861 und 1862 mit, und veröffentlichte interessante Mtttheilung« (so namentlich das reich illustrirte Werk: Die Preußische Expedition nach Ostasien während der Jahre 1860