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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.02.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-06
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120206012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912020601
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912020601
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-06
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
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Bezug--Pret- iSe Veto«» und e-»i»n» durch «"»er, Troarr und Lpedtteei» »d,l,ch in» Pau» uedrachi «>SI. monaN. LN-Si». vieneUohil. Vri uniein NUialea n. Sn» natzmeftellen adu-daU Ni VI- monalU, LSSll. oierieiiahrl. »nn» di» Voltr innerhalb Veuiichiand» und der dentlchen Kolonien vierieliodil ».«> Sit.. nionall. I.AiSit. ou»ichi. ü«ottd»lirlla»ld ^»,n«r in Brlairi». yanemai» den ^-naunualen, Iialien, üu-einv-ia. Ki«d»,iunk>». ic»r» wegen, r «st»ll»>L . U-ua>» KuNlund, Schweden, Schwei« u Li>u»,»n. .in uUen übrigen Siuuie« nu> onekl duia, die <Le>choli»st«U« de» Vlalle» ertzaUlich. La» Leip,i,er Tagedlatt «>>»«,nl Lmal togllL. Sann» a. -ieirriag» nur innrgen». vd,nn,meni».<lnnudm» A«da,al»,»N, «, btlunirltn ildgern ,ill>ol,n.vped>l«ui«n »nd Annahmen,u,n >ow>, ^ostamrern und Brie,uagern. 8l«1»>»»»kaut»pl«i» lL PH Morgen-Ansgabe npMcr TagMalt - s 14M2 l«achta»Ich>u» s 14 M2 <«ncht«ns>»l,» rkl..Ä»W>,E Httnoeldzeikung. rel.-ÄnWj>««U Ämtsvlatt -es Aales und des Nolizciamlcs der Ltadt Leipzig. Anzeigen PrekS t», Snlerat, au» Leiv,,, llmgebnna b„ Upalli,, P,i'i«>lr j0P,,die Kellam». ,»,l» » «t »an au.wa,,» ^,i . «,«amen l.Ä> Mk. Znleroie oon <««doidkn ,m amt» lichen Zeil dl« 4>«Mj»U» le, P, <r«lchall»ant„g«n m,r Pla,o,r>christ», im grelle »rdohi K-dall na» lartt Peilagegedühi Gel-mt. autlage L Ptt » jaulend »ill. Postgebühr. TelldeUag» hoher. !1«st»rl,llt« Äultroae können nil-t ,urü«. gejogen meiden iZUr da» lkilibeinen an vellimmlen lagen und Planen wird keine lbaranl« üdernommen. An,eigen . Annahme Sohan,>»,,Il, 8, bei lamilich,,, ,>,i,gi»n u alle» Annonren- Ltoed„,<>nen de» Zn- und Lu»Iande». Lru« -nd P»»,„ „a Milcher « KSrst«; Snhad«, Paul Kurilen. Redaktion nn» iS,>chll>t»it»lt«: Sobannl-gast« ch Hau»!«itiiial, x,e»d»u: Seeftraste «. l iTei.pyon «MH Nr. 66. Dlrnswg, üen ö. Fedrunr ISIS. 106. Zahrgsny. 20 Seiten iMU" Unsere gestrige Abendausgabe umfaßt 8 Seiten, die vorliegende Morgennummer 18 Seiten, zusammen Dss Wichtigste. * Die Z »veite sächsische Ka in in er be schäftigte sich am Montag u. a. mit dem Ent wurf eines Gesetzes über statutarische Vor schriften der Universität Leipzig. (S. Landtagsbericht S. 9.) * In der Zweiten sächsischen Kam mer beginnt heute die Beratung des Volks schulgesetzentwurfes. (S. Leitart. S. 1.) * Das Ergebnis der gestrigen Laadtags- «ahlen in Bayer» hat die Vorherrschaft des Zentrum, nicht beseitigt. Das Zentrum verfügt weiter über die Majorität in der Kammer. (S. bes. Art. S. 2.) * Das bayrische Gesamtmini st c- rium hat seine Demission gegeben. (S. bes. Art. S. 1.) * Im preußischen Abgeordneten hause begann am Montag die erste Beratung der Steuer-Reform-Vorlage. (S. bes. Art. S. 1 und Bericht S. 10.) * Der Vizepräsident der schwedischen Zweiten Kammer des Reichstages, Callerhorn, ist gestorben. * Der französische Senat begann am Montag mit der Beratung des deutsch französischen Abkommens. (S. Letzte Dep. S. 3.) * In dem Raub mord Prozeß Klie mann vor dem Schwurgericht Leipzig wurde in der gestrigen Nachmittagssitzung mit der Zeugen vernehmung fortgefahren. Nachmittags gegen 6 Uhr wurde die Verhandlung abgebrochen und auf heute vormittag vertagt. (S. Gerichtss. S. 12.) Dss neue volkslchulgeletz. Am heutigen Dienstag beginnt die Zweite Sächsische Kammer die Beratungen über den von der Regierung vorgelegten Entwurf eines neuen Volksschulgesctzes. Es sind seit Bekanntwerden des Entwurfs auf den verschiedensten Seiten Stimmen laut geworden, die sich teils freund lich, teils skeptisch, teils vollständig ablehnend zu dem Entwurf der Regierung stellen. Die nächstbcteiligten, die Lehrer, haben die denkbar schärfste Kritik an dem Entwurf geübt und nach langstündigen Beratungen auf ihrem Vertreter tag in Dresden die Ansicht ausgesprochen, daß sie „den Schulgesctzentwurf nicht als einen Fortschrittin den grundsätzlichen Fragen der Schulgcsetzgebung bezeichnen und ihn darum nicht -als geeignete Grundlage für eine neu zeitliche Ausgestaltung unseres vaterländi schen Volksschulwesens anzuerkennen" vermögen. Man verwahrte sich energisch dagegen, daß man Opposition machen wollte, sondern versicherte, - daß der Wunsch, das Volk aufwärts zu führen, die Haltung der Lehrer bestimme. Es liegt uns fern, irgendwie daran zweifeln zu wollen, daß die Lehrer wirklich die beste Absicht haben, „das Volk aufwärts zu führen". Aber ist denn das etwas Besonderes? Ist das nicht vielmehr das Selbstverständliche und Pflichtgemäße? Oder wollten die Lehrer in Dresden gar dem Ge danken Ausdruck geben, daß die Regierung, die den Entwurf ausgearbeitet hat, etwa nicht den Wunsch habe, „das Volk aufwärts zu führen"? Das haben die Vertreter der sächsischen Lehrer schaft sicherlich nicht sagen wollen, als sie den Schlußworten des Leiters der Dresdner Tagung begeisterten Beifall spendeten. Sie haben sich doch wohl nur dahingehend äußern wollen, daß sie einen anderen Weg für den richtigen zum gemeinsam erstrebten Ziele halten, als die Re gierung. * Welches sind denn aber die Absichten der Regierung bei der Vorlage des neuen Gesetz entwurfes gewesen? In der Begründung zu dem Gesetzentwurf finden wir auf die Frage folgende Antwort: „Der Entwurf ist bestimmt, für die künftige Regelung des Volksschulwesens in Sach sen den allgemeinen Rahmen zu bieten, innerhalb dessen sich die Volksschule unter An- I Passung an die örtlichen Bedürfnisse und die beständig fortschreitende Entwickelung in zweck entsprechender Weise ausgcstaltcn kann. Die Staatsregierung glaubt diesen Zweck am sicher ste», zn erreichen, daß sie einerseits den größten Teil der nach langen Beratnngen und zumeist mit großen Mehrheiten von der (früheren) Zwei ten Kammer an die Regierung gebrachten An träge im Entwürfe berücksichtigt, und anderseits dem auf dem Gebiete des Schulwesens besonders bewährten Selbstvcrwaltungsrechte der Gemein den einen möglichst weiten Spielraum zur Be tätigung cingerüuint hat." Es will unS scheinen, daß der Vorschlag der Regierung, »vio wir es schon neulich an dieser Stelle ausgesprochen haben, wohl geeignet er scheint, diesen allgemeinen Rahmen für eine Verbesserung und Modernisierung des sächsi schen Volksschulmesens zu geben. Naturgemäß sind bei dieser Vorlage ebenso wie bei anderen nicht alle Hoffnungen und Wünsche erfüllt wor den; aber das eine wird man der Regierung zum mindesten unbedingt zuerkennen müssen: sie hat sich redlich bemüht, auf dem Boden des Be stehenden in dem neuen Entwurf eine Vorlage auszuarbeiten, die wohl noch in manchen Ein zelheiten verbesserungs fähig und verbesse- rungs bedürftig, doch im großen und ganzen den Forderungen weiter Kreise des sächsischen Volkes entgegenkommt. Daß die Sozialdemokra ten im Landtage den Entwurf ablchnen werden, ist selbstverständlich, und auch der Radikalismus der Freisinnigen wird an der Vorlage kein gutes Haar lassen und den ganzen Blütcnstrauß feiner unentwegten Forderungen vor dem Hause aus breiten. Aber schon der den Nationalliberalen werden sich, wie aus den Aeußerungen einzelner nationalliberaler Politiker in der letzten Zeit hervorgeht, manche finden, die zum mindesten den Versuch unternehmen werden, auf Grund lage des Entwurfs mit der Negierung und der Rechten zusammen, die sich bereits im allge meinen für den Entwurf ausgesprochen hat, an dem Zustandekommen des Gesetzes positiv mitzu arbeiten. Mögen die heute beginnenden Verhandlungen eine Klärung der noch strittigen Punkte bringen und mögen die Parteien vor allen» nicht das Ganze über ihren zum Teil wohl berechtigten Einzelwünschcn vergessen: dann werden die De batten sicherlich ein Ergebnis zeitigen, das für unser ganzes sächsisches Volk eine wesentliche Besserung der bestehenden Verhältnisse zu brin gen geeignet sein wird. a. O Von unserer Dresdener Redaktion er halten wir noch folgendes Telegramm: (:) Die Konservative Fraktion der Zweiten Kammer hat folgenden Antrag eingebracht. Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, im Anschluß an das neue Dolksschulgesetz einen Gesetzentwurf vorzulegen, daß die Ungleichheit in denDienstbezügen der Volksschul- lehrer beseitigt und die Gehälter der- selben auf die Staatskasse übernommen werden. Rückiritt ües dsycilckcn Selsmtministerlums. Was wir in unserer gestrigen Abendausgabe als nahe bevorstehend melden konnten: Die De mission des bayrischen Ministeriums am Tage der Landtagswahlen ist schon in den Nach mittagsstunden Tatsache geworden. Das Mini sterium Podewils hat den Prinzregenten in eorpors um Entlassung gebeten, deren Annahme einstweilen noch aussteht. Wir konnten darüber am Montag nachmittag durch Extrablätter bekannt geben: ö. München, 5. Febr. (Privattelegramm.) Die Demission des gesamte» Mini» steriums Podewils ist heute nachmittag er» folgt. Die Entscheidung de» Prinzregenten ist im Laufe des morgigen Tages, wahrscheinlich auch erst Mittwoch früh zu erwarten. Daß das Ministerium sich am Tag« der Wahl dazu entschlossen hat, dem greisen Prinzregenten di« Demission des Gesamrkabinetts zu unterbreiten, zeigt, wi« wenig man in ministeriellen Kreisen an einer Beseitigung der Zentrumsherrschaft zu glauben scheint. Denn die Demission ia eovpors soll doch wohl lediglich für den Fall des nicht unwahrschein lichen Wahlsieges des Zentrums di« Möglichkeit schaffen, den Ministerpräsidenten Freiherrn von Podewils in die Lag« zu versetzen, ohne die beiden dem Zentrum mißliebigen Minister, die Herren von Frauendorfer und von Pfaff, ein neues Ministerium zu bilden. Man scheint nach der ganzen Sachlage in ministeriellen Kreisen Bayerns demnach höchstens mit einer Schwächung, aber keineswegs mit einer Beseitigung der Zentrumsmchrheit zu rechnen. Jedenfalls hat das Ministerium dem Prinzregenten Freiheit schaffen wollen, je nach Ausfall der Wahl seine Entscheidung zu treffen, und so präsentiert sich denn die ganze Demission als eine vorbeugende Maß regel. Frhr. Klemens v. Podewils-Dürnitz, Staatsmimster des Kgl. Hauses und des Aeußern, Vorsitzender im Ministerrat, wurde am 17. Januar 185b zu Landshut geboren. Er studierte in München und wurde im Jahre 1881 Legations sekretär in Berlin und im Jahre 1887 Lcgationsrat und stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundes rat. Im Dezember desselben Jahres erfolgte seine Versetzung als Königlicher Gesandter nach Rom; vier Jahre später ging er als Gesandter nach Wien. Im Jahre 1902 wurde er als Minister für Kirchen- und Schulangelegenheiten in das bayrische Staatsministc- rium berufen. Schon im folgenden Jahre übernahm er die Portefeuilles des Kgl. Hauses und des Aeußern Gleichzeitig wurde ihm auch der Vorsitz im Minister rat übertragen. Dr. Anton o. Wehner, der Staatsminister für Schul- und Kirchenangelegenheiten, wurde am 16. November 1850 in Sckstllrngsfürst sMittelfranken) geboren. Im Jahre 1879 trar er in das bayrische Kultusministerium als Regierungs assessor ein. Seine Ernennung zum Oberregierungs rat erfolgte im Jahre 1892. Staatsminister für Kirchen- und Schulangelegenheiten ist er seit 1908. Ritter Ferdinand v. Miltner hatte im bayri schen Staatsministerium das Portefeuille der Justiz inne. Er war vorher R e i ch s g e r i ch t s r a t. Jin Jahre 1908 wurde ihm der erbliche Adel verliehen. Maximilian Br streich, der Minister des Innern, gehört dem bayrischen Ministerium erst seit 1907 an. Er wurde am 25. Dezember 1858 in Bam berg geboren und studierte in Würzburg. Im Jahre 1889 wurde er in das Ministerium des Innern be rufen. 1905 wurde er zum Regierungspräsidenten der Oberpfalz ernannt, bis ihm zwei Jahre später das Portefeuille des Ministers des Innern übergeben wurde. General der Infanterie Karl Friedrich v. Horn, der bayrische Kriegsminister, steht im Alter oon 65 Jahren. Den Deutsch-Französischen Krieg machte er als Brigadeadjutant mit. Seine Ernennung zum Kriegsminister erfolgte im Jahre 1905. Hermann v. Pfaff, der bayrische Finanz minister, studierte »n Erlangen und Leipzig. Im Alter von 31 Jahren trat er im Jahre 1877 in die bayrische Finanzverwaltung ein. 1883 wurde er in das Finanzministerium berufen, 1888 erfolgte seine Ernennung zum Oberregierungsrat. Seit dem Jahre 1906 ist v. Pfaff Kurator des Königs Otto. Heinrich v. Frauendorfer war im bayrischen Kabinett Verkehrsminister. Er steht im Alter oon 57 Jahren und wurde zu Höll bei Waldmünchen ge boren. Er studierte die Rechte und trat 1882 in den Dienst der bayrischen Staatseisenbahnverwaltung ein. Seit 1886 arbeitete er in der Ministerial-Derkehrs- abteilung. deren Leiter er 1899 als Ministerialrat wurde. Als mit dem 1. Januar 1904 als siebentes bayrisches Ministerium ein besonderes für den Ver kehr eingerichtet wurde, erhielt Frauendorfer dieses Portefeuille. 4 Wir erhalten in Ergänzung unserer obigen Aus führungen noch folgendes Privattelegramm unseres Münchner ^-Korrespondenten: Die Demission des Eesamtministeriums war in München gegen Abend noch nicht be kannt, da die Demission erst nach 6 Uhr amt- lich weitergegeben worden war. Die Mel dung kam noch vor Schluß des Wahlaktes und wurde überall mit Kopfschütteln ausgenommen. Man war allgemein der Ansicht, daß das Ministerium diesen Schritt zum mindesten bis zum Bekannt werden der Wahlresultate hätte auf schieben sollen. Wie ich unbedingt zuverlässig er fahre, war der Erund, daß das Ministerium schon heute zurückgetreten ist, folgender: Die Wahl des heutigen Tages war gestern bei einem Minister rat ins Auge gefaßt worden, um Las Vorgehen des Ministeriums unbeeinflußt durch die Wah len als selbständiger Schritt vor dem Lande erscheinen zu lasten. Di« Entscheidung des Prinzregenten wird vor Ablauf des Diens tags nicht erfolgen. Wahrscheinlich ist es, daß der Prinzregent erst Mittwochvormittag seine Entschließung bekanntgibt. Das bayrische Zentrums blatt der „Bayrische Courier" trium- phiert bereits in feiner Abendausgabe im Vor gefühl des Rücktritts des Ministeriums und stellt das Zentrum als Sieger hin. In liberalen und fort schrittlich gesinnten politischen Kreisen gibt man sich darüber keiner Täuschung hin, daß die Demission ein Sieg des Zentrums auf der ganzen Linie vor den Wahlresultaten bedeutet. Denn das steht so gut wie fest, daß, wenn die Zentrumsmehrheit in den Landtag wioderkehrt, die ihm mißliebigen Minister unbedingt fallen mästen. Wenn das Zentrum in der Majorität am Wahltage siegt, dann sind auch di« Tage des bayrischen Mi nisterpräsidenten oon Podewils ge zählt. Man kann damit rechnen, daß sowohl der bayrische Gesandte in Wien Freiherr von Tücher, wie der bayrische Gesandte in Berlin Graf Lerchrn- feld in der nächsten Zeit in Bayern innerpolitisch an erster Stelle wirken werden. Unmittelbar vor dem Rücktritt des Gesamtministeriums hat der Prinz regent den bayrischen Thronfolger Prinzen Ludwig noch empfangen und sich mit ihm über den politischen Ernst der Lage beraten Sreurrvorlsgen im preuWchen Rdgcmanetenhsus. (Don unserer Berliner Redaktion.) * Berlin, 5. Februar. (Tel.) Ernsthafte Steuercthcker werden es mit Genug tuung begrüßen, daß die preußischen Landbotcn sich denn poch eryeolich unoers a»s e.nige hauptslädn>che Preßorganc zu den Bemühungen verhalten, das wirk liche Steuersoll zu erzielen und die Drückeberger, die ihre ehrlicheren Genossen schädigen, heranzu- ziehe n. Die heutige Beratung der preußischen Steuernovelle (Abänderung des Einkommens» und Vermögcnsstcuergejetzesj stand finanzpolitisch unter dem Zeichen der „Ungewißheit der finanziellen Entwicklung im Reiche". Der preuß»sck)e Finanzminister Dr. Lentze brauchte diesen Ausdruck. Aehnlich äußerte man sich vor der großen Beamlenaufvesserung. Unter lebhaftem Pro test der Beteiligten wurde sie einmal zurückgcstellt, »veil man erst sehen wollte, wie die Dinge im Reiche liegen. Nun sind sie gelaufen, und nach dem was Reichsfchatzsekretär Wermuth in den letzten Tagen des alten Reichsparlamcnts und was später die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" verkündet hat, mußte man annehmen, daß sie recht gut gelaufen seien. Aber die Zeit hat nicht stille gestanden. Wenn es nach der Negierung gegangen wäre, wären wir wohl noch auf dem alten Fleck. Man weiß, wie große Zurückhaltung sie sich aufcrlegt hat; man weih, daß in nationalen Kreisen bereits von der Unzuläng lichkeit unserer Rüstung gesprochen wurde. Inzwischen sind die Franzosen und Engländer ge kommen und haben ein Verfahren beliebt, das sie Regierung zwingt, aus ihrer Zurückhaltung heraus zutreten. In llebereinstimmung mit dem national denkenden Teile des deutschen Volkes sollen Heer und Flotte verstärkt werden. Das und nichts anderes hat — wenn wir Herrn Lentze richtig verstehen — die Unsicherheit »n die finanzielle Ent- Wicklung des Reiches hineinqetragen. Natürlich wirkt diese auf Preußen, wie auf jeden anderen Ein zelstaat zurück. Da» ist der eine allgemeinere Ec- danke, der die heutige Verhandlung beherrscht. Der andere ist di« Frage der Part« igrup - pierung. Freiherr o. Zedtlitz und v. Kar- d'or f haben bei den Etatsöebatten di« Fahne eine» modernen Konservatismus entrollt. Man nennt sie bereits die „Modernisten" und von anderer Seite ist auch schon der Bannstrahl gezückt. Sie habe»» sich, stellenweise recht scharf, nut ihren Nachbarn zur Rech ten, den Deutsch-Konservativen, auseinandergesStzt. Wer die Weiterfübrung dieser Zwiesprache erwartet hatte, wurde zunächst enttäuscht. Brcdt (Freikons.) hatte aus dem Hause als Erster das Wort. Er ver dankt seinen Sitz einem traurigen Ereignis: dem tödlichen Unfall des konservativen Abgeordneten v. Negclein. Die Nachwahl zum Landtag hat ihm einen Sieg eingetragen, während er zum Reichstag nicht glücklich kandidierte. Zur Entschädigung wird er fetzt als Redner herausgestellt, wie auch die Frei sinnigen den in Königsberg bei den Reichstags wahlen durchgefallenen Eyßling besonders geehrt haben. Bredt, seines Zeichens Pros stör in Mar- burg, führte sich als sachverständiger Stenerbeurteiler ein. Er hat gegen die Verschärfung der Deklaration nichts einznwendcn. auch nicht gegen die Gefängnisstrafe für die absicht lichen Steucrhinterzieher. Es entspricht dem Pro gramm der Reformpolilik, daß daneben noch anderes verlangt wird, so die P r o g r e s s i o n i n d e r Ve r- mögenssteuer. Verstärkt werden für den Redner die »ozialen Gründ», die die Progression erfordern, noch durch eine taktische Erwägung: Diese „letzte größere" Stenerquellc soll vor dem Zugriff des Bun desrates geschätzt und Prcnßen vorbehalten werden. Hatte der sreikonservatioe R-dner es vermieden, dem für den Augenblick wichtigen gesetzgeberischen Gedanken der Vorlage, nämlich der Hinein arbeitung der bisherigen Steuerzu- schlägeindcnTarif.ein Nein entgegenzusctzen, so erklärte Aog. Keil den festen Willen der Ratio- nalliberalen, die dauernde Beibehaltung der Steuer.Zuschläge glatt abzulehnen. Lieber ein Provisorium von etwa drei Jahren! Das ist freilich ein wenig sonderbar, denn soviel wir uns erinnern, wurden vordem Gesetze verlangt, daß dem bisherigen Provisorium eine Grenze gesetzt und es alsbald durch eine endgültige Regelung ersetzt werde. Das ist einer der Widersprüche, die den Par- lamentariern unterlaufen und die nur von den ser vilen Parlamcntsanbetern, die aus jeder kleinen menschlichen Unzulänglichkeit auf seiten einer gegne rischen Partei oder der Regierung einen Eleianten machen, übersehen werden. Auch teilen die Ratio- nalliberalen die Hoffnung nicht, daß durch die Ver besserung der Veranlagung, namentlich die Be rufung oon technischen Beamten an di» Spitze aller Veranlagunoskemmissioncn an Stell« des Landrats, die Ergebnisse der Einkommensteuer eine Höhe erreichen werden, die den Verzicht auf di» Zuschläge gestattet. Auch die nationalliberal» Partei billigt im. übrigen die Ausdehnung der An zeigepflicht der Arbeitgeber. Also auch hier dringt d«r ethische und der soziale Gedanke durch. Das. was für den Arbeiter in steuerlicher Beziehung recht ist, ist den Privatangestelltcn mit einem Einkommen über 3000 -4t billig. Eine Ausöehnuna des Prinzip» etwa bis zur Auskunstscrtcilung von Sparkasten und Bankiers — wie cs oon der Regierung noch gar nicht vorgeschlagen ist — wurde freilich vorsichtshalber schon jetzt abgewiesen. Eine Kampfansage an di« Regierung war die Rede Keil» nicht. Dazu war st« viel zu sachlich und zu ruhig oorgetragen; im Verein mit dem neulichen Auftreten des nationalliberalen Führers Friedberg läßt sie aber doch erkennen, Last der Draht zwischen den Nationalliberalen und dem aus dieser Partei hcroorgeganqenen Finanzminister Lentze. der vom Magdeburger Obervürgermeisteramt ins Kastanienwäldchen berufen wurde, zerrissen ist. Ander» als amtliche Beziehungen scheinen nicht mehr
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