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tL lg. U Die „Dttendsrfcr Zeitung" erscheint Dienstag, Donners- lag und Sonnabend abends. Bezugspreis vierteljährlich z Mark. Durch die Post bezogen 1,20 Mark. Annahme von Inseraten bi, vormittag zo Uhr. Inserate werden mit w Pf. für die Sxaltzetle berechnet Tabellarischer Satz nach be sonderem Tarif. Lokalzeitung für die Ortschaften Ottendorf-Okrilla mit Moritzdorf und Umgegend. Mit wöchentlich erscheinender Sonntagsbeilage „Illustriertes Unterhaltungsblatt", sowie der abwechselnd erscheinenden Beilagen „Handel und Wandel", „Feld und Garten", „Spiel und Sport" und „Deutsche Mode" Druck und Verlag von Hermann Rühl« in Groß-Vkrilla. Für die Redaktion verantwortlich Hermann Rühle in Groß-Gkrilla. e schon la. re -81r. Ochsen Kälber ammen je 50 Mk., n und chlacht- gewicht ) M., chlacht- »gewicht >4 bis 3 Mk., iflslos neuer, t72 bis amscher s 205, 000 kz 1-140 ußischer ste, pro schie ne und l-140 c, alter, »sstscher, 8 netto. bkörnig, Buch« indischer tOOO^z 190 bis »al, pro )— 235 Laplata öol, pro Raps, », rund, . 16,50 to ohne -13,20- .e Sack, Roggen« - 12,20- Artikel hen sich 50 Kilo! >5. Heu 30-34. Gasthofs sür alle Nr. 47. Mittwoch, den 19. April 1905. 4. Jahrgang. Sertliches und Sächsisches. Dttendorf-Vkrikla, rs. April izor. — Wegen Verdachts der Brandstiftung sowie des Versicherungsbetruges wurde der Hausbesitzer Karl Freyer, dessen Grundstück vor kurzem abbrannte, in Haft genommen. — Nun sind sie so ziemlich alle wieder da, unsere gefiederten Freunde, Der Star war der erste, der eintraf; ihm folgten der Storch und die Lerche, und vor ihnen hatte schon der Kiebitz mit der Bachstelze Quartier gemacht. Die Bekassine, die Waldschnepfe, da« HauS- rotschwänzchen, der graue Steinschmätzer und die Singdrossel haben gleichfalls jüngst ihren Einzug bei uns gehalten, Und nun ist auch die Rauchschwalbe da. Es folgen bald die Rohrdommel, Grasmücke, der Gartenrotschwanz Wachtelkönig, Goldammer, Wendehals und die Königin des Gesanges Frau Nachtigall. Später noch als sie kehren Turmschwalbe und Wachtel zurück, als letzter für unsere Gegend, »st Anfang des Wonnemonats, der Pirol — Die Vergütung für die im Monat April dieses Jahres an Militärpferde zur Ver abreichung gelangende Marschfourage beträgt für je 100 kß Hafer 15 Mk- 69 Pfg., Heu 10 Mk. 50 Pfg., Stroh 5 Mk. 99 Pfg. — Vom 17. bis 19. September hält der Verband deutscher Bierhändler einen Kongreß ab, mit dem eine Ausstellung verbunden sein soll. — Die Betriebsmittelgemeinschaft. Anfang Mai und zwar noch vor der Konferenz über die Personentarifresorm findet, wie der „Brest. Gen,-Anzeiger erfährt, in Freiburg eine Sitzung des die BetriebSmittel-Gemeinschaft der deutschen Eisenbahnen vorberatenden AuS- fchusseS statt. Die ganze Angelegenheit soll Üch in einem dem befriedigendes Abschluß sehr günstigen Stadium befinden. Ueber die Be deutung der Frage gibt die Tatsache einen Begriff, daß eS sich bei der Gemeinschaft um die Umlegung oon 500 Millionen Mark jährlich handelt. — Lehrling oder jugendlicher Arbeiter? Es ist verschiedentlich vorgekommen, daß Hand« wttker junge Leute, welche die Absicht haben, das betreffende Gewerbe zu erlernen, nicht wehr als Lehrling, sondern lediglich al- jugendliche Arbeiter in Beschäftigung nehmen. Es geschieht dies, weil die Lehrherren nicht die Wichten auf sich nehmen wollen, welch« das Gesetz ihnen den Lehrlingen gegenüber auf- "legt. Deshalb mag hier ausdrücklich darauf hingewiesen sein, daß die Ausbildung eine« ordentlichen Handwerkers notwendigerweise die Ableistung einer in der Regel auf drei Jahre festgesetzten Lehrzeit vorauSsetzt und daß eine Beschäftigung als jugendlicher Arbeiter nicht die Vorteile für einen jungen Mann mit sich dringt, die er für sich aus einer Beschäftigung ul« Lehrling erlangen kann. Einesteils bietet schon der Lehrvertrag die Gewähr für eine andauernde, Unterbrechungen nicht unterworfene Ausbildung, wohingegen ein nur als jungend- ücher Arbeiter angenommener junger Mann darauf keinen Anspruch hat; andererseits ist uur jein Lehrling, nicht auch ein jugendlicher Arbeiter zur Ablegung der Gesellenprüfung be- kechtigt, welche nach den Bestimmungen der Reichsgewsrbeordnung die unumgänglich- Vor aussetzung bildet zur Erlangung des Rechtes, Merhin auch selbst einmal Lehrlinge anleiten i" aürfen. Ferner können zur Meisterprüfung swi deren Ableistung die Berechtigung zur Mrung des Meistertitels verbunden ist, nur ialwe Bewerber zugelaffen werden, welche zuvor die Gesellenprüfung bestanden haben. Eltern und Vormünder von jungen Lellten, welche sich dem Handwerksberufe widmen wollen, werden darauf bedacht sein müssen, daß ihre Wegebefohlenen stets als Lehrling« und nicht bnr als jugendliche Arbeiter in Beschäftigung genommen werden. Der Lehrvertrag ist , '.^isillch in drei gleichlautenden Stücken ab« ^schließen, von denen der Lehrherr «in Stück binnen einer Woche nach der Vollziehung, wenn er Mitglied einer Innung ist, bei dieser und, wenn er keiner Innung angehört, bei der Gewerbekammer einzureichen hat. Die Ünter- laffung der Einreichung des Lehrvertrages an die Innung beziehungsweise an die Gewerbe kammer wird bestraft, ebenso wie ein Lehrherr bestraft wird, der den Lehrvertrag nicht ordnungsmäßig abschließt. Oberpoyritz b. Pillnitz. Ein grauen hafter Mord und Selbstmordversuch ist Freitag morgen kurz nach 6 Uhr vorgekommen- Die Frau de» Privatu« Jähnichen (geborene Hofmann) aus Lohmen hat während einer kurzen Abwesenheit ihres Manne« ihr ein Jahr altes Töchterchen auf eine Bank gelegt und ihm in einem Anfalle geistiger Gestörtheit mit einem Beile den Kopf abgehackt. Das Kind hatte außerdem mehrere Wunden. Darauf hat sich die Frau mit Petroleum be gaffen und angezündet. Als der Mann zurück kam, fand er die Frau in helleu Flammen vor. Obgleich die Frau noch gerettet werden konnte; ^hat sie doch sehr bedeutende Brand wunden erlitten. Es ist sehr fraglich, ob sie mit dem Leben davonkommt. Sonnabend mittag hat man sie nach dem Sonnenstein bei Pirna gebracht, während da» Kind in die Leichenhalle übergeführt wurde. Die Eheleute Jähnischen halten im hiesigen Orte jahrelang eine Wirtschaft und privatisieren erst seit einigen Jahren. Das Ehepaar hat außer dem erschlagenen Mädchen noch einen Knaben im Alter ivon 4 Jahren, der während der Tat unmittelbar daneben schlief. Die Leute sind in guten Verhältnissen und auch das familiäre Leben ließ nichts zu wünschen übrig. Schandau. Der vergangene Sonnabend war für die Schiffahrt auf der Elbstreck« Tetschen-Schöna ein verhängnisvoller Tag. Dicht an der Landesgrenze kollidierte «in bergwärts fahrender Kettendampfer mit einer zu Tal treibenden Prahme. Die letztere wurde zerrissen und mußte an das Ufer ge bracht werden. Eine Anzahl Stämme gingen verloren. Der Keltendampfer erlitt einen Steuerbruch. Außerdem wurde die Kette beschädigt. Die zu Berg fahrenden Schlepp züge mußten infolgedessen bis in die 10. Abend stunde liegen bleiben. Dir Talfahrt war nur kurze Zeit beengt. Kipsdorf. Hier bat der Gemeinderat die Erbauung einer Kirche nach dem vom Architekt Lepon unentgeltlich auSgearbeiteten Projekts beschlossen. Herrnhut. Die feierliche Eröffnung eine« Altertums-Museum», da» im hiesigen „Brüder- Hause" untergebracht ist, hat am Mittwoch stattgefunden. Da» Museum enthält Gegen stände, welche für die Geschichte des Orte» Herrnhut und auch für die Kulturgeschichte der Lausitz sehr interessant sind, Bemerkenswert ist «in zweistöckige» Bauernhaus, das mit Möbeln au» dem Jahre 1750 auSgestattet ist. Ferne: besteht die Sammlung aus alten Ur kunden, Geschirren aus Porzellan, Ton und Zinn, Gewehren alter Konstruktion und Silber sachen au» alter Zeit. Auch das bei dem großen Brande de» Brüderhauses im Januar dieses Jahres gereitete charakteristische Glocken türmchen hat hier Aufstellung gefunden. Löbau. Im Dorfe Altlöba bei Löbau ist ein Gutsbesitzer Lehmann unter den Anzeichen einer Gehirnhautentzündung erkrankt; da zur Zeit in einem Teile Schlesiens die Genickstarre gefährlich auftritt, so verbreitete sich im betreffenden Orte und in Löbau da» Gerücht, daß eS sich im vorliegenden Orte ebenfalls um Genickstarre handele. Nach ärztlichem Aus spruche ist jedoch Genickstarre noch nicht mit Bestimmtheit hierbei zu konstatieren gewesen. Kesseladorf. Bei einem Neubau konnte der erforderliche Grund nicht gefunden werden; jedenfall» ist an dieser Stelle vor über 100 Jahren ein Steinbruch in Betrieb ge wesen, dessen Masse zum Bau der Dresdner Straße (eine sogenannte Napoleon-Straße ver wendet worden ist. Bei der Unmöglichkeit, -in großes Wohngebäude zu errichten, muß der Besitzer alles dem Erdboden wieder gleich machen, auch das bereits fertige Hintergebäude mit Werkstatt und Motorbetriebseinrichtung soll wieder abgebrochen werden. Meerane. Hier bewilligte das Rats kollegium der dortigen Freiwilligen Feuerwehr zur Abhaltung des Sächsischen Feuerwehrtages eine städtische Beihilfe von 2000 Mk. Tannenbergsthal. Von einer umfallenden Schaukel erschlagen wurde das achtjährige Töchterchen des Fabrikbesitzers Meinel. Werdau. Der bisher in der Hertelschen Eisengießerei in Arbeit stehende Former Gall mann, der im Kontor Lohndifferenzen gehabt hatte, stellte sich hinter einem Zaune auf und bewarf von dort aus das Kontorpersonal beim Verlassen des Kontors mit Steinen, wobei der Buchhalter Orth getroffen und so schwer ver letzt wurde, daß er sofort zusammenbrach und zunächst in die Hertelsche Villa getragen, von da aber später in seine Wohnung gefahren werden mußte. Auch der Buchhalter Dürre wurde durch einen Steinwurf verletzt. Gall mann kam zur Haft. Zwsckau, Die gerichtliche Sektion der Leiche der achtjährigen Tochter des Hand arbeiters Heymann in der Olgmann-Straße im Stadtteile Mariental hat ergeben, daß das Kind infolge überreichlichen Alkoholgenuffes gestorben ist, doch ist eine Schuld der Eltern hieran nicht erwiesen. Schnarrtanne b. Auerbach. Einen Mord versuch unternahm hier ein Mann namens Spitzner auf seine ehemalige Haushälterin aus Aerger darüber, daß diese ihn zu Weihnachten verlaffen hatte. Er brachte der nichtsahnenden Frau in deren Wohnung mehrere Stiche mit dem Messer in die Schulter und Brust bei, die aber, wie festgestellt worden ist, nicht lebens gefährlich sind. Spitzner wurde verhaftet. Plauen i. V. Als Kautionsschwindler wurde hier ein vorbestrafter Handelsmann sest- genommen. Der erfindungsreiche Geschäfts mann, der einen ganz unbedeutenden Futter mittelhandel betreibt und weder Lager noch Kontor hat, suchte durch Zeitungsinserate für sein „gutgehendes" Geschäft in „VertrauenS- stelluugen" einen jungen Mann, ^welcher eine größere Kaution stellen könne, und einen Kutscher, der ebenfalls Gelder zu hinterlegen hatte, Für beide Stellungen fanden sich Leute und der Schwindler heimste fast 1000 Mk. Kaution «in, die er sofort in seinem Nutzen verwandte. Er wurde verhafet. Nus der Woche. Roschdjestwenskys Fahrt und Marokko haben der verflossenen Woche die Signatur aufge- drückt. Alle Welt war überrascht, daß Rosch djestwenskys Flotte plötzlich bei Singapore, also am Eingang der südchinesischen Gewässer, er schien. Tausende Pfund Sterling sind von den großen Zeitungen ausgegeben worden für Spezialmeldungen, ob die Ruffenflotte in zwei Abteilungen getrennt sei, oder ob die sieben großen Schlachtschiffe sich inmitten des Ge schwaders befinden. Die Marineverständigen konnten sich des langen und breiten über die Ziele und Aussichten der neuaufgetauchten Russenflotte ergehen und allgemeine Ueber- raschung verursachte es, daß man von Togos Flotte gar nichts mehr erfuhr. Eine von dem „Amsterdamer Handelsblatt" eingeleitete See schlacht bei den Anamba-Jnseln ist auf dem Papier stehen geblieben, wodurch den Japanern vier große Kriegsschiffe erhalten geblieben sind, die in den Gerüchten von den mörderischen Geschützen der Russen kaput gemacht worden waren. In Wirklichkeit hat sich Roschdjestwenbky mit seiner ganzen Flotte nordwärts gewendet und man erwartet in den allernächsten Tagen srinen Zusammenstoß mit Togo. Auf Prophe- zeihungen wie's kommt, wollen wir uns lieber nicht einlaffen. Vom humanen Standtpunkt aus möchte man hoffen, daß RoschdjestwenSky keinen Erfolg habe, denn ein solcher würde nur den Friedensschluß hinauszögern. Wenn in diesem Wunsche eine Parteinahme für die Japaner zu liegen scheint, so ist dieselbe gänzlich unverdient. Die papanischen Zeitungen die sich wahrhaftig über Sympathiemangel für sie bei den Deutschen nicht beklagen können, nehmen in der Marrokkofrage ganz einseitig für Frankreich Partei. Schlau ist ja die gelbe Raffe und es kann sehr wohl sein, daß sie sich mit dieser StellungSnahme bei den Franzosen, den Verbündeten Rußlands, beliebt machen will. Die Marokkofrage selbst ist ein auf- gebauschtes Nichts; das Recht Deutschlands dabei ist so sonnenklar, daß man darüber keine Worte zu verlieren braucht. Deutschland will in Nordwestafrika keine politischen oder Handelsvorrechte, aber es verlangt gleiche Rechte mit allen anderen Nationen, die dort Handel treiben. Der dortige Sultan ist offenbar geneigt diese Forderungen Deutsch lands zu bewilligen und will dagegen von den französischen Forderungen nichts wissen, durch deren Gewährung Marokko zu Frankreich in ein Abhängigkeitsverhältnis geriete. Der Ursprung der ganzen Affäre liegt weit zurück, Man wird sich erinnern, daß Kaiser Wilhelm, als er nach seinem letzten Besuche in Rußland heimkehrte, vom Schiffe aus nochmals den Zaren begrüßte und zwar mittels Signale und mit den Worten: „Der Admiral des Atlantischen Ozeans grüßt den Admiral des Stillen Ozean«!" worauf der kühle Rückgrub erfolgte: „Glückliche Reisel" Der Zar ist eben nicht so temperamentvoll wie Kaiser Wilhelm, der auch eine blumenreiche AuS- drucksweise besitzt. In England hatte der Kaisergruß zurzeit mächtig verschnupft, denn die Engländer beanspruchen bekanntlich, die Groß admirale auf allen Meeren zu sein. Seit jener Zeit begann in England das Eifern gegen die Ausgestaltung der deutschen Flotte; die al» gegen England gerichtet angesehen wurde und heute noch nicht verstummt ist. Der Unmut darüber wurde von den Engländern bald auf die Franzosen übertragen, die allerdings klug genug waren, über den.deutschen Flottenausbau nicht zu lamentieren, die dagegen ihre Position im Atlantischen Ozean dadurch zu verstärken suchten, daß sie sich heimlich mit Eugland wegen Marokko» ver ständigten. England ist bekanntlich gegen seine Freunde sehr freigebig und hat das ihm nicht gehörige Marokko an Frankreich verkauft. Als kleine Gegenbedingung hat es sein endgültiges Festnisten in Aegypten ausgedungen. Frankreich besitzt schon seit seinem famosen Bürgerkönig Louis Philipp Algerien, es hat unter der dritten Republik auch Tunis in volle Abhängigkeit von sich gebracht und zur Ab rundung seines nordafrikamschen Besitzes könnte es Marokko ganz gut gebrauchen- Jetzt kommt plötzlich Deutschland, tritt mit den Sultan direkt in Verhandlungen und macht so einen großen Querstrich durch den englisch-französischen Marokkovertrag, den es für sich als bindend nicht anerkennt. Delcaffs möchte jetzt mit Deutschland verhandeln, aber die Deutschen sollen ihm kommen. Dazu haben wir aber gar keine Veranlassung. Präsident Loubet hatte dieser Tage die Liebenswürdigkeit, seine Loge in der Pariser Oper dem deutschen Botschafter Fürsten Radolin zu überlasten: der hat das Anerbieten dankend angenommen. Delcasts gab dieser Tage ein Diner, zu dem Fürst Radolin und Gemahlin geladen waren und kamen. Wahrscheinlich haben Radolin und Gemahlin gut gegessen und sich auch artig mit Herrn Delcassd unterhalten, natürlich nur nicht über Marokko. Hoffentlich brauchen wir uns auch nicht mehr allzulange über Marokko unterhalten, den die Sache wird nachgerade öde.