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Wemmer Anzeiger und Zertrmg fnr Seifersdorf, Groß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz ete. 10. Jahrgang Dienstag, den 19. Januar 1897. Nummer 7. Bei der Sparkasse zu Rabenau wurden im Monat Dezember 1896 350 Einzahlungen im Betrage von 17,608 Mk. 38 Pf. geleistet, dagegen erfolgten 137 Rückzahlungen im Betrage von 21,502 Mk. 25 Pf. Die SParkassen-Berwaltung das. Bekanntmachung. Eingegangen ist: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen. 14. Stück voin Jahre 1896, enthaltend: Nr. 79. Kirchengesetz, die Festsetzung des Mindestbe trags des kirchendienstlichen Einkommens der Kirchschul lehrer und anderer mit dem Kirchendienst beauftragter Per sonen betr. Nr. 80. Verordnung, die Enteignung von Grund eigenthum für Verbesserung der Krümmungsverhältnisse im Kurvendreiecke bei Werdau betr. Nr. 81. Verordnung, die Abtretung von Grundeigen thum zum Umbau der Linie Klotzsche-Königsbrück in eine normalspurige Eisenbahn betr. Nr. 82. Kirchcngesetz, das Besetzungsverfahren bei geistlichen Stellen betr. Nr. 83. Bekanntmachung, das über das Besetzungsver fahren bei geistlichen Stellen unter dem 8. Dezember 1896 erlassene Kirchengesctz betr. Ferner ist eingegangen: Reichs-Gesetzblatt. Nr. 38. Bekanmmachung, betr. die dem internatio nalen Uebereinkvmmen über den Clsenbahnfrachtverkehr bei gefügte Liste. Bekanntmachung, betr. Ausnahmen von dem Verbote der Sonntagsarbeit im Gewerbebetriebe. Bekanntmachung, betr. Ausführungsbestimmungen zur Gewerbeordnung. Nr. 39. Verordnung über die Kautionen von Be amten beim Kaiserlichen Patentamt. Berichtigungen. Nr. 40. Bekanntmachung, betr. die Zulassung von Werthpapieren vom Börsenhandcl. Diese Eingänge liegen 14 Tage lang zu Jedermanns Einsicht hier aus. Rabenau, den 16. Januar 1897. Der Bürgermeister. Aus unserer Gegend. — Die Freiwillige Feuerwehr der Sachs. Holz industrie-Gesellschaft hielt am Donnerstag den 14. d. Mts- ihre ordentliche Generalversammlung im Dorn'schen Lokal ab. Nach Verlesung des Jahresberichts, Cassenberichts und Bericht des Zeugwarts fand die Neu- resp. Wiedtwwahl von 6 Vertrauensmännern statt; als gewählt gingen hervor die Kameraden O Gerisch, Kappner, Herm. Gerisch, Löschner, Walbert und Irmer. Es erhielten ferner die Auszeichnung des Landcs.msschusses für ununterbrochene 10jährige Dienstzeit die Kameraden Eitelbcrg, Herm. Gerisch und Iuhrich und die Auszeichnung der Com pagnie für 5jährige ununterbrochene Dienstzeit die Kameraden Rabe, Fischer, Osw. Gerisch, Drescher, Richter, Preusch'e, Mor. Dietrich, Groß und Bvurquain. Darauf folgte noch die Erledigung einiger interner An gelegenheiten und gegen 10 Uhr Schluß der Versammlung. Aus dem Jahresbericht entnehmen wir noch Folgendes: Es wurden im Jahre 1896 7 Gesammtübungen abgehalte», an denen sich in Sa. 302 Mann betheiligten. Entschuldigt und wegen Krankheit fehlten 50 Mann, unentschuldigt 11 Mann; ferner wurden abgehalten 1 Generalversammlung, 5 Monatsversammlnngen, 6 Ausschußsitzungen, 1 Theater wache a. d. König Alberthöhe zum Maskenball (12./2. 96), 1 Gewitterwache in der Fabrik. Um auch die Bedienung der Hydranten schulgerecht einzuüben, war durch Vermitt lung des Herrn Brandmeister Hermann in Dresden der Oberfeuerwehrmanu Berthold der Dresdener Berufs-Feuer wehr gewonnen worden, welcher in vier anstrengenden Hebungen 3 Bedienungs-Abtheilungen in Anwesenheit sämmt- licher Chargirter an dem von der Stadt Rabenau beschafften, von Herrn C. A. Schöne in Dresden gelieferten, Hydranten- Wagen praktisch einexercirt. Den betreffenden Abtheilungen sei an dieser Stelle nochmals für ihre Opfer an Zeit und anstrengender Arbeit der Dank der Compagnie ausgesprochen. Am 31. Oktober und 1. November 1896 wurde durch die Chargirten eine Revision der Hydranten nach etwa im Standrohr angesammeltem Wasser vorgenommen und letz teres bei den betreffenden Hydranten abgelassen und aus gepumpt. Eine Deputation von 5 Mann unter Führung des stellvertretenden Hauptmanns Bär wohnte am31./10. 96 der Uebung der Freiwill. Feuerwehr, Deuben, bei. Diese Uebung sollte unter Berücksichtigung der Gefahren statt finden, welche den mit den Löscharbeiten beschäftigen Leuten durch Berührung mit der Starkstromleitung des Electritäts- werks erwachsen können. Eine Alarmirung zur Hilfeleistung bei Bränden sand im Lanfe des Jahres 1896 nicht statt. — Seinen 90. Geburtstag feierte vor einigen Tagen in Zschaitz bei Döbeln der Rentner Kurth. Aus seiner Jugendzeit weiß der Jnbilar sich noch ganz genau darauf zu besinnen, wie Napoleon I., der einen Schimmel ritt, in der Piskowitzer Delle bei Meißen mit seinem ganzen Heer an ihm vorüberzog. Kosaken, die später in Baderitz, sei nem Geburtsorte, ihr Wesen trieben und die Kinder sehr lieb hatten, haben ihn täglich zum Baden mitgenommen. Besondere Verwunderung des Knaben riefen diese Kriegs völker dadurch hervor, daß sie die Butter mit den Fingern auf das Brod strichen. Den stärksten Winter hat K. 1829/30 erlebt. Damals sind in einer Nacht die meisten Bäume unter kanonenschußähnlichem Krachen auseinander geborsten, während die Sperlinge wie hingesäet todt vor den Scheunen lagen. Als man am Morgen zum Dreschen gehen wollte, zerbrachen die Flegel wie Glas. (Nachdruck verbalen.) Meine osficielle Frau. Roman von Col. Richard Henry Savage. „Ich wäre ohne Paß in Rußland zurückge blieben und als „clsela88vs» dem ersten besten Polizisten verhaftet und eingesperrt worden. Sie sind drauf und dran gewesen, mich in diesem fremden Land im Stich zu lassen und den Paß mitzunehmen, auf dem sowohl Ihre eigene als auch meine Sicherheit beruht. Während Sie ungefährdet nach Berlin zurückgefahren wären, hätte man mich in einen russischen Kerker ge worfen." Dann fügte sie traurig hinzu: „Was glauben Sie, was Dick Gaines dazu sagen würde, daß Sie seine Frau in dieser Weise behandeln?" „Dick Gaines?" stammelte ich. „Ja," erwiderte sie, „Dick Gaines, Ihr aller Stuben kamerad von West-Point im Jahre 65. Mein Mann hat mir stundenlang von Ihnen erzählt, Arthur Bainbridge Lenox! Als Sie mir vorhin Ihren Familiennamen nann ten, fiel mir alles wieder ein, was Dick von Ihnen be richtet hat, aber ich wollte Ihnen erst verrathen, wer ich bin, wenn ich in Wilna Ihre Hand in die Dick's legen konnte. Da Sie aber durch die Bemerkung des Obersten über falsche Pässe in solche Angst versetzt worden sind, halte ich es für meine Pflicht, Sie darüber zu beruhigen, daß Sie kaum in ernstliche Verlegenheiten gerathen können, wenn Sie Ihrem alten Stubenkameraden seine Frau nach Wilna bringen." Wohl spendeten mir diese Worte Trost und Erleich terung, aber sie beschämten mich auch. Wie hatte ich nur wagen können, an diesem unschuldigen Geschöpf zu zweifeln! Dick Gaines war mein alter Stubenkamerad aus der Kadettenzeit, und obgleich ich ihn seit etlichen Jahren aus dein Gesicht verloren hatte, war mir doch bekannt, daß er bei irgend einer Petroleumbohrung in Baku betheiligt war, was mir seine Anwesenheit in Ruß land ganz natürlich erscheinen ließ. Möglicherweise hatte die Dame meine Selbstvorwürfe auf meinem Gesichte gelesen, wenigstens sagte sie mit lachender Stimme und lachendem Auge: „Für was haben Sie mich denn eigentlich gehalten? Für eine Abenteuerin? Für eine Nihilistin? Schnell, gestehen Sie — was haben Sie gedacht, daß Dick Gaines Weib eigentlich sei?" „Da- kann ich am besten dadurch' erklären, daß ich Ihnen sage, ich halte Dick Gaines für den glücklichsten Mann unter der Sonne, rief ich nun völlig unbefangen pnd vertrauensvoll. Nun war es natürlich leicht für mich, meiner Fran zu erklären, daß ich der Gattin meines Stubenkameraden Dick Gaines aus einer Verlegenheit geholfen habe, und wohlgefällig rnhten meine Augen auf ihr, als sie mir plötzlich ein reizendes kleines Taschenbuch gab rurd sagte: „Bitte, lösen Sie mir eine Karte nach St. Petersburg." „Aber Sie bleiben ja in Wilna," stammelte ich. „Gewiß, ich bleibe in Wilna, aber der Oberst muß doch denken, ich reise niit Ihnen nach der Hauptstadt, denn er hält mich ja für Ihre Frau. Ich habe nämlich nicht gewagt, den Oberst in Betreff Dick Gaines in mein Vertrauen zu ziehen," sagte meine schlagfertige Geführt»! mit spitzbübischem Lächeln. Sv ging ich also hinaus und erwarb meiner higbschen Schutzbefohlenen eine Fahrkarte um ihr eigenes Geld, denn das mir übergebene Taschenbuch war mit ^mndert- rubeffcheineu angefüllt; gleichzeitig sandte ich eir, Tele gramm an meine Frau. Obgleich ich nun üb-er Dick Gaines' Gattin völlig beruhigt war, getraute ich vuir doch nicht, meiner eigenen Hausehre mehr zu telegraphä.ren als „Eydtkuhnen. Glücklich angekommen." Die Adresse lautete: „Lenox per Adresse Drexel, Harjes und Compagnon. Paris." Das Blut stieg mir in die Wangen bei dem Ge danken, daß ich es nicht wagen durfte, einen Brief an mein eigenes Weib zu schreiben, bis ich mich ans der merkwürdigen Verwickelung herausgewunden haben rvürdc, die die rassische Polizei zu der Annahme berechtigt, ich habe im Reiche des Zaren eine andere Frau. Dann telegraphirte ich auch an die Welets ky in Petersburg: „Ankunft morgen Abend, sieben Uhr." Völlig ruhig in meinem Gemüthe, steckte ich m ir eine Cigarre an, schlenderte in den Speisesaal zurück unL ge leitete meine untergeschobene Ehehälfte sorgsam und liebe voll nach dem Zug, wo schon der galante russische Würden träger auf sie wartete und Sorge trug, daß sie ensprechend empfangen und ihr der beste Raum in einem der bunten, geränmigen Wagen angewiesen wurde. Mit einer wahre» Flittcrwochenbeflissenheit hüll te ich ihre reizende Gestalt in wanne Decken und rief finstig: „Was würde Dick Gaines dazu sagen?" Darauf brach sie in ein unbezähmbares, kindliches Gelächter ans, was mir riesig gefiel, den» welcher ' Veteran freut sich nicht, wenn seine Späße Anklang finden ? Drittes Capitel. Von unserem Gelächter angelockt, trat der Oberst, nachdem er zuvor höflich angepocht hatte, in uns« a Coupö, als sich der Zug in Bewegung setzte. Ueber die Schulter meiner hübschen Gefährtin hinweg sah ich zum Fenster hinaus, aber der erste Anblick, den mir Rußland gewährte, war keineswegs verlockend. Durch die russische Hälfte der Grenzstadt hinaus, rollte» wir auf dem von dem ungeduldigen Finger des großen Autokraten Nikolaus bezeichneten Weg dahin. Nach und nach ver änderte sich der Charakter der Landwirthschaft; russische Verwahrloosung trat an Stelle der deutschen Wohlhaben heit; niedere, wellenförmige Hügel, trübselige Birkenwälder, einsame Seen, frostige Tümpel, vereinzelte schilfbewachsene Sümpfe gaben zusammen ein düsteres Bild. Alle paar Minuten kamen wir an klemm Dörfern vorbei, die aus etlichen zwanzig unsauberen Blockhütten bestanden, und in deren Nähe armselig aussehendes Vieh auf den erfrore nen Felder» hin und her lief. Ungeschlachte Bauern in schmutzigen Schaffellen und Wasserstiefeln stierten uns nach, während wir immer weiter und weiter sausten. Der Oberst und Helene plauderten munter, und ich wendete meine Blicke von dem wenig ansprechenden Bild draußen ab und ließ sie auf die Zauberin im Wagen ruhen, denn ich fand meine vorgebliche Gattin hübscher als je. Sie hatte ihre Schuba abgeworsen, und nnn sah man, daß ihre biegsame, amnuthige Gestalt doch die eines reiferen Weibes war, und daß man sie — wäre nicht die kindliche Unschuld ihrer Züge gewesen — auf mindestens fünfundzwanzig Jahre hätte schätzen müssen. Obgleich sie lebhaft sprach, war sie doch wie ermüdet auf ihren üppigen Sitz zurückgcsunken, fast als fühle sie sich von irgend welchem Zwang oder einer Gemttthserregnng befreit, was ich der Angst zuschrieb, die sie ausgestanden hatte, ehe sie sicher über die Grenze war. Unterdessen kam der Oberst wieder auf unseren Aufenthalt in St. Petersburg zu sprechen. „Amerikaner Ihres Standes stehen an der Neiva hoch in Gunst; ich denke, Ihnen, Herr Lenox, wird es in unserer Hauptstadt gefallen und der gnädigen Frau noch viel mehr." „Wirklich," gab Helene zurück, „und warum das?" „Weil wir gar viele schmucke Offiziere in unserer Hauptstadt haben," erwiderte der Oberst mit liebens würdigem Grinsen, „und weil Bälle, Gesellschaften Schlittenfahrten nach den Inseln, fortwährende Huldi gungen von klirrenden Sporen, funkelnden Epauletten und großen Schnurrbärten jeder Frau ein Paradies bedeuten. Ich habe die Koffer der gnädigen Frau gesehen und weiß deshalb, daß sie in voller Kriegsrüstnng naht." (Fortsetzung folgt.)