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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 03.10.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-10-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18961003020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896100302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896100302
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-10
- Tag 1896-10-03
-
Monat
1896-10
-
Jahr
1896
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Be-ugS-PreiS G der HauptexprLition oder den im Stadt« bezirk «d dm Vororten «tchktm »ad« aabestellm abgebolt: vierteljährlich^l<.SO. bei »weimaliger täglicher Zuktellaag in« LLO. Lurch die Post bezogen für Deutschland «nd Oesterreich: vierteliäbrlich Littet« tägliche Kttuzbaadseadang i»A tzkmlaud: «oaatltch ^l 7L0. Li« Morgen-ToSgab« erscheint um '/,7 Uhr, di« Admd-Auggob« Wochentag« um S Uhr. Nrdtittto« >«r Lr-e-Mo«: 2«han«e»gasse 8. LI« ihpebttio» ist Wochentag« ununt«rbrochm G^knet von früh 8 bi« Abend« 7 Uhr. Filialen: Dtt, Klemm'« Lortim. (Alfred Hahn). Upiversität-straß« 3 (Paulinum), Louis Lösche, Kaibartnmstr. 14, Part, und Königsplatz 7- 505. Abend-Ausgabe. MWM.TaMM Anzeiger. Amtsblatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Ruthes «nd Nolizei-Ämtes der Lindt Leipzig. Sonnabend den 3. October 1896. Arrzeigen'Prei- die -gespaltene Petit-etle L0 Pf-. Hieclamen unter demRedactionSstrich («a» spalten) 50 vor d«u Familirnuachrichte» («gespalten) 40^. Größe« Schriftm laut »nsrrem Preis- verzeichuiß. Tabellarischer und Ztft«r»sa- aach höherem Tarts. Extra»Beilage« (gesalzt), nur mU d« Morgen-»««gab«, ohne Postbefürderung ^l sä.—, mit Postbrsörderung ^l 70.—. - SKEW, Aunahmeschluß fiir Anzeige«: Abend-Ausgab«: vormittag« 10 UhL Morgen-Au«gab«: Nachmittag« 4UH« B«i dm Filialen und Annahmestellen j« ei« halbe Stund« früher. Anreise« stad stet» an di« Expedition zu richten. Druck und Verlag von S. Polz l» Lrivzig 90. Jahrgang. DationaUiberaler Delegirtenlag. * Die Resolutionen, die dem nationalliberalen Dele- airtentage von dem Eentralvorstande der Partei vorge« schlagen werden, lauten folgendermaßen: 1) Der nationallibrrale Delegirtentag hält e« unter den gegenwärtigen politischen Verhältnissen für besonder« noth- wendig, die alten Grundsätze zu betonen: da« Vaterland über der Partei, da« allgemeine Wohl über allen Sonder interessen, Unabhängigkeit nach recht« und link« wie gegen über der Regierung; volle Wahrung der constitutionellen Rechte; Bekämpfung jede« Rückschritt« und beharrliches Streben nach stetiger Fortentwicklung aller Einrichtungen de« öffentlichen Leben«; entschlossene Vertretung alle« dessen, w^, die Macht und Sicherheit de« Reiche« und der Schutz de« Deutschthum« gegen Uebergriffe und Anmaßungen, sei e« von welcher Seite immer, fordert; kräftige« Eintreten für alle berechtigten Wünsche und Beschwerden de« Volke«. Die nationalliberale Partei bewahrt ans wirthschaftlichem Gebiete ihren Charakter al- Mittelpartei und muß daher Forderungen zurückweisen, welche in einseitiger Berücksichtigung der Interessen eine« Berufsstande« andere für den Staat gleich wichtige Berufsstände empfindlich zu schädigen oder die Grundlagen unserer VolkSwirthschaft umzustoßen geeignet sind. Derartigen Bestrebungen entgegenzutrrten, erachtet die nationallibrrale Partei für ihre Pflicht, aber ebenso für die Pflicht jeder da« Staat-Wohl allein zur Norm nehmenden Regierung. 2) Die nationalliberale Partei ist nach Maßgabe der Beschlüsse de« Frankfurter Delegirtentage« von 1894 energisch für die Gesetzgebung im Interesse de« gewerblichen Mittel stände« eingetreten, namentlich soweit e« geboten war, den unlauteren Wettbewerb, wie die Auswüchse de« HausirhandelS zu bekämpfen und de» Gewerbebetrieb der Consumvereine einzuschränken. Ihre bisher noch nicht erfüllten Forderungen dieser Art wird die Partei dauernd weiter verfolgen. Sie steht auf dem Boden der Gewerbefreiheit und be kämpft den Befähigungsnachweis, weil er den Handwerker auf ein eng begrenzte« Erwerbsfeld beschränkt und dadurch seine Widerstandskraft gegen die Großindustrie lähmt. Sie erstrebt eine geordnete, vom Geiste der Selbst verwaltung getragene Organisation de« Handwerks in Hand werkerkammern, halt aber die ZwangSinnuuzen de« preußischen Gesetzentwurfs für bedenklich, insbesondere weil dieselben den Keim de» Befähigungsnachweise« in sich tragen und de« Rechte« der freien Innungen zu gemeinsamen geschäftlichen Einrichtungen entbehren sollen. 3) Die nationalliberale Partei hält an der in Frankfurt zum Ausdruck gebrachten Neberzeugung fest, daß sowohl im Interesse des Reichs als der Einzelstaaten eine feste gesetzliche Grenze für da- finanzielle Verhältniß zwischen denselben gefunden werden muß. Auch die aus die Dauer unhaltbare Beschränkung in der Förderung der Culturaufgaben, besonder- in einzelnen Bundesstaaten, läßt die Wiederholung diese« Verlangen« nothwendig erscheinen. 4) Die nationalliberale Partei tritt für eine durchgreifende Reform der Arbeiterversicherungsgesetze, namentlich im Sinne der Vereinfachung derselben, sowie für eine maßvolle, den praktischen Verhältnissen de« Wirtschaftsleben- und der aus ländischen Concurrenz genügend Rechnung tragende Weiter führung der socialen Gesetzgebung, insbesondere auch auf dem Gebiete der Hausindustrie, ein. Die nationalliberale Partei strebt nach wie vor ein ReichS- vereinSgesetz ans liberaler Grundlage an. Sie ist damit ein verstanden, daß zunächst durch particulare Gesetzgebung wenigstens daS Verbot beseitigt wird, welches die politischen Vereine an der Verbindung mit einander hindert. Jedem Versuch einer reaktionären Gestaltung der Vereinsgesetzgebung, wie einer Einschränkung de» CoalitionSrechtS wird sie entgegentreten. 5) Die nationalliberale Partei bekämpft alle Uebergriffe deS UltramontaniSmuS, der neuerdings unter dem Vorwande der „Paritätsbestrebungen" eine Besetzung der Staats- und Reichsämter nach confessionellen GesichtSpnncten erstrebt; sie bekämpft ferner alle Zugeständnisse der Regierungen an den selben im Wege der Gesetzgebung und Verwaltung. Auf dem Gebiete der Volksschulgesetzgebung in Preußen tritt sie für confessionellen Religionsunterricht ein, unter Beibehaltung der Simultanschule, da, wo sich diese geschicht lich entwickelt oder sich naturnothwendig au- dem Charakter einer gemischten Bevölkerung al« zweckmäßigste Form der Volksschule ergiebt. Die verfassungsmäßig gewährleistete Mitwirkung der Religionsgesellschaften am Religionsunterricht ist in der Weise zu regeln, daß der Staat Herr in der Schule bleibt und jede Abhängigkeit de- Lehrerstande« von der Geistlichkeit ausgeschlossen wird. Der Erlaß eine« Lehrer- besoldungSgesetze« ist'fofort »nd vor Einbringung eine« all gemeinen Unterricht-gesetzrS möglich und nothwendig. Die nationalliberale Partei wird bestrebt sein, dafür zn sorgen, daß alle Richtungen innerhalb der evangelischen Kirche vom Staate al« gleichberechtigt anerkannt und be handelt werden. Insbesondere wird sie e« sich angelegen sein lassen, die Lehrfreiheit der evangelisch-theologischen Facultätea mit allen ihr zu Gebote stehenden Kräften zu schützen. 6) Die nationalliberale Partei erkennt die besonder schwierige Lage, in der sich die Landwirthschaft in weiten Kreisen unsere« deutschen Vaterlandes durch da« Sinken der Preise fast aller ihrer Produkte befindet, vollauf an. Im Hinblick auf die hohe Bedeutung, welche der Landwirthschaft im Wirtschaftsleben unsere» Volke«, wie im Interesse eine« gesunden Staat«- und Gemrindeleben« zukommt, erachtet e« die Partei für eine ihrer obersten Pflichten, auf die Ueberwindung der Nothlage hinzuarbeiten. Sie ist deshalb für die Er kaltung und Förderung der großen landwirthschaftlichen Nebengewerbe, der Brennerei und der Zuckerfabrikation, sowie für alle zweckentsprechenden Vorschläge energisch eingetrrten, die dem Landwirtb die Möglichkeit bieten, billiger zu produ« ciren und vorteilhafter seine Erzeugnisse zu verwerthen. Namentlich ist darauf hinzuwirken, daß durch den Ausbau der Binnenwasserstraßen und durch Ermäßigung der Eisen- babntarife die Transportfrage so gelöst wird, daß dadurch die Concurrenzfähigkeit unserer heimischen Erzeugnisse gefördert wird. An den Forderungen, die in den Frankfurter Reso lutionen von 1894 aufgestellt sind, hält die Partei ferner durchaus fest und erachtet es für Pflicht der Reichsregierung und der Landesregierungen, die ihnen zu Gebote stehenden Mittel mit größtem Nachdruck zu benutzen, um eine Linderung der Noth baldigst herbeizufübren. 7) Die nationalliberale Partei tritt ein für die Aufrecht erhaltung der bewährten Reichsgoldwährung. 8) Die hochgesteigerten Ansprüche an die wirthschaftliche Leistungsfähigkeit aller Erwerbskreise machen eine Aus rüstung der wirthschaftlichen Kräfte in Landwirthschaft, Gewerbe und Handel mit einer tüchtigen Fachbildung zur dringenden Nothwendigkeit. Dem landwirthschaftlichen, ge werblichen und kaufmännischen Fortbildungsschulwesen muß deshalb nicht nur feiten« der betreffenden Berusskreise, sondern auch von der Gesammtheit und dem Staate eine größere Aufmerksamkeit als seither zugewendet werden. Insbesondere muß der Staat größere Mittel für die Hebung des Fort- bildung-schulwesenS in Deutschland aufwenden und die Aus bildung geeigneter und ausreichender Lehrkräfte in die Hand nehmen. 9) Die nationalliberale Partei wird die Regierung auf dem eingeschlagenen Wege einer kräftigen und zielbrwußten Handhabung der Colonialpolitik unterstützen. Für va« Präsidium werden dem Delegirtentage vom Centralvorstande die Herren Abg. vr. Krause, vr.Osann und Vr. Aub vorgeschlagen. Politische Tagesschau. * Leipzig, 3. October. Der „Vorwärts" rühmte sich vor einiger Zeit, er habe die „Genossen" stets davor gewarnt, die Agitation für sie Eoeialöemokratie im Heere durch die zum Militair eingezo- qenen Mitglieder der socialdemokratischen Partei oder durch Verbreitung socialdemokratischer Schriften in den Casernen zu betreiben, weil die Erfolge dieser Propaganda in keinem Verhältniß zu den Strafen ständen, welche die Veranstalter für den Fall träfen, daß man sie erwische. WaS e- mit dieser durch die Lage der Verhältnisse neuestens gebotenen reservatio de« socialdemokratischen CentralorganS auf sich hat, lehren die von Zeit zu Zeit bekannt werdenden gerichtlichen Verurthei- lungen von „Genossen" wegen Aufreizung von Soldaten zum Ungehorsam. Jüngst haben wir den Fall erwähnt, in welchem ein Schuhmacher und ein Maurer vom Amts gerichte zu Sondershausen zu je 4 Monaten Gefängniß verurtheilt worden sind, weil sie eine socialdemokratische Flugschrift, „da- Schlachtenjubiläum" betitelt, in der die Ereignisse von 1870/71 in socialdemokratischem Sinne besprochen werden, in einem Hause verbreitet hatten, das al« Standquartier für Soldaten diente. DaS Gericht stützte sich bei seinem Urtheil auf die Thatsache, daß ein Corpsbefehl ergangen war, welcher den Soldaten verbot, socialdemokratische Schriften zu lesen, zu verbreiten oder in ihre Quartiere einzuführen. Da« Reichsgericht hat, wie wir kürzlich berichteten, die gegen daS Urtheil eingelegte Revision verworfen. Man wird kaum annehmen können, daß die ver- urtheilten Arbeiter die Verbreitung der bezeichneten Flugschrift aus eigenem Antrieb vorgenommen haben. Die eigentlich Schul digen werden aber zweifellos dafür gesorgt haben, daß man ihnen nicht- anhaben kann. Solche Verurtheilungen lassen den richtigen Werth der „Warnungen" deS „Vorwärts" er kennen; sie zeigen, daß die Leiter der socialdemokratischen Agitation im Lande sie nicht ander« verstehen, denn al« Ver suche, die Parteileitung im Allgemeinen zu salviren und die Parteicasse vor Ansprüchen zu bewahren, die von „Genossen" erhoben werden könnten, welche dumm genug waren, für Andere sich in Gefahr zu begeben. Wie sehr diese Gefahr durch die vor einigen Monaten ergangenen einschlägigen Er lasse de» Krieg-Ministers sich gesteigert hat, ist bekannt. Ueber den Abschluß de» italienisch-tunesischen HandelS- vertragS schreibt, wie uns aus Berlin telegraphisch gemeldet wird, die „Nordd. Allg. Ztg." anscheinend ofsiciö»: Mit den Vereinbarungen, die dieser Tage in Pari- zwischen Italien und Frankreich geschloffen worden, ist nicht nur die Lösung einzelner aktueller Streitfragen erreicht, sonder» allem Anscheine nach auch die Grundlage gefunden worden, aus der allmählich eine Besserung de« wirthschaft lichen Verhältnisses zwischen beiden Nachbarstaaten auf gebaut werden kann. Nach den au« Rom und Pari« vor liegenden Nachrichten hat an beiden Orten die Presse nicht nur ihre Befriedigung über das erzielte Ergebniß geäußert, da« den verschiedenen in Betracht kommenden Interessen gerecht wird, sondern auch die Hoffnung auSgrdrückt, daß es nunmehr auch zu einer befriedigenden Lösung der übrigen zwischen Italien und Frankreich auf wirth- fchaftlichem Gebiete schwebenden Fragen kommen möge. Wir können uns dieser Hoffnung nur anschließen, einmal, weil es uns erwünscht sein muß, wen» da» mit dem deutschen Reiche verbündete König reich Italien wiederum in normale wirthschaftliche Beziehungen zu , Frankreich tritt, sodann aber, well e« un« nützlich erscheint, wenn die europäischen Mächte auch in wirthschaftlichen Fragen, bei aller Festigkeit in Vertretung ihrer speciellen Interessen, sich der Ge meinsamkeit mannigfacher Ziele bewußt bleiben und darum im Streitfälle die einigenden Momente nicht außer Acht lassen. Diese Auffassung wird auch in einem ebenfalls ofsiciö- anmuthenden Artikel der „Köln. Ztg." vertreten, in welchem r« unter Anerkennung der Thatsache, daß der Neuabschluß deS 1868 mit dem Bey von Tunis vereinbarten Vertrag«, die förmliche Anerkennung der französischen Herr schaft bedeutet, u. A. heißt: Italien hat damit dem FriedenSbedürfniß unserer Zeit seinen Zoll gebracht und sich und ihm ein schöne« Zeuguiß ausgestellt. Sein Verzicht fällt zusammen mit der durch die montenegrinische Heirath de« Prinzen von Neapel angebahnten Annäherung an Rußland, und e» ist möglich, daß die russische Diplomatie auf beiden Griten fördernd eingegriffen hat, aber ihm ging auch, wa« besonder« beachtenSwerth ist, ein Schritt der Dreibundsmacht Oesterreich- Ungarn vorauf, der Italien seine versöhnliche Haltung gegen Frank reich erleichterte und die Lösung vorbereitete. Oesterreich-Ungarn hat nämlich ebenfalls die französische Herrschaft über Tunis dadurch anerkannt, daß es auf da« Recht der Meistbegünstigung, da« ihm der 1856 mit dem Bey geschlossene Vertrag zugestand, verzichtet hat. Damit ist von vornherein dem Einwurf die Spitze abgebrochen, -- Nicht« war dem jungen Herrn unangenehmer al« der Besuch der Dame, der er immer verdrossen gegenüber ge standen, aber er wußte auch, wa« sie seinem Onkel war und hütete sich Wohl, sein Mißfallen durch irgend etwa« zum Aus druck zu bringen. Selbst als er noch ein Knabe, war Sofia Adrejewna niemals mit ihm zufrieden und darum war er «S auch niemals mit ihr. Er gewahrte jetzt ein Bündel Briefe in ihrer Hand und sah sie darum erstaunt an. Er vergaß e« dabei, sie einzu laden, sich niederzusetzen und er dachte erst daran, al« Sofia Petuschkiwna sich langsam, den Blick fortwährend in sein Gesicht gerichtet, in demselben Sessel niederließ, au« dem sie sich bei fernem Eintritt erhoben. „Herr Graf", redete sie ihn an, wa« vor der Reis« um die Welt nie ihre Gewohnheit war, „ich komm« in einer An gelegenheit de« Gemüthe« und de« Herzen« zu Ihnen." Er hatte nicht Übel Lust, in diesem Augenblick mit dem Au«ruf herauSzuplatzen: Wa«, auch Du? — Ist e« nicht genug, daß der Onkel kuppeln will! Dabei fixirte er sie scharf mit einem wahrhaft höhnische» Blick, in dem tausend Kränkungen für Sofia Andrejewna enthalten waren. Nun setzte er sich schweigend in einen Sessel, da« Haupt etwa« i» die Brust gesrntt. mit mühsam niedergehaltener Ungednld, wie jemand, der sich verurtheilt sieht, etwa« über sich ergehen zu lassen, wa« er einmal mit dem besten Willen nicht abwenden kann. „Ich bringe Ihnen Nachrichten von Ihrer Mama, Maria Feodorownm Hier ist ihr letzter an mich gerichteter Bries, wollen Sie,hn lesen?" „Zu welchem Zweck? Sie wissen recht gut, wie streng r« «,r von meinem Onkel verboten ist, Briefe au« Sibirien zu «npfangen »nd zu lesen. Wa« kann ich denn auch in dieser ganzen unglückseligen Sache thua? Mama ist zu stolz, sich an den Onkel zu wende», sie verfolgt ihn sogar m,t ihre« Haß, sie giebt die Feindschaft nicht auf, gut, so mag sie die Folgen tragen! Oder will mau Rechte a» mich geltend machen, jetzt, nachdem meine Erziehung vollendet? Und welche Recht« konnten da« fei»?' Boll Würde, m»t einer überlegenen Ruhe, richtet« sich Sofia Petuschkiwna auf und blickte eine Weile den jungen Mann auf «ine Weise an, daß dieser de» Blick am Bode» um- h«rirttu ließ „Ich beklag« e«, daß da« Andenken an Ihr« Mama voll ständig in Ihnen avSgetilat ist." „Habe ich «« denn jemals begreift« gelernt, wa« «ine Die Schul- -es dürften Nomanskoi. Lj Roma» von Sonr. Fischer-Sallstei». Nachdruck v«rdot<n. Ueberrascht blickte der junge Herr zn dem Fürsten hin über. ES war, al« ob er chm sagen wollte, daß er bi« jetzt stet« ein folgsamer Sclave gewesen sei, aber in den Be dürfnissen seine« Herzen« werde er sich keine Schranken setzen lassen. „Du wirst also im Hause der liebenswürdigen Darja Stroganow»« eine andere Novelle beginnen, deren Schluß Dir keinerlei Kopfschmerzen zu verursachen braucht. Die Nichte der Gräfin, die Erbin ihre- ungeheuren Vermögen«, ist eine Schönheit. Gehen wir in« Herrenhaus zurück", fügte der Fürst, sich mühsam erhebend, hinzu, „ich will sofort nnt Sofia Andrejewna sprechen und dann an die Gräfin schreiben." „Und ich gehe heute noch nach St. Petersburg", knirschte Andrej in sich hinein, und trat an die Seite ferne« Onkel«. Man ging nach dem Herrenhau« zurück. Der Fürst sprach auf der Strecke Weg bi« dahin kaum ein Wort. Er be schäftigte sich mit Darja Alexandrow»«, seiner ersten und letzten Liebe. Al« Stepan Wasfllitsch mit seinem Neffen wieder in seinen Gemächern anarkommen war, sagte dieser etwa« un vermittelt zu dem Fürsten, dem e« heute offenbar schwer hielt, sich von den wehmüthigen Betrachtungen über sein« erste «nd einzige Liebe loSzureißeu: „Mein theuerer Onkel Stepan Wassilrtsch, ich will sofort, ganz nach Ihrem Wunsch, nach St. Petersburg schreiben, nur ist mir die Sache insofern peinlich, al« ich meiner Reisebekanntschaft noch einen Betrag schulde, den ich mit de« Schreiben zugleich ein senden möchte." Ja den kleinen schwarzen Augen de« Fürsten zeigte sich eine Flamme, die Ilija Andrej mehr al« Alle« fürchtete. „Du hast Schulden gemacht?" „Etz handelt sich um dreitausend Rubel. Al« ich in Hamburg au« Latzd trat, war ich vollständig ohne Mittel. Durch die Freundlichkeit «einer Reisebekanntschaft wurde ich über manche unarwenebme Schwierigkeit hinweggehoben." Der Fürst stand unter dem Eindruck, daß ihn sein Neff« Mutter überhaupt zu bedeuten hat? Und jetzt dürftr es denn doch zu spät dazu geworden sein. Soll ich vielleicht dafür verantwortlich gemacht werden, daß mein Vater, Iwanow Petrowitsch MatscherSkoff, Name, Adel und Ver mögen verlor, daß alle« nach meiner Geburt nicht mehr ihm, sondern auch ein wenig mir, seinem Sohne, gekörte? Glauben Sie wirklich, daß ich mich jemals verführen ließe, hinter dem Rücken meine« Onkel« mit einer Frau zu correspondiren, die einst feine Schwester und die er, nachdem sie dem Gatten nach Sibirien gefolgt, au« seinem Gedächtniß ausgetilgt hat?" Und während er diese« sprach, stand dasselbe Weib vor seinem geistigen Auge, die er sich vorstellte, ganz nach dem trostlosen Bilde emr« bekannten Maler-, als eine früh verblichene haarre Frau, mit au« Lumpen zusammengeflicktc« Röcken, eine Haube au« Schaffell auf dem Kopfe, unter der die dünnen ergrauten Haarsträhnen frierend hervorstreben. In dem blau angehauchten welken Gesicht, in den ausdrucks losen stumpfen und verwässerten Augen hat der letzte mörde rische Winter seine Spuren binterlasftn. Der Gedanke, daß diese Frau eines Tage« vor ihn bin- treten könnte, vielleicht mit ausgebreiteten Armen, um ihn an- Herz zu reißen, um ihre Mutterrechte geltend zu machen, an den Grafe» Ilija Andrej MatscherSkoff, de» Erben von Slekok, erfüllte ihn mit Schrecken. „Ihre Mutter, mein theurer Ilija Andrej", antwortete Sofia Andrejewna, und e« schien, al« ob sie den Versuch machen wollte, «ach Saiten in seinem Herzen zu suchen, au- denen vielleicht ein paar Töue für die Mutter zu entlocken wären, „lebt nun sechsundzwanzig Jahre in Sibirien. Sie hat einst da« Beispiel eine« treuen, edlen, hochherzigen Weide gegeben und ist dem unglücklichen Gatten in Elend, in die deutbar bitterste Noth gefolgt. Sie hat vor elf Jahren den Gatten begraben und sein Grab mit Blumen bepflanzt und dies« Blume» mit ihren Thränen benetzt." „Ich wußte gar nicht, daß fie auch predigen kann!" dachte sich Ilija Andre), kreuzte die Arme über der Brust und konnte dabei da« Bild von dem armseligen, frierenden Weibe nicht lo« werden, mit dem sich feine Phantasie, ob er wollte oder nicht beschäftigte. „All da« Elend, all den Jammer, den die Fürstentochter im fernen Norden, mit dem Heroismus eine« höheren Wesen ertrug, hätte fie nie und nimmer ertragen könaen, wenn sie nicht der Gedanke ausrecht erhalten hätte, daß eine« Tage« die Stunde kommt, in der derjenige, dem ihr« inbrünstigsten Küsse gegolten, v« sie da« erst« richtete er sich trotzig auf und schien entschlossen zu sei», einen „Da- Geld steht Dir zur Verfügung, mein Sohn", sagte nun der Fürst, auf eine» Sessel zuschreitend, -gehe auf Dein Zimmer, Du bist noch immer ermüdet, ruhe Dich au«. Ich will sofort an die Gräfin schreiben. Uebermorgen werden wir in St. Petersburg sein." „Und ick heute noch!" stand e« in dem Gesichte de« Ilija Andrei zu lesen. Trotzdem trat er aus den Fürsten zu,, drückte ihm d,e Hand mit der Ergebenheit eme« zahmen Panther« und ließ den Alten alsdann mit seinem Verdacht allein. „Mütterchen Sonja hat recht", murmelte er vor sich hin, al« die Thür hinter dem Neffen in« Schloß gefallen war, -Ilija ist ein anderer geworden! Wa« mag da« für eine Bekanntschaft sein, die da in St. Petersburg auf die drei tausend Rubel wartet? Gut, ich werde dw Augen offeu halten!" Mit dem Entschluß, bei hereiubrechender Dunkelheit sich auf ein Pferd zu Wersen, um den gehörigen Weg nach St. Petersburg in der Nacht aufzurollen, suchte Ilija Andrej seine Gemacher aus. „Sie würde unr ja Nachkommen!" rief er sich erschrocken zu, al« er vor seine« Wohuräumen stand, „jeder Dummkopf von eine« Miethkutschrr fährt fi« «ach Slekok hinan«!" Auf einmal wurde er ruhiger. Er konnte ja morgen in aller Früh« der Gräfin Stroganow»» seine Aufwartung machen, und er wird fie scho» zu veranlassen wissen, dem Fürste» «itzutheile«, wo er sich befiudet. So konnte der Sturm weuigsten« abgeschwächt werden, den der Onkel herauf beschwören wird, sobald er erfährt, daß er sich seiner allzu- große« Fürsorge für «in paar Tag« entzogen hat. Al« er »n sei» Wohnzimmer «»getreten war, sah er, wie sich Sofia Andrejewna au« eine« Sessel erhob, in de« sie gesessen uud mit eine» herzliche» Lächeln, da« förmlich um seine Gönnerschaft z« buhl« schien, dem junge» Herrn ent gegen kam. „Wa« will fie denn?" fragte sich Älija MatscherSkoff «nd wich ärgerlich ihre« milde» sanfte» Angesicht au«. „Ich sah Sie mit dem Fürsten au« dem Park zurück kommen und hab« Sie nun hier erwartet". belüge. Aber trotzdem ihm diese Möglichkeit fast den Athem raubte, hütete er sich, auch nur mit einem Anlaut seinen Verdacht zu verrathen. Ilija Andrej glaubte sich von dem ihm so eigenartig fixirenden Onkel durchschaut, glaubte sein Geheimniß verrathen zu sehen, aber vielleicht gerade desbalb Stürm zu bestehen. „Da- Geld steh nun der Fürst, auf will sofort an die „Und ick heute noch!" stand e« in dem Gesichte de« Ilija Andrej zu lesen. Trotzdem trat er aus den Fürsten zu,, drückte ihm d,e Hand mit der Ergebenheit eme« zahmen Panther« und ließ den Alten alsdann mit seinem Verdacht allein. „Mütterchen Sonja hat—recht", murmelte er vor sich hin, -Ilija ist ein anderer geworden! Wa« mag da« für eine Bekanntschaft sein, die da in St. Petersburg auf die drei tausend Rubel wartet? Gut, ich werde dw Augen offen
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