Volltext Seite (XML)
27. Jahrgang. Sonnabend, den 15. September 1900 Redaction und Expedition: Bahnstrane 3 (nahe dem K. Amtsgericht). Telegramm-Adresse: Anzeiger Hohenstein-Ernstthal. möchte ich aber doch hervorheben, den Capitän Lans sowohl, wie die Herren »nter Seymour immer wieder betonten; das ist die unerschütterliche Zuversicht, die unsere Seeofficiere zu der Leistungsfähigkeit unserer Marine haben. Unter furchtbaren Entbehrungen, die Commandirende wie Mannschaften in gleicher Weise zu ertragen hatten, bei Hunger und Durst, Schlaflosigkeit und den fortwährenden Angriffen der chinesischen Truppen, die auch Nachts im Lager oder auf dem Marsche keine Ruhe ließen, zeigten die deutschen Matrosen und See soldaten eine Ausdauer, eine frischfröhliche Kampfeslust und einen so echten Soldatengeist, daß sich ihre Vor setzten gar nicht überschwenglich genug darüber aus drücken können. Selbst als der Mangel an Schießbe- darf die Lage recht bedenklich gestaltete und an die Selbstbeherrschung und moralische Kraft jedes einzelnen die größten Anforderungen stellte, versiegte die gute Stimmung der Mannschaft nicht, und ihre Officiere konnten sich keine besseren Kameraden aus dem Kampf- platz wünschen. Auch Capitän Lans meinte, die Halt ung seiner Unterofficiere und Mannschaften bei dem Angriff auf die Forts von Taku sei eine völlige Offen barung für ihn gewesen. Nie habe er bei eiuer Ge fechtsübung im Frieden so wenig einzugreisen brauchen, wie bei dem nächtlichen Feuer auf die chinesischen Festungen, die ein wirklich mörderisches und ein auch nach unseren Begriffen gutgezieltes Feuer aus ihren 24-Centimeter-Geschützen auf die Schiffe der Ver bündeten abgaben. Das Feuer hätte allerdings noch besser sein können, bei wirklich vorzüglichen artille ristischen Leistungen wäre es den Chinesen ein leichtes gewesen, die kleinen Kanonenboote zu zerstören. So blieb glücklicherweise ihre Leistung, wenn sie auch nach den Erfahrungen des japanischen Krieges eine fast un begreifliche Vervollkommnung auswies, doch hinter dem höchsten erreichbaren Ziele zurück, und ihre Granaten schlugen ausnahmslos zu hoch ein, so daß vitale Theile des Schiffes nicht verletzt wurden. Das Oberdeck und der Commando-Aufbau sahen allerdings auch ohne das grausam genug aus. Die prächtige Ruhe, die alle, Officiere, wie Mannschaften, unter dem furchtbaren Feuer aus den modernsten, 35 Caliber langen Kruppschen Geschützen bewahrten, ist neben dem thatsächlich er rungenen Erfolge der Einnahme der Forts das schönste Ergebniß des Gefechts, das weit über die augenblick liche Lage hinaus Werth hat als ein unschätzbares Unterpfand für die Leistungsfähigkeit unserer Marine. — Der greise Präsident von Transvaal hat sich, wie wir bereits gemeldet, entschlossen, sein Vaterland, das er bis zum letzten Fußbreit gegen die britischen Eroberer vertheidigt hat, zu verlassen. Die Ereignisse der letzten Zeit haben seine Gesundheit arg mitgenommen. Nach einer amtlichen Bekanntmachung der Transvaal regierung Hal Präsident Krüger sechs Monate Urlaub erhalten und reist am 28. September nach Europa ab. — Die englische Presse hat auch für den besiegten Feind kein Mitleid, sie behandelt den Fall kühn und geschäfts mäßig, wobei man aber den versteckten Aerger, daß der Präsident nicht in die Hände ihrer Truppen gefallen ist, deutlich zwischen den Zeilen lesen kann. Die Blätter äußern übereinstimmend, daß die Flucht KrügerS für England viel bequemer sei als seine Gefangennahme, da hierdurch ernste Verwickelungen abgewendet werden. Breslau, 13. Sept. Der Vorstand der hiesigen Handelskammer hat beschlossen, an die Reichsregierung eine Eingabe zu richten mit dem Ersuchen, ein Ausfuhr verbot für Kohlen so lange zu erlassen, bis der inlän dische Kohlenbedarf gedeckt ist. Ferner werden die Inn ungen des Bezirk» aufgefordert, Kohleneinkaufsgenoffen, schäften in» Leben zu rufen. Frankreich. Paris, 13. September. Großen Eindruck macht Jnsertionsgebühren: die fü'lfge/P^M 12 Pfg-, hier die einem Tientsiner Prieaihnei hgß die nommene, bisher völlig unb^annte ) s Süd- Deutschen nach Hissung der Kaiserflagg I forts von Taku Umschau hielten, ob "Um die Flaggen der Eroberer wehten, "" ..ö. Tricolore staunen "wahrnahmen, daß die franzo'M fehlte. Daraufhin gab der deutsche C na Auftrag, auf einem der Nordostforts dl Trico- von deutschen Matrosen hergestellte franz s s ) lore zu hissen. Derselbe Privatbr.ef hebt die musM hafte Manneszucht der Deutschen nach d , von Tientsin hervor. Kein Soldat übertra' die Versuchung sehr stark, das ""'"deutsch danten erlassene Spezialverbot der Plünderu g- zeit ist die deutsche Tientsiner Goncession kleines Marine-Detachement geschützt. Bei A s 3 des Briefes glaubte mau in Tlentfin, Deutschland werde gegen die 15 Millionen starke, sehr H 3 Bevölkerung von Schantung, wo die Boxerbew g g stärker als irgendwo im ganzen Reiche ist, """des zwanzigtausend Mann aufwenden müsfen. Endlich er- - wähnt der Brief jenes beherzten chinesischen Prlvak- dieners Kettelers (man nennt diese Diener »Ncafou ), welcher am 9. Juli, durch einen Kanal kriechend, Pe king verließ und die Ermordung seines Herrn meldete. In Einzelheiten weicht die Erzählung dieses Augen zeugen von den nachträglichen Berichten ab, der Mafou spricht von sechs Schüssen, welche Mandschusoldaten wenige Schritte vom Tsungli-Iamen gegen Kelteler abgaben. Ketteler starb, seinen Carabiner in der Hand haltend, den er beim Verlassen der Gesandtschaft auf den Ersten abfeuern zu wollen erklärte, der eine ver dächtige Bewegung machen würde. Dieser Mafu wird jetzt wohl nach Peking citirt werden, weil seine Aus sage zur Frage, ob die Japaner wirklich einen der Mörder Kettelers ergriffen, wichtig ist. China. Shanghai, 13. Sept. Au» Nanking wird ge meldet, daß der von Kaiser Wilhelm kundgegebene Ent schluß, Vergeltung zu üben, unter den Vizekönigen der Jangtse-Provinzen große Panik verursacht. Man fürchtet dort Operationen seitens Deutschlands und anderer Mächte gegen die Jangtse-Forts. Der deutsche Vertreter stellt sich unfreundlich zu den Vizekönigen, so daß es ihnen gerathen erschien, Kriegsvorbereitungen zu treffen. Die chinesischen Kanonenboote werden dementsprechend mit Munition und Lebensmitteln versehen. Täglich treffen große Mengen Reis ein. Die Garnisonen von Kiangyyin und von Wuhu wurden um einige Tausend Mann ver stärkt. Der Taotai von Nanking gab Befebl zur Aus hebung von dreitausend Mann;' eine gleiche Zahl wird unter den Salzschmugglern rekrutirt, deren Chef zum Commandeur von 30 Kriegsdschunken ernannt wurde Unter den Europäern herrscht die Meinung vor, daß so lange die Yangtse-Forts nicht zerstört sind, an Frieden nicht zu denken sei Das Kriegsschiff „Seeadler" passirte klar zum Gefecht Nanking. Die Mandarinen erkennen nur Tuans Autorität an, weil sie seine Rache fürchten Prinz Tsching befindet sich zur Zeit in Peking, um die Verhandlungen einzuleiten. General Yunglu ist im Ge folge der Kaiserin in Tatungfu in der Provinz SckanN Die Kaiserin lehnte es ab, Tatungfu zu verlaffen — Lt-hung-tschang stellte die Frieden-verhandlunaen ein meit Prinz Tuan dagegen Einspruch erhebe. ' " Amerika. Neworleans, 13. September. Ein N-W°rlm°- nach Galveston fuhr, verunglückte an der Rni v,«« m,c MH- «-»«mm». Personen getödtet, ' 15 Personen werden. Dieselben fanden Unterkunft im Leucht jm HckstülMBVb AnlmWitz, „ Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, -- tt erscheint mir m..-. . Tagesgeschj^^ Deutsches Reich. Berlin, 13. geschwaders meldet aus Taku 5!""^ des Kreuzer- Mittheilung des Generalmaior« " ^epte^ Einer vom 7. dss. Mts. zufolae aus Peking mordung des deutschen" Gesandt ^°tort der Er gehalten. - Generalmajor Gedäch.nißrede Der Mörder des deutschen Gesang lelegraphirt: V°"-° g-smg-n und mir LwL s- hör ergab, daß ein höherer Ras-lu rbishenge Ver- - Dem „Neuterschen d.e That vorlag. 7. d. M. gemeldet: Die Javaner Peking vom des deutschen Gesandten v Ketteler den Mörder eine Uhr mit dessen Initial dieser versuchte, ihm nicht vergönnt, in der Schlackt w" d-r in meisten Opfer fordert ist er ein frühes Opfer geworden St- , diplomatische Lage hat insofern eine gewisse Klärung erfahren, als nach einer bereits telegravbisck mitgetheilten Havas-Meldung, die als zuverlässig gelL kann, die französische Regierung den Erklärungen Ruß- lands m Bezug auf die Räumung Pekings zugestimmt und dem General Frey Befehl ertheilt hat, die Vorbe reitungen zum Rückzug von Peking auf Tientsin zu treffen und diesen anzutreten, sobald dies die Umstände gestatten. Einstweilen kann man nicht sagen, welche Deutung Frankreich diesen Worten geben will. Auch diejenigen Mächte, die im Augenblick eine Räumung für bedenklich oder unmöglich halten, haben, wie der „Köln. Ztg." aus Berlin gemeldet wird, keineswegs die Absicht, auf unabsehbare Zeit in Peking zu bleiben, und auch sie wollen sich zurückziehen, „sobald die Um- stände es gestatten". Nach den bisher vorliegenden Nachrichten ist also noch nicht zu ersehen, ob die rus sischen und französischen Truppen sogleich den Rückmarsch auf Tientsin antreten werden. Auch herrscht noch Un- sicherheit über die Haltung Amerikas, das sich offenbar sehr gern dem russischen Wunsche anschließen möchte, aber doch davor zurückscheut, die Verantwortung für die Folgen einer Räumung mit auf sich zu nehmen. Alle amerikanischen Angaben sind in dieser Beziehung so verklausulirt, daß man sich nur schwer ein Bild davon machen kann, welchen Entschluß Amerika entgiltig fassen wird. Jedenfalls findet auch jetzt noch unter den Mächten ein reger Meinungsaustausch statt, der sich so wohl auf die Räumungsfrage bezieht, als auch auf die Frage der anzuknüpfenden Friedensverhandlungen. — Aus Yokohama wird der „Köln. Ztg." unter dem 13. August geschrieben: Der Aufenthalt des Dampfers, von Vancouver auf dem Wege nach Shang- Hai, gab mir willkommene Gelegenheit, im deutschen Marinehospital unsere verwundeten Seeofficrere und Mannschaften zu besuchen, die vo" Taku und von Ad miral Seymours Expedition hierher gebracht worden sind. Allen geht eS den Umständen ""ch und z versichtlich erwarten sie unter der sorg « ihn!n Leiter und Angestellte deS Krankens werden lassen, ihr- völlige W'-d-rhW Natur ihrer Verwundung das zul ß - sgnonen- Unterhaltung mit Corvettencapitan Seymour- boot „Iltis" und d-nOMeren,^ Vorstoß auf Peking begleiteten, erg brieflich in Einzelheiten die mittlerweile Ausführlichkeit bekannt geworden sind. vre Expedit —sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Ml. 25 Pfg. incl. der iüustrirten Sonntagsbeilage. Nr. 214.