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Man mus; nur die schwarzen Lenker der (beschicke Sachsens kennen nnd beobachten, um sofort vernehen zu können, das; es für diese geradezu eine Staats aktion ist, das Volk in eine konfessionelle Beunruhigung hineinzntreiben. Zn diesem Zwecke mnszte die politische Bedeutung des Umstandes, das; das sächsische Königshaus katholisch ist, in ungeheuerlicher Weise übertrieben werden. Es gab einmal eine Zeit, in welcher dieser Umstand schwer in die Wagschale fallen konnte. Als vor 40 Jahren Dachsen noch seine volle Selbständigkeit genos;, hatte eS auch das Recht die Richtung der „sächsischen Politik" anzn- geben. Damals hatte es einen Sinn, von dem Einflns; der Konfession des Königshauses zu sprechen, insbesondere wenn es sich darum handelte, welche Stellung Sachsen in dem Wettbewerb zwischen Oesterreich und Preußen um die Führung in Deutschland einnahm. Nunmehr liegen die Sachen ganz anders. Der Einflns; Sachsens hat sich einzig nnd allein auf den Bundesrat konzentriert. Von einer „sächsischen" Ansien-Politik kann ebensowenig die Rede sein, wie von einer mecklenburgischen oder württembergischcn Politik; man könnte vielleicht noch von einer sächsischen Eisenbahn- oder Finanzpolitik sprechen, welche nach ansien operieren kann. Für die ändere Politik in somit der Umstand, dasi das Königshaus katholisch ist. ohne größere Bedeutung. Es bleibt also nunmehr die Erörterung der Frage übrig, was hat der Umstand, dasi das Königshaus katholisch isk, auf die innerpolitischen sächsischen Verhältnisse für einen Einfluß? Betrachten wir die Sachlage. Sachsen ist das Land im Deutschen Reiche, in welchem die katholische Kirche, ebenso wie in Mecklenburg und Braunschweig, keine Gleich berechtigung mit den Protestanten genießt. Oft haben wir darauf hingewiesen, wie sich in der Zweiten Kammer gegen den Toleranzantrag des Zentrums ein Sturm erhob, um damit die ablehnende Haltung des Bnndesbevollmächtigten zu erzwingen. Und was verlangt der Toleranzantrag? Gleiche Freiheit für jede gesetzlich anerkannte Religion im ganzen Deutschen Reiche — sonst nichts. Die kon- skitntionelle Negierung läßt dem Könige hier keinerlei Gelegenheit, seinen gerechten Standpunkt geltend zu machen — geschweige denn seinen katholischen. Selbstverständlich liegt es uns durchaus fern, mit der Feststellung dieser Tatsache auch nur indirekt eine Anklage gegen das von uns hochverehrte sächsische Königshaus zu erbeben. Wer die sächsischen Verhältnisse kennt, weiß, das; die Wettiner gar nicht anders handeln 'können, nnd das; es keineswegs in ihrer Macht liegt, die beregten Uebelstände zu beheben. Alle Kreise sind so annkatholisch, das; der sonst ziemlich gefügige Landtag geschlossen Widerstand leisten würde, wenn den Katholiken Parität gewährt werden sollte, trotzdem sie ihnen gesetzlich gewährleistet ist. Und da der König von Sachsen kein absoluter Herrscher ist. bleibt ihm nichts übrig, als sich den Verhältnissen zu fügen. Nim wird man aber denken, das; sich in Sachsen ans Achtung vor dem katholischen Königshanse ein friedliches Nebeneinanderleben der beiden Konfessionen behauptet. Im Gegenteil; die letzte Hetze hat es klar bewiesen, dasi der König trotz seines änsierst feinfühligen und hochherzigen Ver haltens der protestantischen Landeskirche gegenüber die Hetzer nicht zu befriedigen vermag. Es wurde durch das amtliche Blatt festgestellt, dasi sämtliche im Hofstaat des Königs befindliche Herren mit Ausnahme der General direktoren am Hoftheater und der Hofkapelle Protestanten sind. Ein grösieres Entgegenkommen kann doch fürwahr nicht gedacht werden. Fast dünkt uns aber, das; gerade diese Noblesse und Rücksichtnahme des Königshauses die Hetzer mir noch mehr ermuntert, frecher in ihren Forderungen vorzngehen. Herr Superintendent Meper hat es bei der vorjährigen Jahres versammlung des sächsischen Landesvereins des Evangelischen Bundes ausgesprochen: „Wir müssen die Katholiken der römischen Kirche abwinden!" Das ist die eifrige Arbeit des Evangelischen Bundes. Es zeigen sich fast in allen Staaten Bestrebungen zur Wiedervereinigung mit der katholischen Mntterkirche. In Sachsen ist das Gegen teil der Fall. Nirgendwo sonst in Deutschland ist die Zahl der Abtrünnigen so grosi. Sachsen ist der einzige deutsche Staat, der mit von der Los von Rom- Bewegung ergriffen ist. Was wir hier in nnserm Heimatlande Sachsen sehen, das zeigt uns. das; die konfessionelle und religiöse Stellung von Fürsten nur geringen Einfluß auf die innere Entwickelung zu nehmen imstande ist. Man hat sich überhaupt davor zu hüten, die Bedeutung der konfessionellen oder religiösen Stellung von Fürsten zu übertreiben. Der Großherzog von Lnrembnrg ist vrote- stantisch, hat denn der Protestantismus Vorteile davon gehabt? Die Königin Viktoria von England war streng protestantisch und hatte nicht die mindesten Sympathien für die katholische Religion, aber gerade unter ihrer Regierung hat der Katholizismus in England ungeheure Fortschritte gemacht. Der König von Belgien ist liberal und muß sich doch darin finden, das; die Regierung und die parla mentarische Mehrheit katholisch ist. Wenn Frankreich jetzt einen protestantischen Kaiser oder König hätte, so würden die Katholiken schwerlich so bedrängt werden, wie unter der Regierung der herrschenden freimanrerischen Atheisten. Denn ein protestantischer Monarch müßte gerade wegen seiner konfessionellen Stellung das größte Gewicht darauf legen, das Vertrauen der Katho liken zu gewinnen. Das würde also das umgekehrte Ver' hältnis sein wie in Sachsen, wo dem König viel daran liegen »ins;, die Protestanten nicht mißtrauisch zu machen. In Preußen hatte man zwar einen Kulturkampf be gonnen, aber den Feldzug verloren, nnd wird es wohl so bald nicht wieder tun. Die Lage wäre snr die Katholiken viel schlimmer gewesen, wenn der preußische Monarch ein liberaler Katholik gewesen wäre. Gegen einen protestan tischen Fürsten nnd eine protestantische Regierung, die in katholische Verhältnisse eingreifen, wird natürlich das Miß trauen erheblich leichter wach, und es sind ihm die Hände selbst bei gerechtem Eingreifen gebunden. So sehen wir in fast allen Ländern, dasi in religiösen Fragen ans die konfessionelle Stellung des Monarchen gerade anderen Konfessionen gegenüber nur wenig ankommt. Alle Monarchen sind bestrebt, ihren Thron ihren Nachkommen zu erhalten, nnd müssen daher daraus bedacht sein, fremde Konfessionen nicht zu verletzen. Am wenigsten kommt es in so kleinen Staaten wie Sachsen, die nicht einmal internationale Selbständigkeit genießen, ans die Konfession des Monarchen an. In den sämtlichen westeuropäischen Staaten fällt die Konfession der Monarchen viel weniger ins Gewicht, als man es von manchen Seiten zu agitatorischen Zwecken dar- zmtellen beliebt. Und wenn die sächsischen protestantischen Blätter wirklich so „helle" wären, wie sie sich renommistischer Weise zu sein den Anschein geben, nnd wenn sie dem Ge fühle des Patriotismus und der Liebe zu ihrem angestammten Fürsrenhanse mehr Raum geben würden, dann hätten sie fürwahr andere Ausgaben, als den König wegen seiner Kon fession zu verdächtigen. Sachsen steht auf dem Sprunge, von den Sozialdemokraten in Besitz genommen zu werden. Eine viel dankbarere Aufgabe wäre es. wenn die sächsische Presse diesem Feinde aller bürgerlichen Ordnung energisch die Zähne zeigen würde. Nicht znm kleineren Teil iß an den Siegen der Sozialdemokraten schuld, dasi fortgesetzt konfessioneller Hader erweckt, statt soziale Arbeit geleistet wird. Statt die to»igliche Autorität zu untergraben, stütze man sie lieber durch eine moderne und gerechte Gesetz gebung. Gerade in diesem schweren Angcnblick ist der König ans die Treue seiner Sachsen angewiesen. Gott bess'rees! VG Reichstag. «239. Sitzung o»i >0. Jauuciri. Am Freitag wnrde die Resolution Speck bezüglich der Meistbegünstignngsverträge mit l tl gegen 07 Stimmen bei 2 Stimmenenthaltnngen angenommen; die gleichartige Resolution Hehl war vorher zurückgezogen worden. Wie am Donnerstag so beteiligte sich auch am Freitag das Zentrum nicht an der Unterhaltung, die nach den Er- Jin Zeichen -er Zeit. ..Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen Und das Erhabne in den Staub zu zieh»." Gemeines brennt sie weis; voll Arg im Herzen, Hebt eS empor bis an den Himmel hin. Du fühlst, daß ungerecht sie straft und lohnet. Hier streng nnd hart, dort mild das Urteil spricht. Die Schwäche wirkts, die in den Herzen wohnet, Wohl Irrtum auch; das ist so schlimm noch nicht! Ein größtes Nebel ists, wenn sie entschuldigt Das Unrecht wissentlich nnd Edles höhnt. Wenn sie der Unwahrheit mit Vorsatz huldigt. Die Wirklichkeit keck mit der Lüge krönt. So zeigt die Weltgeschichte manch Erempel Des gröbsten Truges. Prüft die Gegenwart! An ihrer Stirn trägt sie der Lüge Stempel, Die Wahrheit oft sie mit der Dichtung paart. In unsrer Zeit, man schau, wohin man wolle. Sproßt Neues vor. Auf jeglichem Gebiet Spielt die Erfindung eine große Rolle. Der schönste Fortschritt allenthalben blüht. Da tritt hervor anö grauen Nebelgründen Das falsche Weib, die Frau Jnfamia, Auch sie macht eilig sich an das „Erfinden". Mit Schlangenklugheit steht sie vor uns da. Die Freche schmückt mit Lilien die Perrücke. Hält einen schwarzen Griffel in der Hand. Aus ihrem Angesicht blickt Haß und Tücke. Nach neuem Zündstoff späht sie unverwandt. Sie blättert in dem Buch vergangner Zeiten, Was ihr nicht paßt, hat schnell sie korrigiert. Desgleichen wagt sie auch zurechtzuschneiden Die Gegenwart, mit der sie spekuliert. Sie dreht und deutelt, fälscht auch unumwunden Ereignisse aus unsrer Tage Lauf, Und wenn sie einen Splitter hat gefunden. Zeigt sie laut jubelnd mit dem Finger drauf. Bemüht ist sie. mir Schlechtes ansznklügeln. Dabei hängt sie den Mantel nach dem Wind, Die Phantasie vermag sie nicht zu zügeln. Und töricht schwatzt sie oftmals wie ein Kind. Fast täglich fchant ihr jenes Trnggebilde, Das sie gewebt in unsre Zeit hinein. Weil sie stets böse Ränke führt im Schilde. Kann sie ihr Wort nur der Verleumdung weihn. ' Seht, wie sie drechselt, ohne zu ermüden! Schnell tritt ihr Fuß das Lügenrad geschickt. Doch flüchtend läßt sie ruhen es in Frieden. Wenn ihre Feindin „Wahrheit" sie erblickt. Gleich setzt Frau Lüge anderswo sich nieder, Behauptet frisch drauf los mit schlechtem Fleiß, Zn dem Erdachten reimt sie Neues wieder. Für nichts indessen bringt sie de» Beweis. Wenn „Wenige" dem Glanben sich entfremden Und blind den Trott der Mntterkirche flieh», Pflegt ein Vergrößrnngsglas sie anznwenden, Das Resultat schreibt taniendfach sie hin. Wild lästert sie den greisen Völkerlehrer Und schaut mit Grimm hin nach Sankt Peters Dom, Zusammen schart sie alle Friedensstörer Und eint sie zur Parole: Los von Rom! Im Namen aller ruft sie nnbestntten: „Wir fürchten Gott und sonst nichts ans der Welt!" Doch naht sich eine Handvoll Jesuiten, Geschieht eS wohl, das; sie in Ohnmacht fällt. Am liebsten triebe sie uns Katholiken Gleich jenen unbarmherzig aus dem Land. Doch fürchte dich vor ihren Zorneöblicken. Wenn du ihr sagst, sie sei nicht tolerant! — Wir aber bleiben treulich Dem ergeben, Der einst das hehre Wort des Trostes sprach: „Ich bin der Weg. die Wahrheit und das Leben!" — Wie ihn. so führ auch uns zum Heil die Schmach! Georg pangc. Jin Goldfieber. Ein Roman aus dem Kapland. Bon Erich Friesen. Horlsel)mi,r> «Nlichdruck oerlwtt'U.I Zögernd streckt er die Hand nach dem Schein ans »nd zieht sie wieder zurück. Dann gibt er seinem gebrechlichen Körper einen Ruck der Schein verschwindet in seiner Rocktasche. „Danke, Lord Roberts", murmelte er mit halb erstickter Stimme, während tiefe Schamröte in seine sohlen Wangen steigt. Mit heimlicher Angst hat Lord Ratzerts den Seelen kampf seines Opfers verfolgt. Jetzt wendet er sich znm Gehen. „Leben Sie wohl für heute, lieber Förster! Ans Wie dersehen morgen früh!" Er reicht dem noch immer wie verstört vor sich Hin- blickenden die kühle, glatte Hand »nd verläßt mit kurzem Grus; das Zimmer. Jetzt kommt Leben in den gebrechlichen Körper des kleinen Direktors. Hastig greift er in die Tasche. Mit spitzen Fingern, als berühre er etwas Unreines, zieht er die Banknote hervor nnd legt sie ans den Tisch. Unaufhörlich, wie gebannt durch den Blick einer Schlange, starrt er ans das Stückchen Papier, während seine Lippen unverständliche Worte murmeln. In wildem Ehaos wirbeln die Gedanken durch sein Hirn . . Er sieht sich als ehrlichen Mann, von der Not des Lebens erfaßt, der Verzweiflung nahe. Seine Frau daheim krank, die .Kinder nichts zu essen ... Da führte ihm der Zufall Lord Roberts in den Weg. Er bat den vornehmen Mann um ein Darlehen von fünf Pfund Sterling . . . Von diesem Augenblick an war sein Schicksal entschieden. An Zurückzahlen der Summe war natürlich nicht zu denken. Tiefer und tiefer sank er znm Werkzeug Lord Roberts' herab. Alle Pläne, die das erfinderische Hirn dieses ManneS