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PREIS 30 Pf. LANDESKONSERVATORIUM DER MUSIK ZU LEIPZIG 86. Studienjahr 1928 — 1929 SONNTAG. DEN 17. FEBRUAR 1929, VORMITTAGS II UHR IV. KONZERT MIT ORCHESTER Leitung: Prof. WALTHER DAVISSON (8. Veranstaltung aus dem Anrecht) WERKE VON RICHARD WAGNER (1813-1883) «MEISTERSINGER-VORSPIEL« GESÄNGE aus der Oper: »Die Meistersinger von Nürnberg« EGBERT SPIEGEL aus Köthen (Klasse Geist) a) Pogners Anreden aus dem 1. Akt Das schöne Fest, Johannistag, Ihr wißt, begehn wir morgen; Auf grüner Au’, am Blumenhag, Bei Spiel und Tanz im Lustgelag, An froher Brust geborgen, Vergessen seiner Sorgen, Ein jeder freut sich, wie er mag. Die Singschul’ ernst im Kirchenchor Die Meister selbst vertauschen, Mit Kling und Klang hinaus zum Tor Auf offne Wiese ziehn sie vor, Bei hellen Festes Rauschen Das Volk sic lassen lauschen Dem Freigesang mit Laien-Ohr. Zu einem Werb- und Wett-Gesang Gestellt sind Siegespreise, Und beide rühmt man weit und lang’ Die Gabe wie die Weise. Nun schuf mich Gott zum reichen Mann; Und gibt ein jeder, wie er kann, So mußte ich wohl sinnen, Was ich gab’ zu gewinnen, Daß ich nicht kam’ zu Schänd’; So hört denn, was ich fand. — In deutschen Landen viel gereist, Hat oft es mich verdrossen, Daß man den Bürger wenig preist, Ihn karg nennt und verschlossen. An Höfen, wie an nied’rer Statt, Des bitt’ren Tadels ward ich satt, Daß nur auf Schacher und Geld Sein Merk der Bürger stellt. Daß wir im weiten deutschen Reich Die Kunst einzig noch pflegen, D’ran diinkt ihnen wenig gelegen. Doch wie uns das zur Ehre gereich’, Und daß mit hohem Mut Wir schätzen, was schön und gut, Was wert die Kunst und was sie gilt, Das ward ich der Welt zu zeigen gewillt, Drum hört, Meister, die Gab’, Die als Preis bestimmt ich hab’! Dem Singer, der im Kunstgesang Vor allem Volk den Preis errang Am Sankt Johannistag, Sei er, wer er auch mag, Dem geb’ ich, ein Kunstgewog’ner, Von Nürenberg Veit Pogner, Mit all meinem Gut, wie’s geh’ und steh’, Eva, mein einzig Kind, zur Eh’!