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1883. Dienstag, den 22. Mai Nr. 41. TageSgcichichte. Die konservative „Kreuzzeitüng schreibt: „Die liberale Presse zer bricht sich noch immer den Kops des Bundesrathes wegen der angeb lichen Verletzung der Rechte der Einzelregiernngen durch die letzte kaiserliche Botschaft an den Reichstag. Wir haben schon darauf hingewiesen, daß man einer um so ängstlicheren Fürsorge für die Stellung der bayerschen, württembergischen und anderer Regierungen begegnet, je mehr das betreffende Organ sonst den sogenannten parti- kularistischen Befugnissen im Reiche feindlich gegenübersteht. Im Bun- desrathe selbst oder seitens der Regierungen liegt auch nicht das ge ringste Anzeichen eines Gefühls der Verletzung oder auch nur der Ver nachlässigung vor. In der Sache wollen wir die Polemik über jenen Punkt nicht durch weiteres Material nähren. Es dürfte genügen, daß der Kaiser nach allgemeinem Zugeständniß formell zur Botschaft berechtigt war, weil er allein nach der Reichsverfassung den Verkehr mit dem Reichstage unterhält, daß aber materiell der Inhalt und Zweck der Botschaft, nämlich die Förderung der sozialen Vorlagen, durchaus der oft kundgegebenen und durch die Vorlagen des Bundes raths felbst zur Genüge bewiesenen Auffassung der Bundesregierungen entspricht. Es wird, wie wir überzeugt sind, nicht gelingen, was die liberale Presse offenbar beabsichtigt, einen Konflikt zwischen der kaiser lichen Regierung und dem Bundesrathe herbeizuführen." Berlin, 17. Mai. Die „Prov.-Korres." sagt, der Beschluß des Reichstages auf Verweisung des ganze» Etats an die Budget kommission laufe thatsächlich auf den Versuch hinaus, die von der kaiserlichen Botschaft gewünschte Beschleunigung der sozialpolitischen Arbeiten des Reichstages zu hemmen. Durch die Reden des Abg. Bamberger und seiner Freunde sei dies klar gestellt, die Begründung des Parlaments und der Herrschaft sei nach wie vor das Ziel des forstwirthschaftlichen Liberalismus. Der erste Gebrauch dieser Herr schaft solle in der Hemmung der Sozialreform bestehen, mindestens bis zur Feststellung darüber, welche Partei eigentlich zur Uebernahme der Regierung berechtigte und die Majorität bilde, dieser sollten dann auf dem wichtigsten Gebiete des öffentlichen Lebens lediglich in freiem Spiel Kräfte und Raum gelassen werden. Der Gegensatz zwischen diesem und dem Programm des Kaisers sei so klar, daß er wohl für Niemand zweifelhaft sei. — Die „Prov.-Korresp." schreibt in einem zweiten Artikel, in dem sie die Ablehnung des Holzzolles bespricht, die jetzige Abstimmung habe nur eine aufschiebende Bedeutung, nicht weil die Bundesregierungen auf der einmal eingebrachten Vorlage be stehen, sondern weil die Forderungen der nationalen Wohlfahrt sich immer und immer wieder geltend machten und die Frage erneuerten: „Wie ist das deutsche Wohl zu erhalten?" Daß die Verhandlungen der preußischen Regierung mit der Kurie wieder einmal gescheitert sind, ist eine Thatsache, die in den ultra montanen Blättern mit Nachdruck hervorgehoben und in allen Ton arten variirt wird. Man wird wohl mich zweifeln dürfen, ob so bald diese unersprießlichen Verhandlungen wieder angeknüpft werden. Es kann nicht ausbleiben, daß das erneute Scheitern der Verständigungs versuche mit der Kurie auch auf die inneren parlamentarisch-politischen Verhältnisse in Preußen und Deutschland bedeutsam zurückwirken wird. Besonders Scharfblickende wollen eine Wendung in dieser Hinsicht schon vor Pfingsten bemerkt haben. Man meinh wenn der Abgeord nete Windthorst ernstlich gewollt, wenn er seine Schaaren im Reichs tag zahlreicher beisammen gehabt und die Hospitanten des Centrums kräftiger bearbeitet hätte, so wäre auch die Holzzollvorlage durchzu bringen gewesen. Auch der Hertlingsche Antrag, der das Unfallver sicherungsgesetz einstweilen von der Tagesordnung absetzen will, kann unmöglich als eine Förderung der sozial-politischen Pläne des Reichs Bekanntmachung. Mit Geld- oder Haftstrafe wird belegt: 1 ., wer die Afchebehältnisse überfüllt und 2 ., wer das Bett der Saubach innerhalb des Stadtbezirks durch Ausschütten von Asche, Steinen, Bauschutt oderdurchübelriechende und der Gesundheit schädliche Stoffe oder andere Gegenstände überhaupt verunreinigt. Wilsdruff, am 21. Mai 1883. kanzlers seitens des Centrums betrachtet werden. Sodann wird sich eine Schwenkung des Centrums wohl in dewBehandlung der Militär fragen bemerklich machen, die nach Wiederbeginn der Sitzungen aufs Neue in den Vordergrund treten werden, vielleicht auch in der Be handlung der Etats. Im preußischenMbgeordnetenhause hat das Centrnm freilich mit der Vereinbarung der Verwaltungsgesetze seine Dieiiste bereits geleistet; indessen giebt das Herrenhaus vielleicht durch etliche Abänderungen Anlaß, auch diese Leistung wieder rückgängig zu machen. In seiner letzten Plenarsitzung genehmigte der deutsche Bundes- rath den Antrag des Reichskanzlers, für drei Millionen Maick Zwanzig pfennigstücke einzuschmelzen und in Ein- und Zweimarkstücke umzu prägen. Aehnliche Umprägungen haben bereits früher stattgefunden, nur mit dem Unterschiede, daß die Neuprägungen auf Einmarkstücke beschränkt wurden. Daß nunmehr auch wieder Zweimarkstücke geprägt werde» sollen, weist darauf hin, daß die Reichsregierung in naher Zeit nicht darauf rechnet, ihren auf der letzten Pariser Münzkonferenz gemachten Anerbietungen wegen Einziehung und Umschmelzung der Zwei markstücke Folge geben zu müssen. Der wegen Mordes znm Tode verurtheilte Ernst Sobbe weist nicht blos persönlich jedes Rechts- und Gnadenmittel zurück, er hat auch, wie verlautet, seinen Geschwistern dringlich abgerathen, die Gnade des Kaisers für ihn anzurufen. Er ist, seitdem das Urtheil über ihn gesprochen, sehr ruhig und gefaßt, und es scheint ihm ernst gemeint, daß er die Vollstreckung desselben als Sühne des von ihm begangenen Verbrechens herbeisehnt. Die Mittheilung, daß der Un- tersuchunsrichter sich für Sobbe's Begnadigung verwenden wolle, ist natürlich unrichtig. Rüdesheim. Ein großer Brand an der Rheinseite äscherte 25 Wohnhäuser mit Nebengebäuden ein. Vierundvierzig Familien sind obdachlos. Die Frequenz der Berliner Stadtbahn belief sich am ersten Pfingstfeiertage auf rund 102,OM, am zweiten Feiertage auf rund 151,060 Passagiere. Die letzte Ziffer präsentirt sich als die höchste bisher an einem Tage erreichte. Im Laufe des Monats Mai wird der deutsche Handwerker tag in Hannover seine Versammlung abhalten. Man weiß, daß in uifferm Handwerkerstande eine stark ausgeprägte zünftlerische Richtung vertreten ist, die natürlich auch jetzt stark hervortritt. Der Hand werkertag wird sich nach den in die Presse gekommenen Aeußerungen des vorbereitenden Comitee's hauptsächlich auch mit der Einführung der obligatorischen Jnnnng beschäftigen, auch wohl Stellung zu den Wahlen für politische Körperschaften nehmen. Er soll das weiter führen, was der Magdeburger Handwerkertag angebahnt hat. Die Franks. Ztg. kommt in einem Aufsatz über Auswanderung und Kolonisation zu dem Schluß, daß man den Franzosen und Eng ländern mit ruhigem Blut die Besitzergreifung aller noch freien Stück chen Erde lassen könne. Das Flaggenaufziehen und das Besitzergreifen thue es nicht. Kolonien könne man lediglich durch ernste und aus dauernde Arbeit gewinnen. Durch Betheiligung an Produktion und Handel der ganzen Welt lasse sich viel mehr erreichen. Auf diesem Felde habe der Deutsche schon gute Erfolge vor sich; in dieser Rich tung mit ungetheilter Kraft weiter zu arbeiten, sei besser als Projekte niachen und theoretisch über dieselben endlos zu verhandeln. — In diesen Worten fehlt nur noch der Hinweis auf die vielen blutigen Kriege, welche die Engländer und Franzosen in ihren Kolonien mit den Eingebornen haben führen müssen, sowie der Hinweis auf die Verwickelungen, die unter unsern Augen in Tonkin und Centralafrika (möglicherw. auch auf Madagaskar) vor sich gehen; endlich der Hinweis Ficker, Brgmstr. Bekanntmachung, die Hauptübung der städtischen und freiwilligen Feuerwehr betr. Sonntag, den 27 Mai dss. Js., Vormittags 11 Uhr, soll auf der hiesigen Schießwiese eine Hauptübung der hiesigen Feuerwehren abgehalten werden, und haben sich hierzu sämmtliche Mitglieder derselben, Abtheilungsführer und Mannschaften, unter Anlegen ihrer Dienstabzeichen pp. bei Vermeidung der in § 52 des Feuerlöfchregülativs für hiesigen Ort vom 23. Februar 1870 angedrohten Ordnungsstrafe pünktlich einzufinden. Versammlungsort an der Kirche ^11 Uhr. Wilsdruff, am 21. Mai 1883. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Wochenblatt für für ilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiun-vierzigster Vahrgang. Erschein! wöcheutltch 2 Mal Dienst«« und Freitag.) AbonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer k»stet_10 Pi. Inseratenannahme Montags ».Donnerstags bi« Mittag 12 Ubr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Inscratenannahme Montag« u. Donnerstag« bis Mittag 12 Ubr.