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Wchttitz-MIW Verantwortlicher Redacteur: Paul Ithne in Dippoldiswalde. 5s. Jahrgang Dienstag, den 12. November 1889. Nr. 134 sich die diesmalige Generaldebatte über das Sozia listengesetz von denen früherer Jahre wesentlich da durch, daß in ihr im Allgemeinen ein weit ruhigerer Ton als sonst angeschlagen wurde und man sich fast allseitig bemühte, leidenschaftliche Gefühlsergüsse einer mehr sachlichen Beurtheilung unterzuordnen; es kann diese Haltung jedenfalls auch für die weiteren par lamentarischen Erörterungen des Gegenstandes nur empfohlen werden. Nachklänge zu den SozialistcudebaUeu im Reichstage. Die erstmaligen Verhandlungen des Reichstages über die neue Sozialistenvorlage haben am Donners tag, wie sich erwarten ließ, mit Verweisung derselben an eine besondere Kommission geendet, von wo sie voraussichtlich erst nach Wochen an das Plenum zurück gelangen wird. Ueberblickt man nochmals diese vier tägigen Debatten, zu denen ja auch die Diskussion über den Rechenschaftsbericht, betreffend die Ausführung des Sozialistengesetzes, zu rechnen ist, so muh man ge stehen, daß sie ungeachtet ihrer Ausdehnung kaum etwas wesentlich Neues zur Frage des Sozialistenge setzes zu Tage gefördert haben, daß in ihnen vielmehr die nämlichen Argumente für und wider dasselbe wiederkehrten, die man schon seit Jahren kennt. Aber offenbar war es den Rednern der verschiedenen Par teien auch weniger darum zu lhun, neues Material zu dieser so ost schon erörterten Frage herbeizuschaffen, als vielmehr darum, die Stellung ihrer Partei zu dem Gesetze vor der Wählerschaft zu kennzeichnen und zu rechtfertigen und die herangenahten Neuwahlen zum Reichstage machen eine derartige Taktik auch ganz er klärlich. Jedenfalls wird die Angelegenheit des Sozia listengesetzes, gleichviel, wie sich der Reichstag über die jetzige Vorlage entscheiden mag, eine hervorragende Rolle in der bevorstehenden Wahlagitation spielen und da ist es wohl nur selbstverständlich, wenn die ein zelnen Parteien ihre Stellungnahme zu der Frage im .Parlamente nochmals gründlich darlegen. Was nun das vermuthliche Schicksal de« neuen Sozialistengesetzes anbelangt, welches bekanntlich nach den Negierungs vorschlägen sich als ein dauerndes Svezialgesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemo kratie charakterisirt, so hat die Generaldebatte hierüber noch keinen genügenden Ausschluß gegeben. Nur das Eine ließ sich bestimmt erkennen, daß die Regierungs vorschläge auch bei den regierungsfreundlichen Parteien keineswegs auf vollständige Billigung stoßen und die Nationalliberalen forderten sogar durch den Abgeord neten vr. von Cuny eine nicht unwesentliche Abände rung der Regierungsvorlage, nämlich gänzlichen Ver zicht auf die Ausweisungen, ausschiebende Wirkung ge wisser Beschwerden und Ersetzung oer Beschwerdekom mission durch' einen höheren Gerichtshof. Daß die Redner der Sozialdemokraten und der Freisinnigen, sowie der kleineren oppositionellen Fraktionen, sich gegen jedes Ausnahmegesetz aussprachen, konnte nicht weiter überraschen, aber auch das Centrum nahm durch seine Sprecher eine durchaus ablehnende Stellung gegen die neue Vorlage ein, was aber nach früheren Erfahrungen freilich keineswegs besagt, daß das Centrum nun auch bei den entscheidenden Abstimmungen sich geschloffen gegen das Gesetz erklären werde. Für die Haltung der Regierung in der ganzen Frage waren die Er klärungen des preußischen Ministers des Inneren, Herrn Herrfurth, kennzeichnend, aus welchen hervor geht, daß die Regierung zwar keineswegs auf allen ihren Vorschlägen bestehen bleiben will, daß sie aber mindestens auf die Maßregel der Ausweisung und aus den dauernden Charakter des neuen Gesetzes nicht verzichten zu können glaubt. Die eigentliche Ent scheidung über letzteres wird also in der Kommission fallen und es wird sich, will man hier etwas Positives erzielen, darum handeln, eine Verständigung zwischen den drei Kartellparteien und demjenigen Theile des Centrums herbeizuführen, der nicht von vornherein gegen jede Erneuerung des Sozialistengesetzes ist. Daß hierbei große Schwierigkeiten zu überwinden sind, vor Allem, was den springenden Punkt der ganzen Frage, die unbeschränkte Dauer des vorgeschlagenen Gesetzes anbelangt, läßt sich allerdings nicht leugnen, dennoch herrscht in Reichstagskreisen die Meinung vor, eS werde sich schließlich doch eine Grundlage zu der anzustreben den Verständigung finden. Im Uebrigen unterschied ZMerare, welche vei v«> bedeutenden Auflage des Blattes eine sehr wirk» same Verbreitung finden, werden mit 10 Pfg. di« Spaltenzeile oder veretz Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt» Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Einge sandt, nn redaktionellen Lhetle, die Spaltenzeil« LV Pfg. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Die von uns nur kurz in unserer letzten Nummer erwähnte Versammlung in Sachen der Telephonangelegenheit mar von Interessenten sehr zahlreich besucht. In derselben gab Herr Telegrapheninspektor Pfeiffer aus Dresden auf das Bereitwilligste Auskunft über alle einschlagenden Fragen, theilte auch mit, daß die kaiserliche Oberpost- direktion Dresden großes Interesse an dem Zustande kommen der gewünschten Anlage habe und daß sich dieselbe warm dafür verwenden werde, konnte aber nicht unerwähnt lassen, daß die entscheidende Bestim mung darüber dem Reichspostamte in Berlin zustehe. Wolle man, daß die Anlage bereits im nächsten Früh jahre gebaut werde, so sei dringend Beschleunigung des Gesuches nöthig, und deshalb wird auch in den nächsten Tagen ein bezügliches Gesuch an die Ober postdirektion in Dresden abgesendet werden. — Wir machen unsere Leser darauf aufmerksam, daß im amtlichen Theile des heutigen Blattes eine die Agenturen der königlich sächsischen Altersrentenbank zu Dresden (Landhaus, König Johannstraße) betreffende Bekanntmachung enthalten ist. Wir wünschen, daß diese Bekanntmachung dazu beiträgt, die Betheiligung der sächsischen Bevölkerung an unserem segensreich wirkenden Staatsinstitute immer mehr zu erhöhen. — Freunde des gestirnten Himmels seien auf die in den Nächten vom 12. bis 14. November überaus zahlreich erscheinenden Sternschnuppen aufmerksam gemacht, welche den Namen der Leoniden führen. Auch die Nacht zum 28. November zeichnet sich durch eine Menge von Sternschnuppen aus. — Seiten der Gemeindebehörden sind in den letzten Tage» aus Anlaß der nächstjährigen Einkommen steuer-Einschätzung an diejenigen Steuerpflichtigen, deren Einkommen nicht zweifellos unter dem Betrage von 1600 Mark bleibt, Aufforderungen zur Deklara tion des steuerpflichtigen Einkommens hinauSgegeben worden. Ein Jeder, welcher eine derartige Aufforderung erhält, ist verpflichtet, binnen 10 Tagen vom Empfange derselben an gerechnet, bei der Gemeindebehörde, von welcher die Aufforderung ausgeht, eine gewissenhaft ausgefüllte Deklaration seines nach den bestehenden Gesetzen steuerpflichtigen Einkommens einzureichen. Derjenige Steuerpflichtige, welcher die Einreichung der Deklaration nicht rechtzeitig oder aber gar nicht bewirkt, verliert für das betreffende Steuerjahr das Nekla- mationsrecht. Es ist daher zur Wahrung dieses Rechtes nöthig, daß die Deklaration innerhalb dieser Frist bei der Gemeindebehörde eingereicht wird. Diese Ein reichung kann übrigens in verschlossenem Briefumschlag bewirkt werden, es muß aber auf der Außenseite Name und Wohnung des Deklaranten angegeben, auch die Schrift als Einkommensteuerdeklaration bezeichnet sein und es Hal in diesem Falle die Eröffnung nur durch die zuständige Einschätzungskommission, bez. königliche Bezirkssteuereinnahme, zu erfolgen. Bezüglich der ge setzlichen Vorschriften, nach welchen das stenerpflichtige Einkommen zu ermitteln und zu berechnen ist, ver weisen wir zwar ausdrücklich auf die den Deklarations- sormularen beigegebenen gedruckten Probeeinträge und Erläuterungen, deren genaue Durchsicht den Deklaranten in ihrem eigenen Interesse nicht warm genug empfohlen werden kann; doch heben wir für die Berechnung solcher Einkommen, deren Einschätzung nach dem Durch ¬ schnitte der letzten drei Geschäfts- oder WirthschaftS' jahre, bez. nach den Ergebnissen des letzten Kalender' jahres zu erfolgen hat, noch besonders hervor, daß so wohl bei Aufstellung der Deklarationen, als auch später bei Prüfung derselben durch die Einschätzungs-Kom missionen nur diejenigen Jahre zum Anhalten ge nommen werden können, für welche zur Zeit der Auf stellung der Deklarationen wirklich Abschlüsse vorliegen. Schließlich wollen wir nicht unterlassen, den Dekla ranten die größte Gewissenhaftigkeit bei Angabe ihre- Einkommens anzurathen, denn außerdem, daß der jenige, welcher zu niedrig dcklarirt, sich offenbar eine- Betruges nicht nur zum Nachtheile der Staatskasse, sondern auch seiner Staatsmitbürger schuldig macht, steht auch der Gewinn, welcher durch zu niedrige, dem nach unrichtige Deklaration erzielt werden könnte, in- durchaus keinem Verhältniß zu der hohen Strafe (das Vier- bis Zehnfache des Betrages, dessen Hinterziehung unternommen wurde) welcher sich der Betreffende auS- setzt. Uebrigens wird denjenigen Steuerpflichtigen, welche sich besonders eingehende Kenntniß des Ein kommensteuer-Gesetzes und der dazu gehörigen Aus- führungSbestimmungcn auf billigem Wege verschaffen wollen, der in Druck und Verlag von C. C. Mein hold L Söhne in Dresden erschienene „Rathgeber in Einkommensteuersachen" (Preis nur 1 Mk.) empfohlen, der in der Thal für Jedermann eine Anleitung zur richtigen Deklaration, sowie zur wirksamen Reklamation gewährt. Lr. — Nächste Mittwoch, an welchem Tage der dies monatliche Theaterextrazug von Hainsberg nach Kips dorf abgelaffen wird, wird im Altstädter Hoftheater, die Oper „Zauberflöte", im Neustädter aber das Schau spiel „Marguerite" gegeben werden. Kreischa, 8. November. Unser Landwirth- schaftlicher Verein hielt gestern Abend nach längerer Pause wieder einmal eine Sitzung ab und zwar im Etablissement Blasche. Nachdem der Vorsitzende, Herr - vr. Platzmann auf Saida, die leider nur in geringer Anzahl erschienenen Mitglieder und die durch dieselben eingeführten Gäste bewillkommnet und wiederholt sein lebhaftes Bedauern über die Ignoranz so vieler Mit glieder an dem für dieselben so interessanten zum Vor trag kommenden Thema ausgesprochen hatte, erhielt Herr Ernst Michaelis, Direktor der Vaterländischen Viehversicherung zu Dresden, das Wort zu seinem Vortrage über „die Vortheile seiner Assekuranz für die Landwirthe." Trotzdem sich der Herr Referent redlich bemühte, die Anwesenden zu überzeugen und auch ver sprach, den Verein — circa 120 Mitglieder — als eine Person zu 2'K Prozent aufzunehmen, kam es leider doch zu keinem definitiven Beschluß. Es wurde nur eine Kommission gewählt, die das Weitere mit Herrn Direktor Michaelis verhandeln wird. Kreischa. Nächsten Sonntag wird in unserer Parochie das Kirchweihfest gefeiert, das letzte in hiesiger Gegend. Zur Erhöhung der Kirmesfreuden hat Herr Gasthofsbesitzer Blasche Herrn StabStrom- peter Herrmann für ein Concert am zweiten Airmes seiertage gewonnen. K Glashütte. Beider Kirchenvorstandswahl am 10. November wurden für Glashütte 33 Stimmen abgegeben, gewählt wurden Herr Kaufm. Jul. Richter mit 26 Stimmen, Herr Bildhauer Wahl mit 15 und Herr Uhrmacher G. Gollmann mit 14 Stimmen. Luchau wählte mit 6 von 7 abgegebenen Stimmen Herrn Gutsbesitzer Baßler. Dittersdorf. An einer beim hiesigen Gutsbesitzer Herrn Johann Christlieb Donath umgestandenen Kuh ist durch den kgl. Bezirksthierarzt Herrn Lehnert aus Dippoldiswalde das Vorhandensein von Milzbrand konstatirt worden. Der Kadaver ist daher mit Petro leum übergossen vorschriftsmäßig vergraben und sind gegen Weiterverbreitung der Seuche alle sonstigen Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. Die übrigen ,,Weißeritz-Zeitung" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. Sb Pfg-, zweimonatlich 84 Psg., einmonatlich 42 Pfa. Einzelne Nummern tO*Pfg. - Alle Postan- palten, Postboten, sowie die Ag-nten nehmen Be- , , - Amtsblatt für die Königliche Amtshauptniannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte nnd die Ktadträlhe zu Dippoldiswalde und Irauenstein