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Amts- für die Amtshauptmannschaft Meißen, für das Nr. 27 , Sonntag den 2. Februar 19l9 78. Jahrg. Der amtliche Teil befindet sich in der Beilage Wochenblatt für Wilsdruff und Umgegend. Erscheint seit dem Zähre 184K. 577"''"' °d" d-r«> Raum. SMWMWD-SGS MM-ML-ZW Smpfüngcr innerh. s Tagen, vom RechnungÄage an, Md-rspeuch^hA Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff rentamt zu Tharandt. Po»,««i»,., N>, M-u. o« .Mttdwftn Tageblatt' erlchelni ttlgllch, mli «u«nabme der Son», und Sestlage, abend» S Uhr für den folgenden Tag. /- DezugOprei» bei SEabholung »an der Druckerei wöchrnM» ro Pf»., monailich 0 Pfg., vlerleijührbch 2,10 Ml; durch unsere Au«iröger zugettagen monaiiich SV pfg., vierleiführilch 2,40 Mr.; dei den deufschen poftanstatten vierieftjhrttch 2,« Ml. ohne ZusteNungsgebubr. 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Nachdem sich vor kurzem ein Unabhängiger Sozialist hier über die obige Frage geäußert hat, geben wir heute einem seiner Gegner — dem vol!8wirtichastlichen Dauptmitarbeiter eine« führenden konservativen Blattes — das Wort. WM man die Frage was Sozialismus sei, erörtern, so beißt es zunächst die Grenzen abstecken. Dem Leser wirbelt es förmlich im Kopfe von Sozialismus, Soziali sierung, Kommunismus, Verstaatlichung und Vergesell schaftung, alles Worte, für die ihm die Begriffe fehlen. Er ist nur zu sehr geneigt, alles in einem Topf zu werfen. Tatsächlich aber besteht ein nicht unbedeutsamer Unterschied in den Forderungen und wie die Gruppenbildung in der früher einheitlichen Sozialdemokratie zeigt, ist man sich in ihren Reiben durchaus nicht einig über das Ziel. Da das politische Moment hier aber nach Möglichkeit aus geschaltet werden soll — es hat auch für diese Betrach tungen nickt den geringsten Wert — so erübrigt es sich, die Unterschiede in den Bestrebungen der einzelnen Gruppen zu kennzeichnen, was auch schwer wäre, weil sie bisher niemals klar hervorgeboben sind. Nur soviel mutz aber be merkt we> den, daß die Mehrbeitssozialisten, die gegenwärtig die politische Macht in Händen haben, wegen ihrer mehr fach klar zum Ausdruck, gebrachten Ansicht, daß für die große .Vergesellschaftung" unsere Zeit noch nicht reif ist, das Mißfallen der Gruppen erregt haben, die sofortige Sozialisierung verlangen. Auf die Frage, was er unter „Sozialisierung" verstehe, hat ein führender Sozial demokrat jüngst eine Darstellung gegeben. Wenn nun von einem Gegner darauf geantwortet wird, so entsteht hierbei die oben gekennzeichnete Schwierigkeit, weshalb es durch aus erwünscht erscheint, daß der Sozialdemokrat einmal seine Grenzen absteckt. Vor allem muß klar zum Aus druck gebracht werden, ob die Verstaatlichung oder die Vergesellschaftung von ihm gemeint wird. Sozialismus haben wir bereits in Hülle und Fülle getrieben durch Arbeiterschutzgesetze und soziale Versicherung. Der be kannte sozialdemokratische Führer Eduard Bernstein ist aber der Ansicht, daß in diesem Sozialismus, der weiter ausgebaut werden soll, hundertmal mehr Nutzen für die Arbeiterschaft steckt als in über triebener Verstaatlichung, geschweige denn Vergesell schaftung. Dieser Ansicht pflichte ich durchaus bei. Gegen diesen Sozialismus, der auf politischem Wege oder im wirtschaftlichen Kampfe zu erreichen ist, läßt sich vom kapi talistischen Standpunkte nur so viel einwenden, daß er nicht weitergehen darf, als es der Wettbewerb — im Jn- und gegen das Ausland — zuläßt. Mit diesem Sozia lismus hat die Forderung nach Vergesellschaftung aber nichts zu tun und ob er bei einer Verstaatlichung besondere Förderung erfährt, hängt von der wirtschaftlichen Ent wicklung, dem Fleiß der Bevölkerung und der Ausnützung aller technischen Fortschritte ab. Nach dieser Äoraussckickung nun zu dem begrenzten Thema der Sozialisierung, die, wie der Sozialdemokrat sagt, für ihn Vergesellschaftung bedeutet und wodurch alle Produktionsmittel, d. h. jene Einrichtungen, Liegenschaften und Kapitalien, deren der Mensch zur Arbeit, zur Güter- und Warenerzeugung be darf, vergesellschaftet werden sollen. Die Betriebe sollen von Gemeinden, Piovinzen oder Staaten übernommen werden. Gemach, da steckt die erste Frage: Verstaatlichung oder Vergesellschaftung? Damit, daß die Übergabe der Betriebe in das Eigentum der jeweilig dort beschäftigten Arbeiter von dem Sozialdemokraten abgelehnt wird, läuft diese Vergesellschaftung dock auf eine Verstaatlichung oder Kommunalisierung der Betriebe hinaus. Was der Staat zu betreiben hat, ist ein Staatsbetrieb. Er soll ja auch den Ausgleich zwischen den Bezügen der in den einzelnen Betrieben Tätigen vornehmen. Ein Staats betrieb wird aber immer nur auf kapitalistischer Grund lage betrieben weiden. Mit dieser Verstaatlichung einzelner Betriebe wird man auch einverstanden sein können, ob aber der Arbeiter, der dann doch nicht immer den gesamten Ertrag aus seinem Betriebe erhält, sondern einen manchmal vielleicht erheblichen Teil an den „Racker Staat" abgeben muß zu gunsten der anderen Arbeiter, in deren Betrieben man schlechter wirtschaftet, das mag der Beantwortung des Sozialdemokraten überlassen bleiben. Einen gerechten Ausgleich zu schaffen, wird schwer halten. Zunächst wird dre Schwierigkeit in der Beweitung der Arbeit der be sonders Befähigten sehr groß sein und bald zu schwereren Zerwürfnissen in der Gesellschaft führen als heute. Ebenso beute die Begabten, die eine weit angesehenere Stellung und eine bessere Lebensweise führen können, dem Neid ausgeletzt sind, ebenso werden sie es auch künftig sein. Nun aber, wenn diese Begabten ihre höheren Ein kommen, die sie doch erhalten sollen, nicht voll verbrauchen, dann müßten sie doch einen Überschuß haben und damit zur Kapitalanmmmlung verführt werden. Für das Kapital kommt aber nur der Staat als Aufbewahrer in Frage, da eine andere Verwertung in einem vergesellschafteten Staate unmöglich wäre. Damit sind wir wieder zum Kapital gekommen, ohne das es eben nicht gehen wird, wenn der Staat nicht in eine schwierige Lage geraten will, die er allenfalls ver meiden kann durch Abschaffung des Geldes, aber auch die Anweisungen auf die Bezüge von Waren (Lebensmittel, Kleidung), Überlassen einer Wohnung, Besuchen von Ver gnügungsstätten, werden immer wieder zu Tauschobjekten weiden müssen, nur daß dann der ganze wirtschaftliche Verkehr auf das bedentlichste erschwert werden würde. Einen ganz gewaltigen Abstrich macht der Sozial demokrat, der die Sozialisierung geschildert hat, aber hm- sichtlich der Glückseligkeit und Zufriedenheit. Das ist ober das wesentlichste, daß bisher immer behauptet wurde der Sozialismus (worunter man nach den Ausführungen die „Sozialisierung" verstehen muß) werde die Menschheit zur glücklichsten macken. (Der sozialdemokrati-cke Minister Haenisch hat es noch jüngst in einer Versammlung aus- geprochen.) In welcher Weise das möglich gemacht werden soll, wenn es nicht an Ränken und Eifersüchteleien — natürlich um die beste Futterkrippe — fester wird, das ist eben das große sozialistische Geheim- Der Sozialismus, worunter hier — immer wieder sn es betont — die Sozialisierung verstanden sein will, gleicht dem verschleierten Bild von Sais. Noch niemand hat diesen Schleier gelüftet. Einen Versuch dazu hat August Bebel in seinem Buche „Die Frau und der Sozialismus" gemacht. Es liest sich, wenn man von dem vielen Tat sachenmaterial, das er über die Mängel unseres heutigen Wirtschaftslebens zusammengetragen hat, absieht, wie ein Roman aus Tausend und eine Nacht. Er schildert das Schlaraffenleben in einem sozialistischen Staatswesen, was vor der nüchternen Wirklichke t nicht standhalten würde, wenn man von ihm hört, daß in diesem Staatswesen die größte Rolle die — Statistik spielen wird. Auch Bebel hat nicht den Versuch gemackt, einmal den Organismus, um nüchtern zu sprechen, den Geschäftsgang, wie sich der „Betrieb" gestaltet, darzustellen. Es würde sich dann wobl gezeigt haben, daß das heutige kriegswirt schaftliche Karten- und Bezugsschein-Spstem unbedingt die Grundlage bilden muß. Es wäre jedenialls von der Wichtigkeit, über diese praktische Seite der Sozialisierung etwas zu vernehmen. Von der, „freien Theorie" haben wir nun genug erfahren. Daß wir nach dem Kriegs wirtschaftselend nun unbesehen mit beiden Füßen in einen sozialisierten Staat springen sollen, wird man dem deutschen Volke in seiner Gesamtheit nicht gut zumuten können. O. Biegen oder brechen! Noske über die Expedition nach Bremen. Berlin, 31. Januar. Zu der von Noske verfügten Entsendung von Truppen erklärt dieser, daß diese Expedition dringend nötig ge worden sei, weil von Bremen aus sofort die ersten Schiffe auslaufen sollen, um Lebensmittel für Deutschland zu holen. Bei der absoluten Unsicherheit der Verhältnisse in Bremen sei das Auslaufen aber ernstlich in Frage gestellt. Um das zu sichern, sagt Noske weiter, sind Truppen von erheblicher Kampfkraft nach Bremen in Bewegung gesetzt worden. Das geschah selbstverständlich nicht aus reiner Neigung, in die innerpolitischen Kämpfe mit Waffengewalt einzugreifen. Fügt sich die Minderheit, die jetzt in Bremen wider alles Recht sich in dem Besitz der Macht zu halten sucht, so wird die Aktion in Ruhe vonstatten gehen. Von den Regierungstruppen, die in Bremen ein marschieren, wird gewiß kein Schuß abgegeben werden, wenn nicht von den Bremer Spartakisten oder Unab hängigen zuerst gefeuert wird. Dafür bietet schon die Tatsache Bürgschaft, daß auch die Bremer Aktion unter meinem Oberbefehl von statten geht. Nur für den Fall, daß die Minderheit, die in Bremen ihr Regiment aufrecht zuerhalten sucht, gewaltsamen Widerstand leistet, wird durchgegriffen werden, dann aber auch mit rücksichtslosester Entschlossenheit. 4- Der Bormarsch der Truppen. Nach allen bis jetzt vorliegenden Nachrichten scheinen sich die Verhältnisse in Bremen beträchtlich zuzuspchen. Insgesamt hat die Reichsregierung zwei kriegsstarke In fanterie-Brigaden mit zahlreicher Artillerie, Maschinen gewehren und Minenwersern von Verden aus in Bewegung gesetzt. Bremen, 31. Jan. Die Situation in Bremen steht auf des Messers Schneide und es ist im Augenblick noch gar nicht zu übersehen, wie sich die Verhältnisse in den nächsten stunden entwickeln werden. Nach dem Bekanntwcrde» der Nachricht vom Vormarsch der Regirrnngstrnppen erfolgte die Bewaffnung der gesamten Arbeiterschaft. Alle Last, kraftwagcn wurden requiriert und brachten Maschinen gewehre nach den Vorstädten, die von Arbcitertruppen be setzt wurden. Auch die Straßenbahn wurde für derartige Transporte herangezogen. Um '/-2 Uhr nackis sind vier Mitglieder des Bremer Rates der Volksbeauftragten in Verden eingetroffen und ersuchten den Divisionsstab des Korps Gerstenberg um Einstellung des Vormarsches bis zur Erledigung der Ver handlungen in Berlin. Der Divistonsstab bestand auf sofortiger Entwaffnung der Arbeiter und erklärte, daß er in keine Verschleppung in die'er Angelegenheit einwilligen könne. Von feiten der Volksbeauftragten wurde ihm er widert, daß diese Maßnahmen nicht durck fahrbar seien. Daraufhin wurden die Verhandlungen als ergebnislos abgebrochen. Bis zur Stunde hat es den Anschein, als ob die Bremer Arbeiter es bis zum Äußersten werden kommen lassen. polnische Iustiz! Freisprechung von Mördern. Pose», 31. Januar. Die polnischen Soldaten» die den Rittergutsbesitzer Haza nebst sechs Leidensgenossev ermordete», wurde» vom polilischen Kriegsgericht freigesprochcn. Ferner haben die Polen neuerdings sieben hervor ragende Persönlichkeiten als Geiseln festgesetzt. Bürger meister Küntzer, Stadtverordneter Placzek, Dr. Kantorowicz, der Präsident der Ansiedlungskommission Ganse, Mittcl- schullehrer Rodwieski, Dr. W. Gutmann und Leutnant Matrini. Die Verhaftung wird als Vergeltungsmaßregel gegen die Festnahme des als Haupt der polnischen Agitation in Oderschlesien bekannten Justizrats Czapla in Beuthen bezeichnet. Mit derselben Begründung hatte man schon die Festsetzung des Landeshauptmanns v. Heuling in Posen oorgenommen. Gedüngene russische Mörder. Wie die Bolschewisten arbeiten. Berlin, 31. Januar. Wie der Vorwärts zu berichten weiß, soll zwilchen den Spartakisten Berlins und Rußlands nach polizeilichen Mitteilungen auf verschiedenen Strecken ein reger Verkehr stattfinden. Es ist durch einwandfreie Vertrauensleute festgestellt worden, daß aus Kowno im Auftrage russischer Bolschewisten drei Personen unterwegs sind, um Telegraphen ämter imOüen zu sabotieren und führende Männer, die ihnen unbequem sind, zu ermorden. Diese drei Personen führen angeblich 2 Millionen bei sich uno wollen zu Fuß vier per Wagen die Grenze passieren. Die Angaben finden ihre Bestätigung darin, daß ein Vizefeldwebel Schneider, der 1914 in Gefangenschaft geraten war, und ein Student, Salien, die in enger Verbindung mit den oben Genannten standen, in Kowno, aus Rußland kommend, verhaftet wurden; sie haben bereits gestanden, daß sie den Kom mandanten und Leiter der politischen Polizei von Kowno ermorden wollten. Die Verwendung der Offfziere. Ausbildung uiit allen» Nachdruck. Der Kriegsminister Reinhard und Unterstaatssekretär Göhre befassen sich in einem Erlaß mit der Weiter oerwendung der Offiziere. Besondere Umstände, so heißt es darin, legen an zahlreichen Stellen des Heeres die Tätigkeit der Offiziere lahm. Diese Verhältnisse bergen schwere Gefahren. Die Zeiten sind viel zu ernst, um lange Untätigkeit zu er lauben. Daher haben sämtliche am 7. Februar 1919 nicht zum Dienst bei ihren Dienststellen anwesenden Offiziere und Unteroffiziere ihrer Dienststelle oder wenn sie nach Auflösung ihrer Kriegsdienststelle ihre neue Friedensstelle noch nicht kennen, ihren früheren Friedens-General kommando-Wohnort und gegebenenfalls Urlaubsdauer zu melden. Diese Dienststellen kürzen den Urlaub nach den Erfordernissen des Dienstes ab oder bestätigen ibn. Wer bis 20. Februar 1919 keine Bestätigung erhalten hat, kehn zu seiner jetzt zuständigen Dienststelle zurück. Jeder dienstfreie Offizier hat seine Kriegserfahrung in einem gründlichen Bericht niederzulegen und diesen dem Generalstabe des Feldheeres einzusenden. Die General kommandos Haden sich mit allen Mitteln Übersicht über den Bestand an Offizieren ihrer Formationen und Truppen