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ZWümiM TngtlAit und Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr ¬ lich L Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. "GM-;:' Waldenburger Anzeiger -----A-S"" - des vorhergehenden Tages. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonntag, de» 1. August 188» 177 D,- d-n August d. z. !M-g° Gr«ndst°--r ist »n-st-n- bi- ,um lo. g-d°»-u -uh-- !U „ so. JuU SS«». Stadtsteuer-Ernnahme Waldenvnrg, Steckbrief. ^g-u d.u u°- »-»Ls L'FLV und ,u b°- Ami-,-nch,--G.sting. niß zu Waldenburg abzuliefern. Waldenburg, am 29. Juli 1880. . r i ch t. Königlrches Amtsgerru-u Baumbach. Beschreibung: Alter: 28—30 Jahre. Statur: klein. Haare: dunkel. Bart: Schnurrbärtchen. Gesicht: rund. Kleidung: Hartig hat einen alten langen schmutziggelben Rock und hohe Sommerstoffmütze getragen, ist barfuß gegangen und hat ein blaues Bündel mit darauf geschnürten alten Stiefeletten bei sich getragen. Brennrinden-Amtion auf Remser Revier. Künftigen Freitag, den 6. August 1880, sollen im Gersdorf des obgedachten Reviers 53 Raummeter Vrennrinden gegen sofortige Bezahlung versteigert werden. Die Versteigerung findet an Ort und Stelle statt. Versamm ung Vor mittags halb 9 Uhr in der Böttcher'schen Bahnrestauration zu Remse. Fürstlich Schönburg'sche Forstverwaltung des Remser Reviers. *Waldcnburg, 31. Juli 1880. Was will Gambetta- Gewöhnlich meint man, die Frage, was Gambetta will, damit erledigt zu haben, daß man die Antwort ertheilt: Er will Präsident, Dictator, Protector oder Dergleichen werden, und er will zugleich die inne ren und äußeren Verhältnisse Frankreichs so dirigi- ren, daß er die revolutionäre Strömung in dem geeigneten Augenblick nach Außen abzulenken vermag. Diese Antwort scheint, sagt die „D. Landesztg. , jedoch in der Hauptsache weder richtig noch befrie digend zu sein. Es ist ein nur wenig bekannter Ausspruch Na- poleon's I., „daß er von einer ihm unbekannten Macht getrieben werde auf ein Ziel, welches ihm noch verhüllt sei, wobei er genau wisse, daß, bis er dies Ziel erreicht habe, keine Macht der Erde ihn aufhalten, daß er aber, sobald dies Ziel erreicht ser, Plötzlich von seiner Höhe herabstürzen werde." Wenn wir nun auch den Herrn Gambetta mit Napoleon I. nicht ganz auf eine Stufe stellen, so glauben wir ihn doch, ebenso wie diesen, zu den fatalistisch angelegten Menschen zählen und deshalb von der Voraussetzung auögehen zu müssen, daß er selbst noch nicht genau weiß, was er will, und daß deshalb auch sein Opportunismus zum Theil darin besteht, sich oen treibenden Kräften der Zeit einiger maßen ziel- und willenlos hinzugeben, um der un bekannten Macht, welche er über sich fühlt, nicht vorzugreifen. Hierdurch hält er sich auch die Sorge fern, was schließlich aus ihm und seinen Werken werden soll. Hätte er weiter keinen Zweck, als Präsident oder Dictator zu werden, so hätte er diesen Wunsch schon vor längerer Zeit zu befriedigen vermocht, zumal es keinem Zweifel unterliegt, daß er mit dem Augen blick, wo er den Präsidentenstuhl besteigt, auch Dic tator sein wird. Offenbar aber will Herr Gambetta den Stuhl des Herrn Gr6vy nicht auf die Gefahr hin einnehmcn, nach Verlauf weniger Wochen oder Monate wieder von demselben heruntergestoben zu werden, und er hat deshalb vor Allem darauf hin- gearbeilet, den Präsidentenstuhl für sich mit den er forderlichen Garantien und Schutzwehren zu umgeben, um den betreffenden Sitz mit einiger Aussicht auf Dauer für seine weiteren Zwecke nutzbar machen zu können. Unter diesen Zwecken spielt aber nach seiner se mitischen Natur die Rache die Hauptrolle und er ist deshalb für Deutschland ein um so gefährlicherer Gegner, als sich bei ihm das Gefühl und Bestreben der politischen Revanche noch mit dem der persön lichen Rache verbündet. Gerade in dieser Beziehung aber hat er vor Allem mit dem Widerstreben der besitzenden Bevölkerung von Frankreich zu kämpfen, da diese sich so wohl befindet, um alle kriegerischen Abenteuer zu verab scheuen, und in ihrem Wohlstände und behaglichen Lebensgenüsse entschieden vor dem Gedanken zurück schreckt, sich zum zweiten Mal den Chancen eines deutsch-französischen Krieges auszusetzen. Um deswillen geht die Speculation Gambetta's dahin, Frankreich auf eine unscheinbare Weise, ohne sein Wissen und Wollen, in eine kriegerische Action zu verwickeln, von welcher er hofft, nicht allein den militärischen Ehrgeiz seiner Landsleute darin enga- giren zu können, sondern auch eine Klärung der europäischen Verhältnisse, insbesondere der jetzt un klaren Freundschafts- und Allianzbeziehungen, erwar ten zu dürfen. Außerdem aber ist Hr. Gambetta scharfsichtig ge nug, um sich nicht darüber zu täuschen, in welchen Kreisen er die gallische Kriegsfurie zu suchen hat, und um zu wissen, daß er sich schließlich doch für auswärtige Verwickelungen auf die Sympathien und den Beistand der Radicalen angewiesen sehen wird, welchen er eben um deswillen die Laune nicht ver derben will. Wir nehmen hierbei nichts von Alle dem zurück, was wir früher über Hrn. Gambetta gesagt haben. Hier handelt es sich einstweilen nur von dem, was er will und möglicherweise wollen kann, nicht aber von dem, was er voraussichtlich erreichen wird. In letzterer Beziehung halten wir fest an dem alten Satz, daß wohlgenährte Leute aufhören, ge fährliche Verschwörer zu sein, und daß ein Advocat unter den gegenwärtigen Verhältnissen die franzö sische Armee in demselben Augenblick aus der Hand verlieren muß, wo er selbige gebrauchen will. Nicht der Präsident des Langen Parlaments in England, s sondern der General Oliver Cromwell behauptete s schließlich den Platz, und auch Napoleon I. hatte keine sonderliche Mühe damit, den Directvr Barras, der ihn auf den Schild erhoben, gehen zu heißen. Ebenso wird sich auch Herr Gambetta auf seine Freundschaft mit dem General Gallifet, oder wer es tonst sei, nur wenig verlassen können, da, auch abgesehen davon, daß Gallifet seinen früheren Herrn mit Leichtigkeit verleugnet hat, eine siegreiche Armee überhaupt nur Fleisch von ihrem Fleisch als ihren Herrn anzuerkennen pflegt. *Waldenburg, 31. Juli 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Zusammenkunft des Kaisers Wilhelm mit Kaiser Franz Josef wird am 10. August in Ischl stattfinden. Die Nachricht von einer bevorstehenden Allocu- tion des Papstes, welche sich über die Weltlage vom katholisch-kirchlichen Standpunkt, insbesondere auch über die kirchenpolitische Situation in Deutsch land äußern werde, wird schon seit ven Verhand lungen des Landtags über die kirchenpolunche Vor lage colportirt. Einen entschiedenen Widerspruch von vaticanischer oder ultramontaner Seite hat die Meldung bisher nicht erfahren, uno es erhält sich daher die Meinung, daß eine derartige Kundgebung demnächst in der That zu erwarten sei. Allem Anscheine nach würde es dem deutschen Ultramon- tanismus auch sehr erwünscht sein, aus Rom neue Weisungen als Richtschnur für sein ferneres Ver halten zu empfangen. Auf dem Lustschloß Marienwahl bei Ludwigsburg ist Ihre Königliche Hoheit, die Gemahlin des Prin zen Wilhelm von Würtembecg, Prinzessin Marie am 28. Juli von einem Prinzen glücklich entbunden worden. Aus Freude über die Geburt des Prinzen und das Wohlbefinden der Prinzessin fand in Lud wigsburg Abends allgemeine Beflaggung der öffent lichen und Privatgebäude statt. Frankreich» In ganz Frankreich werden am 1. August die Wahlen zu den Generalräthen stattfinden. Dem Ergebniß dieses sich alljährlich wiederholenden Wahl actes sieht man diesmal mit ganz besonderer Span nung entgegen, weil dasselbe mit wenigstens an nähernder Sicherheit erkennen lassen wird, in wel cher Richtung die jüngsten, in das politische und sociale Leben des Landes so tief eingreifenden Maß nahmen der Regierung, die bedingungslose Rückbe- rufung der Communards und das Vorgehen gegen die nicht anerkannten geistlichen Körperschaften, die öffentliche Meinung Frankreichs beeinflußt haben. England. Die Niederlage in Afghanistan wirkt förm lich niederschlagend auf die Regierung. Gladstone äußerte gesprächsweise: er wäre der ganzen afgha nischen Frage todlmüde und wünsche von Herzen, dieselbe total los zu werden. In conseroativen Kreisen fürchtet man, die Regierung, auf ihre par lamentarische Majorität gestützt, werde die Nieder lage als Vorwand benützen, um Afghanistan sofort zu räumen, wodurch Englands Prestige in Indien fürchterlich compromittirt wäre. Türkei. Jn Salonichi ist am 28. Juli eine Feuersbrunst im griechischen Consulatsgebäude ausgebrochen, wo bei die Localbehörde acht Kisten mit Gewehren, Revolvern und Patronen fand und mit Beschlag belegte. Der Sultan will sich nicht in seine Geschäfte reden lassen. Bei einer Audienz beim Sultan brachte der englische Botschafter Göschen die grie chische Grenzfrage zur Sprache. Der Sultan ant wortete, als constitutioneller Souverän (!) müsse er die Sorge für die Regelung der Frage der Pforte über lassen.