Volltext Seite (XML)
Dienstag. Ar 33. 2« April 1884. Weißerrh-Ieitung. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen vurch alle Post anstalten. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Amts- «ad Anzeige- Matt der Königlichen Gerichts-Aemter nad Stadträthe zv Dippoldiswalde, Mnenstein und Attenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde Tagesgefchichte. o Dresden. Obschon der Entwurf eines neuen Berggesetzes der ersten Kammersast seit 6 Monaten zur Derathung vorliegt, so haben wir doch nichts End gültiges über dessen Schicksal vernommen. So viel scheint inzwischen festzustehen, wenn man auf die An sichten mehrerer Abgeordneter, aus deren Stimme viel zu legen ist, Rücksicht nimmt: baß der Entwurf An nahme finden wird, wenn auch vielleicht aus solchen, wie einzelne Kammermitglieder beantragen werden, die Vorschriften über den Nichtregalbergbau (Kohlen bergbau) entfernt und hie und da einzelne, jedoch un- wesent iche Abänderungen beschlossen werden sollten. Das Drängen auf Unterstellen des Bergbaues unter das Gewerbegesetz, die Beseitigung aller Vorschriften über Muthen, Schürfen, Verleihen u. s. w., die Auf hebung der Revier- und Knappschafts-Verbände findet, wie nch jetzt schon mit Gewißheit bestimmen läßt, in der Ständeversammlung keine Beachtung, obschon ver einzelte Stimmen auf solche die Sprache bringen sollten, beruht nur auf der irrigen Ansicht einzelner weniger, mit den hier einschlagenben Verhältnissen nicht genau vertrauter Leute, uüd haben deren Vorstellungen bereits die erforderliche Widerlegung gefunden. Bekanntlich haben nicht nur mehrere BergwerkSbesttzer, sondern insbesondere auch die Revierausschüffe zum Theil wie derholt durch umfangreiche Vorstellungen ihre Ansichten über den Entwurf selbst der Staatsregierung und der Ständeversammlung vorgelegt, und sind in dieser Be ziehung, wie wir auf glaubhaftem Wege in Erfahrung gebracht haben, die Eingaben der Revierausschüffe zu Schneeberg, Freiberg und Altenberg von hervorragender Bedeutung, weil solche den vorliegenden Gegenstand am ausführlichsten behandelt haben. In Bezug auf Bildung der unteren Bergbehörden laufen jedoch die Ansichten aus einander; die Mehrheit will zwar die Aufhebung der Lergämter, ist aber unter sich darüber nicht einig, was an deren Stelle zu setzen sei. Wäh rend die Einen es bei dem Entwürfe belassen wollen, tragen die Anderen auf Errichtung eine« LandeSbcrg- amtes mit Wegfall der Berghauptmannschast an; Andere wiederum wollen diese Frage bis dahin, wo über die Trennung der Justiz von der Verwaltung zu beschließen ist, aufgeschoben haben. Nun, man wird bald sehen, was die Mehrheit der Ständeversammlung beschließen wird, da in den nächsten Tagen, wie man sich erzählt, der von der Deputation der ersten Kammer gefertigte Bericht erscheinen und zur Brrathung gebracht werden wird. Wir legen in diesem Blatte diese Mittheilung nieder, weil dasselbe da am meisten verbreitet ist, wo man an der vorliegenden Frage lebhaften Antheil nimmt und bereits seit längerer Zeit mit Sehnsucht auf den endlichen Ausgang derselben gespannt ist, wobei wir jedoch die Bemerkung nicht unterlassen wollen, daß irgend eine Hoffnung auf Erhaltung der Bergämter, welche sich überlebt haben und für die Staatscaffe einen mit ihrem Vortheil im Widerspruch stehenden Aufwand herbeiführen, nicht mehr zu machen ist, und für Altenberg demnach eine solche Behörde für immer verloren sein wird. Dresden. Die dritte Deputation der Zweiten Kammer bat jetzt auch ihren Berichs über den Antrag des Abg. Schreck, die Einführung von Geschwor- nengerichten betreffend, erstattet. Der Antrag deS Abg. Schreck lautet: „Die Kammer wolle gegen die königliche Staatsregierung die Ueberzcugung aussprechen, es sei die alsbaldige Einführung von Geschwornengerichten im Königreich Sachsen und zu die sem Behufe eine entsprechende Umarbeitung der Strasproccß- ordnung vom 11. August 1855, durch die Pflicht der Anbah nung einer gleichmäßigen deutschen Rechtspflege dringend ge boten." Nach dem Deputationsberichte hat die kgl. StaatSre- gierung, mit welcher die Deputation sich über den von dem Abg. Schreck gestellten Antrag in Vernehmen gesetzt, erklärt: sie sei nicht principicll gegen die Einführung der Geschwornen- gerichte, doch habe sie nicht die Absicht, der gegenwärtigen Ständevcrsammlung eine Gesetzvorlage zu machen; sie glaube nämlich hiermit deshalb noch Anstand nehmen zu sollen, weil es noch nicht gewiß sei, ob nicht auch auf dem Gebiete des Strafprocesses eine allgemeine Gesetzgebung versucht werden würde, nnd sodann, weil jetzt ein neues Project, die Errich tung von Schöffengerichten, in Anregung gekommen sei, wel ches zunächst einer nähern Erwägung bedürfe. Was die Stellung der einzelnen Mitglieder der Depu tation zu dem Gesammtergebnisse der Erörterungen an langt, so erachten die Abgg. Riedel, Jungnickel und Martini die Vorzüge der Schwurgerichte für unbedingt überwiegend. Sie halten die Einführung derselben eben so sehr im Interesse der Strafrechtspflege, als im In teresse der Herbeiführung einer größer« Uebereinstim- mung zwischen dem sächsischen Strafproceffe und der einschlagenden Gesetzgebung der Mehrzahl der andern deutschen Staaten für ein dringendes Bedürfniß und schlagen daher vor: die Kammer wolle bei der königlichen Staatsregierung den An trag stellen, daß der Ständevcrsammlung so bald als möglich ein die Einführung von Schwurgerichten in der Strafrechts pflege bezweckender Gesetzentwurf vorgelegt, beziehendlich di« Strafproceßordnung der deshalb erforderlichen Umarbeitung unterzogen werde. Die Abgg. Günther und v. Nostitz-Wallwitz dagegen zollen zwar manchen Vorzügen des GeschworneninstitutS ihre Anerkennung, sind aber der Ansicht, daß denselben' ebenso beachtenSwerthe Bedenken entgegenstehen. Sie