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ZchönlmM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. «ud Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. ^L281. Mittwoch, den 4. October 1882. Bekanntmachung. Rücksichtlich der demnächst vorzunehmenden Stadtverordneten-Ersatzwahl werden diejenigen Bürger hiesiger Stadt, welche sich mit Abentrichtung von Staats- oder Gemeindeabgaben, einschließlich der Abgaben zur Schul- und Armencaffe, länger als zwei Jahre ganz oder theilweise im Rückstände befinden, zur ungesäumten Berichtigung dieser Abgaben unter Hinweis auf 8 44 sul) § der Revidirten Städteordnung vom 24. April 1873 hierdurch aufgesordert. Waldenburg, den 2. October 1882. Der Stadtrath. Cunrady. R. II. *Waldenburg, 3. October 1882. Zur politischen Lage. Die Wahlbewegung in Preußen, welche schon seit Wochen im Gange ist, nimmt vorzugsweise die Thätigkeit aller Parteien in Anspruch. Die beiden conservativen Parteien haben ihre Wahlaufrufe längst veröffentlicht und wenn das Centrum und die liberalen Parteien mit derartigen programmmäßigen Kund gebungen an die Wähler noch im Rückstände sind, so haben die Organe ihrer Presse und die parla mentarischen Wortführer der Partei gleichwohl dafür gesorgt, daß die Wähler über ihre Ziele und Ab sichten nicht tm Dunkeln bleiben können. Die preußische Regierung selbst hat es ausdrücklich abgelehnt, ein Programm für die bevorstehenden Wahlen zum Ab geordnetenhaus auszugeben, um nicht, wie bei den vorjährigen Reichstagswahlen, der Opposition ein erwünschtes Ziel zu Angriffen zu bieten; sie verlangt einfach Vertrauen und Zustimmung zu der Politik der Staatsregierung und Hal in der „N. A. Z." die Ansprüche eines Theils der Conservativen auf gewisse Selbstständigkeit auch dem Ministerium gegen über nachdrücklich zurückgewiesen. Wenn endlich das Streben der Liberalen darauf gerichtet ist, die bisherige conservativ-klerikale Mehrheit im Abgeord netenhause zu sprengen, so haben andererseits die Führer des Centrums, die Abgeordneten vr. Windt horst und Frhr. von Schorlemer, in den Versamm lungen der Partei, welche jüngst in Köln a. Rh. und anderen Orten stattgefunden haben, entschieden in Abrede gestellt, daß eine klerikal-conservative Coalition überhaupt bestehe, und dis politische Hal tung des Centrums dahin präcisirt, daß das Centrum nur von Fall zu Fall mit den Conservativen sich verständige. Bei den Wahlen würden die Anhänger des Centrums aber entschieden Conservativen und Förtsch.ittsmünnern vor den Candidaten der Frei- conservativen und der Nationalliberalen den Vorzug geben. Im Allgemeinen stellt sich heraus, daß trotz aller Meinungsverschiedenheiten, die zwischen den ein zelnen Fractionen bestehen, neben dem gewissermaßen für sich stehenden Centrum, die vereinigten Liberalen den vereinigten Conservativen geschloffen gegenüber stehen werden. Noch märe es zu früh, über den wahrscheinlichen Ausgang des Wahlkampfes eine Vermuthung auszusprechen, da selbstverständlich alle aus den einzelnen Wahlkreisen eingehenden Nach richten über die Aufnahme und Aussichten der be treffenden Candidaturen einen gefärbten Charakter tragen. Großes Aufsehen macht in Frankreich ein Rund schreiben des Unterstaatssecretärs der Finanzen, Laüuze, das beinahe den Anfloß zu einer neuen Cabinelskrisis gegeben hätte. In jenem Rund schreiben wären die Präfecten aufgefordert worden, eingehend über die Familienverhältnisse, die sonstigen Verbindungen und die politische Stellung der Finanz beamten zu berichten. Da Labuze ein Anhänger Gam- betta'S ist, so bezeichnet man allgemein den Letzteren als den eigentlichen Urheber der seltsamen Maßregel, die wahrscheinlich bestimmt war, den geheimen Ein fluß des Exdiclators in Beamtenkreisen neu zu stärken. Die Presse schlug Lärm, und der Minister- rath, der weder von dem Inhalt noch von der Ab sendung des Circulars in Kenntniß gesetzt worden war, beschäftigte sich am Sonnabend mit der Ange legenheit. Es kam zu heftigen Auseinandensetzungen und einige Minister forderten die sofortige Ent lassung von Labuze. Diese würde aber auch den Rücktritt des Finanzministers Tirard nach sich ziehen, der das Doeument unterzeichnet hat, ohne, wie er, zu seiner Entschuldigung vorgab, dessen volle Trag weite ermessen zu haben. Um eine Cabinetskrisis zu vermeiden, begnügte man sich damit, den Er laß für null und nichtig zu erklären, so daß die Präfecten nicht daran gebunden sein sollen. Der Zwischenfall scheint aber damit noch nicht erledigt; mehrere Blätter Findigen bereits an, daß, wenn Labuze nicht freiwillig das Feld räume, die Sache zum Gegenstand einer Interpellation in der Kam mer gemacht werden würde. In Kairo scheint nach der Explosion eines Muni tionszuges die Ruhe aufrecht erhalten zu werden. Offenbar ist das Feuer kein Werk des Zufalls, sondern angestiftet. Neuerdings sind noch acht Personen verhaftet worden, welche die Weiterver breitung des Bahnhofbrandes gefördert haben sollen. Ueber den weiteren Verlauf der egyptischen Frage verlautet gegenwärtig nichts, und Alles was die Blätter bringen, sind Vermuthungen. Das Schicksal Egyptens ruht noch in den Händen der Diplomaten. Unterdessen bereitet sich Wolseley vor, Egypten zu verlassen, seine Abreise von dort ist auf den 20. d. festgesetzt. Egypten dürfte wahrscheinlich längere Zeit unter englischer Occupation bleiben. *Waldeitburg, 3. October 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Prinz Heinrich von Preußen hat sich am 2. d. an Bord der Corvette „Olga" begeben, um eine 1'/- Jahr dauernde Seereise zu machen. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" sagt: Es ist eine Fälschung unserer Worte, wenn man unterschiebt, daß wir eine unbedingte Heeresfolge der conservativen Partei verlangt hätten. Wir haben nur die Wahltaktik getadelt, welche den Wählern gegenüber aus der Versicherung Kapital zu schlagen sucht, daß der Candidat nicht mit der Regierung gehen werde, und welche ihre Leistungen in der Opposition in Vergangenheit und Zukunft sich als verdienstlich anrechnet. Lothar Bucher, der die letzten Tage seines Ur laubes in Varzin zubrachte, ist von dort nach Berlin zurückgekehrt und hat seine Geschäfte wieder über nommen. Demnach scheint von seinem Abgänge nicht mehr die Rede zu sein. In einem längeren Artikel, der sich mit Ge- nugthuung über die Thatsache ausspricht, daß die jüngere Juristenwell mit Ausnahme des „darin leider so stark vertretenen jüdischen Elementes" sich mit vollster Ueberzeugung der national-conservativen Sache zugewendet habe, führt das „Deutsche Tage blatt" aus, daß die Gründe, warum doch noch im mer eine große Anzahl Juristen der conservativen Sache abhold sei, in der noch immer wesentlich formell gerichteten Entwickelung unseres Prozesses und allerhand Mängel in der Ausbildung der Ju risten liegen. Als besonders nachtheilig erachtet in dieser Beziehung das genannte Blatt, daß das ganze Denken der Rechtsstudirenden von vornherein ver- römert ist. Ueber die Moskauer Ausstellung bringt die „Nordd. Allg. Ztg." einen Artikel, worin es heißt: Die Ausstellung sei geeignet, die gesteigerte Auf merksamkeit aller Kreise der deutschen Producenten aus die von Rußland erreichte wirthschaftliche Ent wickelungsstufe und auf den Einfluß dieser Thatsache auf den hiesigen Handel und Verkehr zu lenken. Die deutsche Industrie werde die Ungerechtigkeit und Unmöglichkeit des Fortbestandes eines einseitigen Handelsverkehrs zwischen Rußland und Deutschland einzusehen geneigt sein und gern denjenigen Maß nahmen die Zustimmung geben, welche in gerechter Nothwehr diejenigen Productionszweige, die jetzt vom Importe russischer Rohproducte hart bedrängt werden, zu schützen und dadurch den Arbeitskräften Deutschlands auf diesem Gebiete gesicherten Erwerb zu schaffen geeignet seien. Ueber den Verlauf der diesjährigen Manöver in Deutschland liegt ein ferneres auswärtiges Urtheil in dem der römischen „Rassegna" vor. Das von Riesa in Sachsen datirte Telegramm des Re ferenten lautete: Auch die großen Manöver im Königreiche Sachsen sind, ganz wie jene preußischen in Schlesien, ausgezeichnet verlaufen. Anlage wie tactische Durchführung erregen gleich hohe Bewun derung und dies ist auch die Ansicht aller der frem den Offiziere. Zu bemerken ist, daß die auswärtigen Missionen seit 1872 noch nicht so stark gewesen, wie in diesem Jahre. Als Gesammt-Urtheil ist zu resumiren, daß die Manöver in Schlesien sowohl wie diese von dem Prinzen Georg in Sachsen unter den Augen des deutschen Kaisers und des mit Kö nig Umberto verwandten sächsischen Königs com- mandirten Feldmanöver neuerdings bewiesen haben, wie in dem ganzen Heere von Deutschland jene hohen Eigenschaften solide fortbestehen, welche 1870 und 1871 dasselbe so sehr bewundern ließen. Und zweitens: wie viel trotzdem in diesem Heere noch gearbeitet wird. Alle drei Waffen sind unvergleich lich. Nach den jetzigen deutschen Ideen über den Gebrauch der Reiterwaffe auf dem Schlachtfelds kam auch die Cavallerie zum mehrfachen Eingreifen, welches stets energisch, opportun und von Erfolg begleitet zu nennen war." Oesterreich. An den Bundespräsidenten der Oesterreichischen Gesellschaft vom rothen Kreuze ist folgendes Te legramm eingelangt: Ihre Majestät die deutsche Kaiserin hat in Folge des Aufrufes der Bundes leitung der Oesterreichischen Gesellschaft vom rothen Kreuze, als Ehrenmitglied derselben, tausend Mark für die Hilfsbedürftigen in Tirol und Kärnlhen bewilligt, welche an Euer Hochwohlgeboren abgehen. Im Allerhöchsten Auftrage: Baron Knesebeck, Cabi- netssecretär Ihrer Majestät der deutschen Kaiserin. Ungarn. Ein Erlaß Tisza's an sämmtliche Munizipien spricht die Ueberzeugung aus, die Munizipien wür den entrüstet sein über die schmachvollen Excesse, welche in Preßburg unter dem Aushängeschild de» Antisemitismus verübt wurden, in einigen Gemein den des Preßburger Comitates Nachahmung fanden und ähnlichen Vorfällen pflichtgemäß vorbeugen, eventuell die vorkommenden Unruhen mit voller Energie niederschlagen, den Schuldigen gegenüber die ganze Strenge des Gesetzes anwenden. Ein Versäumniß oder laues Vorgehen wird nicht gedul det werden. Die Sicherheit der Person und die