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Verantwortlicher Rcdacteur nnd Verleger» Ludwig Donath in Schandau den 17. August 1853. Motto: Wäge bedächtig das Wort, ch' du der Lipp' eS entsendest! Gleich dem geschossenen Pfeil kehrt es dir nimmer zurück. G, Keil. Der Verworfene Novelle. (Fortschu ng.) Der Tag der Verlobung war heran gekommen, blank gescheuert waren alle Gemächer in dem Hause des Nathshcrrn und schon fanden sich die geladenen Gäste ein, um das Fest zu verherrlichen. Vater Schwarz empfing sie vergnügt an der Seite des' Bräutigams im Speisezimmer, während Base Elsi in der Küche wirthschastete, , und die Braut sich in ihrem stillen Kämmerlein schmückte. Blaß wie die eben erblühte Lilie und mit rothgcweinten Augen wand sich die Verzagende einen Kranz von Rosen in die reiche Lockenfülle, und blickte oft seufzend hin über über die lachenden Fluren, den Netter zu er spähen in ihrer höchsten Noth. Schon hatte sic ih ren Puh vollendet; noch einmal fiel sie auf die Knie nieder, sich im beißen Gebete einen helfenden, befrei enden Arm, cder Stärke für das Opfer zu erstehen, das sic jetzt bringen sollte; da fielen die Scherben des Fensters, von einem Steinwurfc getroffen, klir rend in dach Gemach. Erschrocken sprang sic auf, den muthwilligcn oder boshaften Störer zu erblicken, da gewahrte sie unten einen Mann, der bittrnd die Hände cmporhob, als er sic erblickte: Ein schlichtes, graues Wamms verhüllte die Gestalt des Bettlers, ein grober runder Hut, abenteuerlich äufgeputzt mit bunten Bändern und Sträußen, deckte den grauen Scheitel des GreiscS, und eine Cither hin^ an einem grünen Bande über leine Schulter. Befremdet über des Unwillkommenen stumme Bitte wollte Nitta zu rück treten — da zog er einen Strauß von Feld blumen aus der Reisetasche, .warf ihn durch die zer splitterten Scheiben und verschwand. Ein Zettel fiel aus den Blumen; von Ahnung ergriffen hob ihn Nitta auf und las: „Wo am größten Vie Noth, da am nächsten ist Gott." Lange blickte die Gefolterte in die Zeilen, end lich zog Himmclstrost mit dcs frommen Sprüchleins klarem Sinne in ihren Busen ein, und voll glau- benden Vertrauens verbarg sic das Papicr, als sie Tritte von Kommenden auf der Hausflur ver nahm. Alle im hell erleuchteten Festgemachc begrüßten jubelnd das engelschöne Mädchen, wie es von Vater und Bräutigam geführt, cintrat in den fröhlichen Kreis. Der Schultheis, als der Vornehmste, führte sie an den Ehrenplatz an seiner Seite, und laute Glückwünsche tönten aus jedem Munde. Aus den Augen des Bräutigams blitzte wilde Freude und frevelnder Ukbcrmurh; Nitta aber-saß zagend und bebend und kämpfte mühsam, das Vertrauen zu er halten, das des Zettels Worte in ihrem Herzen er« kräftiget — aber nirgends zeigte sich ein helfender Engel. Immer lauter wurde die Freude der Geladenen, als des Rheinweins flüssig Gold in vollen Krügen sprudelte, und schon begann sich der allgemeine Froh sinn in heitern Liedern auSzugicsien, als draußen auf. der Hausflur lustige Musik erscholl, „Herrlich, herrlich ! Herein die Fiedler!" lärmte es durch die. laut jubelnhc Tafelrunde, und durch die gastlich offene Thür zogen drei abenteuerliche Ge stalten in die festlich geschmückte Stube, Hohe Gluth der Ueberraschung färbte Nitta'ö bleiche Wangen, -als sie an ihrer Spitze den Alten erblickte, der ihr den Zettel zugeworfen. Auch die Ucbrigcn erkannten den Cytherspicler, der sich seit zwei Jahren in dieser Gegend herum« trieb und bei manchem Feste die Herzen froh gemacht hatte durch seinen Gesang, Alle begrüßten ihn da her als einen lieben Bekannten, und boten ihm und seinen Gesellen Trank und Speise; nurBruny mu sterte argwöhnisch die lustigen Fiedler; denn die hohe Gestalt des Einen und das rasche,, feurige Wesen des Andern schien eine dunkle Erinnerung in seined Seele aufzuwecken, Aber unbefangen nahm das Kleeblatt i>i einem Winkel Platz, in dem man ihm ein m'chtiched Mechl bereitet hatte, und bald wubelten die fröhlichsten Weilen durch den Saal. „Jetzt ein Lied, alter Swamich!^ rief endlich der Schultheis im fröhlichen Muthe, nnd ttelMte