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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.06.1911
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-06-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19110624016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1911062401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1911062401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-06
- Tag 1911-06-24
-
Monat
1911-06
-
Jahr
1911
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Bezugs-Preis Ar Leipzig »»d versrt« buch u«i«r» lräaei uns Eoediteur» 2» al tialtch t»»Hau« gebrach«' »Pt. »onatU.r.70Utt. vienrUädrl. Bei »»ler» ßutale» ». *a» «dgehalt: 7» M. »«xül, »L «U. otHeltührL D«ch bi« V*str innerhalb DeiUlHlaab, an» der deatiche» Kolonie» vterieljührl. ».80 Mk., «onatl. 1^8 «I. a»»jLl. Poftbeftellgeld. Peraer tn Belgien, Dänemark, de» Donau staaten, Italien. Luremdura, Ktrderland«, Rar» weaen Onierretch - Ungarn. Rußland, Schweden, Schwei» ». Spanien. In alle» übrigen Staaten >u»« direkt durch di« lbelchälteltelle de» Blatte» »rbaMtch. Da» L«tp»t,»r Tageblatt «rlchet»» »»»al täglich. Sonn- ». Feiertag» »»r morgen». Ubonnem«nt»-Lanabm». Iohauuiogall, S, bet un>er«a Träger». Filialen. Spediteure» »ad Uanaharektelle», lowt» Poftämieru m»d Briesträger». St»»«t»«rka»t»»r»»» »Pi. Morgen-Auskabe. Mpttger Tageblaü s 14 SS2 l««cht-»Ichl»U LrU-Änschl. < 14 693 > 14 894 Handelszeitttng. 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Die vorliegende Ausgabe umfaßt 16 Seiten. Das Wichtigste. * Die Ortsgruppe Leipzig des Hansa» bundes wendet sich in einer Erklärung gegen Landrat a. D. Rötger. (S. d. bes. Art.) * Der Briefwechsel zwischen Landrat Rötger und Geheimrat Rießer, der zum Aus tritt Rötgers aus dem Hansabund führte, wird ver öffentlicht. (S. d. bes. Art.) * Das französische Kabinett hat de» missioniert. (S. Letzte Dep. * Das englische Königspaar hat gestern in feierlichem Umzüge die Straßen Londons durch fahren. (S. Ausl.) * Die aufständischen Araber brachten den türkischen Regierungstruppen bei Djisan eine schwere Niederlage bei. Angeblich wurden ungefähr 1000 Soldaten getötet. (S. Letzte Dep.) Mehrheitsdilünng in Oesterreich. Der Stichwahltag hat den Ruck nach links in noch viel schärferer Form zum Ausdrucke gebracht als die Hauptwahlen. Der urspringliche Kern der christlich-sozialen Partei, also die anti semitische Wiener Bewegung, liegt zu Tode ge troffen auf der Walstatt. Was sich behauptet hat, sind im wesentlichen die Konservativ-Kleri kalen der Alpenländer, die vor Lueger im Lande waren. Die Führung der deutschen Gruppen ist an die Deutschfreiheitlichen übergegangen, die schon mindestens die Stärke der spättaaffe- schen Zeit zurückerobert haben und im Besitze von über hundert Mandaten wahrscheinlich den Prüsidenten-Stuhl besetzen werden. Die heutigen „Deutschfreiheitlichen" decken sich ja nicht völlig mit der „Berfassungspartei", diL unter Auersperg zuletzt herrschend war. Auch jene bildete keine einheitliche Organisation: ihr linker Flügel nahm als „Fortschrittspartei" eine Sonderstellung ein und — einen derben Ausdruck Bismarcks zu gebrauchen — „spuckte" häufig genug der Gesamtpartei und ihrer Ver tretung im Kabinett „in die Suppe". Heute ist in dasselbe Verhältnis die deutsch-nationale Gruppe eingetreten, als deren Anhängsel ein paar Alldeutsche zeichnen. 2n diesem Unter schiede prägt sich die große Veränderung aus, die die letzten drei Jahrzehnte allmählich herbei geführt haben: der nationale Gedanke hat die politisch-radikalen Neigungen abgelöst, die Epigonen von 1848 sind den Männern gewichen, die in den Sturmjahren Badenis das Deut sch äft erreich ertum zum sich fühlenden Volke er zogen haben, und der Grundstock der Partei hat jene Schuljahre mit Nutzen durchgemacht. Für die Streiter von 1848, die die tschechische, die madjarische Emanzipation als ihre Sache verfochten, wäre in der „deutschfreiheitlichen Partei" kein Platz mehr. Es kann auch keine Rede davon sein, daß etwa nunmehr die nationalen Schutzwaffen auf dem Fechtboden niedergelegt werden dürften. Mag auch ein Teil des Kampffeldes endgültig behauptet, und ein anderes durch die Fehler der Hüter ebenso unwiederbringlich verloren sein: noch schlagen die Flutwellen der tschechischen, der slowenischen Ausbreitung an die zusammen hängenden deutschen Gebiete in Böhmen, Steier mark und Kärnten, noch suchen sie die letzten Exklaven in Krain fortzuschwemmen. In Böhmen ist die Herrschaft über Budweis den Deutschen erst vor einem Jahrfünft entrissen worden. Durch falsche Registrierungen bei den Volkszählungen sucht man die außer ordentlich wichtigen nationalen Prozentsätze zu verrücken. Es dedarf unausgesetzter' Wachsam keit, um die 233 Mandate im Reichsrate wirk lich dauernd für deutsche Vertreter zu behaupten. Für Böhmen vollends ist das Ausgleichswerk noch lange nicht über den toten Punkt hinweg gebracht, weder die Abgrenzung der Gebiete, noch die innere Ausgestaltung der erstrebten Besonderung. Ehe aber der Landfriede Böh mens nicht hergestellt, der böhmische Landtag nicht flottgemacht ist, kann auch die Arbeits fähigkeit des Reichsrates nicht als dau ernd gesichert gelten. Die nationale Halb heit der Christlich-Sozialen ist einer der Nägel zum Sarge der Fraktion Luegers geworden. Die Deutichfreiheitlichen muffen sich die wieder gewonnene Gunst der Wähler durch Vermeidung dieses Fehlers zu erhalten verstehen. Möglich auch, daß ihr imponierender Sieg den Starrsinn der Tschechen mildert, ihre Siegeszuversicht herabstimmt. Ein Fehler wäre es natürlich aber auch, wenn die deutsche Hauptfraktion sich durch ihren radikal - nationalen Anhang fortreißen ließe, jetzt ihre Forderungen zu steigern, wenn sie ebenso in dessen Schleppseil geriete, wie ihre Vorgängerin durch den Einfluß der politisch radikalen Gruppe. Der Ausgleich ist für beide böhmischen Völker und noch mehr für den Reichsgedanken zur Lebensfrage geworden. Das Eisen muß jetzt fertig geschmiedet werden, so lange es von den Nachwirkungen des Wahl kampfes heiß bleibt. Und die Friedenssehn sucht ist in den tschechischen Wählermassen viel leicht noch stärker bemerkbar geworden als bei ihren parlamentarischen Vertretern. Vor allem hebt angesichts der veränderten Gruppierung die Zukunftsfrage ihr Antlitz jetzt dringender empor nach den Richtlinien der künftigen österreichischen Politik, über die Sorgen der unmittelbaren Gegenwart hinweg, die Ausgleichs- und die Rekrutenfrage. Das Volk Zisleithaniens hat sich mit nicht überhörbarer Deutlichkeit dahin ausgesprochen, daß es künftighin liberal regiert werden will, daß es die Jahrzehnte des Stillstandes nunmehr für überwunden erachtet. Dieser Erundton klingt aus den Ergebiiffen des böhmischen, des polnischen, ja auch des slowenischen und des italienischen Gebietes hervor, wie vor allem aus dem verblüffenden Umschwünge in den deutschen Gauen. Auch an der abermals be stätigten Machtstellung der Sozialdemokratie darf nicht achtlos vorbeigegangen werden: die Partei hat ja ihre böhmischen Einbußen in letzter Stunde durch ihre Erfolge in Wien ziem lich wettgemacht. Nicht in dem Sinne soll ihre zweifellose Bedeutung zur Geltung gelangen, daß ihre Bundesgenoffenschaft von den Liberalen mit schwächlichen Zugeständnissen erkauft, daß sie etwa zur Mehrheitsbildung eingeladen werde. Aber die neue Staatsleitung — mit oder ohne Bienerth — wird ernstlicher daraus Bedacht nehmen müssen, der festbewurzelten roten Partei das Wasser abzugraben, wird die außerordent lich verzögerte Sozialgesetzgebung nach deutschem Vorbilde zu den vornehmsten Auf gaben der neuen Eesetzgebungsperiode stellen müssen. Daß diese Arznei der sozialen Krank heitszustände sehr langsam wirkt, haben wir Reichsdeutschen ja am eigenen Leibe erfahren. Daß ihre Heilkraft in Zukunft bemerkbarer sich zeigen wird, bleibt nichtsdestoweniger unbestreit bar. Auch auf den übrigen Gebieten der Ver waltung-.- und Kulturgesetzgebung bleibt viel in den unseligen nationalen Kämpfen vergeudete Zeit einzuholen. Zu allen den Erfordernissen muß an der Herstellung einer zielbewußten liberalen Mehr heit jetzt mit allen Kräften gearbeitet werden. Die geringe Fruchtbarkeit der christlich-sozialen Aera darf nicht wiederholt oder gar Überboten werden. Die Wähler würden das nächste Mal sicher zu den jetzt verlassenen Fahnen zurück kehren, statt, wie dringend wünschenswert, die Stoßkraft der freiheitlichen Idee noch zu ver stärken. Die Zeiten einer reindeutschen Mehrheit sind leider unwiederbringlich dahin: 233 bleiben in alle Ewigkeit die Minderheit unter 516. Aber die Elemente einer liberalen Mehrheit können aus den nichtdeutschen Ver tretern hervorgesucht werden, nachdem die Christlich - Sozialen ihre Führerrolle ab gegeben haben: Herr Weißkirchner hat ja schon über seine doppelte Niederlage durch schleunigen Rücktritt quittiert. Auch in dieser Rücksicht auf eine endgültige Gesundung der ohne die sichere Grundlage einer bewußt fortschrittswilligen Majorität kümmerlich sich fortfristenden Eesetz- gebungsarbeit ist ein möglichst rascher Ab schluß des böhmischen Ausgleiches ein Ziel aufs innigste zu wünschen. Lki»en von üer Kieler Woche. sEigenbericht für das Leipziger Tageblatt.) I. Dr. L. Kiel, 21. Juni. Hlolto ackagio. „Gott sei Dank, wenigstens «in Mensch, der Stimmung für die Kieler Woche mitbringt!" Mit diesem Seufzer der Erlösung wurde ich heute begrüßt, als ich nach ermüdender Fahrt wohlbekannte kollegiale Räume hier betrat. Aber der Biedere, der mir diesen freundlichen Gruß widmete, hatte sich arg getäuscht, denn auch in mir wollte diesmal die echte Stimmung zur Fahrt an die heimatliche Wasserkante gar nicht aufkommen. Die Zahl der Mel dungen zu den 21 Regatten, die diesmal auf dem Programm stehen, ist nämlich arg hinterden Er wartungen zurückgeblieben und weist einen Rückgang auf, mit dem man in diesem Jahre um so weniger rechnen konnte, als die amerikanisch deutschen Sonderklassen-Wettsahrten um den Kaiser- Wilhelm-Pokal und den Prinz-Heinrich-Pokal, und zwar Fahrten mit ausgesuchtem Jachtmaterial, der Kieler Wock>e diesmal einen ganz besonders sportlichen Reiz geben mußten. Und trotzdem einRückgang der ge meldeten Jachten von 82 auf 61, nachdem im vorigen Jahre gegen 1909 nur ein Plus von 1 zu verzeichnen war. Der Rückgang von 1908 lauf 73) gegen 1907 hatte seinen guten Grund in dem neuen Meß verfahren, das zahlreichen älteren Jachten eine Be teiligung an den Regatten unmöglich machte. Der jetzige Stillstand aber, der seit drei Jahren zu ver zeichnen ist, gibt zu denken und läßt die Vermutung nicht verschwinden, daß die jetzt beliebte Form der Kieler Woche nicht geeignet ist, aus ihr ein deutsches Seitenstück zu der internationaler Beteiligung sich erfreuenden Woche von Lowes zu machen. Freilich liegt die Schuld hieran nicht auf feiten der veranstaltenden Vereine, sondern in dem unan gebrachten System, alle möglichen anderen sportlichen Veranstaltungen recht nahe an oder gar in die Kieler Woche zu verlegen. Im vorigen Jahre war es das Deutsche Bundeskegeln, das mit seiner nach Tausenden zählenden Teil nehmerzahl den seglerifchen Wettkämpfen Konkurrenz machte, in diesem Jahre sind es gar zwei Veranstal tungen, die als Rivalen der Regatten auf dem Plane erscheinen: die Kieler Flugwoche und das nord deutsche Bundesschießen. Da der Flugsport durch die trotz aller Unfälle nicht abzustreitenden großartigen Leistungen augenblicklich allerorten, also auch hier, das Interesse der Sportkreise in hohem Maße in An spruch nimmt und überdies den Reiz der Neuheit für sich hat, so mußten natürlich die Segelwettkämpfe, die sich nun zum 24. Male auf Len Fluten der buchen umstandenen Kieler Förde wiederholen, darunter leiden, unL ebenso unter der Einwirkung des Bundesschietzens, das zahlreiche Freunde des Büchsen sports in leinen Bann gezogen und damit der Zahl der wassersportlicher Schlachtenbummler genommen hat. Man wird also besser tun. die verschiedenen Arten spcrtliäxr Wettkämpfe mehr a^ die Sommer wochen zu verteilen, als sie zu konzentrieren. Auch der finanzielle Effekt, der doch für das Kieler De- sckmstsleben von höchster Bedeutung ist. wird dann ein wesentlich besserer jein. In diesem Jahre mag er übrigens auch noch dadurch ungünstig beeinflußt worden sein, daß sowohl Prinz Heinrich als auch der Kronprinz und seine Gemahlin durch die Teilnahme an den Krönungsfeierlichleiten zu London von der Kieler Woche ferngehalten werden. Alles das aber sind Zufälligkeiten, und diese allein wird man für den Rückgang der Kieler Woche nicht verantwortlich machen dürfen. Wesentlich wird auch dabei der Umstand mitsprechen, daß die Kieler Woche aus einem Zyklus rein sportlicher Wettkämpfe zu einer Reihe gesellschaftlicher Ver gnügungen geworden ist, die nur Leuten von sehr großem Geldbeutel die Teilnahme gestatten. Diese Entwicklung liegt nicht im Sinne einer all gemeinen Ausbreitung Les Sports, und deshalb wär- ernstlich zu erwägen, ob hier nicht eine Aende- rung angebracht wäre. Freilich muß auch noch eins hinzukommen: wenn man Gäste aus aller Herren Ländern bei sich sehen will, so muß man sie auch zu behandeln verstehen. Ein schlechter Kerl, der nichts auf sein Vaterland hält: im sportlichen Kampfe aber muß der Patriotismus hinter dem Sportsinne zurück stehen: die Niederlage eines ausländischen Rivalen darf nicht zu Ausbrüchen eines schadenfrohen Chau vinismus führen, wie solche im vorigen Jahre gegen über englischen Sportleuten zu verzeichnen waren und leider die plötzliche Abreise einer der besten eng lischen Jachten, der „Cicely" des Herrn Cecil Whita- ker, zur Folge hatten. Solche Vorfälle tragen natür lich nicht dazu bei, der Kieler Woche den internatio nalen Charakter zurückzugewinnen. Denn zwei Eng länder („Waterwitch" und „Eypaetos"), zwei Nor weger („Taifun" und „Rollo"), ein Belgier („Ant- werpia") und ein Oesterreicher („Gefron HI"), im ganzen also sechs Ausländer gegenüber 78 deutschen Jachten, das ist kein Verhältnis, das die Bezeichnung „internationale Regatten" ernstlich rechtfertigen könnte. Etwas tröstlicher wird das Bild, wenn wir uns die gemeldeten 64 Jachten hinsichtlich der Güte des Materials und des Erbauungsjahres an sehen. Dann kommen wir zu dem Resultat, daß von 64 Jachten einschließlich der Sonderklasse 29 Neu bauten sind, was prozentual allerdings einen Rück gang von 59 auf nicht ganz 46 bedeutet. Interessant ist die ^.1-Klasse der ganz großen Schuner, wo sich des Kaisers „Meteor", der auf der Unterelbe am Dienstag einen Sieg errang, seinen bisherigen Kon kurrenten „Hamburg", für die merkwürdigerweise noch immer kein Ersatzbau kontrahiert ist, und „Ger mania" gegenübersieht. Außerdem wird ihm ein ernster Konkurrent in der neuerbauten Engländerin „Wathcrwitch" des Herrn Whitaker gegenüberstehen. „Orion" und „Nordstern" sind nicht als ernstliche Konkurrenten, sondern nur als sichere Kandidaten für den letzten Platz zu betrachten, nachdem die „Iduna" der Kaiserin ganz pensioniert und wegen hohen Alters nicht einmal zu dem Handikap Eckernförde—Kiel ge meldet worden ist. Die ersten vier aber kämpfen zu sehen, wird übermorgen bei gutem Winde ein« Freude sein. Die 15-Meter-Klasse hat leider keinen Neubau aufzuweisen, so daß sich wieder nur die Hamburgerin „Paula II" mit der Bremerin „Sophie Elisabeth" zu messen hat. Dafür hat an der 12-Meter-Klaffe der Schleswiger „Skeas" einen Konkurrenten in dem neuen Norweger „Rollo" erhalten, der ihm ernstlich zu schaffen machen dürfte. Zn der 10-Meter-Klasse wird der Neubau „Pesa" der Kommerzienräte Dr. v. Petri und Sack seine Qualitäten zu erweisen haben, in der S-Meter-Klasse begegnen sich wieder zwei Boote von 1910 („Coindro" und „Nebo"), und in der 8-Meter-Klaffe stehen die Neubauten „Antwerpia", „Toni VIII", Taifun", „Stint", „Woge V" und „Johanna VIH" im Wettbewerb mit drei älteren Booten aus 1910 und 1908. Die 7-Meter-Klaffe ver zeichnet drei Boote, darunter die beiden Neuoauten „Primula" und „Rübezahl". In der 6-Meter-Klasse sind 7 Neubauten von 10 Booten und in der 5 Meter- Klasse ein Neubau unter dreien, während bei den 16 Meldungen der Sonderklaffen 9 auf Neubauten entfallen, so daß diese Klaffe di« gewohnte gute Be setzung aufweist. In den Sonderklaffen-Rennen zwischen den ausge wählten drei amerikanischen und drei deutschen Jach ten um die beiden vom Kaiser und dem Prinzen Hein rich gestifteten Pokale besteht nach den bisherigen Er gebnissen leider wenig Aussicht, daß die deutsche Flagge den Sieg davonträgt. Die amerikanischen Boote sind sehr sorgfältig ausgewählt und werken brillant gesegelt, und es ist keineswegs ausgeschloffen, daß schon morgen, Donnerstag, die Entscheidung über den Kaiser-Wilhelm-Pokal fällt. Wandert dieser aber über den Ozean, so sollte das für unsere deut schen Jachtkonstrukteure ein Grund mehr sein, dem Bau von schnellen, leichten Booten erhöhte Lusmerk- samkeit zuzuwenden. Sie müssen bedenken, daß es wesentlich mit in ihrer Hand liegt, die Kieler Woche zu der Bedeutung zu bringen, die ihr in Seglerkreisen allgemein gewünscht wird. Damit für heute: ..Gode Wind!" Zur Srllis im Ssnlsbunü. Das Hansabundspräsidium hält am Sonnabendabend eine Sitzung in Berlin ab. Gegenüber der Behauptung eines antisemitischen Berliner Blattes, Geheimrat Ri eher trage sich mit Nücktrittsgedanken, sei festgestellt, daß Geheimrat Rießer durchaus nicht seinen Posten zu verlassen gedenkt. Der württembergijche Landesverband des Hansabundes hat sich in seiner Entschließung dahin ausgesprochen, er erblicke in dem Austritt des Landrats Rötger aus dem Hansaduns ein Verlassen der gemeinsamen Fahne, um die sich Gewerbe, Handel und Industrie in harten Zeilen geschart hätten. Diese Fahnenflucht solle lediglich die agrardemagogische Richtung unter stützen, kuren Bekämpfung vor zwei Jahren bei Be gründung des Hansabundes in voller Einmütigkeit als nationale Aufgabe erkannt worden s«i. Der dem Austritt Rötgers vorausgegangene Briefwechsel zwischen ihm und dem Vorsitzenden Rießer wird nunmehr veröffentlicht. Der Briefwechsel begann nur einer Zuschrift, die Rötger am 14. Juni nach der Hansabt'ndstagung an Rießer richtete. Er drückte ihm darin seine Ueberraschung aus. daß Rießer in seiner Rede vor dem Hansabundstage davon g - sprochen habe, durch einen einstimmigen Präsidial beschluß sei jestgelegt, Stichwahlparolen könne der Hansabund nicht ausgeben. Rötger bittet, ihm mitzuteilen. wann und in welchem Beisein Lieser ihm unbekannte Prügdialoeschluß gefaßt worden sei. Ferner bittet er um Zusendung einer Ausfertigung des betreffenden Sitzungsprotokolls. Ferner heißt es: „Des weiteren muß ich schon jetzt, wenn auch vor läufig nur mit wenig Worten, auf Ihre hochpolitischen Schlußausführungen eingehen, denn dieselben treffen, obwohl sie als persönliche Bemerkungen von Ihnen ausdrücklich charakterisiert sind, weil von pro grammatischer Bedeutung, unbedingt mich als Mit glied des Präsidiums mit und machen mich mit verantwortlich. Man könnte aus Ihren Dar legungen schließen, als ob dieselben die Betonung einer bestimmten politischen Richtung iin Hansabund inaugurieren sollten. Gerade deshalb werden Sie eine tiefgreifende Beunruhigung und Verstimmung in weiten Kreisen des Hansabundes. welche immer noch zu seinen besten Stützen sich rechnen dürfen, Her vorrufen. Diese überzeugungstreuen, politisch rechts stehenden Industriellen, gleichgültig, ob sie sich zur nationalliboralcn. zur freikonservatiocn oder konser vativen Partei zählen, werden dies als den Inter essen des Hansabundes zuwiderlaufend ansehcn." Dann erbittet Rötger Auskunft über die LLendung in Rießers Rede: Der Hansabund dürfe nicht ruhig zuiehen, wenn offen oder geheim Versuche gemacht würden, den Einigungsgedanken zu Fall zu bringen. Rötger fragt an. was mit dem Wort „geheim" ge meint sei. Die Antwort Rießers ist vom folgenden Tage, dem 15. Juni, datiert. Rießer erklärt. Laß der betreffende Präsidialbeschluß in den „Mit teilungen des Hansabundes" vom 24. November 1910, die er beilegt, veröfentlicht worden sei. Der Inhalt des Beschlußes sei gemäß der ihm erteilten Ermächti gung von ihm. Rießer, in der Versammlung des Hansabundes in Wiesbaden am 19. No vember 1910 öffentlich kundgegeben worden. Auf die zweite Frage Rötgers erteilt Rießer die Antwort, daß er speziell die Heylsche Richtung in der nationalliberalen Partei gemeint hab«. Dafür, daß auch sonst im Sinne dieser Rich tung vorgegangen sei, seien bisher Beweise nicht erbracht worden. Rötger schreibt dann wieder am 16. Juni: Mit dem ersten Teil der Antwort Rießers ist er nicht zufrieden, da jener Präsidialbeschluß aus zw«i Teilen bestehe und diese beiden Teile «in untrennbares Ganzes bildeten, wie das Nießner auch in der Wies- badener Rode wiedergegeben habe. Der Präsidial beschluß bedeute: Neutralität bei den Stich, wählen gegenüber den bürgerlichen Parteien, aber ni ch t gegenüber den Sozialdemokraten. Deshalb meint Rötger, befinde er sich im Recht zu sagen daß er einen solchen Beschluß des Präsidiums, wie Rießer ihn im Sportpalast zitiert habe, nicht kenne. Rötger knüpft daran das Ersuchen, „in Zu kunft gefällig diese zusammengehörigen Dinge nicht wieder voneinander zu trennen, um das Präsidium des Hansabundes vor Mißdeutungen zu bewahren".
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