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umspielt. Harfenähnliche Arpeggien des Klaviers umranken im Mittelteil des Largos den Gesang der Flöten und Fagotte, bis in der Reprise wieder die Orna mentik des begleitenden Soloinstrumentes, jetzt noch reicher angewendet, kennzeichnend wird. — Der lebhafte, humorvoll-energische Finalsatz, ein Rondo, führt in die Haupttonart c-Moll zurück. Wiederum beginnt der Solist mit dem Hauptthema, das zupackend-trotzige Züge trägt und im Verlauf des Satzes im geistvollen Dialog zwischen Orchester und Klavier mit Varianten immer wieder auftaucht, wobei interessante harmonische Rückungen, eigenwillige Modulatio nen charakteristisch sind. Nach einer zweiten kurzen Kadenz des Klaviers findet ein Wechsel von Takt, Tempo und Tonart statt. Die stürmische Coda ( 6 /g-Takt, Presto) schließt in strahlendem C-Dur schwungvoll und glänzend das Konzert ab. Der geniale russische Komponist Modest Mussorgski hinterließ uns auf dem Gebiete der sinfonischen Musik nur sehr wenige und kleinere Werke, die bis auf die bekannte „Nacht auf dem Kahlen Berge" neben seinen Opern und Liedern auch an Bedeutung zurücktreten. Die „Bilder einer Aus stellung“, eine seiner hervorragendsten Kompositionen überhaupt, sind von ihm nicht für Orchester, sondern als Klaviersuite komponiert worden. Das Werk entstand im Jahre 1874, angeregt durch eine Moskauer Ausstellung mit Aquarellen und Zeichnungen des russischen Malers und Architekten Viktor Hartmann, der kurz zuvor (1873) verstorben war und zu Mussorgskis besten Freunden gezählt hatte, und schildert die Eindrücke, die der Komponist bei der Betrachtung einiger dieser Bilder empfing. Die so entstandene — übri gens dem bedeutenden russischen Kunstkritiker Wladimir W. Stassow gewid mete — Komposition, ein äußerst plastisches, nuancenreiches und nach Charak ter und Stil ganz und gar russisches Werk, enthält die musikalische Darstellung von zehn Bildern Hartmanns und gliedert sich demgemäß in zehn Teile. Die einzelnen Sätze werden durch thematisch immer ähnliche sogenannte „Prome naden" verbunden, die gleichsam das Promenieren von Bild zu Bild wieder geben. Die in ihrer klanglichen Differenzierung fast orchestral konzipierte Klavierkom position reizte verständlicherweise andere Komponisten zur Instrumentation. Die Orchesterfassung Maurice Ravels aus dem Jahre 1922, die am 3. Mai 1923 in Paris unter Sergej Kussewizki uraufgeführt wurde, errang die größte Popularität, schöpft sie doch orchestral alle Möglichkeiten der musikali schen Charakteristik und der Klangfarbe aus, die dem Original Mussorgskis immanent sind. Im folgenden sei das Programm, der Inhalt der einzelnen „Bilder einer Aus stellung" kurz erläutert. Nach der als Einleitung erklingenden „Promenade" folgt als erstes Bild „Gnomus". Die Vorlage dazu war ein Entwurf Hartmanns für einen holzgeschnitzten Nußknacker in der Form eines grotesken, buckligen, krummbeinigen Zwerges, dessen plumpe, ungelenke Bewegungen in Mussorgs kis Komposition durch große Intervallsprünge, hinkende Rhythmen, unerwartete Stockungen charakterisiert werden. Eine lyrisch-elegische Ständchenmelodie fand der Komponist für das zweite Bild, „Das alte Schloß" betitelt. Hartmann hatte den Vorwurf seines Bildes, das eine italienische Landschaft mit einer Burg und einem Troubadour im Vor dergrund zeigt, auf einer Studienreise in Italien gesehen. Die Gärten der „Tuilerien" in Paris sind der Schauplatz einer eleganten musi kalischen Genreszene, die spielende und streitende Kinder schildert. „Bydlo" nennt sich das nächste Bild. Ein rumpelnder polnischer Ochsenkarren mit riesengroßen Rädern, der diesen Namen trägt, kommt des Weges und ent fernt sich wieder. Das „Ballett der Küchlein in ihren Eierschalen" geht auf Kostümentwürfe Hart manns für eine Ballettaufführung zurück. Mussorgskis Komposition ist in leichtem Scherzocharakter gehalten; die Küchlein hacken an ihren Schalen, tanzen gra ziös und piepsen in Vorschlägen und Trillern. Die scharfe, treffende Charakterisierung zweier polnischer Juden, eines reichen und eines armen, gibt der Komponist in „Samuel Goldenberg und Schmuyle" in einem musikalischen Dialog. Hartmann zeichnete die beiden im Ghetto von Sandomir. Marktgeschwätz und Streiten kreischender, keifender Weiber schildert der siebente Teil der Suite, „Der Marktplatz von Limoges", in einem besonders anschaulichen Klangbild nach einem Aquarell Hartmanns. Eine düstere Episode bringen die „Katakomben". Durch die Vorlage, ein Selbst porträt Hartmanns in den Pariser Katakomben, wird in einer gespenstischen Vision die Erinnerung an den toten Freund heraufbeschworen. Den zweiten Teil dieses Satzes überschrieb der Komponist „Cum mortuis in lingua mortua" („Mit den Toten in der Sprache der Toten") und gestaltete ihn gleichsam zu einer Zwiesprache mit dem Verstorbenen. Hartmanns Bild der „Hütte auf Hühnerkrallen" der Baba Jaga, der Hexe des russischen Volksmärchens, inspirierte Mussorgski zur musikalischen Darstellung eines wilden Hexenrittes durch die Lüfte. „Das große Tor von Kiew" beendet den Zyklus. Das majestätische akkordische Thema dieses letzten Klangbildes wurde aus dem Thema der „Promenade" abgeleitet. Kraftvoll-feierliche Klänge von typisch nationalrussischem Kolorit gemahnen an alte russische Heldensagen. Dr. habil. Dieter Härtwig VORANKÜN D I G U N G E N Freitag, den 24. September 1976, 20.00 Uhr, AK (J) Sonnabend, den 25. September 1976, 20.00 Uhr, Freiverkauf Festsaal des Kulturpalastes Dresden 1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Johannes Winkler Solist: Igor Shukow, Sowjetunion, Klavier Werke von Kurz, Skrjabin und Tschaikowski Sonnabend, den 2. Oktober 1976, 20.00 Uhr, Anrecht A 2 Sonntag, den 3. Oktober 1976, 20.00 Uhr, Anrecht A 1 Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Dr. habil. Dieter Härtwig 2. PHILHARMONISCHES KONZERT Dirigent: Hartmut Haenchen Solist: Bohuslav Matousek, CSSR, Violine Werke von Krätzschmar, Dvorak und Mahler Programmblättei der Dresdnei Philharmonie — Spielzeit 1976/77 — Chefdirigent: Günther Herbig Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig (•Nlhannnoniie* 1. PHILHARMONISCHES KONZERT 1976/77