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Sächsische Staatszeitung : 03.03.1916
- Erscheinungsdatum
- 1916-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-191603030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19160303
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19160303
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Staatszeitung
-
Jahr
1916
-
Monat
1916-03
- Tag 1916-03-03
-
Monat
1916-03
-
Jahr
1916
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 03.03.1916
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Landtags-Beilage zur Sächsischen Staatszeitung Beauftragt «1t der Heraudgaber Hofrat Doenge» 1« Dre-de«. 1916. Nr. 31 höheren Unterrichtsanstalten die eine oder andere Reform M. H.! Bölkes auf die Jugend durch die gegangenen und über die . . Ich glaube, zu keiner Zeit dürften die Reformen, die jetzt die Staatsregierung für die höheren Unterrichtsanstaltcn in Erwägung gezogen und teilweise auch bereits in der Durchführung hat, mehr Berechtigung haben als in unserer großen Gegenwart. Der Krieg, der große Erzieher unseres allen Gebieten, hat zunächst auch auf fast überall veredelnd gewirkt, und die mir Freundlichkeit des Justizministeriu'ns zu ¬ statistischen Unterlagen über die Bestrafungen Überweisungen zur Fürsorgeerziehung geben zu er ohnc besondere Berechtigung angestrebt werde, so möchte ich doch dem cntgegcnh.üten, daß hier ein Stillstand einen Rückschritt bedeuten würde. kennen, Ivie die Zahlen des Jahres 1914 wesentlich günstiger sind, während mit der Fortdauer des gewaltigen Krieges dann im Jahre 1915 Zahlen hervorgetreten sind, die vielfach ein überaus betrübendes Bild von einzelnen Teilen unserer Jugend geben. Deshalb hat das Kultusministerium es bereits im September 1915 nicht nur für sein Recht sondern für eine heilige Pflicht erachtet, . die Allgemeinheit auf diese Mißstände aufmerksam zu machen und alle, die es angeht, aufzufordern, an deren Abstellung mit zuwirken. Ich habe schon in der Zweiten Kammer hierüber Folgendes aus der Verordnung angeführt: „Die Ursache dieser bedauerlichen Erscheinungen ist nament lich darin zu suchen, daß viele Familienväter im Felde stehen und daß deshalb die straffe häusliche Zucht fehlt. Dazu kommt, daß die Kinder infolge der an vielen Orten notwendig ge wordenen Einschränkung des Schulunterrichts viel mehr sreie Zeit als sonst haben, die zum Müßiggänge und mancherlei Ver fehlungen verleitet, sowie daß leider auch im Kriege die Schund literatur und der Besuch ungeeigneter Kinovorstellungen ihren unheilvollen Einfluß geltend mache«." In der jenseitigen Kammer ist von einer Seite aus gesprochen worden, daß solche Geueralverordnung ein Gefühl der Beschämung auslösen müsse. Ich stehe auf dem ent gegengesetzten Standpunkte. Ich glaube, die Regierung hätte sich scheuen und schämen müssen, wenn sie vor die Stände getreten wäre, ohne diesen Mißständen ihre besondere Aufmerksamkeit zu- gewcndet und alle Beteiligten zur Ergreifung der nötigen Maß nahmen dagegen aufgesordert zu haben. (Sehr richtig l) Mit der Schilderung dieser Verhältnisse, die erfreulicherweise nur Teile der Jugend betrifft, bin ich aber weit entfernt an zunehmen, daß unsere sächsische Jugend irgendwie ungünstiger zu beurteilen^väre als die in anderen Bundesstaaten. Wir dürfen aber an diesen Tatsachen nicht vorübcrgchen, wir dürfen sie nicht als harmlos hinstcllen, wenn wir nicht ein falsches Bild im Publikum Hervorrufen und dieses einschläfern wollen, anstatt es aufzurütteln, hier überall mitzuwirken. Hier kann nicht die Rede davon sein, den Kopf in den Sand zu stecken, denn unsere Jugend ist die Zukunft des Vaterlandes, auf die wir später bauen müssen. Deshalb ist es unsere heiligste Pflicht, alles zu tun, um diesen Mißständen erfolgreich entgegenzutrcten. Jeder ist mit auf- gcrufen — das war und ist der Zweck dieser meiner Ausführungen in der jenseitigen Kammer, wie auch hier, ein Generalapell, als Volks- und Baterlandsfreunde für die Jugend sich zu erweisen. Die Hauptsache ist auch hier vorbeugend zu wirken, und nicht erst die Jugend in Strafe kommen zu lassen, die sie ja bekanntlich später leicht noch auf falsche Wege führt. M. H.! Ter Hr. Berichterstatter hat nun mit Recht daraus hingewiesen, daß eine Stetigkeit in unseren Schulen von großem Werte sei, und daß wir uns vor jedem Experimentieren hüten wollen. Das ist auch der Standpunkt der Unterrichtsverwal- tung. Nichts ist schädlicher, als auf dem Gebiete der Er ziehung zu experimentieren. Wenn aber der Hr. Berichterstatter gemeint hat — ich weiß nicht, ob ein gewisser Vor wurf darin liegen sollte —. daß gerade jetzt an den Worum handelt sichs denn überhaupt bei diesen Reformen? Es handelt sich darum, in unseren humanistischen Gymnasien dem deutschen und insbesondere darunter dem sächsischen Geschichts unterricht eine breitere Grundlage zu schaffen. Es handelt sich ferner darum, zu erwägen, inwieweit die deutsche Sprache und die deutsche Literatur noch mehr auf unseren höheren Schulen betrieben werden soll, und es handelt sich endlich darum, auf unseren Gymnasien die sehr vernachlässigte Erdkunde zu größerer Anerkennung zu bringen. (Zustimmung.) M. H. l Das sind Reformen, welche die größte Aufmerk samkeit aller Kreise erfordern und die, wenn wir sie nicht gerade in einer so vaterländisch gehobenen Zeit wie der gegenwärtigen in die Hand nehmen wollten, niemals besser wieder angebracht werden können. Deshalb glaube ich, wird sich auch die betreffende Bemerkung des Hrn. Berichterstatters nicht gerade auf diese drei Reformen beziehen, aus den deutschen Ge schichtsunterricht, die deutsche Sprache und den Unterricht in Erd kunde, ich glaube vielmehr annehmen zu können, daß nach dem wohlwollenden Berichte der verehrten zweiten Deputation diese Reformen keine Beanstandung erfahren sollen, daß sie vielmehr gebilligt werden. In Übereinstimmung mit ihr erkläre ich noch mals, daß jede- Experimentieren von unsern Schulen ferngehallev I. Kammer. 17. öffentliche Sitzung am 2. März. Präsident Oberstmarschall vr. Graf Vitzthum v. Eck- städt, Exzellenz, eröffnet die Sitzung um 12 Uhr vor mittags. Am Regierungstische: Ihre Exzellenzen die Staats minister vvr. vr. In«. Beck, Graf Vitzthum v. Echtadt und vr. Nagel, sowie die Ministerialdirektoren Geh. Räte vr. Grützmann, Wilsdorf, vr. Wahle und vr. vr. In«. Schmaltz, ferner die Geh. Räte vr. Kühn, vr. Müller und vr. Mayer, die Geh. Justizräte vr. Mannsfeld, Nitzsche, vr. May und vr. Weise, Geh. Finanzrat vr. Kretzschmar, die Geh. Regierungsrate Thiele, vr. Carlitz und Michel, die Geh. Schulrate vr. Lange, vr. Giesing, Sieber, und Regierungsrat vr. Knüpfer. Entschuldigt haben sich für heute Hr. Okonomierat Steiger auf Leutewitz und Hr. Kommerzienrat vr. Rein ecker wegen dringender Geschäfte. Nach dem Bortrag der Registraude wird in die Tagesordnung eingetreten. Punkt 2: Antrag zum mündlichen Berichte der zweiten Deputation über Kap. 94, 95 und 96 des ordentlichen Staatshaushaltsetats für 1916/17, Gym nasien, Realgymnasien, Oberrealschulen, Real schulen, höhere Mädchenbildungsanstalten, Seminare und Volksschulen betreffend. (Drucksache Nr. 87.) Berichterstatter Oberbürgermeister vr. Dehne: Die Kapitel 94—W gehörten zu den wichtigsten und schwer wiegendsten des Etats, wenn man die Bedarfsziffern sich vor Augen halte, um die es sich hierbei handele. Der Gesamtzuschuß der drei Kapitel werde in der Finanzperiode 191G17 die statt liche Summe von jährlich 26 905 874 M., also rund 27 Mill. M., betragen und damit jährlich rund Mill. M. mehr als im letzten Etat. Neben dieser finanziellen Schwere seien die Kapitel aber auch wichtig, wenn man auf die Gegenstandsspalte sehe. Sie behandele das Schulwesen. Hier in diesem trockenen Ziffern werke der Kap. 94—96 ruhten zu einem guten Teile die starken Wurzeln der deutschen Kraft, die jetzt einer Welt von Feinden Stand halte, die geistigen und sittlichev Kräfte, die das Volk in Waffen jetzt Tag für Tag und Nacht für stacht aufwende. So führten selbst so friedlich Kapitel wie die vorliegenden ungewollt auf den Krieg hin als auf die Tatsache, die das gegenwärtige Leben, auch das Kulturleben schlechthin, beherrsche und durchdringe. Innerhalb der vorliegenden Kapitel allerdings seien die Spuren des Krieges in den einzelnen Einstellungen nicht allzu stark zu merken. Die Einnahmen an Schulgeld seien bei den Fürstcn- schnlen und bei den übrigen Gymnasien und Realgymnasien etwas niedriger eingestellt, weil eben die Schüler ini wehrpflichtigen Alter jetzt unter der Fahne stünden. Ebenso seien die Einnahmen bei Titel 2 des Kap. 96 — das seien Prüfungsgebühren — etwas niedriger aus demselben Grunde. Der Bauaufwand bei dem Titel 10 der Abteilung 6 des Kap. 94 und noch an einer anderen Stelle — Titel 7 Abteilung 8 Kap. 95 — sei erheblich ver mindert, weil offenbar v egen des Krieges alle minder dringlichen Baulichkeiten zurückgestellt worden seien, wie die Erlänterungs- spalte besage. Und schließlich hätten die Einstellungen unter Titel 22 und 23 des Kap. 96 — das seien die Ruhegehälter an Bolksschullehrer und die Witwen- und Waisengelder an Hinter lassene von Bolksschullehrern — eine beträchtliche Erhöhung er fahren müssen, weil von den Bolksschullehrern, die bereits im September 1915 Kriegsdienste geleistet hätten, so mancher seine Schulstube niemals oder doch nur als ein für den Schuldienst nicht mehr Fähiger Wiedersehen werde. Bei den übrigen Einstellungen mache sich der Krieg kaum bemerkbar. Sie böten auch sonst keinen Anlaß zu weiteren Ausführungen. Die Deputation habe gegen die Ansätze im einzelnen nichts zu erinnern gehabt. Nur zu Titel 19 des Kap. 96 sei vielleicht ein kleines Wort der Erklärung gestattet; das seien die Beihilfen an unvermögende Schulgemeinden zur Aufbringung ihres Schulbedarfs. Hier seien über 150000 M. im Jahre 1914 weniger verausgabt worden als vorgesehen. Das habe in der Deputation der Zweiten Kammer zu einer Anfrage über den Grund dieser Sparsamkeit geführt. Nach der Erklärung deS Hrn. Kultusministers werde der gesamte Betrag von 2 Mill. M. im Laufe der Etatperiode zur vollen Verwendung kommen, also was was man im Jahre 1914 nicht verausgabt habe, werde man im Jahre 1915 mehr auSgcben, und an Bedürftigen und Bittstellern werde cS aller Voraussicht nach nicht fehlen und nicht gefehlt haben. Die in der Vorbemerkung zu Kap. 94 und 95 zugesagte« Übersichte« seien von der Regierung erstattet worden. Auch die regelmäßig gegebenen Übersichten über die Lehrer, Schüler- und Klassenzahlen an den sämtlichen höheren Lehranstalten de- Landes seien wieder eingegangen. Die Deputation habe davon Kenntnis genommen und in einem kürzlich erstatteten Berichte der Zweiten Kammer sindc man das Wesentliche aus diesen Über sichten abgedruckt. Die Deputation habe aber einen weiter gehenden Wunsch geäußert; sie möchte die Zahl der regelmäßig von der Negierung an die ständische Deputation gegebenen über- sichten noch um eine vermehrt sehen, um eine Übersicht, aus der zu ersehen sei, in welchem Umfange die gesetzlichen Pflichtstundcn- zahlen bei den Lehrkräften an den höheren staatlichen und staat lich unterstützten Anstalten abgemindert werde. Die Deputation habe an die Regierung die Anfrage gerichtet, ob bestimmte Grundsätze von dem Kultusministerium aufgestellt worden seien, nach denen der einzelne Direktor die Stundenzahl innerhalb des ge- setzlichen Rahmen- abmindern könne und dürfe und solle. Man habe weiter gefragt, ob das Ministerium eine Übersicht den stän- bischen Deputationen -«gehen lassen möchte und könnte, aus der diese Stundenabminderung zu ersehen wäre. Das Ministerium habe in ent.egenkommender Weise diese Anfrage folgendermaßen beautwortet: „Das Ministerium ist bereit, nach Rückkehr normaler Ver- hältnisse — die jetzigen Zeitumstände würden ein falsche» Bild geben —, den Ständen eme Übersicht darüber zugehen zu lassen, wie sich die Lehrstundenzahl an allen staatlichen oder mit Staat-zuschuß ausaeftatteten höheren Lehranstalten auf die Lehr- kräfte verteilt, d. h. wieviel Lehrer oder Lehrerinnen 20, wie- v,el 81 und wieviele 28 Stunden wöchentlich erteilten." Und weiter: „Bestimmte Grundsätze, nach denen bei Verminderung der Stundenzahl für einzelne Lehrer innerhalb der durch 8 28 Absatz 2 des Gesetzes vom 22. August 1876 gezogenen Grenzen »u verfahren sei, hat da« unterzeichnete Ministerium nicht auf- Lt««t»mtntster vvr. Vr.-Lox. «eck (nach den stenographischen Niederschriften): Meine hochgeehrten Herren! Obgleich ich mich bereit- in einer sechsstündigen Sitzung in der Zweiten Kammer sehr ein gehend über die Kap. 94, 9b und 96 ausgesprochen habe, und obwohl der Bericht der verehrten zweiten Deputation in bezug auf diese Kapitel durchaus wohlwollend ist, wollen Sie mir doch gestatten, einige Bemerkungen hier noch zu machen, und das um so mehr, als seitens des Hrn. Berichterstatters die drei heute zur Beratung stehenden Kapitel mit Recht zu den wichtigsten und schwerwiegendsten gezählt worden sind. M. H.! Ich möchte auch hier nicht unterlassen, neben der bereits in der Zweite« Kammer aasgesprochenen Anerkennung für die mit großen Schwierigkeiten verbundene Aufrechterhaltung des Schulbetriebcs seitens unserer Lehrerschaft auch den politi schen und Schulgemeinden den lebhaftesten Dank dafür aus zusprechen, in wie verständnisvoller und aufopfernder Weise sie die Schwierigkeiten, die jener Aufrechterhaltung entgegenstanden, überwunden haben nnd wie - sie in einer an sich schon an Geldopfern überreichen Zeit es auch nicht an den nötigen geldlichen Unterstützungen haben fehlen lassen. Diese Anerkennung und diesen Dank möchte ich aber noch besonders den drei Großstädten Dresden, Leipzig, Chemnitz aussprechen, die sich auf Ansuchen des Ministeriums sofort bereit erklärt haben, in Verbindung mit den staatlichen höheren Unterrichtsanstalten für die Kriegsbeschädigte« und für die nach dem Frieden wieder in die Heimat zurückkehrenden vormaligen Schüler Lehrgänge einzurichten, die noch erhebliche Mittel beanspruchen. Nur dem verständnisvollen Zusammenwirken von Staat, Ge meinden nnd Lehrerschaft ist es zu danken, daß alle Schwierigkeiten erfolgreich überwunden worden sind. Wir dürfen cs als den schönsten Dank für nnsere Helden im Felde aiisprechc», daß wir «eben der Sicherung der wirtschaftlichen Stärke unseres Volkes ihnen zugleich auch die bestmögliche Erziehung ihrer Kinder zuteil werden lassen und diese nach der Rückkehr aus dem Kriege iu der besten Verfassung zurückgeben. Das sei zunächst die Frage der Fürsorge für die weitere wissenschaftliche Ausbildung der Kriegsprimaner und -Sekundaner. Das Ministerium habe bereits unter dem 11. November 1915 hierüber eine eingehende Anweisung an die beteiligten Lehranstalten erlassen, in der die Frage, die für die Beteiligten außerordentlich wichtig sei, in durchaus wohlwollender Weise geregelt werde. Er verweise hierzu aus den Deputationsbericht der Zweiten Kammer. Es dürfe hier die bestimmte Hoffnung und Erwartung ausgesprochen werden, daß die mit der Durchführung der vom Ministerium ge planten Maßnahmen betrauten Rektoren und Lehrer sich dabei von demselben Geiste des Wohlwollens und der verständnisvollen Nach sicht leiten lassen würden, von der das Ministerium selbst offenbar bei Erlaß der Anordnung getragen worden sei. Weiter sei die Regierung von der Deputation der Zweiten Kammer gefragt worden, ob sie die Anforderung lateinischer Bor kenntnisse beiden in die 7. Seminarllasse aufzunehmenden Schüler« für durchführbar halte. Dabei seien Bedenken geltend gemacht worden, daß durch die Forderung die Aufnahme ärmerer Kinder erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht werde. Zur Er läuterung bemerke er, daß nach der neuen Prüfuiigsordnnng für die Seminare vom Jahre 1914 von den in die unterste Klasse Aufzunehmenden gewisse Vorkenntnisse in der lateinischen Sprache gefordert würden. Das geschehe, weil man in der untersten Seminarklasse oder Klasse 7 ohnehin mit einer zweiten neueren Sprache beginnen müsse, und weil nach dem Urteile maßgebender Sachverständiger es fnicht möglich sei, in der Klasse mit zwei fremden Sprachen gleichzeitig zu beginnen. Tas Ministe rium habe auf die Anfrage geantwortet, daß bis jetzt der Durch führung der Fordemng lateinischer Vorkenntnisse sich noch keine Schwierigkeiten entgegengestellt hätten, und daß trotz der schwie rige« Verhältnisse, unter denen man jetzt infolge des Krieges lebe, bei der Ostcraufnahme 1915 weit mehr Knaben, als man er wartet habe, diese lateinischen Borkenntnisfe aufgewiesen hätten. Im übrige« habe sich das Ministerium in dieser Frage das ab schließende Urteil noch Vorbehalten. Bei dieser Sachlage hätte die Deputation an und für sich keine Veranlassung gehabt, die Frage hier zur Sprache zu bringen, wenn man nicht bei dieser Gelegen heit im jenseitigen hohen Hause gegen die Notwendigkeit und Nützlichkeit des Lateinunterrichts in den Seminaren überhaupt Sturm gelaufen hätte. Die Deputation habe sich durchaus auf den Standpunkt des Hrn. Kultusministers gestellt, der bei dieser Gelegenheit in der Zweiten Kammer erklärt habe: „Ich glaube, daß, wenn das Seminar eine allgemein bildende Erziehungsanstalt bleiben soll, das Latein dort nicht wird entbehrt werden können." Schließlich seien bei der diesmaligen Etatdebatte in der Zweite« Kammer die alten Gegensätze, die zwischen den An hängern des humanistischen Gymnasiums und den Anhängern anderer Schulformen seit langem bestünden, wieder aufgetaucht, und es habe an Angriffen auf die Gymnasialbildung nicht gefehlt. Die Deputation habe diesen Fragen in der gegenwärtigen Zeit keinen Geschmack abgewinnen können. In einer Zeit, wo um die Erhaltung der nationalen Einheit, um die Grundlagen der Kultur und um die Möglichkeit der sozialen Weiterentwicklung ein Kampf auf Leben und Tod geführt werde, lafse die Frage, ob etwa in: Gymnasium mehr Zeichenunterricht eingeführt werden solle, völlig kühl. Das habe alles Zeit bis nach dem Kriege. Eins aber möchte die Deputation ausgesprochen wissen, eigent lich ein Zwiefaches. Gegenüber den in der Zweite« Kammer ausgesprochenen Wünsche« auf weitere Reformen im höheren Unterrichtswesen, insbesondere bei der Gymnasialbildung, betone sie die Notwendigkeit der Stetigkeit. (Lebhaftes Sehr richtig!) Nicht zu viel Versuche, an der Schulform zu ändern, und nicht zuviel Eingriffe in die einmal fcstgestellten Lehrpläne! (Sehr richtig!) Auch die Schule brauche, wie jeder Organismus eine gewisse Ruhe und Ungestörtheit, um zu gedeihen und Früchte zu bringen. Also wenn man auch in Schweden oder anderswo andere Schulformen habe, so sehe man keine Notwendigkeit, daß man mit diesen Schuleinrichtungen auch bei uns recht bald Ver suche anstelle, nur um zu prüfen, wie einer der Herren in der Zweiten Kammer ausgeführt habe, ob eine solche Einrichtung unseren Anschauungen überhaupt entgegen komme oder nicht. Überhaupt, und damit komme er zum zweiten und letzten Punkt, müsse man sich hüten, der Schulform zuviel Bedeutung beizumessen. Gewiß sei sie von Bedeutung, und der Lehrplan sei auch von großer Bedeutung, aber wichtiger als beides noch sei der Geist, der in der Schule herrsche und die Persönlichkeit des Lehrers, von der der Geist ausgehe. Ein kenntnisreicher Lehrer, der zugleich ein wahrer Pädagoge und charaktervoller Mensch sei, werde Gutes schaffen und seine Schüler zu tüchtigen Menschen erziehen unter jeder Schulform (Lebhaftes Sehr richtig!), und der Stümper werde auch bei der idealsten Schulform und Einrichtung nicht das werden, was die Hauptsache sei, nämlich ein Erzieher der Jugend. Die Deputation bitte nunmehr, in Übereinstimmung mit der Zweiten Kammer zu beschließen: I. bei Kap. 94, Gymnasien, Realgymnasien, Oberrealschulen, Realschulen sowie höhere Mädchenbildungsanftalten, nach der Vorlage Fürsten- und Landcsschulen die Einnahmen in Titel 1 bis 3 mit 211 900 M. zu genehmigen, die Ausgaben in Titel 4 bis 17 mit 343 306 M. zu bewilligen, die Vorbehalte vor und nach Titel 4 sowie in Titel 5 und nach Titel 8 zu genehmigen; 8. Andere Gymnasien und Realgymnasien die Einnahme« in Titel 1 bis 3 mit 541 391 M. zu genehmigen, die Ausgaben in Titel 4 bis 15 mit 2 396 863 M-, darunter 3710 M. künftig wegfallend, zu bewilligen, die Vorbehalte vor und nach Titel 4 und nach Titel 9 zu genehmigen; 6. Allgemeine Ausgaben zu Zwecke» der Gymnasien, Realgymnasien, Oberralslbulen, Realschulen sowie höheren Mädchenbildungsanstalten die Ausgaben in Titel 1 bis 10 mit 2 475 745 M. zu bewilligen, den Vorbehalt nach Titel 10 zu genehmigen; II. bei Kap. 95, Seminare, nach der Vorlage ä. Bei den Seminarkassen die Einnahmen m Titel 1 bis 4 mit 165 362 M. zu genehmigen, die Ausgaben in Titel 5 bis 20 mit 3 5l2 512M., darunter 2980 M. künftig wegfallend, zu bewilligen, die Bor- behalte nach Titel 5 und nach Titel 11 zu genehmigen; 8. All- gemeine Ausgaben zu Zwecken der Seminare die Ausgaben in Titel 1 bi« 7 mit 684 202 M. zu bewilligen, den Vorbehalt nach Titel 7 »u genehmigen; ' III. bei Kap. W, Volksschulen, nach der Vorlage die Ein- nahmen in Titel 1 bis 4 mit 61 250 M. zu genehmigen, die Ausgaben in Titel 5 bi« 23 mit 18 473149 M., darunter 3000 M. künftig wegfallend, zu bewilligen und die Vorbehalte bei Titel 5, 11, 12 unter », 21 und vor Titel 14 zu ge- nehmigen. I gestellt. Jude« wird die wünschenswerte Gleichmäßigkeit der LaMagsverhaMungen. liche Änderungen erforderlich werden, auch im Laufe des Schul jahre- einen genauen Stundenverteilung-plan aufzustellen hat, welcher der ministeriellen Genehmigung bedarf." Die Deputation habe bei dieser Aufklärung und Zusage Be ruhigung gefaßt. Schließlich seien in der Zweiten Kammer, in der Deputation und m dem hohen Hause selbst noch eine Anzahl wichtiger Fragen berührt und zum Teil mit der Regierung be sprochen worden, über welche die Deputation kurz folgende- be richtet haben wolle:
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