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ZchönbliM Tageblatt Amtsblatt sär den Ztadtrath za Waldenburg Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Bernh. Schuppe; in Peniz bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Randelgaffe; in RochSburg bei Herrn Buchhalter Fauth; in Lunzenau bei Hrn. Buchhdlr. E. Dietze; in Wechselburg bei Herrn Schmied Weber; in Lichtenstein b. Hrn.Buchh. I. Wehrmann. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis nachmittags 2 Uhr. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SS Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. Expedition: Waldenburg, Kirchgasse 255. «»d Waldenburger Anzeiger Zugleich weit verbreitet in den Städten Penig, Lunzena«, Lichtenftein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden Standesamtsbezirke: Altstadt-Waldenburg, Braunsdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederham, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Obergräfenhain, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Steinbach, Wechselburg, Wiederau, Wolkenburg und Ziegelheim. 284. Donnerstag, den 8. December 1887. Witterungsaussichten für den 8. December: Veränderliches, vorherrschend trübes Wetter mit Neigung zu Niederschlägen. Temperatur unverändert. Barometerstand am 7. December, nachmittags 3 Uhr: 754 mm. Bekanntmachung. Bei der am 30. November 1887 stattgefundenen Stadtverordneten-Ersatz- wahl sind Herr Klempnermeister Robert Vieweg und - Zinngießer Eduard August Klemm jr. als ausässtge Stadtverordnete, Herr Färber Wilhelm Gustav Hahmann als uuansässiger Stadtverordneter, sowie Herr Lohgerber Bernhard Brumm, - Handelsmann Gustav Fallgatter, „ - Schmiedemeister Wilhelm Schlimper als ansasftge Ersatzmänner und Herr Fürst!. Oberrevisor Hieronymus Herrmann als nnansästiger Ersatzmann gewählt worden. Die Genannten haben die Wahl angenommen. Dies wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Waldenburg, am 6. December 1887. Der Stadtrat h. Kretzschmar, B. Rchtr. II. Bekanntmachung. Diejenigen Personen hiesigen Stadtbezirks, welche Erlaubnis; zum Leseholz- sammeln in Fürstlichen Revieren für das Jahr 1888 wünschen, haben sich bis znm 17. dieses Monats auf hiesiger Rathseppedition zu melden. Waldenburg, am 6. December 1887. Der Stadtrat h. Kretzschmar, B. Rchtr. II. Christbaum Auction. Sonnabend, den 17. December Mittags 12 Uhr soll eine Partie Christbänme im Altwaldenburger Pslanzs garten versteigert werden. Fürstliche Forstverwaltung Niederwaldenburg. Nutzholz-Versteigerung. Montag, den 16. Januar 1888, sollen im Gasthaus zum Deutschen Kaiser in Zwickau Ende der Bahnhofstraße von Vormittags S'/2 Uhr an die pro 1888 auf nachgenannten Fürstlich Schönburg'schen Forstrevieren zum Ver schlag kommenden Nadelholzstämme und Klötzer an ca. 10,700 Festmeter, größten- theils noch anstehend, und zwar: ca. 1300 Festmeter auf Oelsnitzer Revier, - 1200 - - Streitwalder - - 1200 - - Psannenstieler - - 1200 - - Steiner - - 1100 - - Lichtensteiner - - 2200 - - Oberwaldenburger - - 1100 - - Niederwaldenburger - - 1400 - - Remser unter den vor der Auction bekannt zu machenden, nachstehenden Bedingungen und gegen Anzahlung von 3 Mk. — Pf. pro Festmeter meistbietend versteigert werden. Die vorstehende Reihenfolge der Reviere wird bei der Auction beibehalten. Sämmtliche zum Ausgebot gelangenden Hölzer können an Ort und Stelle besichtigt werden und wollen sich die Herren Kaufliebhaber deshalb an die Ver waltungen der genannten Reviere wenden. Waldenburg, den 21. November 1887. Fürstlich Schönburg'sche Forstinspection. v. Hopffgarten. *Waldeuburg, 7. December 1887. Der Vorname Carnot's, des neuen Präsidenten der französischen Republik, Sadi, ist orientalischen Ur sprungs. Sadi oder Saadi ist desselben Stammes wie das hebräische Zedeck, gerecht, das im Orient in den verschiedensten Formen, Sadek, Sadok, Zaduck u. s. w. vorkommt. Sadi ist auch der Name eines per sischen Dichters, dessen „Rosenlied" der Groß-Oheim Carnots ins Französische übersetzt hatte. Dieser war sein Pathe und haßte als strenger Republikaner alle Heiligennamen des Kalenders. Sadi heißt also der Gerechte. Der Präsident setzte den Vornamen stets seinem Geschlechtsnamen bei, um sich dadurch von seinem noch lebenden Vater zu unterscheiden. . Wahr scheinlich wird er jetzt den Vornamen fallen lassen und sich einfach Carnot nennen und unterzeichnen. Die Persönlichkeit des Präsidenten wird, wie folgt, geschildert: „Er ist kein brillanter Redner; er ver fügt weder über eine ergreifende Sprache, noch über leidenschaftliche Geberden, weder über den Zauber des Einschmeichelnden, noch über schneidige Entschlossenheit. Hinter seiner eisigen Ruhe verbirgt sich, so sagt man, eine gewisse Schüchternheit. Ohne die fast übertrie bene Gemessenheit seines Auftretens und seine unver änderliche Kühle wäre Carnot, der kaum vierzig Jahre zu zählen scheint, eher eine angenehme Erscheinung. Figur über Mittelgröße, schlank, Haar und Vollbart von Ebenholzschwärze, gerade Nase, glänzendes Auge, kurz, um ein schöner Mann zu sein, fehlt ihm nur etwas Leichtigkeit und Ungezwungenheit. Die Fami lie wohnte bisher drei Treppen hoch und lebte sehr einfach, obgleich sie reich ist. Mann und Frau lebten den Kindern und den Freunden. Carnot geht Abends nie aus und ist ein vortrefflicher Verwalter seines Vermögens. Sein Großvater, der große Stratege Carnot, ist bekanntlich in Magdeburg gestorben und liegt auch dort begraben. Im Jahre 1860 gerieth Napoleon, um die einflußreiche Familie Carnot für sich zu gewinnen, auf den Gedanken, die Gebeine Car nots von Magdeburg nach Paris zu bringen und dort in großer Feierlichkeit beisetzen zu lassen. Durch ein Mitglied der französischen Botschaft in Berlin wur den im Auftrage des Kaisers in Magdeburg die nöthi- gen Erhebungen gepflogen, um eintretenden Falles die Erlaubniß zur Ausgrabung der Leiche zu sichern. Die Magdeburger Stadtbehörde willigte ein, aber nicht ohne beizufügen, daß sie die Asche des großen Todten bisher zu ehren gewußt hätte, indem sie ihm eine Grabstätte für ewige Zeiten bewilligte, sorgsam un terhalten und pflegen ließ, wie auch der Augenschein lehrte. Bei der Familie Carnot kam aber der Kai ser schlecht an, als er um die Erlaubniß zur Ueber- führung der Leiche bitten ließ: sie verbat sich ernstlich jede Apotheose, deren Zweck ja nur zu deutlich ersicht lich war. So blieb denn Carnot, der Großvater des neuen Präsidenten, ruhig in seinem bescheidenen Grabe auf deutscher Erde im Friedhöfe zu Magdeburg." Präsident Carnot berieth am Montag und Diens tag mit verschiedenen politischen Persönlichkeiten über die Neubildung des Ministeriums, die wohl bis zum Donnerstag beendet sein wird, worauf sich das neue Kabinet den Kammern an diesem Tage präsentiren wird. Nach Bewilligung des provisorischen Budgets für Januar wird die Session dann in nächster Woche geschloffen. Goblet, der im Frühjahr zurücktrat, wird wieder das Ministerpräsidium übernehmen. Rouvier behält die Finanzen, Flourens das Auswärtige. Wahr scheinlich bleibt auch Ferron Kriegsminister. Im Lande ist Alles ruhig. Dagegen ist der Zank zwischen den republikanischen Parteien schon wieder in vollem Gange. Die radi kalen Blätter verlangen, kein Mitglied des Ministe riums Rouvier solle in das neue Kabinet eintreten. Präsident Carnot wird diese Zumuthung entschieden ablehnen. Der Hauptzorn der Radikalen richtet sich aber gegen den Pariser Generalgouverneur Saussier, weil dieser am Tage der Präsidentenwahl vorsichts halber 30,000 Mann in Paris zusammengezogen hatte. Deshalb soll er fort und Boulanger an seine Stelle! Natürlich ist an die Erfüllung dieses Wun sches nicht zu denken. s Ein kleiner Auftritt, der unmittelbar nach der Ver kündigung des Ergebnisses der Präsidentenwahl in Versailles im Salon des Congreßvorsitzenden sich ab spielte, wohin Carnot sich zurückgezogen hatte, ist zwar ohne politische Bedeutung, hat aber ein rührendes menschliches Interesse. Der neue Präsident saß abge spannt in einem Lehnstuhl, den Kopf in die Hände gestützt, und benutzte den Augenblick des Alleinseins zur Sammlung. Da fühlte er sich plötzlich von zwei Armen umschlungen und mit zärtlichen Küssen bedeckt. Es war sein Vater, der 85jährige Senator Carnot, der lautlos eingetreten war und seiner überströmen den Freude Ausdruck gab, daß er diesen Ehrentag sei nes Sohnes erlebt. Vater und Sohn beschlossen, von nun an zusammen im Elyseepalast zu wohnen, so daß