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Wochen- und Rachrichtsblatt zugleich SesWs-AnzeiM für KMimf, KöMH, Kmlsdsrs, Küsdors, Kl. Ugdien, Keimichsort, Uarieim n. MM Amtsblatt Er den Stadtrat zn Kchtenstein. — — — 5 3. Jahrgang. — — «r. 52. Mittwoch, den 4. März IW3. Wegen Reinigung der Geschäftsräume bleiben Sonnabend, den 7 dss. Ms, die Registratur, das Standesamt und das Polizei- und Meldeamt, Montag, den ll. dss Mis, die Sparkasse, die Stadtkasse, die Steucreinnahme und das Ttadtban- amt geschlossen. Lichtenstein, am 2. März 1903. Der Stadtrat. Steckner, Bürgermeister. Hlbg. Bekanntmachung Auf Beschluß des Gemeinderates soll nächsten Freitag, den 6. März 1903, vormittags 10 Uhr die Gemeindeparzelle Nr. 101 aufs Meistgebot L kMute mit 10 Mark Angebot im Nötzold'schen Gasthof öffentlich versteigert werden. Auktions-Bedingungen werden vor der Versteigerung bekannt gegeben. Bernsdorf, den 3. März 1903. Der Gemcinderat. List, G.-V. Die Bolksbibliothek zu Hahndorf ist täglich während der Expeditionszeit des Gemeindeamtes geöffnet und wird zur fleißigen Benutzung angelegentlichst empfohlen. AjWnBM « Sm MAM. vd. Berlin, 2. März 1903. (Nachdruck verboten.) Das Tempo, in welchem der Reichstag den Postetat und den der Reichsdruckerei erledigt hat, ist im Gegensatz zu der Langatmigkeit der Bera tungen des Neichsamtes des Innern ein verblüffend schnelles; nur zwei Tage brauchte das Haus zur Erledigung der beiden Kapitel, von denen das eine, die Reichsdruckerei, ohne jede Debatte bewilligt wurde. Beim Postetat brachten die Abgeordneten Eickhoff (frs. Vp.), Lenzmann (frs. Vp.), Sittart (Ztr.), Zubeil (soz.) und Singer (soz.) einige spezielle Wünsche vor, die sich auf die Lage der Unterbe amten im Postdienst bezogen. Der Staatssekretär des Reichspostamtes gab in seiner knappen, klaren Weise kurze, aber inhaltreiche Antworten auf die Anregungen der beiden freisinnigen Redner, die dadurch im allgemeinen zufrieden gestellt wurden. So kam es, daß heute die Sitzung ein ungewohnt frühes Ende durch Erledigung der Tagesordnung fand. Schon vor vier Uhr verließen die wenigen anwesenden Reichsboten den Sitzungssaal des Reichstages, um nach dem preußischen Abgeordneten hause zu eilen, wo unter starker Beteiligung der Abgeordneten heute die Besprechung der Inter pellation stattfand. Dieser Umstand hat wohl auch wesentlich dazu beigetragen, daß die Redelust im Reichstage heute sehr gering war; alle Redner be fleißigten sich einer löblichen Kürze. So schwach besetzt wie heute ist das Haus selten gewesen; während der ganzen Dauer der Sitzung waren vielleicht 15 Abgeordnete anwesend, da alle Doppel mandatare fehlten. Auch der konservative Abgeord nete v. Winterfeld-Wenkin, der heute seinen 80. Geburtstag feierte, und dem zu Ehren der Platz, den er gewöhnlich einzunehmeu pflegt, auf Veran lassung des Präsidenten mit einem prächtigen Blumenarrangement aus weißen Rosen und Kame lien geschmückt war, hielt sich fern, so daß er die warmen Glückwünsche, die ihm Graf Ballestrem namens des Reichstages darbrachte, nicht vernehmen konnte. Der Postetat brachte, wie schon erwähnt, nur eine geringe Debatte, und morgen beginnt die Beratung des Etats des Jnvalidenfonds und des Reichseisenbahnamtes. —— Die MchimW AWbuM Ueber dieses Thema, welches gegenwärtig in allen wissenschaftlichen und kirchlichen Kreisen Deutsch lands mit lebhaftem Interesse erörtert wird, sprach am letzten Sonntag Herr Referendar Jeremias aus Dresden in zahlreich besuchter Versammlung des evangelischen Arbeitervereins und des Gewerbevereins. Er zeigte im Eingang seines Vortrags, wie die eigentümliche babylonische-affyrische „Keilschrift" entstanden und beschaffen sei und wie es einem ge nialen deutschen Forscher, dem Gymnasiallehrer Grotefend, zuerst gelungen sei, diese Schrift zu ent ziffern und damit die gewaltige Literatur, die jetzt aus den Trümmern der untergegangenen Riesen städte Babylon, Ninive, Susa usw. ansgegraben wird, der Gegenwart wieder zu erschließen. An der Hand der Karte führte er die Hörer fodann auf die gegenwärtigen Ausgrabungsfelder. Wenn man von dem nordsyrischen Hafenplatz Alexandrette den Weg landeinwärts nimmt, bietet sich dem Auge ein ebenso neuer wie reizvoller An tlick : allerorten ist die Ebene übersät mit hohen und niedrigen, ost grasbewachsenen Hügeln. Und diese Hügel begleiten den Reisenden bis an die Ufer des Euphrat und Tigris, bis hinüber in die elamitische Ebene, nach Susa. Es sind die Wahrzeichen ur alter Zeiten, die Trümmerhügel längst vergangener Herrlichkeit: alte Städte, nachdem sie die vom Blute der erschlagenen Feinde und vom Siegesjubel trun kener Horden durchtobt hatten, längst vor Christi Geburt von dem Flugsande der Wüste sorgfältig zugedeckt und unserer Zeit aufbehalten. Diese einst hochkultivierten Länderstriche bieten jetzt ein trostloses Bild. Die Kanäle, die das Land fruchtbar machten, bilden jetzt vom Sande bedeckt das willkommene Fahrgeleis für die türkische Post. Oeder Wildnis sind die wogenden Aehrenfelder ge wichen. Das Klima weist bis 39 Grad It im Schatten auf. Allerorten breiten sich weitgedehnte Sümpfe aus, die im Frühling das ganze Land überschwemmen, voll tätlicher Fieberkeime, die Brutstätte stechender Insekten, der Plage des Tages. Wölfe und Schakale heulen in der Nacht und das Brüllen des Löwen rollt durch die Ebene. Die Be wohner des Landes sind ein verkommenes Geschlecht mit niedriger Intelligenz: die Photographien ihrer Kinder halten sie für Bilder von Hunden. Aber noch schlimmer: es sind Diebe und Gauner; wert volle Backsteintafeln zerschlagen sie in Stücke, um den Erlös zu vermehren, steingemeiselte Denkmäler zersägen sie, daß dabei die Anschrift fingerbreit ab springt. Aber auch vor Raub und Mord ist man unter diesen Leuten nicht sicher: Die im Jahre 1900 von Nordamerika ausgesandte Expedition Hilprecht mußte lange Zeit mit geladenen Gewehren arbeiten und reisen, weil sie die Blutrache eines solchen Be duinenstammes zu fürchten hatte. Gleichwohl läßt es sich die Wissenschaft nicht nehmen, unermüdlich an das große Werk der Aus grabung Hand anzulegen. Ihr verdanken wir es, daß sich für uns der Begriff der Geschichte, d. h. der schriftlichen Ueberlieferung bis tief ins 6. Jahrtau send v. Christi Geburt hinein erstreckt. Welch eine Erweiterung des Gesichtskreises für den Menschen, der nicht nach dem Maßstabe des Ewigen mißt, dem jedes Jahrzehnt, jedes Jahr, mancher Tag eine Epoche bedeutet I Einiges wenige nur von den wichtigen Ergeb nissen auf den Ausgrabungsfeldern. 1842 wurde der Franzose Botta zum Konsul in Mossul ernannt. Er legte dort in der Nähe den ersten Palast bloß, wo einst König Saigon um 3800 vor Christus gehaust hatte. Ganze Säle aus Ala basterplatten, auf welchem seine Kriegs- und Jagd züge im Relief dargestellt werden. Die Türken waren mißtrauisch. Der Negierungsvertreter berich tete an die Pforte, Botta wolle eine Festung mit Graben bauen, um das Land an Frankreich zu bringen — die Arbeiten mußten eingestellt werden. 1846 gruben die Engländer Layard und Naffan südlich von Ninive an den Palästen der Könige Asurbanipal, Sanherib und Asarhaddon, aus dem 9. und 7. vvrchristl. Jahrhundert. Diese Paläste fand man auf Terrassen stolz gelegen. Vor den Toren hielten geflügelte Stiere mit Menschenantlitz Wache. Die Araber, welche bei den Ausgrabungen beteiligt waren, entsetzten sich: sie meinten, die Dä monen der Wüste seien lebendig geworden, um sie zu fressen. — In dem einen Palaste weist die Vorhalle ein höchst interessantes Reliefbild auf, wie die Fron arbeiter zu tausenden mit Stricken, Hebeln, Walzen die Stierkolosse zum Bau heranbewegen. 1852 entdeckte der hochverdiente englische Forscher Naffan in der Nähe den Köniaspalast Sardanapals aus dem 7. Jahrhundert. Durch einen mosaik-ge- pflasterten Hof gelangt man hier zu einer Freitreppe, welche hinauf zu den Frauengemächern und zu den Prunkgemächern führt; hier auf dem Boden lagen die tausend und abertausend Tontafeln, welche alle mit babylonischen Schriftzeichen beschrieben waren und eine wohlgeordnete Bibliothek darstellten. Wenn je das Märchen von Dornröschen zur Wahrheit ge worden, hier wurde es lebendig : diese Tafeln weckten eine verloren geglaubte Welt in bezaubernder Fülle zu neuem Leben. Hier sichtete der berühmte Orien talist George Smith und las mit wachsendem Staunen auf einer Tafel die Worte: „Das Schiff stand still auf dem Berge Nizia. Ich nahm heraus eine Taube und entließ sie; aber da ein Ruheort nicht vorhanden war, kehrte sie zurück. Ich nahm heraus eine Schwalbe, aber da ein Ruheort nicht vorhanden war, kehrte sie wieder zurück. Ich nahm heraus einen Raben und entließ ihn; der Rabe flog weg und gewahrte die Abnahme des Wassers nnd kehrte nicht wieder zum Schiffe zurück" — ein Stück aus dem neuentdeckten baby lonischen Sintflutbericht. Noch ein Fund, der uns in die Nähe des Aus grabungsfeldes der deutschen Orieutgesellschaft führt: Es war im Winter 1875/76, als Araber unweit der großen Hügel, die Babylons Schätze bargen, eine Anzahl irdener Krüge nach Art gewöhnlicher Wasser krüge fanden. Als man einen von ihnen öffnete, war er von oben bis unten gefüllt mit kleinen und kleinsten Tontafeln in der Größe von bis 12 om, bedeckt mit minutiöser Keilschrift, sämtlich datiert. Es waren die Geschäftsurkunden eines großen Hand lungshauses von Babylon, der Firma Egili u. Söhne. Jetzt wußte man, daß hier einst die City von Ba bylon gelegen. Das wurde ein wichtiger Anhalts punkt für die zur rationellen Ausgrabung nicht zu entbehrende Kenntnis der Topographie Babylons. Drei Hügel sind es vor allem, die in Babylon der Erlösung von tausendjährigem Schlaf harren: 1. Kaso, jetzt von der deutschen Orientgesellschaft in Angriff genommen, birgt den Palast Nebukadnezars. Mächtige Tiergestalten, welche die Seiten der Schloß zugänge in wunderbar bunter Emailleausführung prächtig zierten — der Löwe von Babel, der Drache von Babel, das Einhorn — sind vor allen Dingen als kunsthistorisches Ergebnis dieser Ausgrabung bemerkenswert. 2. Balil, nordwärts von Kaso, ent hält das Grab und die im Altertum hochberühmten hängenden Gärten der Semiramis. 3. Amron iben Ali im Süden, mit dem Tempel Esagila, dem Heilig- tume des Stadtgottes Marduk. (Fortsetzung folgt.) Prittzessin Linse. *Prinzessin Luise von Tos cana, die ehemalige sächsische Kronprinzessin, hat am Sonntag endlich ihre Mutter, die Großherzogin von Toscana, wiedersehen dürfen. Wie schon an gekündigt, ist die Großherzogin in der Nacht zum Sonntag mit einer Hofdame in Lindau am Boden see eingetroffen. Nach einer weiteren Meldung reiste Prinzessin Luise am Sonntag vormittag von Nyon ab und traf abends in Lindau ein. *Jn toskanischen Hofkreisen wird be stätigt, daß die Reise der Großherzogin nach Lindau mit Einwilligung des Kaisers erfolgte. Ebenso sei