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man 23. Jahrgang Entwicklung und der besonderen Art unseres politi schen Daseins entsprechen müssen, und da muß zunächst einmal offen gesagt werden, Paß die deutsche Republik keinen Anlaß hat, sich einen nationalen Feiertag als Tag der rauschenden Feste zuzulegen. Aus Jahrzehnte hinaus wird sich unser staatliches Dasein in ernsten und schweren Formen vollziehen. Aber gerade weil dies erkennbar ist, brauchen wir einen Nationalfeier tag als Tag der nationalen Sammlung, der nationalen Selbstbestimmung und der nationalen Kräfte« Zusammenfassung. Der gegebene Tag hierfür ist der 11. August. ES sind Strömungen aufgetreten, die den 9. November, den 1. Mai und den 18. Januar als Nationalfeiertag haben wollen. Wer ernsthaft und nicht nur aus de magogischen Gründen für den 9. November etntritt. Pflegt darauf hinzuweisen, daß in Frankreich! per Tag der Erstürmung der Bastille zum Nationalfeiertag ge worden ist. Dieser Hinweis geht fehl. In der franzö sischen Revolution, die mit der Erstürmung der Ba stille begann, rangen trotz aller häßlichen äußeren Er scheinungen große Gedanken nach Ausdruck und Geltung. Von dem, was man die deutsche Revolution des 9. November nennt', kann man das nicht behaupten. Sie war iin wesentlichen der Zusammenbruch eines Systems, das die stärkste Feuerprobe der Geschichte, einen ver lorenen Krieg, nicht überdauerte und morsch in sich zusammenbrach. Auch der 1. Mai kommt nicht in Betracht. Seiner Entstehung und seiner Zielsetzung nach ist der 1. Mai der internationale Kampftag der proletarischen Klas sen und deshalb nicht geeignet als Nationalfeiertag eines ganzen Volkes. Ernster liegen die Dinge schon beim 18. Januar. Er wird geschichtlich, als Tag der Reich Sgründung immer denkwürdig und verehrungs würdig bleiben, aber es ist. eigentlich, selbstverständlich, daß die deutsche Republik als ihren Nationalfeiertag nicht den Behurtstag des deutschen Kaisertums über nehmen kann, über dessen Untergang man bei aller Würdigung seiner Leistungen für das deutsche Volk doch nicht das Wort setzen kann: Aber ging eS leuchtend nieder, leuchtets lange noch zurück. Der gegebene Nationalfeiertag für die deutsche Republik ist und bleibt der 11. August. Der 11. August ist der Geburtstag der deutschen Republik als rechtlich fundierter Staatsform des deutschen Reiches. Er brachte uns die Verfassung als staatliches Grundgesetz, vor allem aber ,alS das staatliche Programm für die politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Erneuerung des deutschen Volkes aus sich selbst heraus; er bracht« uns den Sieg des deutschen SelbsterhaltungSwillenS gegen den von außen und innen andrängenden Vernichtungs willen. Kein Volk der Welt hat nach einem so ungeheuren Zusammenbruch so schnell eine rechtliche Neuordnung seines staatlichen Seins gefunden wie die deutsche Re- publik, keine Verfassung ist von so tiefem ethischen Ge halt wie die Verfassung .von Weimar, keine Verfassung verkörpert ein so starkes Glaubensbekenntnis zu der Eigenkraft des Volkes und zur Eigenzukunft und da- mit zur Nation. Der 11. August mit seiner Verfassung gab neue sten und tiefsten Inhalt der StaatSidoe, der Kolksidee, der MenschhettStdee. . ,. Der 11. August ist uns der Tag der Zukunfts hoffnung und der Zukunftssehnsucht. Die ganze Na- tion soll an diesem Tage.aufgerufen sein zur stärksten und innersten Anteilnahme am Schicksal ihrer selbst kn Sinne des Frecheren Pom Stein: Teilnahme Dasselbe Regierungsprogramm enthalte die Zusage, daß durch das Steuervereinheitlichungsgesetz auch eine Sen kung der Steuern in Ländern und Gemeinden erreicht werden solle. Der Reichsfinanzminister habe im Aus schuß erklärt, daß die Annahme des vorliegenden Ent wurfes das Gleichgewicht des Etats nicht erschüttern würde. Es sei für jeden Abgeordneten bedenklich, eine Steuersenkung abzulehnen, die der Finanzminister für erträglich erklärt. Es handle sich doch nicht nur um eine Senkung der Lohn steuer, sondern auch der Ein kommen steuer, die breite Schichten der Landwirtschaft, des Mittelstandes, der Angestellten und Beamten zu zahlen haben. Abg. Stöhr (Natsoz.) stimmt der Vorlage zu. Vie Abstimmung. Der Antrag, die Erledigung der Vorlage bis zum Herbst zu vertagen, wird abgelehnt. Der kommunistische Antrag aus stärkere Erhöhung des steuerfreien Existenzminimums wird in namentlicher Abstimmung mit 343 gegen 59 Stimmen der Kom munisten und Nationalsozialisten abgelehnt. Im Hammelsprung wird 8 1 des vom Ausschuß angenommenen Steuersenkungsentwurfs mit 293 gegen 187 Stimmen angenommen. Dafür Haben neben den Sozialdemokraten, Demokraten, dem Zentrum und den Nationalsozialisten auch einige Abgeordnete der Deut schen Volkspartei und der Deutschnationalcn Volkspartei gestimmt. Auch die übrigen Bestimmungen des Ent wurfes werden in zweiter Beratung angenommen. DaS Senkungsgesetz! wurde in der dritten Lesung bet der Schlußabstimmung in namentlicher Abstimmung mit '210 gegen 188 Stimmen bei sieben Enthaltungen angenommen. Vle gestrige Kelchslagssttzung. Nachdem der Steuerausschuß am Tonner-tag vor- mil tag den Antrag -er Sozialdemokraten, Demokraten und des Zentrums aus Senkung der Lohnsteuer um 25 v. H. bis zu drei Mark monatlich, bei Einkommen bis 15 000 RM im Jahr mit den Stimmen eines Teiles der Teutschnationalen gegen die Deutsche Volks partei angenommen hatte, gestaltete sich die Beratung im Reichstagsplenum gestern nachmittag sehr lebhaft. Der Steuerausschuß hatte eine Entschließung angenom men. die von der Regierung eine Prüfung der Sen kung der Einkommensteuer in den mittleren und un teren Stufen sowie der Realsteuern verlangt. In der Debatte warf Abg. Neubauer (Komm.) der Sozialdemokratie Bruch ihrer Wahlversprechungen vor. Abg. Rademacher (Dntl.) macht darauf auf merksam, daß gegen den Entwurf zwei Regierungspar teien stimmen. Gleich danach muß er aber mitteilen, daß seine eigene Fraktion in der Frage gespalten ist. Abg. Horlacher (Bayr. BP.) bekämpft die Vor lage. Das vertrau''.nSv olle Zusammenarbeiten der Länder mit dem Reiche würde durch, die Annahme des Entwurfes gestört werden. Abg. Hertz (Soz.) nennt es einen unverständlichen Widerspruch, wenn dje beiden Vorredner einmal die Vorlage als eine Bagatelle bezeichnen und doch in gleichem Atemzug von ihrer Annahme die verhängnis vollsten finanziellen Wirkungen befürchten. Ter So zialdemokratie genüge die mit dem Entwurf erzielte Lvhnsteuersenkung auch nicht, sie halte die Annahme der Vorlage aber für notwendig, weil dadurch der Anspruch auf Lvhnsteuersenkung ein halbes Jahr früher erfüllt wird als nach der geltenden revidierten lex.Brüning. Dadurch werde auch! ein Teil des Unrechts wieder gut gemacht, das den Lohnsteuerpslichtigen durch, die Ver schlechterung der lex Brüning zugefügt worden sei. Inzwischen ist ein Antrag der Deutschen Volks partei und der Bayerischen Volkspartei eingegangen, die Erledigung -er Vorlage bis zum Herbst, bis zur Vor nähme der allgemeinen Steuersenkung, zu vertagen. Abg. Drewitz (WirtschaftSP.) wendet sich, Legen die Vorlage, weil er davon eitle ungenügende Entlastung der Steuerpflichtigen, aber eine Erhöhung der jetzt schon unerträglichen Realsteuern durch Länder und Ge meinden befürchtet. Abg. Brüning (Zentr.) erklärt, seine Freund« wären entschiedene Gegner einer Erhöhung -er Real steuern. Im letzten Jähre hab« sich aber gezeigt, daß dis Länder und Gemeinden trotz der erhöhten Steuer zuweisungen vom Reiche die Realsteuern nicht gesenkt, sondern erhöht hätten. Der vorliegend« Entwurf, könne umso weniger zur Begründung einer Erhöhung der vraucken wir einen Nationalfeiertag? Von Dr. Külz, Reichsminister a. D. Im Laufe der letzten Woche gab «S im Reichstage eine große Aussprache über di« Frage eines National- feiertages. Man kann beim besten Willen nicht sagen, daß diese Erörterung sich auf besonderer Höh« bewegt hätte; sie verlor sich im Gegenteil sehr oft in den Niederungen kleinsten parteipolitischen Gezänks. And doch ist diese Sache von so erheblicher Bedeutung, daß man sie von höherer Warte aus betrachten muß, LlS dies im Reichstag geschah. Das deutsche Kaiserreich, hat keinen einheitlichen Nationalfeiertag hervorgebracht. Der Geburtstag des Kaisers und des Landesherren, der 18. Januar und der 2. September wurden zwar festlich begangen, waren aber keine Tage der Nation, sondern Tage der Dynastie oder der Schlachtenertnnerung. Andere Völker haben einen ausgesprochenen Na- Realsteuern benutzt werden, als er nur die Lbhnsteuer- senkung v.orwegnchmen wolle, die im nächsten Januar doch nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen ein treten müßte. Das Zentrum wird der Vorlage zu stimmen. Abg. Becker-Hessen (D. Vp.) meint, di« Deutsch nationalen hätten keinen Anlaß,, die Regierungskoali tion mit einer brüchigen Ehe zu vergleichen. Die letzten Vorgänge Innerhalb der deutschnationalen Fraktion gä ben viel mehr Anlaß zu solchen Vergleichen. Der Redner begründet dann den Antrag auf Vertagung der Entscheidung bis zum Herbst und Erledigung der Lohn steuersenkung im Zusammenhang mit der allgemeinen organischen Steuersenkung. Abg. Fisch er-Köln (Dem.) führt aus, diese Bor- . der^ eÄe "«ckri>t°^ur ErkMlu^ sei! tionalfeiertag entwickelt, und zwar ganz verschieden je der erste Schritt ö»r Erfü.lung des Negierungspro- 8 nach ihrer Geschichte und nach, Volkscharakter. Auch bugestimmt hat. 8 ein deutscher Nationalfeiertag wird der geschichtlichen Steuersenkung angenommen mit 21V gegen 188 bei 7 Stimmenthaltungen Severing ftelll lick äem Keicksrat vor. Berlin, 12. Juli. Die öffentliche Vollsitzung des Reichsrats am Donnerstagnachmittag wurde vom neuen Mi nister des Innern Severing geleitet, der in einer Ansprache an den Reichsrat betonte, daß namentlich die Reform der Retchsgltederung und der Reichsverwaltung in der nächsten Zeit dem Minister des Innern sehr häufig mit dem Reichsrat zu gemeinsamer Arbeit zusammenführen würde. Trotz aller Differenzen, die sich dabet aus Tradition und geschichtlicher Auffassung ergeben würden, hoffe er doch auf ein vertrauens volles Zusammenarbeiten des Reichsrats und der Retchsregie- rung, da ja die Neugliederung des Reiches nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zu dem Zweck sei, Staat und Volk kul turell, wirtschaftlich und politisch vorwärts zu bringen. Er sei überzeugt, daß der Reichsrat mit ihm in dieser Beziehung einig sei. In seiner Erwiderung auf die Ansprache des Mini sters betonte Staatssekretär Dr. Weißmann, daß der Reichs rat, dem ja Minister Scvcring kein Fremder sei, von der Ueberzeugung ausgehe, daß der neue Reichsminister auch in den Fragen der Neugestaltung des Reiches und der Aerwal- tungsreform das Interesse der Länder im Auge behalten werde. Der Reichsrat erklärte sich dann mit der Ausführungs verordnung zu dem Gesetz über Schußwaffen und Munition einverstanden, ebenso mit der neuen Verordnung über Kraft fahrzeugverkehr und den Ausführungsbestimmungen zum Kraftfahrzeugsteuergesetz. Den vom Reichstag unverändert angenommenen Gesetz entwürfen betreffend das deutsch-schwedische Abkommen zur Ausgleichung der in- und ausländischen Besteuerung und be- treffend eine Novelle zum Btehseuchengesetz gab der Reichsrat die endgültige Zustimmung. 163 Sonnabend, äen 14. Juli IS2S Vie Luftlpionage-Affäre Luäwig. Gestern vormittag sind aus Leipzig die Akten der Luft spionageaffäre, in deren Verfolg der Regierungsbaumeister Ludwig verhaftet wurde, in Berlin eingetroffen. Wie die „Voss. Ztg." erfährt, ist Ludwig vom Sommer 1924 bis An fang des Jahres 1925 als wissenschaftlicher Berater für die Junkerswerke in Moskau tätig gewesen. Schon in den ersten Tagen seines Berliner Aufenthaltes sprach er auf der russischen Botschaft vor. Die russischen Behörden stellten ihm in Mos kau eine Professur in Aussicht. Eines Tages erhielt Ludwig die Aufforderung, auf der russischen Botschaft Unter den Lin den erneut vorzusprechen. Ihm soll bedeutet worden sein, daß in absehbarer Zett eine Anstellung in Rußland möglich sei. Bei diesem Besuch wurde ihm ein Herr unter dem Namen Schaibe vorgestellt, der — wie Ludwig gesagt wurde — mit ihm zusammen nach Rußland gehen werde. Schaibe ist übri gens einer der beiden verhafteten Helfer Ludwigs. Er for derte Ludwig auf, ihn in seinem eigenen Interesse luftfahrt technische Einzelheiten zu übermitteln. Dieser Aufforderung soll Ludwig der Anschuldigung zufolge nachgekommen sein. Für diese Tätigkeit soll er ein festes Entgelt bezogen haben. Ferner soll Ludwig der gleichen Stelle Berichte über den deut- chen Luftschiffbau vor dem Kriege, die Photographien und ihotographierte Druckseiten enthielten, übermittelt haben. Der Photograph, in dem die Untersuchungsbehörden den zweiten Helfer sehen, ist ebenfalls festgenommen worden. Ludwig wei t darauf hin, daß diese Berichte jedem Angestellten zugäna- ltch waren und besondere Geheimnisse nicht enthielten. Ebenso verhalte es sich mit den Berichten über den Luftschiffbau Schütte-Lanz, die jedem Interessenten zugänglich gewesen "^Zur Bearbeitung der Spionageangelegenheit Ludwig ist laut „Lokalanzeiger" vom Oberretchsanwalt ein Mitglied deS Reichsgericht- beauftragt worden.