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Hohenstemer Tageblatt Erscheint jeden Wochentag abends für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1.40; durch die Post Mk. 1.50 frei ins Haus. Geschäfts-Anzeiger für Inserate nehmen die Expedition bis Vorm. tv Uhe sowie für Auswärts alle Dis träger, deSßl. alle Annoncen-Expeditionen zu Original- Preisen entgegen. Hohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Luga«, Hermsdorf, Bernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rüßdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Leukersdorf, Seifersdorf, Erlbach, Kirchberg, Pleisza, Reichenbach, Grumbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, St. Egidien, Hüttengrund u. s. w. Amtsblatt für den Verwaltungsbezirk des Stadtrathes zu Hohenstein. Nr. 64 Sonnabend, den 18. März 1893 43. Jahrgang. Die auf den 21. März Nachmittag 4 Uhr angesetzte Versteigerung in der Päßlcr- schen Restauration in Gersdorf findet nicht statt. Der Verwaltungsvollstreckungsbeamte beim König!. Amtsgericht Hohenstein-Ernstthal. Fritzsche. Bekanntmachung. Nachdem die Einschätzung zu den diesjährigen Gemeindeanlagen beendet ist, bringen wir in Gemäßheit des Anlagen-Regulativs hiermit zur Kenntniß, daß das hierüber ausgestellte Cataster von heute an 14 Tage lang in der hiesigen Gemeinde-Expedition zur Einsicht für die Betheiligten ausliegt. Gersdorf, am 15. März 1893. Der Gemeinderath. Göhler. Sächsisches. Hohenstein, 17. März. Unser Königshaus wird in diesem Jahre ein dreifaches Jubiläum feiern, nämlich das 20jährige Regicrungsjubiläum, Sr. Mcjcstät des Königs, das 40jähnge Ehejubiläum beider Majestäten und das 50jährige Militärjubiläum des Königs. Bei der Feier, welche der Dresdner conservative Verein zur gemeinsamen Begehung des Regierungs- und Militärjubiläums veranstaltet, wird Herr Pastor v. Seydewitz in Leipzig die Festrede halten. Im königlichen Residenzschlosse fand am Mittwoch Nach mittag zu Ehren der in Dresden tagenden internationalen sanitären Conferenz ein glänzendes Galafest statt. Se. Maj. der König empfing die Delegirten der genannten Conierenz um H'z6 Uhr. Aus diesem Anlaß zeigten die Räume des könig lichen Residenzschlosses das traditionelle festliche Gepräge. Im Vestibüle standen als Ehrenposten zwei Unterofficiere, und im Treppenhause und auf den Treppen hatte eine Aufstellung zahlreicher Hoflakaien in Gala platzgegriffen. In der zweiten Etage, am Eingänge zu den Gemächern, paradirten Heiducken in ungarischer Tracht, während im Vorzimmer zur Galerie eine Paradcwache des königlichen Gardcreitcrregiments aufgezogen war, um den Gästen die militärischen Honneurs zu erweisen. Nach dem Empfange bei Sr. Majestät dem König war um 6 Uhr im Vaukctsaale Galatafel zu 75 Gedecken, an der der Monarch mit den Cavalicren des königlichen großen Dienstes theilnahm. Nachdem die Gäste an der königlichen Tafel placirt worden waren, erschien Se. Majestät der König unter Vortritt seiner beiden Leibpagen und in Begleitung der Herren des königlichen großen Dienstes im Banketsaale und nahm an der äußeren Seite der hufeisenförmigen Tafel in der Mitte Platz. Hinter dem Monarchen hatten sich die beiden Leibpagen zu persönlichen Dienstleistungen postirt. Die Tafel war mit könig licher Pracht ausgestattet. In der Mitte derselben prangte eins der schönsten Kunstwerke der königlichen Hofsilberkammer, die große silberne, mit seltenen tropischen Gewächsen gefüllte polnische Epargne, die einen Adler mit dem königlichen pol nischen und dem königlich sächsischen Wappen zeigt. Auf dem in zahlreiche Falten gelegten purpurrothen, mit zarten Blumen- und Blätterranken dekorirten Plüsch kam dieses herrliche Tafel stück äußerst wirkungsvoll zur Geltung. Die beiden Tafel zungen zierten als Hauptstücke einerseits mächtige silberne Vasen mit dem sächsischen-schwedischen Allianzwappen, anderer seits ein hoher silberner Aufsatz, die Saxonia darstellend. Seitlich dieser Meisterwerke der Silberschmiedekunst gewahrte man große Porzellanvasen in Rokokostil, Kunsterzeuguissc der königlichen Porzellanmanufactur Meißen, die von kleineren, mit lebenden Blumen dekorirten Porzellanfiguren verschiedenen Genres umgeben waren und reizende Gruppen bildeten. Daran reihten sich kostbare silberne Kandelaber, Frucht- und Blumen körbe von selten schöner Arbeit, zwischen denen Terrinen rc. von Watteau-Porzellan, kleine Porzellanstatuetten aus der griechischen Mythologie und duftende Blumenarrangements gruppirt waren, die dem Ganzen eine außerordentliche reiche Abwechselung verliehen. Im Hintergründe des Banketsaales erhob sich ein großer, mit rothem Plüsch ausgeschlagener Auf bau, auf dem kostbare goldene Gerätschaften, als Schüsseln, Terrinen, Kessel, Figuren rc., aus der königlichen Hofsilber kammer und dem königlichen grünen Gewölbe sich zu einem Sortiment der auserlesensten Erzeugnisse der alten Goldschmiede kunst ctagenförmig gruppirten und der mit einem Kolossaltablett in getriebener Arbeit gekrönt war. Das ganze Arrangement war ein höchst geschmackvolles und vornehmes. Die vielen Kerzenflammen erzeugten bei dem Glanze der herrlichen Gold-, Silber- und Porzellanschätze, sowie des feinen Krystallglas- werkcs tausendfache Reflexe, so daß sich dem Auge ein ent zückendes Bild bot. Bei dem internationalen Charakter, den die vornehme Tafelrunde durch die Anwesenheit von Vertretern aller europäischen Staaten trug, gestaltete sich das Hoffest zu einem höchst interessanten. Uhr wurde die Tafel ausgehoben. Se. Majestät der König begab sich hierauf mit den Gästen in den Ballsaal und hielt dort Cercle. Gegen ^9 Uhr zog sich der Monarch zurück, worauf auch die Festtheilnehmer die Parade gemächer des königlichen Residenzschlosses verließen. Königin Carola von Sachsen ist vorgestern um 11 Uhr 10 Min. in Baden-Baden zu I4tägigem Besuche der Fürstin- Mutter Josefine vou Hohenzolleru eiugetroffen. Wie der „Ev.-Kirchl. Anz." mittheilt, sind die Verhand lungen über die Verlegung des Bußtages nunmehr zum Ab schluß gelangt. Die Publikation des betreffenden Staatsgesetzes und der Kirchengesetze steht unmittelbar bevor. Von den norddeutschen Bundesstaaten haben sich außer Preußen das Königreich Sachsen, Sachsen-Weimar, Braunschweig, Sachsen- Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, Schwarzburg-Rndvlstadt, Schwarzburg-Sondershausen, Waldeck, Neuß jüngere Linie, Schaumburg-Lippe, Lübeck, Bremen und Hamburg dem Vorgehen augcschlossen nud die gesetzgeberischen Vorbereitungen für ihre Lande so getroffen, daß, sobald die Verlegung in Preußen erfolgt sein wird, sie auch mit ihren Landen nachfolgen können. In Oldenburg und Lippe kann die Verlegung erst im Jahre 1895 erfolgen, weil bis dahin die Synoden dort nicht zusammentreten. Ausgeschlossen haben sich allein die beiden Mecklenburg und Reuß ältere Linie. In Schwerin war zwar die Regierung bereit, auf die Verlegung einzugehen, aber der Landtag hat die betreffende Vorlage der Regierung abgelehnt. Am 6. dieses Monats und folgende Tage hat eine aber malige Ausloosung Königlich Sächsischer Staatspapicre statt gesunden, von welcher die 3 Staatsschulden - Kassenscheine vom Jahre 1855, ingleichen die am 1. Juli 1893 mit 11 4 Prämienzuschlag rückzahlbar werdenden 4 sächsisch-schlesischen Eisenbahnaktien betroffen worden sind. Mit diesen Listen werden zugleich die in früheren Terminen ausgeloosten, abernochnicht abge hobenen Nummern wieder ausgcrufen, deren große Zahl beweist, wie viele Interessenten zu ihrem Schaden die Ausloosungen über sehen. Es können dieselben nicht genug davor gewarnt werden, sich dem Jrrthum hinzugcben, daß, so lange sie Zinsscheine haben und diese unbeanstandet eingelöst werden, ihr Kapital uugekündigt sei. Die Staatskassen können eine Prüfung der ihnen zur Zahlung präsentirten Zinsscheine nicht vornehmen und lösen jeden echten Zinsschein ein. Da nun aber eine Verzinsung ausgelooster Kapitale über deren Fälligkeitstermin hinaus zu keinem Falle stattfindet, so werden die von den Be theiligten in Folge Unkenntniß der Ausloosung zu viel erhobenen Zinsen seinerzeit am Kapital gekürzt, vor welchem oft empfind lichen Nachtheile sich die Inhaber von Staatspapieren nur durch regelmäßige Einsicht der Ziehungslisten (der gezogenen wie der restireudcn Nummern) schützen können. Im Auftrage des königlichen Gcsammtministeriums hat der Topograph im königlichen Generalstabe R. Mittelbach in Kötzschenbroda wieder eine neue, Sachsen betreffende Arbeit unternommen. Die bekannte und viel benutzte Orts- und Ent- fcrnungskarte des Königreichs Sachsen, welche von dem Heraus geber bisher vorhanden war, zeigte einen Maßstab von 1:500,000, und obgleich dieser Maßstab für das Gcbirgsland genügte, und wohl vollkommen ausreichte, so mußte er doch mit der Heit für das Hügelland mit seiner bedeutenden Bebauung als zu klein erscheinen. Aus diesem Grunde hauptsächlich ist auf Veranlassung des königlichen Gesammtministeriums eine gründliche Neubearbeitung und Neuherausgabe der aus 8 Sek tionen bestehenden Karte vvrgenommen worden, als Maßstab dieser Umarbeitung ist 1:120,000 angenommen. Auch ist für die Herstellung ein anderes Vervielfältigungsversahren — Litho graphie und Buntdruck — angewendet worden. Aus der soeben herausgegebenen Sektion Dresden der Karte, die mit der Gegend um Döbelu, Meißen, Dresden die komplizirteste Gegend ganz Sachsens repräsentier, ist nach den neuen Ge sichtspunkten gearbeitet und wird von den Beamten, welche die Karte behufs Prüfung der Reisekostenliguidatiou alltäglich zu benutzen haben, in dieser neuen Ausgabe auch wegen ihrer größeren Uebersichtlichkeit und Genauigkeit mit Freuden begrüßt werden. Wie cs den sächsischen Beamten zur Pflicht gemacht ist, bei Feststellung der Entfernungen bei Reisekosten die Ent fernungskarte als Grundlage zu benutzen, so ist sic auch für alle Civilpersonen, die Interesse an den Entfernungen der Kommunikationswege haben, unentbehrlich, da sie alle Orte Sachsens und die Entfernungen zwischen diesen in durchgehenden Messungen wie die Theilstrccken in genauesten Angaben auf weist. Die Entfernungen sind durchweg in Zehntelkilometer eingezeichnet. Der Preis der einzelnen Sektionen ist der alte geblieben. Den Kommissionsverlag der Karte hat die I. C. Heinrichssche Buchhandlung in Leipzig übernommen. Die Steuerschraube, welche nächster Tage wieder in die Häuser eindringen wird, hat es in diesem Jahre zu einem Alter von 422 Jahren gebracht. Es war im Jahre 1451, wo auf dem Landtage zu Grimma die erste Landessteuer angelegt und Bischof Kaspar von Meißen, sowie Abt Johann von Zelle zu Landsteuereinnehmern ernannt wurden. Die Cassenrechnung hatten sie in Leipzig abzulcgen. Vorher hatten die Landes herren keine Volkssteuern zu beziehen, sondern nur, wenn nöthig, bei den Städten Bittsteuern nachzusuchen. Die neu- geschaffene Steuerschraube bohrte rüstig weiter, denn schon 1454 wurde in Leipzig bei einem in der Plcißenburg abgehaltencn Landtage eine Kopfsteuer eingesührt, die für jeden Mensche», vom Säugling bis zum ältesten Greise, zwei Groschen betrug. Zu dem 29. öffentlichen Bezirkstage des Bezirksverbandes Glauchau hatten sich vorgestern Nachmittags 3 Uhr im Vcr Handlungssaale der Königlichen Amtshauptmannschaft Glauchau die Herren Mitglieder der Bezirksvcrsammlung in beschluß fähiger Anzahl eingefunden. Nach Eröffnung des Bezirkstages und einem längeren Vortrage des Vorsitzenden, Herrn Amts- hauptmanns Oe. Rumpelt, über die Bezirkskassen-Verhältnissc bez. über die Bezirksanstalt Lichtenstein wurde von der Bezirks versammlung, zur Tagesordnung übergehend, beschlossen: die Bezirkskassenrechnungen auf das Jahr 1892 nach dem Vor schläge der Herren Prüfungsdeputirten richtig zu sprechen, ferner von dem Rechenschaftsberichte über die Bezirksanstalt Lichten stein auf das Jahr 1892 Kenntniß zu nehmen und den Be zirkshaushaltplan sammt Anhang für das Jahr 1893 an bloa zu genehmigen. Der diesjährige Vorort für die Conferenz für sächsische Bürgermeister von Städten mit revidirtcr Städteordnuug unter 20,000 Einwohnern ist Riesa. Die Conferenz wird voraus sichtlich am 13. Mai doriselbst stattfinden und cs sind die Einladungen dazu von Seiten des dortigen Bürgermeisters bereits ergangen. Nach den mehrere Stunden in Anspruch nehmenden Debatten über wichtige Fragen der Städtcverwalt- ung, welche im Rathhaussaale stattfinden werden, erfolgt eine Besichtigung der Stadt und deren neueren Anlagen, sowie des Hafens. Auch für den geselligen Theil der Versammlung wird gesorgt werden. Am nächsten Morgen (Somstag) ist eine Partie mit dem Dampfschiff nach Seußlitz und Diesbar in Aussicht genommen. Schon seit längerer Zeit geht der deutsche Schlosfervcr- band mit dem Gedanken um, eine deutsche Schlosserschule, welche die Meisterlehre ergänzen, nicht ersetzen soll, zu errichten. Um diese Schule wenn möglich in die Mauern der Stadt Roßwein zu bekommen, haben einige dortige Herren die nöthigen Schritte gethan, auch hat schon die Stadtgcmeinde eine größere Summe zur Verfügung gestellt. Um nun auch weitere Kreise für den Plan zu interessiren, hatte der dortige gemeinnützige Verein Herrn Ingenieur Hoch-Lübeck, der schon seit Jahren mit dem deutschen Schlosserverband in dieser Ange legenheit arbeitet, zu einem öffentlichen Vorträge gewonnen, welcher am Sonnabend, den 11. März, auf dortigem Naths- kellersaale stattfand. Nach einer geschichtlichen Einleitung, in welcher er vor Allem die praktische, aber auch die theoretische Vorbildung der Schlosser der früheren Zeit nachwies, sprach Redner über Zweck und Nothwendigkeil einer Schlosserschule, wies dann statistisch die Möglichkeit des Bestandes derselben nach und legte zum Schluß die Einrichtung der zu gründenden Schule dar. Die socialdemokratische Maifeier. Der Pariser Socialisten- congreß hatte bekanntlich den „Weltfeiertag" des ersten Mai als ein ganz vorzügliches Mittel für die socialdcmokratische Propaganda aufgefaßt. Die „Proletarier aller Länder" sollten sich an jenem Tage vereinigen und großartige Massendemon strationen zu Gunsten des Achtstundentages veranstalten; der erste Mai sollte ein Schrcckenstag für die „Bourgeois" werden. Es ist natürlich anders gekommen, als die erhitzten Köpfe der Delegirten zu Paris dies ahnen konnten. Der „Wcltfeiertag" ist ein Spottbild geworden und, nur um den Beschluß des internationalen Cougresses aufrecht zu erhalten, beschästigen sich die leitenden „Genossen" noch mit der Maifeier. Um nur