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u. s. w Nr. 213. 27. Jahrgang. Freitag, den 14. September 1900. die Telegramm-Adresse: Anzeiger Hahenstein-Ernstthal. — Der Peking vom Kolonie mit England. Correspondent der „Times" meldet aus vurcy die Eppe> Austräger, sowie alle Postanstalten. Der Bezugspreis beträgt vierteljährlich 1 Ml. 25 Psg. incl. der iüustrirten Sonntagsbeilage. Katakomben zurück, und die Führer begannen eine sorg fältige Durchsuchung der unendlichen Galerien, womit die ersten römischen Christen die Größe des heidnischen Rom unterminirt hatten. Diese Nachforschungen wurden, nachdem man sich inzwischen vergewissert, daß die Beiden nicht etwa allein nach der Stadt zurückgekehrt waren, bis zum Morgengrauen fortgesetzt. Da endlich, um 3 Uhr, erhielt man auf die unausgesetzten Anrufe eine Antwort, und zwar aus der Gegend der sogenannten „Großen Apostel-Krypta", wo die hinzueilenden Führer auch die Verirrten, zwar erschöpft, aber nicht gerade verzagt, antrafen. Die Beiden erzählten dann, laut einem Bericht der „Kreuz-Ztg.", nachdem man sie zu ihren draußen angstvoll harrenden Gefährten geführt hatte, daß sie an einer Wegeskreuzung die Gesellschaft aus den Augen verloren hätten. Bei den vergeblichen Bemühungen, sie wieder zu erreichen, seien sie immer mehr in das Labyrinth und sogar, ohne es zu merken, in die tiefere Galerie gerathen. Da hätten sie vor sich in der Ferne einen ungewissen Lichtschein wahrgenommen. Schon wähnten sie den Ausgang nahe, kamen aber nur zu der erwähnten Krypta, durch deren Luzernarium der verlöschende Tag sein letztes Lichl ergoß. Da faßten sie den Plan, an jenem Punkte bis zum nächsten Morgen zu verweilen, dann ihre Strümpfe wieder zu Garn zu machen und zu versuchen, mit dessen Hilfe den Ausgang aus den Grüften der Domitilla-Katakomben zurückzuge winnen. 31. August: Heute erfuhr die ausländische Grauen und Entsetzen das Massacre von j Missionaren, Männern, Frauen und Kindern, in Paotmzfu, der Hauptstadt dieser Provinz. Unter dem Schutz kaiserlicher Truppen wurden Kinder vor den Augen der Eltern abgeschlachtet, Frauen vergewaltigt und in Gefangenschaft geschleppt, Mütter und Väter gefoltert und ermordet. Die ergreifende Rede des deutschen Kaiser- beim Abzug seiner Truppen wurde hier mit Begeisterung gelesen, nur mischte sich diesem Gefühl die niedcrdrückende Kunde bei, daß der Kaiser den chinesischen Gesandten noch an seinem Hofe be glaubigt behält. Kaiser Wilhelm wisse jetzt, daß sein Gesandter nicht von Straßenräubern, sondern von einem kaiserlichen Officier auf kaiserlichen Befehl ermordet wurde. Man hat entdeckt, daß die Kaiserin und Prinz Tuan an jenem Morgen ein Massacre aller ausländischen Gesandten geplant hatten. Der Correspondent erklärt weiter, daß Rußland jetzt dort absolut prädominire. Gefahr droht, haben sie die Waffe zu ziehen und ge gebenenfalls sofort auf etwaige Angreifer scharf zu schießen. Die beiden Wachtmeister erhalten demzufolge ihr Quartier in unmittelbarster Nähe des bejahrten Feldmarschalls, über dessen Befinden dem Kaiser fort- laufend Spezialbericht erstattet wird. _ Italien. — Am Vorabend der Eröffnung des Internationalen Congresses katholischer Studenten hat sich in Rom ein Vorgang abgespielt, der tragisch hätte enden können. Eine Gesellschaft deutscher Congressisten chatte unter Führung Monsieur de Waals die von Porta S. Sebastiano gelegene» Katakomben der heiligen Domitilla besucht. Von Herrn de Waal sowie localkundigen Unternehmern waren die Herren auf das Eindringlichste gewarnt worden, sich von dem Gros abzusondern, wobei man nicht verfehlte, mit der Erzählung einiger in den Katakomben vorgefallener Unglückfälle die Warnung zu würzen. Trotzdem stellte es sich, nachdem man die Katakomben wieder verlaffen hatte, heraus, daß zwei Amerikaner, Namens Hengell und Longhmey, beide Studirende des Eichstädler Priesterseminars, fehlten. Voll banger Ahnung kehrte man zu den Regiment, warf dieses zurück, war aber nicht imstande, den geworfenen Gegner zu verfolgen, weil Jnfanterie- und Artilleriefeuer von der Höhe am Haltepunkt Kirch berg her dem Regiment entgegenschlugen. Diese feind lichen Kräfte am Haltepunkt Kirchberg konnten nur keine anderen sein als diejenigen, welche vor einiger Zeit durch Patrouillen von Steinberg auf Ursprung im Vormarsch befindlich beobachtet worden waren. Der Führer der Brigade entschloß sich, die Höhe von Kirchberg anzu- greifen; er brachte die Artillerie seiner Brigade am Nordausgang von Lugau in Stellung und ließ seine Infanterie links rückwärts der Artillerie aufmarschiren in der Absicht, Kirchberg westlich der Kirche zu erreichen und von dort aus rechtsschwenkend zum Angriff auf die Höhen am Haltepunkt vorzugehen. Der Gegner aber hatte die Versammlung der Infanterie auf dem linken Flügel der Brigade anscheinend bemerkt, denn das Vor gehen traf nicht auf schwachen Widerstand, wie erwartet sondern auf zahlreiche Kräfte in sehr starker Stellung' Die Durchführung des Angriff erschien unter diesen Um ständen aussichtslos, und so entschloß sich der Nübrer von dem Versuch, über Kirchberg in Richtung Neustadt vorzukommen, abzusehen und den Anschluß an die Armee auf anderem Wege zu gewinnen. Die Briaade «urk, deshalb »iff Niederwürschnitz zurückgezogen und, da der Gegner nicht nachdrangte, sondern auf den Höhen von der eigentlichen Lösung des Chinaproblems zu, lodaß die rein militärische Frage der Räumung Pekings, ihrer untergeordneten Bedeutung entsprechend, mehr und wehr in den Hintergrund zu treten beginnt. Für die persönliche Sicherheit des Grafen Waldersee in China hat der Kaiser selbst gesorgt. Kurz vor seiner Abreise nach dem ostasiatischen Kriegsschau platz ist bekanntlich Graf Waldersee in Wilhelmshöhe in längerer Audienz vom Kaiser empfangen worden. Hierbei kam die Rede u. a. auch auf die Sicherheit des Grafen, und der Kaiser sagte: „Mein lieber Graf! Ihr Leben wird von dem Vaterlande und Mir sehr hoch geschätzt. Zum Beweise dafür will Ich Ihnen zur ständigen Be gleitung zwei Meiner Leibgendarmen zur Verfügung stellen!" In der That befinden sich in der Begleitung des Feldmarschalls die beiden Vice-Wachtmeister Müller und Naner, ersterer von der Kaiserin, letzterer von des Kaiser- Leib-Gendarmerie. Der Monarch hat die Beiden persönlich aus dem Verbände der Leib- Gendarmen ausgesucht und ihnen mitgetheilt, daß 1« für daS Leben des Grafen Waldersee persönlich haftbar seien. In ihrer Instruction befindet sich denn auch em Passus, daß sie den Grafen Waldersee stets und ständig zu begleiten haben, und zwar m" scharf g-lad^ Revolver. Sobald dem Feldmarsckall nur die gering! Lertliches und Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, den 13. September. — Einem Gutsbesitzer im Altenburgischen war von einem Dieb Pferd und Wagen gestohlen worden. Aus Nachricht an die hiesige Polizei nahm letztere eingehende Recherchen vor und stellte fest, daß das gestohlene Gut in einem hiesigen Gasthaus eingestellt worden war. Leider kehrte der „Fuhrwerksbesitzer" von einem „kurzen AuS- gange" nicht zurück. Immerhin kann man, da der hiesigen Schutzmannschaft die Personalien des Diebes bekannt sind, auf baldige Ergreifung desselben gefaßt sein. — Ruhetag war heute für das ganze 19. Armee- Corps angesetzt. Am Freitag und Sonnabend werden sodann die Divisionsmanöver fortgesetzt, denen am Montag, Dienstag und Mittwoch die Corpsmanöver folgen. — Manöver. In Verfolg ihrer Aufgaben, die sich den Vorwärtsbewegungen der beiden angenommenen Armeen anschließen, waren die Bewegungen der 89. In fanterie-Brigade auf dem linken Flügel der rothen Armee und die der 88. Infanterie-Brigade auf dem rechten Flügel der blauen Armee die folgenden: Die 89. Bri gade hatte zu ihrem Vormarsch von Zschocke» auf Neu stadt die kürzeste Verbindung, die Pflockenstraße, gewählt. In der Avantgarde der Brigade befand sich das 1. Ba taillon des 134. Regiments nebst einigen Husaren und der 3. Pionier-Compagnie, im Gros der Rest des 134. Re- giments, das Regiment 133 und das Feldartillerie-Re giment 68. Das Husaren-Regiment 19 stieß bei seinem Vorgehen südlich Kirchberg auf ein feindliches Kavallerie- sm Weiislm-krsA, MckWitz, Der Bezugspreis beträgt -- - lien. iltene Corpuszeile oder . La für auswärts 12 -psg-, ezirk 10 -Pfu-' Rabatt. „teclame 25 Pfg. Bei mehrmaliger Aufg^ Annahme der Inserate für die Wenve erbeten. 10 Uhr. Größere Anzeigen Abends Dispositionsfonds sich angeeignet hatten. ! Petrovic soll als Vertreter des Mlnisterprasl des Ministers des Auswärtigen am Tage der D ! aus dem Fonds 60000 Fr. sich haben anwelsen u durch Verwandte beheben lassen. Ein anderer M s nepote, der wegen Defraudation entlassen war, wieder angestellt und defraudirte die . 18 000 Fr. aus dem Dispositionsfonds. Auch Andra Grorgievic und alle übrigen haben angeblich Dispositionsfonds gemißbraucht. Die Regierung Y Enthüllungen bisher nicht dementirt. Tageßgeschichte. Deutsches Rerch. 5^ Ätzen, auch der Krone gegenüber einen selbstständigen Willen vertreten zu können Im absoluten Staate verkehrt der Herrscher direct mit den ^,lt ihnen mit, wie der aller höchste Wille beschaffen ist und wie er zum Ausdruck gebracht werden soll. Aber nach der Verfassung des Deutschen Reiches sollen die leitenden Gedanken der Politik nicht ohne den Reichskanzler festgestellt und durchgesührt werden. Pflicht des Reichstages wird es sein, mit Entschiedenheit darauf zu dringen, daß die unverantwortliche, rein persönliche Politik endlich aufhört, daß wieder im Sinne der Reichsversassung regiert wird, und daß man ihm nicht zumuthe«, die Vertreter der Regierung als bloße Handlanger zu bewerthen. Die Ersüllung dieser Pflicht überlassen hoffentlich die natio- nalen Parteien nicht wieder den Führern des Freisinns und der Socialdemokratie; gerade die rechtsstehenden Fractionen sollten sich berufen fühlen, hierbei das führende Wort zu sprechen. Begnügen sich auch dies mal die Abgeordneten der Conservativen und der natio nalliberalen Partei mit der Rolle der stummen Zu schauer, die in diesem Falle zwar im Herzen die Auf- fassung der grundsätzlichen Opposition theilen, aber nicht den Muth haben, offen Farbe zu bekennen, so dürfen sie sich nicht wundern, wenn man aus ihr Haltung den Schluß zieht, daß es ihnen in erster Linie weit mehr darauf ankommt, gouvecnementale Bedürfnisse zu befrie digen, als Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu wahren und zu bethätigen. — In der diplomatischen Lage ist insofern eine ge wisse Klärung eingetreten, als es jetzt mit ziemlicher Sicherheit feststeht, daß Großbritannien und Deutschland ihre Truppen in Peking belassen, während die Vereinigten Staaten und Frankreich dem russischen Vorschlag auf Räumung Pekings willfahren wollen Was Japan be- trifft so hat es seine Bereitwilligkeit erklärt, einen Theil feiner Truppen zurückzuziehen, was es um so eher thun kann, als seine in Peking concentrirte Truppenmacht ohnehin sehr groß ist. UebrigenS wendet sich die Auf merksamkeit der Cabinette jetzt wieder in erhöhtem Grade