Volltext Seite (XML)
Der Ausbau der Netvererbuungen Ar-kilMm »es RMWMM vrndtwolcknng nuooror SvrUnor Sebrittlsltaog Berlin, IS. Sept. Das Ncichskabinett wird sich in der nächsten Woche mit den Gesetzentwürfen befassen, die zum Ausbau der vom Reichspräsidenten erlassenen Notver ordnung erforderlich sind und die sich zur Zeit in Vor bereitung befinden. Ein bestimmter Termin siir diese Ka- btnettSsttzung steht noch nicht fest. Wahrscheinlich wird das -abtnett am Anfang der kommenden Woche zusammentreten. An den amtlichen Stellen erklärt man lediglich, das, das RetchSkabtnett die in Betracht kommenden Vorlagen auf jeden Fall einige Zeit vor dem Zusammentritt des Reichstages zur Verabschiedung bringe» werde, damit die Parteien noch vor dem Retchstagsbeginn Gelegenheit haben, ihre Stellungnahme ,u diesen Gesetzen scstzulcgen. Rach der KabinettSsitzung will» nach Berlantbarnngen, der Reichskanzler die erforderlichen Verhandlungen mit den Parteiführern aufnehmeu. Bet den in Frage stehenden Entwürfen handelt es sich vor wiegend um die neuen F i n a n z v o r l a g e n. An Auf gaben von größerer Tragweite dürfte das Kabinett erst Heran gehen, wenn die parlamentarische Situation geklärt ist. Das gilt namentlich auch für das Gebiet der NeichSresorm. Die Ergebnisse der Beratungen der Länderkonferenz werde» -war auch vom Ncichskabinett bearbeitet werden, zu einer Beschlußfassung dürfte man sich jedoch nicht so leicht bereit- sindru, da es sich hier um Gesetze von «ersassungSändernde« Charakter andelt» die im Parlament zu ihrer Annahme der Zwei- rittelmehrhett bedürfen. Die Frage aber, ob cs der Taktik des Reichskanzlers Brüning gelingen wird, im Parlament auch nur eine einfache, geschweige denn eine Zweidrittelmehr heit für die Arbeit des Kabinetts zusammcnznbringcn, ist zu nächst nur dahin zu beantworten, daß die Aussichten Dr. Brünings bei einer Wciterverfolgung des bisher ein geschlagenen Weges denkbar ungünstig sind. Nun war in einigen Blättern angcdeutet worden, daß Dr. Brüning daran dächte, sogenannte Nahmcngefetze vorznlegen, die es ihm ermöglichen, das Parlament lediglich über die Grundzüge von gesetzlichen Vorlagen entscheiden zu lassen, während die Regierung in den Grenzen bestimmter Richt linien für alle Einzelheiten freie Hand hätte. Dazu ist nach den Versicherungen, die man von seiten der Reichskanzlei erhalten kann, sestzustellen, daß es sich hierbei bloß um Kombinationen handelt, denen das Reichskabinett selbst völlig fern steht. Einen solchen Ausweg zu beschretten, hätte auch schon deswegen keinen Sinn, weil opponierende Par teien jederzeit die Möglichkeit hätten, den Staats- gerichtshos um eine Entscheidung darüber anzugchen, ob ein solches Rahmengesetz nicht eine verkappte Ermäch tigung üarstellc und nach der Rcichsvcrfassnng mit Zwei drittelmehrheit anzunchmen sei. Also auch solche pfiffig er scheinende Möglichkeiten eines Ausweges entheben die Regie rung nicht der Notwendigkeit, klare Entscheidungen zu treffen. Das fällt aber dem Kabinett offenbar nicht leicht, aber man sieht wohl auch in RcgtcrungSkretsen jetzt mehr und mehr ein, daß mit einer lediglich passiven Haltung die Schlachten, die das Kabinett zu schlagen hat, nicht gewonnen werden können. Die öffentliche Debatte darüber, welche Regicrungs- koalition sich als die vorteilhaftere erweisen würbe, nimmt ihren Fortgang. Neue Gesichtspunkte sind allerdings kaum noch zu entwickeln, und die These, daß Dr. Brüning mit einer Ncchtskoalttion am besten fahren würde, können die Verfechter der Antithese nicht erschüttern. Auch der Feldzug gegen die Nationalsozialisten wird munter fortgesetzt. Man veröffentlicht gleich eine neue Serie von Tollheiten, die in die Praxis umzusetzen die Nationalsozialisten die angebliche Absicht haben sollen. Die um Auskunft angegangenen amtlichen Stellen erklären dazu aber, daß diese Wachsamkeit Gefahren gelte, die auch mit bewaffnetem Auge noch nicht zu erkennen seien. Liebevolle Aufmerksamkeit widmet man auch der Frage, wie sich denn nun das Verhältnis zwischen Deutschnationalen und Nationalsozialisten gestalten würde. Das Zentrums organ, die „Germania", hat entdeckt, daß, wenn eine Fraktionsgemeinschaft zwischen diesen beiden Parteien zu stande käme, dies eine Sache sei, die man nicht leicht nehmen könnte. Die „Germania" hat herausgefunden, „daß in gewissen Kreisen der Deutschnationalen Neigung besteht, mit den Nationalsozialisten in eine Fraktionsgcmetnschaft etnzu- treten. Das hat den sehr durchsichtigen Zweck, die zusammen- geschlossenc Rechtsopposition zur stärksten Partei im Reichs tag zu machen und sich des Postens des Neichstagspräfidente« zu bemächtigen, hgr ja bekanntlich dem Brauch nach der stärksten Fraktion entnommen zu werden pflegt." Der „Germani a" scheint es nicht recht zu passen, baß der Posten des Reichötagspräsidcnten eventuell in die Hände der wirk lichen Sieger der Wahlschlacht gelangt, sie bedauert es offen bar, daß den Unterlegenen des Wahlkampses, zu denen doch ohne jeden Zweifel die Sozialdemokratie gehört, dann die Macht über das Parlament entzogen würde. Aber die „Germania" mag sich beruhigen. Ganz so weit sind die Dinge noch nicht. Man wird auch bei denen, die keine Freunde der Nationalsozialisten sind, gut tum ruhig abzuwarten, wie sich das Verhältnis zwischen Deutsch- nationalen und Nationalsozialisten gestalten wird. Schließlich ist das ja in erster Linie eine Angelegenheit der beiden be teiligten Parteien, und diese werden sich durch Manöver von dritter Seite in ihren Entscheidungen nicht beirren lassen. Sine -eutfchnattonale Erklärung Berlin, 18. Sept. Wie die deutschnationale Pressestelle mittcilt, sind alle Kombinationen und Zweckgerüchte über die bevorstehende parlamentarische Entwicklung auf Grund des Wahlergebnisses, soweit sie die Deutschnationale Volkspartet betreffen, frei erfunden. Von deutschnationaler Sette sei bis her nvch in keiner Weise zu der durch die Wahlen geschaffenen parlamentarischen Lage Stellung genommen worden. In folgedessen konnten auch noch keinerlei Beschlüsse gefaßt und Verhandlungen ausgenommen werden. Kursstürze an -en Börsen Per lin, 18. Sept. Die hartnäckig verbreiteten Gerüchte über einen bevorstehenden Putsch haben ihren Weg auch nach Neupork gesunden. Sic führten an der Börse zu scharfen Kursrückgängen. Neparationsbonds fielen von 84Z7S auf 81.875 Punkte. Auch an der Londoner Börse fielen die 5 Aigen deutschen Neparationsbonds um 2 Punkte auf 80A. Agltationsantraoe -er kommunistischen Retchstavsfraktton Berlin, 18. Sept. Das Zentralkomitee der KPD. hat die neugewählte kommunistische Reichstagsfraktion beauftragt, einen Antrag aus Einstellung der gesamten Uoungzahlungen einzubringcn. Die kommunistische Neichstagsfraktivn wird ferner dem neuen Reichstag ein „umfassendes Spar programm" vorlegen, das Anträge auf Streichung bet den Ausgaben für Reichswehr, Polizei, Justiz, bet den Gehältern der Minister und oberen Beamten usw. vorsieht. Im Hintergrund der GvneralftabSchef Seit Mittwoch ist Paneuropa eingesargt und begraben, oder, wie es in der weniger rauhen, dafür auch undeut licheren Genfer Diplomatensprache heißt: Der Plan ist einem Sonderausschuß überwiesen worden, für dessen Einberufung bisher noch kein Zeitpunkt festgesetzt wurde. Dieses Schick sal stand bereits fest, bevor die Vollversammlung des Völker bundes zusammentrat. Als Briand, bei dessen früheren Reden eine Welt aushorchte, in Genf für Paneuropa sprach, interessierte das Thema längst keinen Menschen mehr, und der französische Außenminister verließ die Tribüne unter schwächstem Beisall eines gelangwetlten Hauses. Es wußte ja jeder im Saal, was sich hinter dem hochtönenden Vorschlag verbarg: nichts anderes als die Absicht, eine weitere Siche rung aus vertraglichem Wege für die unhaltbaren Grenzen des Versailler Diktats zu schaffen, eine Sicherung, die ge salbt worden wäre mit dem Oele europäischer Solidarität und Brüderlichkeit. Die Völkerbundsversammlung machte Briand einen Strich durch die Rechnung. Aber auf anderem Gebiete scheinen die Pläne Frankreichs von Erfolg gekrönt zu sein. Denn während der französische Außenminister vor der Oef- fcntlichkeit die Rolle des biederen Europäers spielte, stand im Hintergrund Frankreichs Generalstabschef. Auch General Weygand baute an einem „Paneuropa". aber auf seine Art. Freilich lag ihm weniger daran, die Aufmerksamkeit der Welt zu erregen, denn unter gewissen Umständen ist Bescheidenheit, wenn nicht eine Zier, so doch ein Gebot der Klugheit. Deshalb verfolgte er dasselbe Ziel nicht weniger entschieden als Briand. nur auf anderen Wegen. Sein Wunsch war das militärische Paneuropa. die Sicherung der Versailler Grenzen durch das Schwert. In Genf wurde dar über allerdings nichts gesagt: es paßte dort nicht zum Klima, nicht zur friedlichen Landschaft, und während man sich über die wirtschaftlichen Grundlagen Paneuropas lang und breit unterhielt, wurden die militärischen kaum gestreift. Nun werden aber in letzter Zeit Pläne der französischen Militär- politik bekannt, die festeren Boden haben als alle schönen Reden in Genf. Aus ihnen scheint ein Paneuropa hervor zugehen, das in der Politik der Tatsachen eine Rolle spielen wirb. Diese Pläne zu beleuchten, ist besonders in Deutsch land notwendig, wo pazisistisch-schönfärberischc Einflüsse, vom Geschichtsunterricht in den Schulen angefangen bis zu de» Reben von Reichsministern, das wahre Gesicht der Völker zu verhüllen bemüht sind. Die neue französische Militärpolitik nahm ihren Anfang im Frühjahr 1818. Seitdem verfügt Frankreich über offi zielle Milttärmissionen in Polen und der Tschechoslowakei. Sie hatten, wie bekannt, zunächst die Aufgabe, die polnische und die tschechische Armee zu organisieren, wobei Ausbildung, Bewaffnung und Mobtlmachungspläne nach französischem Muster geregelt wurden. Als dies Ziel erreicht war, wurden die Missionen zwar an Kopfzahl verringert. Beide Heere sollten aber mit Hilfe einer weitgehenden Durchsetzung mit französischen Offizieren der französischen Machtpolitik als zu verlässige Werkzeuge erhalten bleiben. Daher wirken auch heute noch in jedem der beiden Länder 88 bis 40 französische Offiziere, in Polen unter dem General Demain, in der Tschechet unter General Foucher, die sich als Lehrer bei den verschiedenen Militärschnlen und als Berater bet den Gene ralstäben und höheren Kommandobehörden befinden. Solche ständigen Milttärmissionen besaß nun Frankreich bisher t» Rumänien und Südslawten nicht. Fäden allerdings hatten die Generalstäbe lange hinüber und herüber gesponnen. So bestanden Abmachungen, denen zufolge Frankreich das Recht besaß, sich von Zeit zu Zeit über die Schlagfertigkeit beider Armeen zu unterrichten. Ferner wurde jährlich eine be stimmte Anzahl rumänischer und südslawischer Offiziere zu ihrer Ausbildung nach Frankreich kommandiert. In Süd- slawien muß jeder Generalstabsoberst mindestens ein Jahr lang in der französischen Armee Dienst getan haben und dort einem Rcgimcntsstab zugetetlt gewesen sein. Daher befinden sich dauernd mindestens zwölf höhere südslawische Offiziere in Frankreich. Dazu kommt, daß Rumänien und Südslawien die Bewaffnung ihrer Truppen für mehrere Jahre den von Frankreich finanziell und organisatorisch ab hängigen Skodawerken und den Fabriken von Schncider- Creusot übertragen haben. Obendrein aber schloffen Rumä nien, Südslawien und die Tschechet vor reichlich einem Jahre einen Militärvertrag ab, der die völlige Gleichartigkeit der drei Staaten in bezug auf Mtlttärgesetzgebung, Ausbildung und Bewaffnung sicherte und als Schiedsrichter in Streit fällen den französischen Generalstab bestellte. Doch bas alles genügte Frankreich noch keineswegs. In demselben Augenblick, in dem Briand sein Memorandum in alle Welt htnauSschickte, beschäftigte sich General Wcygand da mit. das Paneuropa des Generalstabes zu vervollständigen, und schickte zu diesem Zwecke französische Generäle nach Polen und Rumänien. Während Briand in Genf die Frte- densschalmet zu blasen begann, reiste der Marschall Franchet b'ESperey in die Tschechoslowakei, und vor wenigen Tagen kam die Nachricht, der rumänische Generalstabschef Sam- sonovtct fahre nach Belgrad, um dort mit feinem tschechische« und seinem südslawischen Kollegen mtlttärtkche Verhandlungen zu pflege». Zu welchem Zwecke?, Kn». b»* Mussolini über -ns Ergebnis des 14. September „Die stürmische nationale Wieöererhebuns Deutschlands interessiert uns" Rom» 18. Sept. Das Besehlsblatt der Faschistischen Partei enthält eine außerordentlich beachtliche Stellungnahme zu den deutschen Wahlergebnissen. Der Verfasser ist ohne Zweifel Mussolini selbst. In dieser Stellungnahme heißt es u. a.: Die Generationen des 28. Jahrhunderts find bezanbert »on nur zwei neuen politischen Systeme«, die eS i« der Welt gibt: dem Faschismus und dem Bolschewismus. Die Alternative zeichnet sich immer deutlicher und dramattscher am Horizont ab. Die Wahle« des 14. September, di« t« Zeichen Hitlers stattsauden» bestätige« dies. Deutschland ist im Begriff, sich zu entscheiden, und hat inzwischen sein erregtes Gesicht, aber gleichzeitig seiue« tiefe«, »«bezwing baren Geist gezeigt. Gibt eS noch jemand» der «eint, er könne ihn anSlvschen? Gibt eS noch jemand» der glanbt, daß der Honngplan genau im Jahre 1988 ablanfen wird, «nb daß tie Verträge anf Ewigkeit dauern werden? Die stürmische national« Wiedererhebnng DentfchlaudS interessiert nnS. Die Umrahme, die hier «nd dort besprochen wird, von einem kom munistischen Vorläufer» erschreckt «nS nicht im geringsten. Das faschistische Italien greist nicht vor und gibt sich keinen Illusionen hi«. SS bereitet sich vor. In politischen Kreisen werden diese Aeußerungen Musso linis als Beweis dafür angesehen, daß die italienisch-fran zösischen Verhandlungen sehr schlecht stehen müssen. Eine poltttfche Mlfston Patents? Rom, 18. Sept. Die römische Agentur „Jtalia D'Oggt" l„Jtalten von heute") will aus vatikanischen Kreisen erfahren haben, daß die gemeldete Urlaubsreife des Kardt»alstaatS- sekretärS Pacellt in die Schweiz einen politischen Zweck habe, und zwar soi eS nicht ausgeschlossen, daß Pacellt in Rorschach oder in St. Gallen zu einer Unterredung mit deutschen Politikern zusammentrcten werde. Der Reichspräsident wieder in Berlin. Der Reichs präsident ist Freitag abend aus dem Manövergelände wieder »ach Berlin zurückgckehrt.