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Nr. » v Jahrgang Mittwoch, den 5. Januar LV1V Erlchvi»! tätlich uachm. mil Ausnahme der Sann- und Festtage. Ausgabe 1-: MU .Die Zeit in Wart und Bild' dierteljähilich- 2,10 In Dresden durch Boten 8,40 In ganz Deutschland frei Haus 2,52 AvSaabe v.i Ohne illullrierle Beilage diertels, 1,80 9». I» Dresden d, Bolen 8,l0 In ganz Deutschland frei Haus 2,22 - Einzel-Nr. IO g, - ZeUungspreiSl. Nr. 08L8. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die Kgespallene Pctitzeile oder deren Raum mit 15 z.RcNamcn mit 50 g die Zeile berechnet, bei Wiederholungen entsprechenden Rabatt, Biichdruckerei. Redaktion und Neschäfrsftclle! Dresden, Pilluiher Strafte 48. — Fernsprecher 1800 Für Rückgabe unverlangt. Schriftstücke keineVerbindlichkeit RcdullionS-Sprechstunde: II —12 Uhr, Das Rerchsgesetz über den Versicherungsvertrag. ii. Von den S p e z i a l b e st i m m u n g e n interessiere!! zunächst die Vorschriften über die gesamte Schadens- Versicherung. Sollen nach dem Vertrage einzelne Voraussetzungen des Anspruches aus der Versicherung oder die Höhe des Schadens durch Sachverständige festge- slcllt werden, so ist die getroffene Feststellung nicht verbind lich, wenn sie offenbar von der wirklichen Sachlage erheblich abwcicht. Dadurch wird den häufigen Klagen, die Aus sprüche der Sachverständigen seien nicht sachgemäß, die Zu sammensetzung des Sachverständigenkollegiums nicht un parteiisch genug, Rechnung getragen. Sind nach dem Ver trage die Sachverständigen durch das Gericht zu ernennen, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schaden entstanden ist (8 61). Für die Feuerver sicherung beträgt die Frist betreffs der Prämieimach- zablüng, von der oben die Rede war, mindestens einen Mo nat (8 91). Ist der Schaden bis zmn Ablaufe eines Monats seit der Anzeige des Versicherungsfalles noch nicht voll ständig festgestellt, so kann der Versicherungsnehmer in An- reckmung auf die Gesamtforderung die Zahlung des Be trages verlangen, den der Versicherer nach Lage der Saclze mindestens zu zahlen Hot (8 9-1). Bei der Lebensversicherung finden die er wärmten Vorschriften über die Prämiennachzahlung keine Anwendung, soweit mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde bei der Sterbegeldversicherung, der Volksversichernng oder sonstigen Arten der Versicherung mit kleinen Beträgen in den Bedingungen abweichende Bestimmungen getroffen sind (8 189). Für die Unfallversicherung schreibt der 8 183 vor, daß der Versicherungsnehmer für die Ab wendung und Minderung der Folgen des Unfalles nach Möglichkeit zu sorgen und dabei dis, Weisungen des Ver sicherers zu befolgen hat, soweit ihm nicht etwa Unbilliges zngcmutet wird. Von den Vorschriften, die erst wirksa m werden bei ii e u c n Versicherungsverträgen, ist zunächst die von Inter esse, welche die Abreden über die Anzeige des Ver- sichcrnngsfalles betrifft. Nicht nur mußte beispielsweise bei der Lebensversicherung der Todesfall, bei der Feuer versicherung der Brandfnll innerhalb einer bestimmten Frist angcincldet werden, sondern es mußten auch bestimmte reine Formalitäten rechtzeitig erfüllt werden, wie die Einsendung lcsiiimnter Berichte, Ausfüllung eines Formulars, wenn man nicht des Anspruches verlustig gehen wollte. Durch das neue Gesetz ist eine Aendernng dahingehend einge- treten. daß die Verwirkung des Anspruches nicht eintritt, wenn der Versicherer auf andere Weise rechtzeitig von dem Versicherungsfall Kenntnis erlangt hat (8 33). So genügt, daß von einem Brandfall der Versicherer durch den Agenten oder durch eine Zeitungsnotiz Kenntnis erlangt hat. Sehr wichtig ist auch folgendes: Bekanntlich hat bei Abschluß des Versicherungsvertrages der Versicherungs nehmer alle ihm bekannten Umstände, die für die Ueber- nahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzu zeigen, z. B. Krankheiten, frühere Brandfälle und der gleichen. Bisher konnten unrichtige Angaben dieser Art oder Unterlassung die Ungültigkeit der Versicherung ohne weiteres zur Folge haben. In Zukunft nun schadet die un richtige Beantwortung nicht, wenn kein Verschulden des Versicherungsnehmers vorliegt. Außerdem muß der Ver- Sie haben den lieben Heiland begraben. Leipzig, den 3. Januar 1910. „Wo denn?" Auf dem Südfriedhofe in Leipzig. „Wie meinst du denn das?" Genau so, wie ich es sage: sic haben den lieben Hei land begraben. Er ist nicht mehr am Kreuze zu sehen. Wenn du es nicht glauben willst, so gehe in die neue Halle auf dem Südfriedhofe. Daselbst ist die wunderschöne neue Kapelle dem öffentlichen Gebrauche übergeben. Die Raum verhältnisse sind stimmungsvoll zu einander abgcpaßt. Die moderne Kunst kann schöne Kapellen bauen. Fenstcrform, Bogcnforin innerhalb der großen Kapelle, Form der Schlös- ler, des gußeisernen Predigtgcstelles, Farbe der Wände, der Fenstersclieibcn und Stühle — alles ist wirklich stim mungsvoll zu einander abgepaßt. Die Decke ist im Basi- likcnstil flach gehalten, und mn dem Ganzen einen frommen Abschluß zu geben, ist ein Hängekreuz über einem der vier Bögen angebracht, an drei vergoldeten Ketten, gerade so. wie wir cs an alten katholischen Munstern heute noch sehen; Io zum Beispiel in der herrlichen Münsterkirche zu Bonn am Rhein. Auch steht ein wunderschönes Kreuzesholz auf dem Altäre; ähnlich den in romanischen Kirchen üblichen Triuinphkrouz, dessen ausgcweitete vier Enden Symbole des Heilandes aufweiscn, so das Osterlamm usiv. Alles ist so stimmungsvoll abgetönt, das Auge weilt mit Freuden in jeder Ecke des herrlichen Raumes. Nur eines fehlt: daS Bild des gekreuzigten Heilandes. Beide Kreuze, beide sage sicherer innerhalb einer bestimmten Frist seinen Rücktritt vom Versicherungsvertrag erklären, wenn er aus der un richtigen Beantwortung Folgen ziehen will (8 16, 17, 20). Achnlich ist in den 88 23 bis 30 der Eintritt einer Ge- fahrerhöhung während des Laufens eines Versiche rungsvertrages geregelt. Von den übrigen S p e z i a l b e st i m in u n g e n sei noch bezüglich der Lebensversicherung erwähnt, daß die Zahlung der Prämie unterbleiben kann, sobald die Versicherung drei Jahre besteht. Die Versicherungssumme wird dann nach dem Betrage der bisher geleisteten Prämien und mit Rücksicht auf daS Alter in einer im Gesetz näher bezeichneten Weise bemessen (8 173 bis 176). Die Frage der Entschädigung im Todesfall durch Selbstmord und Zweikampf ist im Gesetz nicht klar gelöst. Regulär wird beim Zweikampf die Versicherungssumme fällig werden, wenn nichts anderes vereinbart ist. Ist der Selbstmord der Ausfluß einer geistigen Störung, so wird ebenfalls der Versicherungsanspruch eintreten. In den anderen Fällen des Selbstmordes hebt das Gesetz die Verpflichtung des V?r- sicherers auf. Soweit die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes. Tie Hauptvorteile des Gesetzes liegen darin, daß es ein heitliche Normen für das Privatversicherungswescn aufstellt, und daß es die Stellung des Versicherungsnehmers gegen über dem Versicherer stärkt, wozu die zahlreichen Vor schriften zwingenden Rechtes wesentlich beitragen. Politische Rundschau. Dresden, den 4. Januar 1910. — Der Prinzregent von Bayern leidet infolge einer Erkältung an verstärktem Vronchialkatarrh ohne weitere Komplikationen. Bei genügender Schonung steht Besserung in kurzer Zeit zu erwarten. — Am heutigen Dienstag findet in Meiningen die Vermählung des Großherzogs von Sachsen-Weimar mit der Prinzessin Feodora von Sachsen Meiningen statt. Se. Majestät der König Friedrich August von Sachsen nimmt an den Hochzeitöfeierltchkeiten teil. — Der jüngste Sohn des verstorbenen Prinzrcgcnten von Braunschweig, Prinz Friedrich Wilhelm, hat sich mit der Prinzessin Agathe, Tochter deS Herzogs von Ratibor, verlobt. Die Prinzessin ist katholisch, der Prinz prolestan- tisch. Das katholische Glaubensbekenntnis der Braut stand der Verlobung lange Zeit im Wege; es verlautet, daß die Frage der Kindercrziehung in einer Weise geregelt ist, welche den Grundsätzen der Kirche nicht widerspricht. — Die Kattowitzer Bcamtenmaßrcgclnngen werden fortgesetzt. Es wurde elf Postunterbeamten eröffnet, daß sie zum 1. Februar versetzt würden. Es sind dies diejenigen, die bei der Kattowitzer Stadtverordnctenstichwahl der Zentrumskandidatenliste ihre Stimme gegeben hatten. Die Versetznngsortc werden ihnen demnächst bekannt gegeben. Auch 'der Reichsbankkassendiener Schmolkc wurde nach Plauen versetzt. — Tie Eisenbahnobersekretäre Thomiak und Tendern haben erst am 28. bezw. 29. Dezember die amt liche Mitteilung erhalten, daß ihre Versetzung nach Köln l-ezw. Eoesfeld am 1. Januar erfolgen werde. Man wird zngeben müssen, daß diese Frist eine sehr kurze ist und die Maßregelung rücksichtslos verschärft. Wir sind neugierig, was die Regierung zur Entschuldigung im Reichstage vor bringt. Es kommt aber noch besser. Tie vier strafver setzten Volksschullehrcr wandten sich um die Angabe der Gründe an den Regierungspräsidenten in Oppeln. Sie machten geltend, daß sie nach der Loyalitätserklärung der ich — sind leer, nur das blanke Holz. Das Symbol des Gekreuzigten ist noch geblieben. Das Bild der gekreuzig ten Liebe ist verschwunden .... Ich schrieb eben: Noch ist geblieben wenigstens das Symbol. Wie lange noch, dann ist auch dieses Gebilde aus Holz verschwunden. Ter nächste Schritt abwärts wird sein: man bringt das Kreuzeszeichen, als Ornament gemalt, irgendwo noch an; später wird es stilisiert und dient als allgemeiner Flächenschmnck der Wände. Und hat man es endlich so weit gebracht, dann wird man die Kreuzeslinie zur Kreuzcsbliline, zur Passionsblume umzeichncn, und damit ist der Leidtragende dann des letzten Eriniieriingszcichcns an den göttlichen Erlöser beraubt. Tie Welt der Beileid tragenden ist dann das Zeichen der Torheit glücklich los. Man halte mich nicht für einen Schwarzseher. Als ich heute das erste Mal mich dem herrlichen Baue näherte, fielen mir die drei herrlichen Türmchen ins Auge mit ihren stark vergoldeten Spitzen. Die Hauptspitze trägt einen vielstrah- ligen Stern, die rechte Seitenspitze wieder diesen Stern, aber etwas kleiner, und die linke Seite weist auf das Kreuz, aber siehe da, es ist schon ganz wirkungsvoll stilisiert. In Wirklichkeit ragen vier Krenzesarme nach den vier Seiten rechtwinkelig von einander entfernt. Also, wer will, kann schon mit bloß ästhetischen Gefühlen ans diese „Zierat" sehen. Man m n ß nicht mehr an die menschgewordene Liebe des ewigen Baters denken. Mich übcrkam ein Gefühl, als griff eine eisig kalte Hand mir ans Herz. Ist das der Lohn der Welt für so viel Gotteslicbe? Ist das noch Christentum? — Was haben die Herren Theologen der Stadt getan, als man diesen Bau zwei „Polen" und nach der über sie erhaltenen Auskunft an ihre Gefährlichkeit nicht geglaubt haben. Sie erschienen jedenfalls weniger staatsgcfährlich als ihre beiden Gegen kandidaten, die sich öffentlich als Anhänger der revolutio nären Ideen Ferrers bekannt haben. Ter Präsident be- stritt ibren guten Glauben nicht, stellte aber ihre Schuld mit den Worten fest: „Sie mußten den Krcisschulinspektor fragen, wie Sie wählen sollen!" — Tic „Germania" be stätigt. daß die Acußcrung gefallen ist und schreibt hierzu: „Ta hört doch alles auf! Sind denn die Lehrer, wenn sie ihre staatsbürgerlichen Rechte bei den Wahlen aus- siben wollen, nichts anderes als Sti m invieh , daß sie sich zuerst bei ihrem Kreisschulinspektor erkundigen müssen, wie sie wählen sollen bezw. müssen, wenn sie sich nicht der Gefahr einer Maßregelung aussetzen wollen? Wird das, was der Regierungspräsident von Oppeln hier von den Lehrern verlangt, von ihm ebenso von allen anderen Beamten gefordert? Wo bleibt da das verfassnngsinäßig garantierte Wahlrecht für alle Beamten? Die liberale Presse hat bezüglich der Kattowitzer Maßregelungen sich in Schweigen gehüllt, aber die jetzige Mitteilung über den Ausspruch des Re gierungspräsidenten dürfte doch die Zunge lösen, zumal sie eine prinzipielle Bedeutung hat. Und was werden insbesondere die liberalen Lehrerzeitungcn, wie die „Pädagogische Zeitung" und die „Preußische Lehrer zeitung", dazu sagen? Wenn ein Regierungspräsident verlangt, daß die Lehrer und die Beamten erst ihre Vor gesetzte Behörde befragen müssen, wie sie wählen sollen, dann gewährt das in der Tat einen sonderbaren Ausblick auf die Achtung der garantierten Rechte aller Staats bürger, die sich in einer Beamtenstellung befinden." — Zum Kampfe gegen die Schmutzliteratur. Die Bürgerschaft der Stadt Hamburg hat einen Beschluß gefaßt, den wir mit der „Deutschen Tageszeitung" mit besonderer Befriedigung begrüßen. Für jeden, der die Dinge un befangen betrachtet, ist es gerade in letzter Zeit zweifellos geworden, daß die bestehenden strafgesetzlichen Bestimmungen in keiner Weise genügen, um den Kamps gegen die Schmutz- und Schundliteratur, dis unser Volk vergiftet und unsere Jugend verseucht, mit der erforderlichen Entschiedenheit zu sichren. Die Polizei hat sich bemüht, ihre Pflicht mit größerer Strenge und Aufmerksamkeit zu erfüllen, als vorher. Aber ihre Bemühungen waren vielfach vergeblich, weil die angerusenen Gerichte zur Freisprechung gelangten. Ob diese Freisprechungen allgemein begründet waren, wollen wir nicht entscheiden und können wir nicht nachprüfen. Wir müssen aber annehmcn, daß die Richter der festen Ueberzeugung waren, auf Grund der jetzt geltenden strafrechtlichen Bestim mungen eine Verurteilung nicht aussprechen zu können. Wer also den ekelhaften, seelenverderbenden Schmutz bekämpfen will, der muß endlich zu der von uns schon lange gehegten Auffassung kommen, daß eine Verschärfung des Strafgesetz buches unbedingt notwendig ist. gleichviel, ob die gedanken lose Masse wieder in das Geschrei ausbricht, das die Mehrheit des deutschen Reichstages leider vor einigen Jahren nervös machte. Die Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft ist erfreulicherweise zu dieser Ansicht gekommen und sie hat in namentlicher Abstimmung mit 80 gegen 40 Stimmen, also mit Zweidrittelmehrheit einen Antrag des Herrn Dr. Möckeberg angenommen, „den Senat zu er suchen, an zuständiger Stelle (BundeSrat) dahin zu wirken, daß zum Zwecke eines besseren Schutzes der Jugend die Bestimmungen der 88 194 und 184», und b des Straf gesetzbuches und §8 56, 42 und 42». der Reichsgewerbe setzte? — Das läßt sich eine Stadt bieten, die zu dem Lande gehört, dessen Minister öffentlich im Landtage er klären: Das sächsische Volk ist noch religiös: ist mehr reli giös als es mitniiter den Anschein hat. Unwillkürlich sah ich mich nach dem Zeichen, nach dem Kopfe einer ägyptischen Sphinx um; oder hat man das be kannte Dreieck vielleicht irgendwo heimlich angebracht? — Das Auskiindschaftern gefiel mir schlecht, ich ließ es sein: aber fremd, fremd mutete mich die neue Kapelle an. Nein, das ist keine Kapelle, das ist ein Schausaal, wo man die Kränze des Verstorbenen zeigt, den man zur letzten Ruhe bestattet. Und schweigend schritt ich durch die Hauptstraße des Friedhofes, die eingefaßt ist von herrlichen, modernen Grabdenkmälern. Auch diese Steine reden eine ernste Sprache: die Namen der Familien prangen in leuchtenden Lettern, aber unter mehr als zehn neuen Gräbern fand sich nur ein einziges, auf dem geschrieben stand: Hier ruhet in Gott." Mit einem herben Wehgesiihlc schritt ich von dannen. So hat man den Namen Gottes gestrichen von den Leichensteinen: so den Stern gesetzt über die Kirche des Gottesackers statt des einfachen Kreuzes: so daS Bild deS Gekreuzigten beiseite gelassen an den zwei Krenzeshölzern in der Kapelle. Und hinter dem Gemäuer das Wahrzeichen des Ver brennungsofens — die hohe Esse. Fürwahr: sie haben Gott begraben . . . Katholiken — haltet Wacht!