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MsdmfferTageblatt Nationale Tageszeitung für Landwirtschaft und Dar „Wilsdruffer Tageblatt» erscheint werktags nachm. t Ubr^ Bezugspr. monail 2RM. frei Haus, bei Postbcstcllung t,M RM. zuzügl. Bestellgeld, Einzelnummer lv Rpf. Alle Postanstalten, Postboten, unsere Austräger u. Gejchästsstclle nehmen zu jeder Zeit Be- , Heilungen entgegen, Im Falle höherer Gewalt oder Wochenblatt für Wilsdruff u. Umgegend sonstiger Betriebsstörun. gen besteht kein Anspruch — 2-^ auf A-ferung der Zei ¬ tung oder Kürzung des Bezugspreises, Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Rückporto beilicgt. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast Meißen, des Stadt rats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt alle anderen Stande des Wilsdruffer Bezirks Anzeigenpreise laut aufliegender Preisliste Nr, 6, — Ztfser-Gebühr: 2V Rpfg. — Dorgcschrie- bcne Erscheinungstage und Platzwünsche werden nach Möglichkeit berücksichtigt, — Anzeigen-Annahm« bis vormittags 10 Uhr _, . . Für die Richtigkeit der durch Fernru, übermit- Fernsprecher: Amt Wllsdruff 306 letten Anzeigen überneh. men wir keine Gewähr, ' — Bei Konkurs und Zwangsvergleich erlischt jeder Anspruch auf Nachlaß. Nr. 55 — 95. Jahrgang Drahtanschrift: „Tageblatt" Wilsdruff-Dresden Donnerstag, den 5. März 1936 Postscheck: Dresden 2640 Auf Kommando „Luftschiff marsch!" Jungfernfahrt des „LZ. 129" Die erste Probefahrt des neuen Zeppelins unter Dr. Eckeners Führung. Bemerkungen am Rande. Friede oder Llsanktionen? - Der Dreizehneraus'schuß des Nölker- b undes Hat, wie es nicht anders zu erwarten war, eine Entscheidung in der Frage der Beendigung des Abessinien krieges nicht getroffen, sondern hat eine Atempause sowohl für die kriegführenden Länder als auch für den Völker bund selbst bis zum 10. März eingelegt. Aber die poli tische Lage um den Abessinienkrieg herum — das konnte man doch leise aus den Genfer Berichten deuten — drängt allmählich doch einer Entscheidung zu. Und diese Ent scheidung heißt: Friede im Abessinienkrieg o d e r A n w e n d u n g d e r K l s a n k t i o n e n? Ob der Negus den Friedensappell des Völkerbundes beantworten wird, darauf kommt es nicht so sehr an; viel entscheidender ist die Frage, -b der Duce bis zum 10. Mürz dem Völker bund eine klare Antwort gegeben haben , wird. Da die Haltung Mussolinis, Meldungen aus Rom zufolge, vor läufig noch sehr umstritten ist, so kann man unter Um ständen auch annehmen, daß der Lenker der italienischen Außenpolitik mit einer entsprechenden Begründung die Anfrage des Dreizehnerausschusses ablehnen oder unklar beantworten wird. Sollte er cs daraus ankommen lassen, dann kann Italien doch noch in schärferen Gegensatz zum Britischen Weltreich geraten. Nach italienischer Auffassung kann ein Friede mit billigem Ausgleich jetzt nur fo ge funden werden, daß der Völkerbund die geschaffenen Tat sachen anerkennt. Andererseits würde der Völkerbund sich selbst aufgeben, wenn er, der Italien zum Angreifer er klärt hat, plötzlich die Partei des Angreifers ergreift. Alles in allem besteht eine sehr schwierige Lage, die nicht ganz einfach zu lösen sein dürste. Der deutsche Appell an Frankreich. Der Appe.l zur Verständigung, den der Führer des Deutschen Reiches in der vorigen-Woche an Lie Adresse Frankreichs gerichtet hat, hat in der fran zösischen Presse Anlaß zu ausgiebigen Erörterungen ge geben. Diese Aussprache in der französischen Presse hat nun neuen Auftrieb erfahren dadurch, daß der Abgeord nete Falcos an den französischen Ministerpräsidenten Sarr aut ein bedeutsames Schreiben gerichtet hat. Darin betont er, es scheine unmöglich, die Gelegenheit zu Versäumen, die Frankreich geboten werde, die Aufrichtig keiten des ihm gemachten Angebots zu prüfen. Die Frie densworte des Führers müssen einen sehr großen Ein druck auf die französische Öffentlichkeit gemacht haben; denn sonst hätte man sich in gewissen französischen Kreisen Nicht beeilt, eine Art Störungsfeuer zu geben. Der Ver- ständignngswille weitester Kreise in Frankreich soll keines wegs bestritten werden. Maßgebliche politische Kreise in Frankreich wollen indessen aus Gründen der „hohen Politik" diese natürlichen Regungen nicht hochkommen lassen. Das amtliche Frankreich sticht noch nicht Verstän digung, sondern hält in den Spuren der französischen Tradition an seiner verhängnisvollen Bündnispotitik fest. Trotzdem wäre es zu wünschen, wenn endlich die Er fahrungen der Geschichte in ihrer wahren Be deutung sowohl beim deutschen als auch beim französischen Volk in der Politik zur Geltung kommen würden. N u r die Verständigungspolitik und nicht die ein seitige französische Bündnispolitik kann zu dem Ziele führen, das sich das französische wie das deutsche Volk gesteckt haben: zum Frieden in Ehre und Sicherheit. Das englische Weißbuch. Es ist kennzeichnend für die verfahrene Lage in Europa, wenn in dem englischen Weißbuch über das englische Aufrüstungsprogramm die englische Regie rung diese Aufrüstung damit begründen zu müssen glaubt, daß in ganz Europa die Völker in einem Auf- rüstungswettkamps begriffen seien. In der englischen Presse selbst empfindet man die Gründe der englischen Regie rung nicht überall als stichhaltig. Andererseits betont z. B. die konservative Presse, daß das englische Aus rüstungsprogramm noch ungenügend sei. Dagegen meint die englische Linkspresse, daß das neue Aufrüstungspro- gramm zu wenig mit dem englischen Ideal der kollektiven Sicherheit in Einklang ge bracht werden könne. Die englische Linkspresse bedauert daher, daß die englische Regierung die Führung in einem neuen Rüstungswettrennen übernommen habe. Alles in allem genommen, spiegelt sich aber auch in der englischen Presse nur das Durcheinander in der europäischen Politik Wider, das besonders durch den französischen Pakt mit dem Bolschewismus noch größer geworden ist. Die Belgicnreise Becks. Der Besuch des Polnischen Außenmini sters Beck in der belgischen Hauptstadt Brüssel hat in den polnischen Zeitungen große Auf merksamkeit gefiinden. Man hält es in Warschau für durchaus selbstverständlich, daß mit der Besprechung wirt schaftlicher Fragen die Bedeutung des Brüsseler Besuches j Becks nicht erschöpft ist. Dabei stellt man Polen und i Belgien in eine gewisse Parallele, weil beide Länder in- ! Wann wird das R i e s e n l u f t s ch i f f „LZ. 129" zu seiner Jungfernfahrt starten? Das war die Frage, die in den letzten Tagen die Friedrichs- hafenerBcvöllerung lebhaft bewegte. Filmopera teure und Pressevertreter aus allen Ländern weilten seit einigen Tagen in der Stadt am Bodensee, um den großen Augenblick des Starts zu erleben. Für den 4. März war er beabsichtigt. Obgleich keine Startzeit bekannt war, sam- mclten sich schon in den Morgenstunden am Eingang zum Zcppclingelünde zahlreiche Schaulustige. Nach Bekrmnt- werden der Startzeit liefen die Menschen in Scharen zum Gelände, nm dem historischen Aufstieg beizuwohnen. Die gesamte Belegschaft des Maybach-Motorenbau hatte sich an dem Zaun versammelt, um dem seltenen Schauspiel beizuwohnen. Punkt 15.19 Uhr startete der „LZ. 129" unter Führung von D r. Eckener zur ersten Fahrt. 3.00 Uhr. Die Haltemannschaften sind an ihrem Platz Dr. Eckener und Luftschifführer Lehmann besprechen sich noch vor der Führergondel. Sämtliche Luftschifführer und Oberstleutnant Breithaupt, der Referent für Luftfahrt beim Neichsluftfahrtministerium, sind in der Führer gondel, denn an dieser ersten Werkstättenfahrt nehmen nur Ingenieure und Besatzungsmitglieder teil. Dr. Eckener weist in kurzer Ansprache auf die Größe dieses Augenblicks hin; erwähnt, daß an diesem Schiff vier Jahre gebaut wurde, spricht den Dank für die geleistete Arbeit asten aus, vom ersten Konstrukteur bis zum letzten Arbeiter, und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß die Führung des „LZ. 129" großes Glück begleiten möge, genau so wie „Graf Zeppelin" stets von einem guten Glücksstern begleitet war. Er er wähnt, daß beim Bau das Beste hergegeben wurde und daß auch „LZ. 139" kurz vor seiner ersten Ausfahrt. (Weltbild.) folge ihrer geographischen Lage wichtige Knotenpunkte in Europa seien. Man sagt z. B. in Warschau, daß Bel gien ein kleines Land sei, das aber doch eine große Rolle im Kriege und nach dem Kriege gespielt habe. Polen, das alle Voraussetzungen besitze, eine Großmacht zu wer den, aber als solche noch nicht anerkannt sei, habe ebenso wie Belgien die Folgen der Politik der Groß mächte in erheblich stärkerem Maße zu tragen als mancher andere kleine Staat Europas. Daher sei es be greiflich, daß Polen und Belgien im gegenwärtigen Augenblick der internationalen Beunruhigung sich lebhaft für die internationalen Vorgänge interessierten, beson ders in einem Augenblick, in dem manche Politiker der Westmächte phantastische Gedanken und Pläne schmie deten, um das bisherige Kräfteverhältnis in Europa grundsätzlich zu verändern. die Führung des „LZ. 129" ihr Bestes daransetzt, um das Schiff siegreich zu führen. Mit Heilrufen, in die die Mannschaft und die Anwesenden einstimmen, schließt Dr. Eckener seine Ausführungen. 15.07 Uhr ertönt das Kommando „Luftschiff marsch!", und durch das Osttor verläßt der Luftriese zum erstenmal seine Halle, um in sein Reich aufzusteigcn. 15.19 Uhr startet er. Die ganze Friedrichshafener Bevölkerung umsäumt das Gelände. Die Filmoperateure arbeiten emsig, um diesen historischen Augenblick im Bilde festzuhalten. Ze-er wünscht „glückhafte Fahrt". Gan, Deutschland blickt mit unerhörtem Stolz aus das neue Luftschiff „UL 129". Jeder Deutsche wünscht „glückhafte Fahrt". Jeder Deutsche fühlt es voller Gewiß heit in sich: Auch dieses neue Luftschiff wird den Ruhm deutscher Arbeit um die Erde tragen, wird überall, wo es seine stolze Bahn zieht, zum Lobe deutscher Schaffenskraft werden. Bis in die letzten Tage wurden da und dort noch kleine Vorbereitungen für die erste Werkstättenfahrt des schimmernden Luftriesen getroffen. Ein Jubel ohne Ende begleitete seinen ersten Aufstieg. Es War ein erhebender unvergeßlicher Anblick, diesen silberglänzenden Riesenleib ruhig und selbstverständlich seine Bahn ziehen zu sehen. Zm Schmuck -es Maßklei-es. Viele Verbesserungen, viele Neuerungen in der äuße ren und.inneren Ausführung hat das neue Luftschiff gegenüber seinem älteren Bruder, dem „Graf Zeppelin", erfahren. Erstklassig, wie beste Maßschneiderarbeil, so sitzt die Hülle auf dem schlanken Riesenleib. Jede Elle des verwandten Stoffes wnrde genau abgemessen, mit beson deren Nähten aneinandergesetzt, verklebt, kurz und gut, in mühseliger Handarbeit hergeftellt, denn nirgends wär« Massenarbeit weniger am Platze als hier. Gegenüber den früheren Hüllen ist die jetzige noch dauerhafter und widerstandskräftiger hergestellt worden. Sie besteht aus Baumwolle und Leinen, da Seide und Kunstseide nicht genügend wetterfest sind, Wolle sich zu stark dehnt, wäh rend Baumwolle und Leinen so gut wie unverändert gegenüber allen Witterungseinflüssen bleiben. An den am stärksten beanspruchten Teilen der Hülle ist Leinen verwandt, da dieses am wenigsten einreißt. Woher -er silbrige Glanz? Das silbrige Aussehen verdankt der Luftrieft einem besonderen Zelluloselack, dem einige Prozente Alu- miniumpulver beigesetzt sind. Mit dem Lack ist di« Hüllenfläche des „UL 129", die genau 35 000 Quadratmeter beträgt, bestrichen, um sie noch fester zu machen. Das Aluminiumpulver schützt die Stoffhülle vor zerstörende« Einwirkungen starker Sonnenbestrahlung. Wie hochwertig die Qualitätsarbeit ist, die hier geleistet wird, geht schon aus der Tatsache hervor, daß der „Graf Zeppelin" trotz der vielen Stnrmfahrten, die er hinter sich gebracht hat, heute noch zum größten Teil sein erstes Kleid trägt, das ihm vor acht Jahren auf den Leib gezogen wurde. Erste Fahrt glänzend verlaufen. Die erste Fahrt des Luftschiffes „LZ. 129" ist kl allen Teilen gut gelungen. Führung und Mann schaft waren durchans zufrieden. Das Luftschiff, das die fünf olympischcnRinge an seinem silbernen Leib trägt, bot in seiner Wuchtigkeit, die durch den Begleitflug zweier Flugzeuge erst recht zur Geltung kam, einen impo santen Anblick. An der Fahrt nahmen 87 Personen teil: 56 Mann Besatzung, 30 Werftangehörige und Oberst leutnant Breithaupt. Nach dreistündiger Probe fahrt über Friedrichshafen und dem Bodenseegebiet lan dete der „LZ. 129" um 18.25 Uhr auf dem Werftgelände. Dnrch stets wechselnde Windströmungen hatten, sich die Landungsmanöver etwas verzögert. Um 18.18 Uhr fuhr das Luftschiff von Westen kommend mit Buglicht und hellerleuchteten Kabinen zur Landung an, um 18.20 Uhr fielen die Haltetaue. Nach Abgabe von Wasser ballast war „LZ. 129" um 18.25 Uhr glatt gelandet. Oie nächsten Flüge -es Lustriesen. Die Stockholmer Zeitung „Svenska Dag bladet" veröffentlicht eine kurze Unterredung mit dem Kommandeur des neuen Luftschiffes „LZ. 129", Kapitän Lehmann. Daraus geht unter anderem hervor, daß sich während der einmonatigen Prüsnngszcit, in der der neue Luftricse seine Probefahrten unternehmen werde, auch die Gelegenheit ergeben könnte, Skandinavien zu überfliegen. In diesem Falle würde „LZ. 129", so meint Kapitän Lehmann, sicherlich auch Stockholm be-