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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 01.12.1900
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-12-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-19001201026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1900120102
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1900120102
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-12
- Tag 1900-12-01
-
Monat
1900-12
-
Jahr
1900
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Amtsblatt des Äöniglichen Land- und Amtsgerichtes Leipzig, des Mathes und Notizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis die 6gespaltene Petitzeile 25 H. Reklamen unter dem Redactiousstrich (4 gespalten) 7ö vor den Familiennach richten (6 gespalten) SO H. Tabellarischer und Zisfernsatz entsprechend höher. — Gebühren für Nachweisungen und Offrrtenannahme 25 H (excl. Porto). Ertra-Beilagen (gefalzt), nur mir dec Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörderung ./« 60.—, mit Postbesörderung 70.— . Innahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4 Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedition zu richten. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abends 7 Uhr. Druck und Verlag vou E. P olz in Leipzig. «12. Sonnabend den 1. December 1900. 94. Jahrgang. Die Wirren in China. Die «algan-Expeditia». Graf Waldersee meldet unterm 29. November: Tie auS Kalgan zurückkrhrende Eolonne setzt morgen unter dem Kommando des Generals Gayl den Rückweg von Tsckatao fort. Der Gesundheitszustand des ExpevitionScorpS ist fort gesetzt gut. In der „Kreuzzeitung" widmet der Cbef deS General- stabeS Graf v. Schliessen dem Obersten Aork v. Warten burg einen Nachruf, in dem eS heißt: Die Stärke seines Charakters und der Reichtbrm seiner Gaben machten ibn Wohl befähigt, den Besitz eines großen Namens zu recht fertigen, dessen Träger er war. Die Truppen der Verbündeten. Vor einiger Zeit wurde schon gemeldet, daß sich eine französische Abtbeilung von Paotingfu auS nach dem von dort gegen 150 km südwestlich entfernten Tschengting in Marsch gesetzt habe, um dort eingescklossene französische Missionare zu befreien. Spätere Meldungen lassen an nehmen, daß dies Unternehmen geglückt ist und daß darauf der Rückmarsch nach Paotingfu angetreten wurde, wobei es bei einem Dorfe zwischen französischen Streiftruppen und Boxern zu einem ernstern Gefecht gekommen ist. Der „TimeS" wird nun aus Peking vom 29. dsS. gemeldet: „Eine französische Truppenabtkeilung befindet sich jetzt an der Grenze der Provinz Sckansi, westlich von Tscbengting, und beabsichtigt, nach Taihuanfu aufzubrechen." Die Stärke der fran zösischen Adtheilung ist nicht bekannt. Ein Unternehmen, das sich bis Taihuanfu auSdebnt, also noch gegen 200 km westlich von Tschengting, ist mit erheblichen Gefahren verbunden. Und daS um so mehr, als die über Kalgan durch die Colonnen Graf Bork und MüblenselS abgedrängten Chinesen in beträchtlicher Stärke von Norden der einem solchen Vor marsch entgegentretcn können, während von Süden her drei chinesische Generäle mit 23 000 Mann im Anmarsch sind. In Taihuanfu, der Hauptstadt von Schensi, wo sich der Hof zuerst nach seiner Flucht auS Peking aufbielt, fitzt ein Gouverneur, der anscheinend für die Ver- theidigung der Provinz Vorsorge getroffen hat. Er hat unter andern den Vicekönig von Hupeh und Aonnan, Tschangtschitnng, wie der „Morning Post- gemeldet wird, aufgefordert, unverzüglich Schnellfeuergeschützc nach Schensi zu schaffen. Tschangtschitung hat Befehl gegeben, der Auf forderung nachzukonimen. Es ist schwer anzunehmeu, daß die Lage dem französischen Commandanten unbekannt ist. Wenn er nun doch, mit oder ohne höbcrn Auftrag, sich anschicken sollte, den gefährlichen Marsch auf Taihuanfu, den schwierige Pässe über daS Trihangschan-Gebirge noch bedenklicher machen, zu unternehmen, um in der Hauptstadt des bisher von fremden Truppen nicht betretenen Schensi eingeschlossene Fremde, eS sollen meist Italiener sein, zu befreien, so muffen wir, schreibt die „Köln. Ztg", dem kühnen Zuge nicht ohne Besorgniß einen guten Ausgang wünschen. Im Verkehr mit den deutschen Poftaustalten in China und im Schutzgebiete Kiautschau, welche am Post- anweijungsditnste mit Deutickland Theil nehmen, sind von jetzt ab Nachnahmen aus eingeschriebenen Briespostsendungen zugelasscn. Die Postanstalt am Bestimmungsorte bringt von dem ringezogenen Be- trage die Postanweijungsgebühr und eine Einziehungsgebühr von 10 in Abzug. Ueber ein Ereigniß, das für die wirthschafttiche Erschließung Chinas von großer Bedeutung ist, wird dem „Berl. Local-Anz." aus Shanghai, 30. November, berichtet: „Am 12. De cember wird der deutscheTampfer „Hsuischang" zum ersten Male die Reise nach Tsckungking unternehmen und damit den regulären Dampsschifffahrtsverkehr auf dem Aangtsekiang über die berühmten Slromschnellcn ober- valb JtsckangS eröffnen. Dieses Ereigniß ist um so be- merkenewerther, als deutscher Unternehmungsgeist damit ein Werk wieder aufnimmt, das von der englischen Flagge nach mißlungenen Versuchen aufgegeben worden ist. Jlschang ist ein Vertragshafen in der chinesischen Provinz Hupeh und bat seit 1879 regelmäßige Dampfschifffahrt mit Hankau, woher eS die ausländischen Waaren aufnimmt und nach Tschungking weiter gehen läßt. Die Stadt liegt in einer sehr cultivirlen Gegend und zählt gegen 40 000 Einwohner. Tschungking mit über 100 000 Einwohnern liegt in der Provinz Szelschuan, an der Mündung des Kialing in den Iangtse- kiang und ist einer der bedeutendsten HundelSmittelpuncte WestchinaS. Die Engländer beabsichtigten seinerzeit die neun Kilometer oberhalb Jlschang liegenden Elromscknellen deS ?)angtsekiang durch Schleppdampfer zu überwinde», stießen aber auf den nachdrücklichen Widerstand der chinesischen Be hörden und mußten daS Unternehmen aufgcben. Nun ist eS unter deutscher Flagge wieder aufgenommen worden und läßt den besten Fortgang erhoffen. Das Armee-Derordnungs-Blatt, herauSgegebeu vom Kriegsministerium, veröffentlicht die folgende Bcrlustlistc Nr. 4: (Abkürzungen: L. v. ---- Leicht verwundet. T. — Todt. fr. --- früher. V. — Vermißt. A.-H. — Amishauptmannschaft. Kr. — KreiS. Bez.-A. ---- Bezirksamt. Lanbw.-B. — Landwebrbezirk. Gmde. --- Gemeinde. Oberamt. ---- Oberamtsbezirk. Die fehlenden Angaben über Zeit und Ort des Todes, Todesursache, Art der Ver wundung und ivlche über Vermißte werden den Angehörigen sofort nach Eingang weiterer Nachrichten mitgeiheilt werden.) Gefecht bei Tfekingkwan am 29. October 1900. 2. Osiasiatiiches Jnlan- teri,-Regiment. II. Bwaillon, Stab. IjMajor Sigismund v. Förster aus Sangerhausen, Kr Sangerhausen; fr. Jnftr.-Rgt. Generol- Feldmarschall Prinz Friedrich Karl von Preußen, L. v. 3. Ost asiatisches Jnfanterie-Regiment. 4. Compagnie. 2) Musk. Her- mann Rübesam aus Mittel - Peilau, Kr. Reichenbach; fr. Jnstr.-Rgt. Nr. 129, 8. Comp, T. 6. Ostasiatisches Infanterie- Regiment. 2. Compagnie. 3) Musk. Alexander Hinz, auS Gapowo, Kr. Carlhaus; fr. Füsil.-Rgt. Nr. 36, 8 Comp., T. LstasiatischeS Pionier-Bataillon. 2. Compagnie. 4) Pion. Otto Werdermann aus Bredereichr, Kr. Templin; sr. Pion.-Batl. Nr. 18. 3. Comp, T. Außerdem an Krankheiten. Stab der 1. Ostasiatischen Jnfanterie-Brigade. 5) Untoffc. Georg Mischke aus Berlin, Hptstdt. Berlin; sr. Garde-Fns-Rgt., 6. Comp., T. 1. LstasialijcheS Jnfanterie-Regiment. 8. Compagnie. 6) MuSk. Georg Stumpf aus Erlangen, Bez-A. Erlangen, Bayern; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 47, 11. Comp., T. 2. Ostasialisches Jnsanterie- Regiment. 5. Compagnie. 7) Musk. Gustav Wei ßert auS Asperg, Oberamt. Ludwigsburg, Württemberg; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 93, 12. Comp., T. 7. Compagnie. 8) Geftr. Otto Hossmann auS Ostramondra, Kr. Eckart-berga; fr Jnstr.-Regt. Nr. 96, 2. Comp., T. 9) MuSk. Anton Gaffe aus Zadern, Kr. Zabern; fr. Jnstr- Rgt. Nr. 94 (Gioßherzog v. Sachsen), 10. Comp., T. 8. Com pagnie. 10) Musk. Johannes Baumgard aus Rbina, Kr. Künseld; fr. Jnftr.-Regt. Nr. 81, 10. Comp., T. 11) Musk. Karl Christ auS Freiendiez, UnterlahnkreiS; fr Jnstr.-Regt. Nr. 87, 2. Comp, T. 3. Ostasiatisches Jnfanterie-Regiment. Regiments-Stab. 12) Hilsshob. Franz Weigelt, auS Nieder würschnitz, A.-H. Chemnitz, Sachsen; sr. 3. Garde-Rgt. z. F., 1. Comp., T. Stab des I. Bataillons. 13) Musk. August Moes er ans Speck, Kr. Naugard; fr. Jnstr.-Rgt. Prinz Moritz von Anhalt-Dessau, 6. Comp-, T. 3. Compagnie. 14) Hptm. Werner Haenel v. Cronenthal aus Kenipen, Kr. Kempen; fr. Jnstr.-Rgt. Nr. 65, T. 6. Compagnie. 15) Musk. Joseph Kramp aus Nieder-Zerf, Kr. Saarburg; sr. Jnstr.-Rgt. Nr. 159, 8. Comp., T. 8 Compagnie. 16) Musk. Adam Nnßkern ans UntermuSbach, Oberamt. Freudenstadt, Württemberg; sr. Württemb. Jnstr.-Rgt. Nr. 126 Großherzog Friedrich von Baden, 2. Comp, T. 6. LstasiatischeS Jnfanterie-Regiment. 3. Compagnie. 17) Geftr. Joses Daniel aus Sedschiitz, Kr. Neustadt O./S.; sr. Landw.-Bez. Leipzig, T. 18) Musk.PaulS o echt in g, aus Wern ige- rode, Kr. Wernlgerode; sr. Sächs.Jnstr.-Rgt. Nr. 181, 6. Comp.» T. 8. Compagnie. 19) Musk. Karl Schneck aus Henberg, Gmde. Pfedelbach, Oberamt. Oehringen, Württemberg; fr Württemb. Jnftr.- Rgt. Nr. 180, 3. Comp., T Lstasiatischcs Feldartillerie-Regiment. 4. Batterie. 20) Kanon. Adam Kn irr im ans Dankerode, Kr. Rotenburg a. F., fr. Feldartill.-Rgt. Nr. 47, 4. Batt., T. 7. Batterie. 21) Kanon. Karl Hofsmann aus Wohlau, Kr. Wohlau; sr. Landw.-Bez. IV Berlin, V. Leichte MunikionS-Colonne. 22) Kanon. Hermann Lahmann ans Otze, Kr. Burgdors; fr. Feldartill.-Rgt. Nr. 46, 6. Batt, T. Ostasiatijches Pwnier-Bataillon. I. und 2. Comgagnie. 23) Pion. Otto Fettke aus Fürstenwalde a./Spree, Kr. Lebus; fr. Pion.-Batl. Fürst NadziwiU, 3. Comp-, T- 24) Pion. Wilhelm Michaelis, aus Baerwalde, Kr. Königs berg i. N.; fr. Pion.-Batl. Nr. 15, 2. Comp., T. 25) Pion. August Wehrle, aus Bi schm eiter, Kr. Hagenau; fr. Pion.-Batl. Nr. 8, 3 Comp., T. Ostasialisches Eisenbahn - Bataillon. 1. Eiseitbahn- Ban-Compaanie. 26) Trainsoldat Oskar Puschmann, aus Liegnitz, Kr. Liegnitz; fr. I. Garde-Draq.-Rgt. Königin von Großbritannien und Irland, 2. Esc., T. Oflasiatische Munitions- Colonnen-Abtheilung. Schwere Feldhaubitz - Munitions-Colonne Nr. 1. 27) Kanon. Anton Scholtyssek, auS Langendorf, Kr. Gteiwitz; fr. Fußartill.-Rgt. v. Dieskau, 5 Comp., T. 28) Train- sold. Wilhelm Freie, aus Helsen, Twistekrets, Waldeck; fr. Train- Ball. Nr. 16, 3. Comp., T. Der Krieg in Südafrika. Krüger s Reise nach Berlin. Nach Berliner Meldungen scheint der Präsident noch keinen endgiltigen Beschluß über seinen Besuch in Berlin gefaßt zu gaben. In Haager Boerenkreiscn wird erklärt, daß seine Reise nach Berlin vor dem Besuch im Haag seiner eigensten Initiative entsprungen sei. Frankreich mache seine Zustimmung zu einem Schiedsgericht geradezu von der Haltung Kaiser Wilbelm'S abhängig. Um diese zu erforschen, komme der Präsident zuerst nach Berlin. In Brüssel wird versichert, Krüzer'S Reise nach Berlin sei be schlossen worden, nachdem Delcassv förmlich erklärt batte, Frankreich werde jede Anregung einer anderen Macht auf Intervention unterstützen und sogar die Initiative selbst er greifen, wenn Deutschland seine Zusage gebe. Der Brüsseler „Soir", der angeblich von der dortigen TranSvaal-Gesandtschaft Informationen erhält, verbreitet die Meldung, eS fände zwischen Paris, Berlin und Livadia ein Depeschenwechsel statt betreffs einer Ver mittelung Frankreichs, Deutschlands und Rußlands in der südafrikanischen Frage. Vom Ausgange dieses Depeschen wechsels hänge eS auch ab, ob Präsivent Krüger am Sonn abend nach Berlin statt nach Haag fahre. Dem gegenüber erfährt die „Post" an unterrichteter Stelle, daß die Meldung von einer Vermittelung der obengenannten drei Mächte zwischen England und den südafrikanischen Republiken zeder Begründung entbehrt. Ein Depeschenwechsel zwischen den Cabinetten finde freilich statt; doch dieser beziehe sich auf die Verhandlungen in Peking, denen bekanntlich ein Meinungsaustausch zwischen den Mächten selbst folgte. Richtig fei, daß noch keine Entscheidung darüber ge troffen ist, ob Präsident Krüger nach Berlin kommt. In Brüssel will man weiter wissen, daß England selbst einer freundschaftlichen Vermittelung des deutschen Kaisers nicht mehr principiell abgeneigt sei. Das sind natürlich Illusionen. Von London verlautet dagegen, der Minister des Aeußern Lansdowne werde gleich in der Eröffnungs sitzung des neuen Parlaments die Erklärung abgeben, Laß England die Boerenfrage als eine innere Frage betrachte, um damit jedem VermitteluugSversuch den Boden zu entziehen. Verschiedene Berliner Preßstimmen lassen leinen Zweifel, daß ein Besuch deS Präsirenten Krüger in Berlin der deutschen Regierung nicht gerade angenehm sein würde. Die „NatioAalzeitung" bemerkt: Die Bevölkerung wird ihn, sollte sich die Meldung bewahr- beiten, auch hier mit Herzlichkeit begrüßen. Die osficiellen Persönlichkeiten aber dürsten ibm in Berlin ebensowenig zu bieten haben, wie ihre College» in Paris. Daß in gewissen Berliner Kreisen Versuche im Gange sind, Len Präsidenten zu einem Besuche in der Reichskaupistadt zu veranlassen, ist uns bekannt. Angesichts der Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen aber müßte man es bedauern, wenn der alte Herr zu einer anstrengenden Reise veranlaßt würbe, die im besten Falle doch nur Demonstrationen ohne politischen Werth sür die Sache der Boeren Hervorrufen könnte. An einen Empfang Krüger's durch den Kaiser ist wohl nicht zu denken; der Reichskanzler und der Staatssekretär des Auswärtigen würden ihn gewiß liebenswürdig empfangen, aber politisch käme dabei nichts heraus. DaS Berliner Organ des Bunde- der Landwirlhe fragt spöttisch, ob Präsident Krüger die in Betracht kommenden Mitglieder der deutschen Regierung auch in Berlin antreffen werde, oder ob sie in dringlicher Angelegenheit gerade an dem Tage verreisen müssen, wo der Mann eintrifft, an den daS Kaisertelegramm vom 3. Januar 1896 ge richtet war. Für die Entwickelung in Südafrika werde das ja gleichgiltig sein, denn von einer Intervention Deutschlands könne beute ebenso wenig die Rede sein, wie zu irgend einem früheren Zeitpunkt. Das Blatt fährt fort: „Die Erlebnisse Krüger's hier in Berlin werden naturgemäß einen Vergleich zwischen der Haltung der deutschen und der fran zösischen Regierung beraussordern. Ter nächste Dienstag wird unS zeigen, ob Deutschland eine ebenso würdige und unabhängige Stellung in der Welt einnimmt, wie Frankreich, und sodann auch, ob unsere Regierung im südafrikanischen Streit in Wirklichkeit die behauptete neutrale Haltung einnimmt. Wer einen Cecil Rhodes empfängt, sür den Präsidenten Krüger aber nicht zu sprechen ist, darf von seiner Neutralität nicht reden." Vom Kriegsschauplatz. Der „Manchester Guardian" berichtet über eine der glänzendsten Tbaten De Wet'S, welche in England bisher noch nicht bekannt war, aber in Südasrika durch Berichte gefangener Boeren, welche unter De Wet gedient baben, bekannt geworden ist. Es war dies die geschickte Flucht De Wet'S auS der Umzingelung durch 40 000 Mann eng lischer Truppen unter General Paget. De Wet war mit 3000 Mann so völlig umzingelt, daß Paget ibn zur Ueber- gabe ausfürdern lassen konnte. Darauf erbat sich der Boeren general vier Stunden Frist, die ibm gewährt wurden. Als die Frist verstrichen war, fanden die Engländer, daß De Wet mit seinen Leuten entkommen war. Die Enttäuschung war sür die englischen Officierc zwar groß, aber sie konnten doch Fruilleton. Lucie. Original-Roman von Ferd. Gruner. Nachdruck »erböte«. Erstes Capitel. Dunkel und drohend zogen sich die Wolken am Himmel zu sammen; nach der schwülen, übermäßigen Tageshitze kam ein schweres Gewitter herangezogen. Ein dumpfer Druck lastete auf der Atmosphäre, die kein frischer Windstoß zertheilte. Die schlanken, hohen Pappeln vor dem Herrenhause bewegten kein Blättchen, und die sonst nimmermüden Sänger duckten ihr Köpfchen ängstlich in das Gefieder. Nur die Schwalben schaffen pfeilschnell, fast den Boden berührend, über den breiten, ein längliches Biereck bildenden Hofraum. Ein röthlich-gelber, schmaler Streifen Sonnenlichtes umflimmerte das alte Herr schaftsgebäude. Recht stattlich leuchteten die hohen weißen Mauern mit den großen luftigen Fenstern. Graurothe Ziegel bildeten das steil abfallende Dach, über dessen Mitte ein schmucker Thurm, in spitzen Linien auslaufend, sich erhob. Fest gefügt, wie für die Ewigkeit geschaffen, dehnte sich der weitläufige Bau, dem die hochragenden uralten Pappeln wie treue Wächter zur Seite standen. Auf drei Seiten begrenzten Scheunen, Stallungen und Schuppen den Hofraum, während die vierte Seite der prächtige, mit alten Bäumen reich bewachsene Park bildete, den nach außen eine hohe Mauer abschloß. Eine breite, mit wildem Wein und Epheu an den Seiten umsponnene Terrasse führte in diesen. Köstlicher, fast zu schwerer Blumen- und Blätterduft zog aus dem Garten in das an die Terrasse angrenzende, reich und mit feinem Geschmack ausgestattete, geräumige Zimmer. Eine etwa fünfzigjährige Frau, deren matte verflachte Züge immerhin noch Spuren einstiger Schönheit aufwiesen, schritt unruhig in diesem aus und ab. Hinter langen Wimpern glühten grau« strenge Augen, die im Berein mit dem eigenartigen Zucken um die Mundwinkel dem Antlitze dem Charakter de» Unfreundlichen und Hochmüthigen gaben. DaS fast zu jugendlich friesirte dunkle Haar schmiegte sich um eine weiße hohe Stirn, in die wohl Aerger und Aufregung eine kleine Furche gruben. Das eng um die Büste sich spannende elegante Hauskleid ließ erkennen, daß die Dame ihren zur Rundung neigenden Formen gern jugendliche Schlankheit verliehen hatte. Erregt drückte Frau Hanna Rawen auf den Knopf der elektrischen Glocke, daß es schrill durch das Haus klang. „Schließen Sie die Fenster!" befahl sie dem geräuschlos eintretenden Mädchen, das diesem Auftrage schweigend nachkam. Aber es bereitete ihm einige Schwierigkeit, denn plötzlich hatte sich der Wind erhoben, und pfeifend, den Staub im Hofe zu einer hohen Säule aufwirbelnd, fuhr er durch das Haus. Ein dumpfes fernes Grwitterrollen wurde dabei vernehmbar. Aengstlich schmiegte sich Frau Rawen in ein Fauteuil und bedeckte das Gesicht mit den Händen. „Wo er nur bleibt? Ich begreife gar nicht; er könnte doch schon lange zurück sein. Er weiß doch, daß ich mich so vor Gewittern fürchte, und scheint es ja heute besonders heftig werden zu wollen. Und so allein!" Aus den schwarzen tief niederhängenden Wollen zuckte in diesem Augenblicke ein greller Blitz auf, daß die geängstigte Frau einen Schreckensruf ausstieb. „Da kommt Johann!" rief das Mädchen aus. Frau Rawen ließ die Hände vom Gesicht fahren: „Gott sei Dank!" „Aber der gnädig« Herr ist nicht dabei", fuhr die Zofe, neuerlich zum Fenster hinaussehend, fort. „Johann führt das Pferd des gnädigen Herrn am Zügel." „Entsetzlich, gräßlich!" jammerte die Frau, „er wird wahr scheinlich draußen beim Schäfer, wo der eine Junge krank ist, eingetreten sein, um zu fragen, wie es dem Rangen geht. Aber gehen Sie, Bertha, rufen Sie mir den Johann, damit ich weiß, warum er allein kommt!" Das Mädchen entfernte sich eilig. Aber eS währte eine längere Zeit, bevor der Reitknecht eintrat. Eine vierschrötige, breite Gestalt, das Haar grau, in dem glattrasirten Gesichte ehrfurchtsvolle Unterwürfigkeit. „Wo ist der Herr?" fragte hastig, m«hr ungehalten als besorgt Frau Rawen. „Der gnädige Herr ist am Drettgrunde vom Pferde gestiegen und befahl mir, mit demselben nach Hause zu reiten. Er selbst wollte noch bei den Kartoffelfeldern am Brettgrunde Nachsehen, ob auch die Gräben entsprechend ausgewvrfen seien, da ein starker Guß bevorstand, der nach der Meinung des gnädigen Herrn leicht Schaden anrichten kann. Der gnädige Herr dürfte dabei leider vom Unwetter überrascht worden sein, denn als ich zum Hofe hereinritt, begannen schon die ersten, großen Tropfen zu fallen, und jetzt", er deutete nach dem Fenster, „prasselt und hagelt e», al» ob e» un» den letzten Rest der Ernte mit einem Schlage vernichten wollte." „Ich begreife Arthur nicht", sagte Frau Rawen mehr zu sich selbst, als zu dem Diener, der nun schweigend bei der Thür verharrte. „Hoffentlich ist es ihm noch gelungen, bis zu den nächsten Häusern des Dorfes zu kommen, die ja höchstens fünf Minuten vom Brettgrunde entfernt sind", wandte sie sich dann an den Diener. „Der gnädige Herr wird jedenfalls die Gräben nicht weiter untersucht haben, als es zu regnen begann", bemerkte der alte Reitknecht und wischte sich ein paar Tropfen von der grauen einfachen LivrSe. „Wenn ihn das tosende Unwetter draußen überrascht hat, dann würde er freilich im Augenblicke durchnagt worden sein. — Befehlen gnädige Frau sonst noch etwas?" „Nein — aber bleiben Sie doch, Johann, es ist ja draußen, als ob das jüngste Gericht hereinbrechen sollte, und ich kann diese roth- und gelbflackernden Blitze nicht vertragen. Bleiben Sie, ich fürchte mich so sehr." Damit verbarg Frau Rawen ihr Gesicht von Neuem in den Händen und drückte sich tiefer in das Fauteuil. ES war in der Thai ein schweres Gewitter, das sich draußen entlud. Bald sprühten vereinzelte große Tropfen nieder, bald kam, begleitet von dumpfen Windstößen, eine prasselnde, un durchdringliche Regenfluth, daß es in breiten Bächen von den Dächern herunterrann. Dazwischen gruben grelle Blitze ihre unregelmäßige, weit gedehnte Flammenstraße in die schwarzen Wolken, die früh vor der Zeit düstere Dämmerung geschaffen. Knatternd und kollernd klang der Donner, immer mehr an schwellend, daß es des dröhnenden Getöses fast kein Ende gab. Zehn Minuten etwa waren in lautlosem Schweigen vergangen als ein fahler Blitz, begleitet von einem furchtbaren, betäubenden Schlag, sein phosphorescirendes Licht in das Zimmer warf, daß selbst der alte sturm- und wettcrgewöhnte Reitknecht zurück schreckte und die nervöse Frau einen lauten Entsetzensruf ausstieß. Mit einem Satze war der alte Johann beim Fenster — drüben, an der entgegengesetzten Seite de» Hofe», stieg eine kerzengerade dünne Flammensäule zum Himmel empor. Eine der alten Pappeln, etwa 40 Schritte von den Pferdestallungen entfernt, war dem zündenden Blitzstrahle zum Opfer gefallen, und gierig leckten gelbe, zuckende und springende Flämmchen an dem greisen Baumrtesen aufwärts, Blätter, Aeste und Zweige im Nu verzehrend. „Feuer! Feuer!" schrie gellend Frau Rawen und klammerte sich todtenblaß an die Seffellehne. „Nein, gnädige Frau, der Blitz hat nur in eine der alten Pappeln drüben eingeschlagen. DaS wird nicht lange dauern, und ist damit auch leine Gefahr für den Hof verbunden. Ja, der Regen löscht die Flammen schon aus." So war es in der That. Nur hier und da sah man einen Hellen Flammenstreifcn, der von Secunde zu Secunde zusammen schrumpfte; denn geradezu ein Wolkenbruch war es, der jetzt nieder zu prasseln begann. Kaum fünf Minuten später sah man nur einen dünnen, gelblichen Rauch den verkohlten Baum- leichnam umziehen. „Es ist schon vorüber", sagte aufathmend der Reitknecht und wollte sich vom Fenster abwenden; aber da riß es ihn wieder zurück, denn es war ihm, als hätte er drüben, wo die letzte, die Ecke des Hofes bildende Scheuer stand, einen Hellen Schein wahrgenommen. Er bohrte seine Augen in das Düster und allmählich nahm sein besorgtes Gesicht den Ausdruck des Ent setzens an. „Die Eckscheuer brennt!" stieß er halblaut hervor und eilt« mit ein paar Sätzen, nicht achtend der in Ohnmacht gesunkenen Gutsherrin, hinaus. Mit heftigem Ungestüm riß er an der am Herrenhause angebrachten Glocke, durch welche Morgens und Mittags die Knechte und Arbeiter zu ihrer Beschäftigung gerufen wurden, daß es schrill und unheimlich hinausklang in das Unwetter. Bestürzt eilten Knechte und Mägde aus den Ställen und durch das Hofthor kamen eilenden Laufes die Arbeiter, welche in den kleinen Häusern rings um das Gut wohnten. „Die Eckscheuer brennt!" rief ihnen der Alte zu. „Die Spritze heraus! Kommt, helft! Du, Will, läutest die Glocke weiter, und Du, Dolf, läufst ins Dorf nnd rufst die Leute! Vorwärts, die Spritze heraus!" Damit setzte er sich gegen die Wagenremise in Bewegung, in deren vorderem Theile die Gutsspritze stand. Es vergingen nur wenige Minuten, ehe der Schlauch in daS kleine Bassin, das die Mitte des Hofes bildete, eingelegt und die Spritzt in Thätigkeit war. Bläuliche Flammen liefen längs des DacheS der Scheuer das noch nicht brannte. Aber ein dichter weißer Rauch drang durch die Fugen und Ritzen des hölzernen Thores, und als dasselbe aufgerissen wurde, um wenigstens die neue Häcksel maschine, die in derselben aufbewahrt wurde, zu retten, da floß ein lohender Feuerbach heraus, so daß die Männer schnell zurück springen mußten, wollten sie nicht in dem glühenden Odem er- sticken. Don der Tenne bis zu den Dachsparren brannte und glühte Alle», und krachend flogen die glimmenden Getreidekörnrr empor. Ohnmächtig fiel der Wasserstrahl in die Flammen, die, zornigen Gischt auSspeiend, nach kaum einer Minute von
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