Volltext Seite (XML)
Gonnavend. - - .-> > ' -—- RL 4. -— S. Januar 18S« «W»,iA Die Zeitung «rschielnt mtt Ausnahme de« Moätag« täglich und wird Nachutittag« ä Nhr au«- gegeben. für da« Viertel jahr I'/, Thlr.; jede ein- zelue Rammer 2 Ngr. DmW ALgtMim Ztitimg. »Wahrheit Mld Recht, Freiheit uub Etsch I» Zu beziehen durch alle Postämter de« In- and Auslandes, sowie durch die Vrpedition in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Unsere tonsgebühr für den Raum einer Zeile SRgr. DaS österreichische GewerbegeseH. x Ltivzi^, 4. Zan. Aon all den großartigen Einrichtungen, die seit einem, halben Zahrzehnd unser Nachbarstaat Oesterreich für seine Bevöl- kerung in rascher Folge schuf, dürfte keine, nächst der Entlastung des Grund und Bodens, von größerer Bedeutung und Tragweite sein als die in die- sepi Lande kürzlich ausgesprochene Gewerbefreiheit. Wer hätte noch vor .wenigZähren eS für möglich gehalten, daß die vor fast einem halben Ach» hundert vom großen Minister v. Stein im preußischen Staate zur Anwen dung gebrachte Gewerbefceiheit in Oesterreich Nachahmung und Eingang finden würde! Eine Maßregel, di« von HauS auS den heftigsten Wider spruch, hie bitterste Anfeindung erfuhr, deren Gegner aber im Laufe der Seit immer schwächer an Zahl wurden. Die sichtbaren Beweise der Wohl- thaten Ascher Maßregel liegen allenthalben im preußischen Staate vor. Die Bevölkerung in diesem Staate ist seit 4V Jahren gewachsen, und darin liegt zugleich der Beweis einer raschen Vermehrung des Nationalvermögens wie gestiegener Intelligenz, denn nirgends auf der Erde kann sich eine Be- vplArüng über ihre Subsistenzmittel hinaus vermehren. Die größer« Ver mehrung der Bevölkerung, vorzüglich aber deren rasches Wachsen, setzt «inen Ueherschüß her Subsistenzmittel voraus, und die Erwerbung derselben eine großer« Intelligenz. Außerdem besteht dir Hälfte der im preußischen Staate befindlichen Erdoberfläche auS mqgerm Sande, den die Thätigkeit und di« energisch« Anstrengung seiner Bewohner zu einer Kornkammer Deutschlands umwandelle. An letzterer Lhatsach« hat unbezweifelt die Gewerbefreiheit ei nen nicht g«ringe« Antheil, da sie ein regeres geistiges Leben über Stadt und Land, verbunden mit größerer körperlicher Anstrengung, hrrvorrief. Ai« alten Innungen waren Privilegien der menschlichen Thätigkeit, auf denen eS sich herrlich ohne Nachdenken ruhen ließ, wenn sie nur erst er klommen waren; die Gewerbefreiheit dagegen ist ein Kampf um die Exi stenz. Sie rüttelt zum Nachdenken auf, sie treibt zur Erfindung, ja zur Hervorsuchüng aller möglichen Vvrtheile. Wo früher das Rohmaterial ver geudet wurde, wird,eS bei steigender Concurrenz mit größter Umsicht und Sparsamkeit verwendet. Denk« man sich ein größeres Volk auf diese Weise ärbeitend, welche Ergebnisse müßten daraus hervorgehen! Die Intelligenz Über, weiche außerdem aus diesem Ringen und Kämpfen hervorgeht, lheilt sich den übrigen Classen der Bevölkerung mit, und gerade der Landmann, der in zwiefachem Verkehr mit dem Gewerbtreibenden steht, kann solcher Bewegung nicht widerstehen. Wie jede Sache hat auch die Gewcrbefreiheit ihre einzelnen Schattenseiten; im Großen und Gänzen aber verschwinden desselben gegen die Bortheile, w«lch« sie dem GesammtstaatSleben bietet, und gegen dq< immer kläglicher sich gestaltende JnnungSleben, mit seinem ver geblichen Kampf gegen KäbriktiablissementS gehalten, steht die Gewerbcfrei- heit in voller Glorie als Vorbild da. Denken wir uns Oesterreich während eines Zeitraums von 40 Jahren mit Gewerbefreiheit, die sich nicht auf einen dürftigen Boden wie in Preußen, sondern auf einen fruchtbaren, humusreichen Boden gestellt findet. Denken >vir uns als deren Ergebniß Nur dieselbe Bevölkerungsvermehrung wie in Preußen; bedenken wir, daß preußische Staatsschuldscheine 1815 ebenso tief im CurSwerthe sich befanden als heute österreichische, und wir werden nicht leugnen können, daß Oester reich dann ein Staat von fast übrrwuchtender Gewalt sein wird. Die Masse von Rohprodukten aller Art und wohlfeiler Brennstoffe, die dieses Land In seinem Schosse birgt, lassen nicht minder erwarten, daß es nach einigen Jahrzehnten, aus diesem Wege fortschreitend, zu einer tonangebenden Macht im gewerblichen und industriellen Leben wird. Nicht die Hunderte von Millionen Gulden, die man aufwendete, noch die neuen Bankactien, stoch die nrugeschaffene Creditbank werden die Paristellung der Banknoten ermöglichen, sondern die Gewerbefreiheit wird eS thun. Mit ihr wird eine höher« Nationallhätigkeit in Oesterreich angeregt, mit ihr wieder ein grö ßerer Bedarf von Zahlungsmitteln, und hierdurch ganz naturwüchsig das Pari der Banknoten in nicht zu ferner Zeit hergestech sein. Deutschlat» Preußen. ^Berlin, F. Jan. Den gegenwärtigen Mittheilun- gen in der Presse über die Bundeöreformfrage ist, in wie bestimmter Form dieselben auch auftreten, mit der größten Vorsicht zu begegnen. Na- menMch soll es Baiern sein, welch«- die Dach« in die Hand genommen habe. Wir erinnern an di« Erklärung des Ministerpräsidenten v. d. Pford- ten in der bairischen Kammer der Abgeordneten, daß er eine Bundesreform an und für sich zwar al- nöthig, den gegenwärtigen Augenblick aber zu Siner Betreibung der betreffenden Angelegenheit durchaus nicht für geeig net halte. Inzwischen ist aber nicht- eingetreteu, was den Zeitpunkt für ein« ossieielle Besprechung der BnndtSreforMfrag» in activem Sinne gün- stiger gestaltet hätte; auch ist «ine solche Umänderung mit Rücksicht auf di« aHemrint Situation fiir di« nächst» Zukunft nicht zu erwarten, und eS liegt darum in keinerlei Beziehung eine Veranlassung vor, daß Baiern den durch den Ministerpräsidenten v. d. Psordten bezeichneten Standpunkt ver ändert haben oder demnächst etwa noch verändern sollte. Baiern hat in der ganzen BundeSrcformfrage biSjetzt überhaupt nichts gethan, al- sich aus Anlaß der Haltung der österreichischen Presse in Wien über die Stet- lung Oesterreichs zu der betreffenden Angelegenheit informirt. Hierüber haben wir seinerzeit das Nöthig« ausführlich mitgetheilt, und wir haben bqbei unter Anderm auch das Vergnügen gehabt, daß di« Leipziger Zei tung unsere Mittheilungen etwa vier Wochen nachher Wort für Wort be stätigt hat. Wenn man nun jetzt von einer Note redet, in welcher Baiern als Gegenstand der zu betreibenden Bundesreform eine größere Einigung in materiellen Dingen, wie über Münze, Maß, Gewicht re., bezeichne, so übersieht man dqbei die wahre Sachlage ganz und gar. ES haben in folge des wiederholten Drängens auf eine Bundesreform zwischen den übri gen deutschen Regierungen vertrauliche Meinungsäußerungen stattgefunden, die sämmtlich darin übereinstimmten, daß jeder Antrag auf eine Verände rung der Bundesverfassung für jetzt von der Hand zu weisen, im Uebri- gen aber nach einer immer größern Einigung in den commerziell«« und sonstigen materiellen Dingen mit Ernst zu streben sei. Hierauf ist auch die fragliche Kundgebung Baiernö zurückzuführen. ES leuchtet ein, daß dir deutschen Regierungen hierüber umsomehr einverstanden sein konnten, als es sich hier ja nicht um etwas Neues, sondern lediglich um die im mer größere Vervollkommnung solcher gemeinnützigen Gegenstände handelte, welche bereits ausgesührt sind, oder um solche Punkte, deren AuSführung bereits im Werke oder beschlossen ist. In dieser Beziehung kann es sich also auch nicht um eine Bundesreform handeln. Es blieb« zuletzt nach Eins übrig, nämlich die Frage, ob man den ganzen Zweig d«r bereits «r- zielttn und noch zu erzielenden materiellen Einigung, den Zollverein einge- schlvffcn, welcher von Preußen zwar auf Grund der BundeSaete gegrün- -det, in pi sxi aber außerhalb des Bundes gepflegt, gefördert und über haupt zu Dem gebracht würde, was er jetzt ist, nachträglich etwa dem Bundestag übergeben sehen und hierin die eigentliche Bundesreform in ma teriellen Dingen erblicken möchte? Dergleichen Wünsche haben allerdings existirt, und sie existiren principiell auch noch; wir wissen aber mit voller Zuverlässigkeit, daß man zu einem thatsächlichen Betreiben oder gar Gel tendmachen derselben den gegenwärtigen Augenblick für ebenso unH«ignet hält als zur Inbetrachtnahme einer Bundesreform in politischer Beziehung. Alle Neuigkeiten, welche man hinsichtlich der Bundesreformfrage jetzt in den Blättern findet, sind daher lediglich auf Erfindungen der Conjectural- politik zurückzuführen. Hiernach sind auch die Angaben über die Anwe senheit des Hrn. v. Bismark in München zu beurtheilen. Hat sich die dortige Anwesenheit dieses Diplomaten wirklich auf die BundeSreformfrqg« bezogen, so war es jedenfalls nur im Sinn einer gemeinsamen Abwehr gegen all« etwaigen Anträge und Tendenzen auf ein« Umgestaltung der po- litischen Verfassung des Bundes. Zur Erläuterung dessen fügen wir dir Bemerkung noch bei, daß die Bestrebungen Oesterreichs zur Herbeiführung einer politischen Bundesreform im Sinne der österreichischen Hegemonie in der letzten Zeit nichts weniger als nachgelassen haben. Neben dirftm Um stande dürfte namentlich auch das Thema der Zolleinigung in Betracht zu ziehen sein. ES gehört dasselbe zwar nicht direct zur BundeSveformftag«; allein di« deutschen Regierungen dürften darum nicht minder Ursache zu haben glauben, demselben mit Rücksicht auf die Stellung, welche Oester- rsich Deutschland gegenüber seit einigen Jahren eingenommen hat, ihre ganz« Aufmerksamkeit zuzuwenden. Wir behalten uns vor, ans diesen höchst wichtigen Punkt zurückzukommen. t Berlin, 3. Jan. Von Petersburg wird, wie man in den diploma- tischen Kreisen andeuten hört, am 17. Jan. die Antwort auf die jüng sten Friedensvorschläge erwartet. Es wird nun auch hier bestätigt, daß die Abtretung eines Theils von Bessarabien sich unter den von Oesterreich ausgestellten Friedensbedingungcn befindet. Dieser Punkt wird in den hie- sigen russenfreundlichen Kreisen ganz besonder- angefeindet. Namentlich wird auch hervorgchoben, daß Oesterreich überhaupt bei Aufstellung dieser Friedensbedingungcn zu weit vorgcgangen sei und für Deutschland auS die- sem Schritte große Schwierigkeiten sich entwickeln könnten. ES sei daher die Aufgab« Preußens, Oesterreich von einem weitern Vorschreiten zurück- zuhalten. Wir brauchen kaum anzudeut«», daß dies« Auffassung von jener des preußischen CabinetS wohl zu unterscheiden ist, wenn man auch in den eben bezeichneten Kreisen behaupten will, daß die Sendung de- Obersten v. Manteusffl nach Wien ein« Abmahnung von noch weitern Schritten zum Zweck habe, indem die Mitwirkung Preußens und Aeutfchlands für Otster- reich nur unter bestimmten und streng abgegrenzttn Voraussetzungen in Aussicht gestellt werden könne. Diese Behauptung müssen wir in Bezug auf Begründung sich selbst überlassen.