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Sächsischer Landes-Anzeiger : 03.07.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188607037
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18860703
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18860703
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-07
- Tag 1886-07-03
-
Monat
1886-07
-
Jahr
1886
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 03.07.1886
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^ILLSL. — 6.3ahrgsnft. AbonuementspreiS: Der unvattkiische - jeden Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden Tages) »ur Versendung gelangende — Landes-«meiger mit Beiblättern lostet monatlich 60 Pfg, bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten, sowie bei der Post. (Eingetragen unter Nr. 4v:t81 JmL-u-ä. Quartal erscheint für Abonnenten Sächsisches Liseubabu-Kahrplauheft. Im 4. Quartal erscheint für Abonnenten Jahresbuch (SeihaachtSbeigabe) d. Anzeigers. Verlag: Alexander Wiede, Buchöruckcrci, Lhemnitz. AAchsischer mit „Chemnitzer Gtadt-Anzeiger Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Sonnabend, 3. Juli 188-. JusertiouSpreiS: Raum einer schmalen KorpuSzeile IS Pfg.; — Reklame (Ispaliige Petitzeile) 30 Pfg. — BeiW iederholung großer Annoncen Rabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifüge» lies Silben KorpuSschrist bilden ca. l Zelle). AnnoncenMnahme nur bis Bormittaa. Inserate nehmen außer der Verlags- Expedition die Annoncen - Bureaux an- Expeditiou und Redaktion: Chemnitz, Theaterstraße Nr. L. Telegramm-Adr.: Wiede'S Anzeiger, Chemnitz. Fernsprechstelle Nr. 136. Wlittw: „Tägliches Unterhaltungsblatt'' mb himmstW iWmtes SMaMiiit ^Lustiges Bilderbuch". Amtliche Bekanntmachungen sächsischer Behörden. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 42 verlautbart, daß sich die dem Kaufmann Herrn Carl Franz Julius Dörffel für die Firma Seysert L Breyer in Chemnitz ertheilte Prokura erledigt hat. Chemnitz, am 29. Juni 1886. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgericht- wurde heute aus Folium 2400 verlautbart, daß die Kaufleute Herr Rudolf Robert OScar Rother und Herr Reinhold Theodor Kuntze in Chemnitz die Firma Gustav Köhler daselbst von dem bisherigen Inhaber derselben, dem Möbelsabrikant Herrn Heinrich Gustav Köhler, zur Fortführung überlassen erhalten haben, künftig aber Gust. Köhler Nachf. Rother L Kuntze firmirt wird. Chemnitz, am 29. Juni 1886. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgericht» wurde heute aus Folium 2319 verlautbart, daß sich die dem Kaufmann Herrn Paul Richard Lohse in Chemnitz für die Firma Albert Bieweg daselbst er- theilte Prokura erledigt hat- Lhemnitz, am 29. Juni 1886. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk deS Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 2990 die am 15. Juni 1886 errichtete Firma A. Bauch L Co. in Chemnitz (BcrnSbachstraße Nr. 31) eingetragen und zu gleich verlautbart, daß die Kaufleute Herr Albin Bruno Bauch und Herr Friedrich Anton Illing daselbst, Besitzer eines Agentur- und Commissions geschäftS, Inhaber der Firma sind. Chemnitz, am 29. Juni 1888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk deS Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 2901 die Firma Max Schüppel in Chemnitz (König« straße Nr. 21) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Eugen Maximilian Schüppel daselbst, Besitzer eines Kurz- und Eisenwaareu - Handelsgeschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 29. Juni 1886. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folium 2898 die am 24. Mai 1886 errichtete Firma Sirschick L Matthäi in Chemnitz (Hermannstraße Nr. 2) eingetragen und zu gleich verlautbart, daß die Maschinenbauer Herr Joseph Girschick und Herr Carl August Clemens Matthäi daselbst Inhaber der Firma sind. Chemnitz, am 29. Juni 1886. Königliches Amtsgericht- Im Handelsregister für den Stadtbezirk deS Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heutc aus Folium 2899 die Firma Arthur Fuchs in Chemnitz (alte Dresdnerstrabe Nr. 14) und als deren Inhaber der Kaufmann Herr Eugen Maximilian Fuchs daselbst, Besitzer eines Lack«, Leim- und Farbewaaren- HandelsgeschäftS, eingetragen. Chemnitz, den 29. Juni 1886. Königliches Amtsgericht. Tel-grap-ische -tach*ichterr. Vom 1. Juli. " Berlin. Der Reichskanzler, welcher «Schster Tage mit seine« Gemahlin nach Kisstngen geht, soll, wir sitzt verlautet, später zwar vor dem Kaiser in Gaste!« eiutreffe», dort aber eine« Theil der Knr gleichzeitig mit dem Kaiser zubrkngen, was seit 186b nicht der Fall war. Berlin. Das Gesetz, betreffend die Beseitigung der schwebenden Schuld von 30 Millionen Mark ist heute veröffentlicht worden. Berlin. Das Krenzergrschwader unter Contreadmiral Knor, ist am 1b. Juni in Matnpi eingetroffeu und beabsichtigt, am 7. Juli weiterznfahreu. — Die Krenzerfregatte .Gneisenau" hat am 23. Juni von Matupi di« Heimreise augetreten. Berlin. Anf der morgigen Tagesordnung de» BnudeSrathS steht die Vorlage deS ReichSzuschuffeS zur Berliner Ausstellung im Jahre 1888. Di« Aussichten für «ine Bewilligung deS ZuschnffeS sollen jetzt günstiger sein. Wien. LS verlautet, eine von dem russische« Minister v. GierS geplante Aktion der Mächte sei gescheitert, deshalb sei jetzt ein« ver stärkte russische Agitation auf der Balkanhalbinsel zu erwarten. Montenegro rüstet angeblich. Paris. Ballay wurde zum stellvertretende« Gouverneur in Gabun ernannt. — Dem »Voltaire" zufolge ist Pateuotre au Stelle Cambon'S zum Geueralrefidenten in Tunis eruauut worden. Rom. Prinz Jerome Napoleon ist unter dem Jncognito eines Grafen Monealieri heute in Rom eingetroffeu nud in der „Albergo Roma" abgestiegen. Sofort nach seiner Ankunft hat er im Quiriual einen Besuch gemacht. Rom. In dem Vatikan nahestehenden Kreisen verlautet, daß der Erlaß einer Encyklica an die Bischöfe Deutschlands bevor- fiehe, welch« die Herstellung des KlrchenfriedeuS bestätige« und dl« Regeln sestsetzeu werde, «ach welchen etwaige, zwischen der Kirche und de« Staatsbehörde« entstehende Streitigkeiten geschlichtet werde» sollen. Brüssel. Di« Antwerpen« Behörden veranstalten am Sonu- abeud anläßlich der für heute erwarteten Ankunft des deutschen ReichS- postdampferS „Oder" große Festlichkeiten, zu welchen sich sämmtliche belgische Minister nach Antwerpen begeben werden. London. Lhamberlaiu, Bright nud drei andere Vertreter Birminghams, sowie der Sprecher deS Unterhauses, Peel, find als Landldaten sür di« Neuwahl ohne Opposition ansgestellt. Petersburg. Der Besuch de» Fürsten von Montenegro in Wie» ries anfangs in hiesigen politischen Kreise« einige Befürchtungen hervor, obgleich dessen Sympathie« für Rußland nicht im Geringsten augezweifelt wurden. I« Lettinje beeilt« man sich jedoch, all« diese Zweisel über die Reise zu zerstreuen. Bon «nterrichteter Seite wer den unn wichtige Ereignisse anf der Balkan-Halbinsel in Aussicht ge- stellt, als deren Vorläufer di« jüngst« Mission Snleiwan Paschas be trachtet wird, welcher dem Fürste» eine« Orden der Sultans überbrachte. Ferner wird anfmerlsam gemacht auf die eifrig betriebe««» militärischen Vorbereitungen in Montenegro. Dieselben werden in Zusammeuhaug gebracht mit den Worten, welche Fürst Nikitta an den serbischen Politiker Belanovie gerichtet hat. „Montenegro," sagte der Fürst, »wird Niemandem »m ei» Almosen bitten, sondern er wird nur fordern, was r» mit eigenen Kräfte« erwerben kann." Montenegro'» Absichten, sagt ei« Bericht aus Lettinje, find fest «nd klar, denn ohne neu« territoriale Erwerbungen »uß e» anf die Fortexifienz verzichten. Sansibar. Nach de« letzten Nachrichten über den Forschung-- reisenden Junker hielt derselbe sich im Gebiete des König» Uuyoro auf, welcher von dem König von Uganda angegriffen «nd geschlagen war, aber mit Junker sich gerettet hatte. Zur Lage im Griente. »Mit ungeheurer Freude sah die Nation ihren sehr geliebten Souverän als tapfere» Führer der Armee da» Land vertheidigen, behüten und bereit, zu sterben für den Ruhm, die Ehre und Uuab- häugigkeit de» geeinigten BaterlandeS. Die Nationalvertretung ist von de» tiefen Ueberzengung durchdrungen, daß unter der geschickten und erleuchtete« Leitung ihre» sehr geliebten Fürsten «nd der Regierung alle Mittel zur Anwendung kommen »erden, damit Nord- und Süd bulgarien für immer rin danerhafter, «ntheilbarer politischer Körper bleibe." Mit diesen und noch einige« anderen Sätze« hat die bulgarische Sobranj« di« Thronrede de» Fürsten Alexander beantwortet «nd zwar hat die überwiegende Mehrheit der Volksvertretung sich diese» Adresse angeschloflen. Der Dialog zwischen dem Herrscher von Großbulgarien und seinem Volke ist in mehrfacher Beziehung iutereffaut. Bor Allem beweist er, daß e» bis jetzt de« Bohrungen Rußland» in Bulgarien nicht gelungen ist, allznvkel« Erfolge zu erringe»; daun aber giebt er von einem gewisse« SicherheitSgrfühle, von einem Bewußtsein der Kraft Zeugniß, da» nach den mannigfache« Fährlichkeite«, die dem bulgarischen Volk« und seine« Fürsten «och bi» vor Kurzem gedroht «nd die auch neuerdings wieder stärker hervortreteo, an genehm berührt. Dieses Selbstbewußtseiu ist weniger in dem Sinne de» Thron rede und der Adresse zu finden, wie in dem Wortlaute. In beiden Aktenstücken wird nämlich nicht von „Ostrnmelieu" gesprochen, dem SirgeSprei» eines lecken Friedensbruches und eine» tapfer durch- gekämpften Krieges, sondern von Südbulgarie«. Nicht die türkische Provinz, sondern das organisch zum anderen Theile des Vaterlandes gehörige Stück Bnlgarieu» ist «S, über dessen Gewinn Fürst und Volksvertretung hier der Frende Ansdruck geben. Da» läßt sich vom nationalen Standpunkte, vom Standpunkte deS Gefühle» un wohl begreifen und auch billigen; aber es ist nicht vorsichtig. Denn es verstößt wider die internationalen Verträge, auf denen da» ver einigte Bulgarien doch bafirt, und giebt einem Uebelwollendru er wünschte Gelegenheit, über Vertragsbruch zu klagen und Remedur zu fordern. Und an einem solchen Uebelwollendeu fehlt eS wahrlich nicht. Bulgarien, wie e» jetzt ist, im frisch aufstrebenden StammeSbewnßtsem, ist sür Rußland «in Dorn l« Auge und muß e» sein. Denn dieses Bulgarien hat dem nordischen Kolosse die Früchte einer Jahrhunderte langen, blutigen, mit eiserner Coüsequenz «nd Rücksichtslosigkeit ver folgten Angriffspolitik geraubt. E» hat sich nicht nur als ein direkter Keil eingeschoben zwischen Rußland und dem Ziel seiner Träume, Konpantinopel; r» hat schließlich anch die Machtsphäre desjenigen Lande» bedeutend erweitert, da» durch Lage «nd Interessen der na türliche Gegner der russischen Orientpolitik ist, Oesterreichs. Ein Großbulgarien, da» nicht eine ergebene Provinz ist, welch' schmerzliche Niederlage sür Rußland! Kein Wnnder, daß e» mit ganzer Kraft darnach strebt, dl« verlorene — und durch eigene Schuld verlorene — Position wieder zu gewinnen. Mit ArgnSangen bespäht e» di« Vorgänge in den Balkanstaatru; ei« Netz von Agenten hat «» über die Lande gebreitet, um durch Unterminirung dem offene« diplo matischen Feldzug zu Hilf« z« kommen. Und nnn bietet ihm Fürst «nd Volt der vulgaren eine so erwünschte Handhabe I Mit pathetischem Tone erklärt dl« rnsfische Regierung, wie tief sie im Namen Europa» durch die Verletzung de» oftrumelische« Statut» gekränkt sei, wie gnt sie e» mit dem Frieden Europa» meine, wie schlecht der Souverain Bulgariens au Europa handle, wenn e» diese bulgarische» Greuel ruhig hinnehme, und schließt mit der rührenden Klage, daß die anderen europäischen Mächte ihr nichts wie Entmuthigung zu Theil werden lassen; sie könne doch unmöglich allein als Paladin der euro päischen Beschlüsse auftretrn. Da» arme biedere Rußland! E» ist wirklich schrecklich, wie «» von ganz Europa verkannt und mißandelt wird! Oesterreich befestigt seine Grenzfestnngen und schafft sich eine« Landsturm an, Deutsch- land gewinnt tS nicht über sich, dem widerborstigen Bulgarenfürsteu «in Haar zu krümme«, England will dem tapferen Alexander gar den Hosenbandorden verleihe« und nun erst die Türkei I Trotz der vielen Lieberbeweise, die Rußland der Pforte schon gegeben, trotz der Be- theneruugen seiner Friedensliebe, trotz der lockende« Anerbietungen eines Bündnisses, will der Sultan nichts von dem neuen Freunde hören, er schlägt ihm ab, die flagrante und folgenschwere Verletzung deS ostrumäische« organischeu Statut» mit Feuer und Schwert z« räche« und so dem tiefgekräukten Rußland die Kastanien ans dem Feuer zu hole«, ja, im Bewußtsein, zur Zeit eine krieg-geübt« Armee wie lange nicht «ehr unter de« Waffen zu haben, bietet er selbst dem Säbelgerassel- de» Lzaren kaltblütig Trotz nud antwortet anf die Drohungen mit de« Ausbau guter Festungen in Europa nud an der armenischen Grenze. Dazu muß Rußland e» erleben, daß seine Partei in Serbien auSeinanderfällt, daß der geliebte Ristic in Ungnade fällt und da» Land verlasse« muß, daß Oesterreich mit aller Kraft daran arbeitet, sein« Differenzen mit Rumänien zum A«S- trag« zu bringe», daß Rumänien selbst wenig Gegenliebe für die LiebeSverbnugen Rußland» hat. Und das hat mit seinem Siegen der Fürst Alexander getha»! Ist er da nicht werth, daß man ihn „wie «inen Tangenichts an den ersten besten Baum in Bulgarien auf- knüpst", wie die „Nowosti" weniger geschmackvoll wie kräftig sage«? Vorderhand hat Rußland indeß weder de« Strick noch de« Baum dazu, am allerwenigste» aber de« Fürsten von Bulgarien und selbst di« Nürnberger henken ja bekanntlich keinen, ehe denn sie ihn habe». Und dieser Eventualität vorzubeugeu, dazu ist bi- jetzt di« besonnene und vorsichtige Politik, wie sie vor Allem Deutschland und Oesterreich i« Oriente befolgt, vollanf im Stande gewesen. Rußland dagegen hat bewiese«, daß «S ebenfalls nicht mehr dem blinden Zntappe« von ehemals geneigt ist. Das ist eine Gefahr, und «S ist zugleich eine Beruhigung. E» ist «ine Gefahr, wenn e» nämlich gelingt, das bulgarische Volk von seinem Herrscher zu trennen, dem russische« Ein- flusse wieder Gehör zu geben und da» alte Jntrignrnspiel de, letzten Jahrzehnt« wieder anfleben kaffen; zähe, berechnende Ausdauer Ruß land», dir das Lzarrureich in den letzten Monaten beobachtet, wird mehr Aussicht haben mit der Zeit znm Ziele zu kommen, al» chau vinistische» Ausflammen und Uebereilung. Aber auch «Ine Bernhiguug liegt darin, daß durch diese Haltung Rußland» ei« Wiederauflodern der orientalischen Fehde sür die nächste Zukunft nicht zu erwarten ist; «nd die Zeit wird ihren bernhigenden Einfluß dann sicher geltend machen und hoffentlich auch da» StammeSbewnßtfriu, da» Selbstgefühl der Bulgare« so stärken, daß e» diese» als ein erhebliche» Gewicht gegen frieden-feindliche Zetteluugen Rußland» in die Waagschale der orientalische« Frage zu werfe« vermag. Politische Rundschau. Chemnitz, de« 2. Juli. Deutsches Reich. Der bayerische Landtag ist am Donnerstag durch den Prinz-Regenten Luitpold in Gegenwart aller Prinzen, Minister, Gesandten rc. feierlich geschloffen worden. In der Thron rede heißt e» zum Schluß: Indem Wir diesen Landtag-abschied er- theile«, ist eS Unserem Herze« ein unabweisbare» Bedürfniß, inmitten ?- beider Kammern öffentlich auSznsprechen, daß die allgemeine Theil- uahme de» ganzen Lande» in den schmerzbewegteu Tagen, in drum nach Gotte» Rath und Willen über Uns und Unser Königshaus so tiefe» Weh und so herbe Trauer verhängt ward, Un» auf» Innigste ergriffen hat und Uns die Quell« großen Trost«» in so bitteren Stunde» schwerster Heimsuchung geworden ist. An» voller Seele danken Wir für die rührende» Beweise trenester Anhänglichkeit, welche Un» an» allen Theileu des Königreiche» und au» allen Schichte» der Bevölkerung zugegangen find. Wir werden, treu dem abgelegte» Eide, die Ver- faffuug stet» zur Richtschnur für die Un» anfe,legte Berwaltuug de» Staates nehmen und hoffen, daß mit Botte» Hilfe unter Unserer Regentschaft dem bayerischen Staate in festem Verbände mit de« Deutschen Reiche Zellen de» Glücke» und Segen» beschleden sein mögen. — In dem Berichte de» bayrischen Staat-Ministerium» vom 5. Mai l. I. an den König werde» die Diäten für da» Hofdienst- persoual aus Anlaß der große« Ausdehnung de» LaudaufenthalteS und der langen Entfernung de» HoflagerS von der Residenz al» Ursache übermäßiger Ausgabe» angeführt. Hierüber erzählt man sich merkwürdig« Ding«. Stallmeister Hornig soll nach dem „Nürnberger Anzeigrr" innerhalb 18—20 Jahren bloS an Diäten mehr al» 100,000 Mk. eingenommen haben. Die Diäte« deS kgl. Telegrapheu- Verwalter» MathauS, deS permanenten Hoftelegraphisten am kgl. Hof- lager, eine» Schwager» de- Stallmeisters Hornig, werde« «och höher geschätzt. Die Minister habe« somit nicht zu viel gesagt. Rechnet mau dazu, daß Stallmeister Hornig «ine prachtvolle Billa am Starn berger See bei Leoni vom König zum Geschenk erhielt, »nd wa» sonst »och unter verschiedenem Titel ihm zn gute kam, rechnet mau dazu, was seine zahlreiche Verwandtschaft und Schwägrrschast, die fast alle im Hofdienste uutergebracht find, au Besoldung«», Diäte», Zulagen «nd Geschenken empfingen, so giebt di« bekanntlich an» Hannover stammende Familie Hornig schon allein ei» Bild, wie eS unter Ludwig ll. am Hofe zugegange» ist. — Bon Mündiger Seit« wird mitgetheilt, daß gestern in Berli« notariell der Kaufeontraet unterzeichnet worden ist, nach welchem die W Besitzungen der Gebrüder Denhardt in Ostafrika (da» Witu-Gebiet) bedingungslos an den deutsche» Colonialvereiu resp. au de« Präsidenten de» dentscheu Colonialvereiu», den Fürste» zu Hohenlohe Langenburg» übergehe«. Di« früher durch die Presse gegangene« Nachrichte«, »ach welche» Denhardt sich erst «ach dem Schellern der mit englischen Lapitalisten angeknüpften Unterhandlungen an den deutschen Lolonial- verein gewandt habe, find falsch; diese Schritte wären für Denhardt erst dann zur Nothwendigkeit geworden, wenn ihm nicht di« au anderen Stellen vergeblich augernfeue Hilfe vom deutsche» Lolonialverein ge worden wäre. Anf dies« Weise hat der deutsche Colonialvereiu ähn lich wie bei Angra-Pequena verhütet, daß eine dentsche Erwerbung in englische Hände übergehe. Das Witu-Gebiet wird von Reisenden für fruchtbar und werthvoll erklärt, während über die Werthlofigkelt von Angra-Pequena schon kein Zweifel bestand, als der Lolonial« verein «» erwarb. — Die Ausweisung des Abgeordneten Singer au» Berlin wird «och immer in der gesammteu Preffe besprochen und fortgesetzt scharf kritifirt. Der allgemein« Unwille richtet sich nameutlich gegen die „Krenzzeitung", «in Blatt, dessen Vorgehen gegen Singer nicht besonder» verwundern kann, da «S mit seiner politischen Ver gangenheit völlig im Einklänge steht. Da» „B. T." spricht sich über den Fall Singer «och verhältnißmäßig ruhig und wie folgt Hinte an»: Die Ausweisung des Abgeordneten Singer wird, wie begreiflich, in allen politische« Kreisen lebhaft besprochen. Ueberwiegend geht das Urtheil dahin, daß sie ein politischer Fehler der Regierung ist. Singer erfreut sich bei der Berliner Arbeiterbevölkerung der größten Beliebtheit, di« ihm bleiben wird, auch wenn er nicht ständig hier weilen kan». Die unuöthige Verbitterung, welche die Folge der Maßregel sein muß, nützt der Sache der Regierung gar nicht». Banz zutreffend ist bemerkt worden, daß der einzig sichtbare Effekt der Ausweisung da» Anwachsen der soeialdemokatischen Stimme« für Singer bei de« nächsten Reichstag-Wahlen sei« wird. Herr Singer hat die Behörde nicht im Zweifel darüber gelaffen, daß er die Zeit bis zum Wiederbeginn der parlamentarischen Kampagne mit > einer Tournee durch ganz Deutschland auSznfülle« beabsichtige. I« Besitze eine» ansehnlichen Vermögen» «nd als Mitglied der Jung- geselleuzunst kau« er die für ihn geringfügigen materiellen Schädig ungen der Ausweisung um so leichter ertragen, Di« Maßregel ge winnt dadurch erst recht nicht an staatSklnger Voraussicht. Die Regiernng verschafft Herrn Singer ganz ohne Noth den Nimbus eine» Märtyrers. Auch von anderer Seite wird uns «ns bestätigt, daß der Ansgewiesene zunächst eine Rundreise durch Deutschland zu machen beabsichtigt, um die Verhältnisse der socialdemokratischeu Partei überall au Ort und Stelle eingehender kennen z« lernen. Ob unter solchen Umständen die Ausweisung mehr der Regierung oder der socialdemokratischen Partei zu Gut« kommt, dürste wohl nicht allzuschwirrig zn entscheiden sei». E» bewahrheitet sich hier wieder, war wir bereits so oft hervorgehoben haben, daß durch die Aus weisungen da» soclaldemokratische Netz nur immer weiter über das Land anSgespauut wird, während die Agitation in de« vom Be lagerungszustand betroffenen Bezirke» entweder gar nicht oder do> nicht nenneuSwerth geschwächt wird. — Ferner erfahren wir, da! Herr Singer, al» ihm anf dem Polizeipräsidium di« Ausweisung», ordre vorgeleseu wurde, befragt worden ist, ob er Zeit und Ort seiner Abreise vor seinen Parteigenosse« geheim halten werde, worauf er erwiderte, daß er selbstverständlich keine Veraulassuug habe, sich gewissermaßen „wie ein Dieb in der Nacht" au» Berlin sortzuschleichrn. E» könne also keine Garantie dafür übernehmen,
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