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Wcherih-ZitiW Die „Welßeritz-Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis vierteljährlich 1 M. 25 Psg., ziveimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Psg. Einzelne Nummer« 1(1 Pfg. — All« Postsn- stalten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Bi- , „ . . Amtsblatt für die Mialich- Amtshaupimamschast Dippoldiswalde, sowie für di- Königlichen Kmlsgenchte und d,e Ktadtratlje ' zu Dippoldiswalde und Arauenstem Anlerare, welche bei der bedeutenden Auslage de- Blgtles. eine sehr «rt- snme Verbreitung linden, werden mit 10 Psg. die Spaltenzeile oder deren Nimm berechnet. — Ta bellarische und complisirtr Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionelle« Theile, die Spalten-eile 20 Pfg- Verantwortlicher Redacteur: Carl Irhm in Dippoldiswalde. Nr. 8. Sonnabend, den 23. Januar 1886. 52. Jahrgang. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Die Ordensverleihungen, welche sich an das am Berliner Hofe vergangenen Sonntag stattgefundene Krönungs- und Ordensfest geknüpft haben, sind diesmal zahlreicher ausgefallen, als je zu vor. Dieselben belaufen sich auf insgesammt 1436, welche sich wie folgt vertheilen: Rothe Adlerorden 634, Kronenorden 186, Hohenzollern'sche Hausorden 27 und Allgemeine Ehrenzeichen 589. — Von den zahlreichen Kommissionen des Reichstages hat endlich diejenige zur Vorberathung der Novelle zum Unfallversicherungs gesetz, betr. die Fürsorge für Beamte und Personen des Soldatenstandes, ihre Arbeiten im Wesentlichen erledigt. Der Bericht der Kommission ist im Plenum bereits zur Vertheilung gelangt. Auch die Kommission zur Vorberathung des Reichensperger'schen Antrages auf Einführung der Berufung in Strafsachen, hat ihren Bericht nunmehr fertiggestellt. Beide Kom- missionsberichte dürften aber vor Mitte nächsten Monats schwerlich im Plenum zur Verhandlung kommen. — Die kirchenpolitischen Angelegenheiten haben durch die Encyklika des Papstes an das preußische Episkopat, durch das Antwortschreiben des Reichskanzlers an den Papst und durch die verschiedenen über die Neubesetzung des erzbischöflichen Stuhles von Posen-Gnesen um laufenden Gerüchte wieder ein erhöhtes Interesse ge wonnen. Die päpstliche Encyklika, einen so versöhn lichen Ton sie auch bei einzelnen Wendungen anschlägt, beweist im Allgemeinen doch nur, daß eine Verstän digung zwischen Preußen und dem Vatikan über die Revision der Maigesetze vorerst noch nicht zu erwarten ist. Das Rundschreiben ist überhaupt offenbar unter dem Eindrücke des schon vorher übergebenen Er widerungsschreibens des Fürsten Bismarck auf das Breve des Papstes verfaßt worden. Der leitende deutsche Staatsmann drückt zwar seinen Dank für die Verleihung des ChristuSordens in überaus höflicher Weise aus, und anerkennt auch dankend die erfolg reiche päpstliche Vermittelung in der Karolinensrage, aber der Brief läßt in seinen Schlußsätzen deutlich durchschimmern, daß ihm die Pflicht gegen das In teresse seines Staates verbietet, seiner Erkenntlichkeit für die päpstliche Vermittelung durch weitgehende Zu geständnisse Ausdruck zu verleihen und das ist denn auch im Vatikan sehr gut verstanden worden. — Was die Posener Erzbischossrage anbelangt, so scheint nur das Eine sestzustehen, daß der Nachfolger des Grafen Ledochowski kein Pole sein wird. Alle anderen Mel dungen aber, die hiermit zusammenhängen, müssen vorläufig beanstandet werden und die Nachricht von der Errichtung einer päpstlichen Nuntiatur in Berlin wird jetzt sogar entschieden dementirt. Oesterreich-Ungarn. Der böhmische Landtag hat seine Session mit einer Haupt- und Staatsaktion ge schlossen. Als eine solche stellt sich die Debatte über die Sprachenvorlage dar, bei welcher es sich um die von dem Avg. Plener und dem Abg. Trojan einge brachten, einander entgegenstehenden, Anträge handelte. Derjenige der deutschen Minorität, vertreten durch de» erstgenannten Abgeordneten, verlangt die nationale Abgrenzung der Gerichts- und Verwaltungsbezirke in Böhmen, als einzig wirksamer Schutz der Deutschen gegenüber dem Czechenthum, und fordert zugleich die Aushebung der Sprachenverordnung. Der czechische Gegenantrag verlangt die Gleichberechtigung dec czechische» Sprache mit der deutschen auch in den Aemtern der deutschen Bezirke Böhmens. Nach hef tigen Debatten, die am Dienstag ihren Höhepunkt erreichten und welche die nationalen Gegensätze zwischen den Deutschböhmen und den Czechen in ihrer vollen Stärke zeigten, wurde der Plener'sche Antrag am ge nannten Tage abgelehnt, dagegen der czechische Antrag zur Grundlage der weiteren Debatte gemacht. Dies läßt keinen Zweifel, daß derselbe schließlich ange nommen worden ist, wenn vielleicht auch mit einigen Modifikationen; die czechische Sprache wird also künf tighin neben der deutschen auch in den reindeutschen Landestheilen Böhmens volle amtliche Geltung haben und dies ist wohl einer der schwersten Schläge, die je das schwerbedrängte Deutschthum in diesem Kronlande treffen konnten. Balkanhalbinsel. Die europäische Diplomatie Hal sich mit ihrem Abrüstungsverlangen in Athen, wie in Belgrad und in Sofia einen Korb geholt. Bon Griechenland, wie von Serbien und Bulgaren ist als hauptsächlichster Grund für die Weigerung dieser Staaten, ihre Heere vollständig zu demobilisiren, die noch ungewisse Lage auf der Balkanhalbinsel angeführt worden; speziell Serbien hat dabei noch eine ganze Reihe anderer Gründe aufgezählt, die für diese Weige rung angeblich sprechen. Zunächst kommt es aber nicht darauf an, inwieweit die kleinen Balkanstaaten Recht haben, Gewehr bei Fuß die weitere Entwickelung der Dinge zu beobachten, vorläufig handelt es sich darum, daß sie eine Forderung des vereinigten Europas, die mit zur Herbeiführung friedlicher Zustände im Orient dienen sollte, zurückgewiesen haben und es fragt sich nun, wie die Großmächte diese Keckheit beant worten werde». Bis zur Stunde liegen indessen noch keinerlei bestimmte Nachrichten über ein nachdrücklicheres Vorgehen der Großmächte gegen die renitenten Balkan staaten vor, jedenfalls ist aber em solches Interesse des Ansehens Europas bei den Völkern der Balkan halbinsel dringend geboten. — Die Reise des Fürsten Nikolaus von Montenegro ins Ausland und die Uebertragung der Regentschaft an die Fürstin während der Dauer seiner Abwesenheit erregten begreiflicher weise nicht geringes Aussehen. Der „Glas Crnagorca", das montenegrinische Regierungsblatt, erklärt nun, die Reise des Fürsten habe den Zweck, von den industriellen und landwirthschaftlichen Verhältnissen Italiens und Frankreichs Kenntniß zu nehmen und sollen die Er gebnisse der Reise im Interesse der friedlichen Ent wicklung Montenegros verwerthet werden. Das Blatt schließt mit der Bemerkung, daß Montenegro, da es in Frieden mit seinen Nachbarn lebe, sich ruhig den Werken des Friedens widmen könne. Nun, das kann man auch nur aufrichtig wünschen! — Zu der Weige rung der kleinen Balkanstaaten, abzurüsten, liegt jetzt die erste offiziöse Aeußerung vor. Dieselbe kommt von dem „Journal de St. Petersburg", welches meint, die Mächte würden ihre Bemühungen, das vorgesteckte Ziel zu erreichen, verdoppeln. Dies fordere nicht nur die Würde Europas, sondern auch die Nothwendigkeit, den Kalamitäten vorzubeugen, deren Umfang Niemand vorher übersehen könne. Belgrad, Athen und Sofia müßten daher unter Bedingungen, die Europa als angemessen erachte, abrüsten. Frankreich. Die drohenden Differenzen zwischen Frankreich und Spanien anläßlich der Umtriebe der auf französischem Boven weilenden spanischen Radikalen sind noch im Keime erstickt worden. Dem neuen spanischen Botschafter in Paris, Albareda, ist vom Ministerpräsidenten Freycinet Kenntniß bezüglich der strengen Maßregel gegeben worden, welche Freycinet zur Ueberwachung der französisch-spanischen Grenze angeordnet hat. Albareda sprach dem Ministerpräsi denten hierfür seinen Dank aus. England. Die Anzeichen mehren sich, welche dafür sprechen, daß die englische Negierung für die nächste Zeit ihre Hauptaufmerksamkeit der irischen Frage wird widmen müssen. Am Dienstag empfing der Premier, Lord Salisbury, mehrere regierungs freundliche irische Vereinigungen, welche auf die ernste Lage der Dinge in Irland hinwiesen und baten, die Negierung möge die erforderlichen Maßregeln treffen. Lord Salisbury beschränkte sich indessen daranf, zu erklären, die Regierung sei sich ihrer Verantwortlich keit bei der gegenwärtigen Krisis wohl bewußt und werde dieser Verantwortlichkeit treu bleiben; für die loyalen Irländer ist mit dieser Antwort gerade nicht viel gewonnen. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Der am 18. Januar von Hainsberg nach Kipsdorf abgelaffene Theaterextra zug war insgesammt von 60 Personen benutzt; es stiegen in Rabenau 5, Dippoldiswalde 50, Obercars dorf 2 und Buschmühle 3 Personen aus. Dippoldiswalde, 22. Januar. Wie wir bereits mittheilten, hat Herr Lehrer Buckel die Absicht, von Ostern d. I. an, hier eine Fortbildungsschule fürMädchen in's Leben zu rufen, in welcher außer ver nöthigen Uebung und weiteren Fortbildung inz deutschen Styl und im Rechnen, deutsche Literatur und Buchführung, vor Allem aber gründlicher Unter richt in allen weiblichen Handarbeiten geboten werden sollen. Nach manchen Vorarbeiten ist dieses Projekt, wie wir hören, nunmehr soweit vorbereitet, daß die Fortbildungsschule für Mädchen nächste Ostern ihren Anfang nehmen kann. Es ist gelungen, in der Per son einer geprüften und mit den besten Zeugnissen versehenen Handarbeits-Lehrerin eine Kraft zu ge winnen, welche für einen gründlichen, methodischen Unterricht in deir verschiedensten weiblichen Hand arbeiten die wünschenswerthe Garantie bietet, während Herr Buckel als Lehrer unserer Bürgerschule bereits genugsam Beweise seiner Tüchtigkeit geliefert hat. Wenn nun auch bereits eine Anzahl Schülerinnen angemeldet sind, so ist eine möglichst allgemeine Be theiligung unserer Heranwachsenden weiblichen Ju gend eine Lebensfrage für das gemeinnützige Unter nehmen, und möchten wir also recht lebhaft wün schen, daß die bequeme Gelegenheit, die hier zur wünschenswerthen Fortbildung unserer Töchter ge boten wird, möglichst allseitig benutzt werden möchte. Selbstverständlich ist die Theilnahme nicht auf hiesige Schülerinnen beschränkt, sondern es erscheint die Be theiligung der näheren und weiteren Umgegend höchst erwünscht. Es fehlt ja auch für die etwa aus wei terer Entfernung sich meldenden Schülerinnen hier durchaus nicht an Gelegenheit zu einem billigen Unterkommen in einfachen, anständigen Familien, so daß also mit verhältnißmäßig geringem Aufwande erreicht werden könnte, was unter ungünstigeren Verhältnissen Kosten verursacht, die nur Wenige zu bestreiten vermögen. Es wird in der That Zeit, daß die Einsicht zum allgemeinen Durch bruch kommt, wie unsere Töchter ebenfalls ein Recht haben, ihren Theil von dem Allgemeingute der Bildung zu em pfangen. Die Zeit bis Ostern ist wohl lang genug, um sich über die Berechtigung dieses Anspruchs klar zu werden. Jedenfalls werden die genauere Ein richtung und die Bedingungen der Theilnahme bal digst allgemein bekannt gegeben werden. — 22. Januar. Nach einem aus Wahrungen in Ostpreußen gestern Abend eingegangenen Telegramm wird Herr Physiker Rühl aus Jena, auf dessen An kunst wir neulich schon vorbereiteten, bestimmt nächsten Montag, den 25. Januar, hierher kommen, um den zugesagten Vortrag über Berührungselektricität, mit ganz besonderer Berücksichtigung des elektrischen Lichts, bez. der elektrischen Beleuchtung, zu halten. Unter stützt durch Experimente mit vorzüglichen Apparaten dürfte dieser Vortrag sicher geeignet sein, das allge meine Interesse zu erregen, und hofft der Gewerbe verein auf zahlreichen Besuch auch von Nichtmitgliedern, da er, dem allgemeinen Interesse zu dienen, allein das Risiko übernommen hat. Selbstverständlich eignet sich der Vortrag auch für Damen, deren Besuch sehr will kommen ist. Da wegen Kürze der Zeit weitere Be kanntmachung für entferntere Orte nicht erfolgen kann, so bitten, wir diese Einladung zu beachten, im Uebrigen aber verweisen wir auf die in dieser Nummer ent haltene Bekanntmachung des Gewerbevereins.