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Dresdner Journal : 30.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189710303
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18971030
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18971030
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-10
- Tag 1897-10-30
-
Monat
1897-10
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 30.10.1897
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vezugSpreiS: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark SO Pf., bei drn Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer halb des Deutschen Reiche- Post- und S'-mpclzufchlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheine»«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abendS. Fern!pr.-Anschluß:Nr.12S5. Dresdner Journal. ?lnkü»idignngS-rbühre«t Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile so Pf Bei Tabellen- und Zifserusatz entsprechender Aufschlag Herausgeber. Königliche Expedition dcS Dresdner Journals Drcsd.n, Zwingerstr 20. Fcrnspr.-Auschluß: Nr 129» 1897 .V 253 onnabend, den 3v. Oktober abends. Amtlicher Teil. Dresden, 30 Oktober. Das Hoflager Sr. Königs. Hoheit des Prinzen Geora, Herzogs zu Sachsen, ist am gestrigen Tage von Hosterwitz nach Dresden (Palais Zinzendorfstraße) verlegt worden. Dresden, 30 Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, die Versetzung des Lber- amtsrichterS Franz Richard Müller in Schneeberg zum Amtsgerichte Leipzig, des Amtsrichters Or. Paul Gilbert in Colditz zum Amtsgerichte Schneeberg und des Amtsrichters beim Amtsgerichte Chemnitz Guido Robert August Bierling zum Amtsgerichte Dresden zu genehmigen, dein AmtSgerichtsrath beim Amtsgerichte Leipzig Paul Konrad Ranft Titel und Rang eines OberamtsrichterS und dem vorgenannten Amtsrichter vr. Gilbert Titel und Rang eines Amtsgerichtsraths zu verleihen sowie den Landrichter Horst Heinrich Abraham Reinhard vop Einsiedel in Leipzig zum Amtsrichter beim Amtsgerichte Colditz, den Assessor beim Amtsgerichte Sayda vr. Richard Rubens zum Amtsrichter beim Amtsgerichte Chemnitz, den Assessor beim Amtsgerichte Leipzig Adolf Friedrich August Louis Otto Holzapfel zum Landrichter beim Landgerichte Leipzig und den Assessor beim Amts gerichte Leipzig l)r. Karl Emil Mannsfeld zum Amtsrichter bei diesem Gerichte zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kaufmann und Königlich Spanische Consul Lüder zu Dresden das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Spanien durch Ihre Majestät die Königin Regentin verliehene Commandeur- kreuz des Oidens Isabella der Katholischen annehme und trage. NekcrnnLrnachung. Im Auftrage der unterzeichneten Ministerien wird auch in diesem Jahre in der Königlichen Forstakademie zu Tharandt ein Lehrkursus über Fischzucht, und zwar speziell über Teichwirthschaft, durch den Pro fessor Or. Nitsche abgehalten werden. Dieser Kursus beginnt Donnerstag, de» 1^. November Nachmittags 5 Uhr und schließt Sonnabend, de« 2V. November im Laufe des Nachmittags. Mit demselben wird eine Vorführung der für die Teichwirthschaft wichtigen aus Nordamerika ein- geführtcn Forellen, Barsche und Welse in lebendem Zustande sowie bei günstigem Wetter der Besuch einer größeren trocken liegenden Teichanloge ver bunden sein. Der Kursus ist Jedermann unentgeltlich gegen einfache Einzeichnung seines Nomens in die an Ort und Stelle auslicgende Liste zugänglich. Dresden, am 18. Oktober 1897. Tie Ministerien des Innern nnd der Finanzen. v. Metzsch. v. Watzdorf. Königlich Sächsische Staatseisenöasinen. Zum Tarife für die Beförderung von Gütern u.s. w. auf der schmalspurigen Eisenbahn Cranzahl-Ober- wiejenthal tritt am 1. November dieses Jahres der Nachtrag I in Kraft. Er enthält Bestimmungen und Frachtsätze für die dem allgemeinen Stückgut- ver kehre dienende neue Verkehrsstelle Niederschlag. Lunst und Wissenschaft. Neue Romane. (Fortsetzung.) Wenn eine gewisse Feinheit der Ausführung und ein fesselndes seelisches Problem hinreichten, einem Buche den bleibenden Wert zu sichern, so würde der Roman „Eine reine Seele" von Ida Boy-Ed (Dresden und Leipzig, Verlag von Karl Reißner >897) in der ersten Reihe der neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der erzählenden Litteratur stehen müssen. Der Roman ist mit sichtlicher innerer Beteiligung der Verfasserin an dem dargestellten Konflikt angelegt und mit lebendiger und lebenswarmer Einzelausführung bis zum Schlüsse aus der gleichen Höhe erhalten Es sind keine Schicksale und Gestalten von dämonischer Kraft und leidenschaftlichem Drange, die in ihm vorgeführt werden, aber es sind Schicksale, die aus den Tiefen eigener, gut angelegter, aber menschlich irrender 'Naturen entsteigen, und es sind Menschen, an deren Leid und Glück wir lebhaften Anteil zu nehmen vermögen Die Verfasserin strebt entschieden nach poetischer Ver innerlichung und Vertiefung und erreicht diese, soweit sie innerhalb ihres Stoffes zu erreichen ist. Denn im Grunde ist der interessante und breit durchgeführte Roman doch nur eine Novelle, die freilich das Bedenkliche hätte, daß »wischen der Schürzung und Lösung des Knoten» viele Monate, ja gar Jahre verstreichen Die reine Seele ist die Helsin Isabella, die Tochter eines weitgefeierten holsteinischen Geistlichen Sie verlobt sich in voller reiner Leidenschaft dem Manne ihres Herzens, der auch das Ideal ihrer Phantasie ist, einem jungen Offizier Erhard v Weltzien, der des Königs Rock auszieht und Land wirt wird Noch vor der Heirat erfährt sie, daß Erhard den Dienst um eines tiefen Konflikt» in der eigenen Seele willen verlaffen hat Hr. v. Weltzien hat eine Jugend- Abzüge können durch die sächsischen Güterver Wallungen bezogen werden. Dresden, am 25. Oktober 1897. Königl. Generaldirektion der Sächsischen Staatscisenbahnen. Hoffmau». Srneunungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums des Inner» Angestcllt, beziehentlich befördert wurden: Friedrich Bern hard Krille, Bauoberausseher lei der Baudirekt on für die Landesanstallcn, als Brusekrctär daselbst; die Hilssexpedientcn William Felix Martin an der Landesanstalt Untergöltzsch, Johannes Wilhelm Stein an der Landesaustalt Hohnstein, Kurt Adolf Römhild an der Landesblindenanstalt und Max Alfred Bernhaid Spindler an der Landesanstall HubcrtuS- burg als Expedienten an der betreff nden Landesanstalt. — Ferner wurden angc stellt: die Hilssaufseherinncn Minna Dorothea Neitzke und Marie Margarethe Kunze an der Landcsanstalt Waldheim als Aufseherinnen daselbst. — Ver setzt wurde der Expedient an der Landesanstalt Waldheim Karl Otto Eichler in gleicher Eigenschast zur zweiten Rech- nungsexpebition des Ministeriums des Innern. Nichtamtlicher Teil. Von der inneren Politik. Unseren berufsmäßigen Volksverhetzern ist schweres Unheil widerfahren. Sie müssen heute mit der Mög lichkeit rechnen, daß ihnen eine ihrer schönsten Waffen im Kampfe gegen die Reichsregierung und gcgen die staatliche Ordnung überhaupt aus den Händen ge wunden werden wird. Wie der offiziöse Telegraph meldet, haben Se Majestät der Kaiser gestern dem Fürsten Hohenlohe einen längeren Besuch abgestattet und als Ergebnis dieses Besuches ist cs offenbar anzusehen, wenn writer verkündet wird, daß die Vorlegung des Entwurfs einer Militär strafprozeßordnung an den Reichstag ge sichert sei. Der Demokratie und ihrer mit den ver werflichsten Mitteln der Veihetzung arbeitenden Presse verbleibt nun nur noch eine einzige Hoffnung, daß nämlich die Vorlage „nicht demWillen des deutschen Volkes entchrech n werde". Es ist zu hoffen, daß auch dieserStroh- Halm der Demokratie entrissen werden wird. Tenn wenn auch „das deutsche Voll" in Wahrheit der Reform der Militärstrafprozeßordnung sehr kühl gegenüb.rsteht — es ist ihm doch von freisinniger und sozia listischer Stile so viel über das gewaltige Interesse, dos es an der Sache habe, vorgeredet worden, daß es schließlich selbst daran geglaubt haben mag. Darum würden eS alle wahren Vaterlandsfreunde nur mit größter Freude begrüßen, wenn diese Angelegenheit eine Lösung erführe, die ihre fernere Verwertung zu Gunsten der Demokratie ausschlösse. — Das Ergebnis der badischen Landtags- Wahlen liegt nunmehr endgiltig vor. In der zwei eu Kammer werden in Zukunft sitzen: 27 Nationalliberale, 21 Zentrumslente, 5 Sozialdemokraten, 5 Demokraten, 2 Konservative, 2 Antisemiten und ein ganzer Frei sinniger. Daß die nationalliberale Mehrheit gestrengt ist, dabei bleibt es. Über die Gründe dieses Wahlaus falles nachzusorschcn ist in erster Linie die Aufgabe der btteiligtcnNatioralliberalen selbst. Vielleicht und hoffent lich kommen sie dabei zn d m für jeden anderen Sterblichen wenigstens sonnenklar zu Tage liegenden Ergebnisse, daß es die denkbar größte Tborheit wäre, d.e die nationalliberale Partei begehen könnte, wenn sie etwa dem Drucke eines Blattes, wie der „National zeitung", nachgeben und ihr n Anschluß nach links suchen wollte. Dort hant ihrer nichts als Hohn und Spott. Ihr ganzes Sein würde die nationalliberale Partei verleugnen, wenn sie jemals versuchen wollte, mit denselben MittOn einen Wahlkampf auszufechen, wie die demokiatischen Parteien. Erfolge können dem Nationalliberalismus nur noch erblühen, wenn er den Anschluß an die konservative Partei findet. Wenn nur erst ler ernst liche Wille aller wahrhaft slaatserha.tenden Parteien zum festen Aneinanderfchließen vorhanden wäre und öffentlich in die Erscheinung träte, dann würde man schon sehen, wie groß und unbezwinglich die Schar der Anhänger der Ordnung noch ist. Wie es gemacht werden muß, das Zusammenschlüßen und Sichunter- ordncn zum Wohle des Ganzen nnd dann das Besiegen der Gegner, das haben wir Sachsen ja gezeigt. Wer es uns nachmacht, wird ebenso gut fahren, wie wir. — Die erste große Wahlschlacht wollen die Nationalsozialen der Herren Naumann und Göhre in Oldenburg Plön auskämpfen, wo Ende November eine Ersatzwahl zum Reich» tage stattfindet. Wenn mail den Worten ihres Zettungsorganes Glauben schenken sollte, dann müßten es geradezu Hundert tausende sein, die hinter den i.ationalsozialen Führern ständen. In Wahrheit wird sich das Bild wesent lich anders gestalten, daran zweifeln wir nicht. So verworren ist unser Volk doch roch nicht, daß ein nur Halbwegs beträchtlicher Teil von ihm für die Herren Naumann und Genossen zu haben wäre. Wir sind alles andere eher, denn Fieunde des Hrn. Eugen Richter, aber wir müssen ihm doch Recht geben, wenn er heute den Nationalsozialen Fotzendes ins Stamm buch schreibt: Was wollen die Nationaljozialen? Sie sind organi siert in einem Bei ein, dessen erste Vorsitzende Pfarrer Naumann und Pfarrer Göhre sind Ihr Programm, die aus dem Partei tag in Erfurt im November 1896 fest gestellten „Grundlinien", sind ein sonderbares Gemisch aus konservativen, liberalen und sozialdemokratischen Programmen. Bon den Konservativen haben die Nationalsozialen übernommen die Begeisterung für Heeiesvermehrung und Flottenverstärkung und eine ausgedehnte Kolonialpoliiik Ans dem liberalen Programm ist entnommen die Forderung der Unantastbarkeit deS allgemeinen Wahliechts zum Reichstag und die Ausdehnung desselben auf Landtag nnd Kommunaivertretungen, daneben die Verwirk lichung der BereinSsr-iheit und „die ungeschmälerte Erhaltung der staattbürgerlichen Rechte aller Staatsbürger." Mit der Sozial demokrat e berühren sich die Nationalsozialen in der Forderung einer „Vergrößerung des Anteil--, den die Aibcit an dem Ge samterträge der deutschen Volkswirtschaft bat". Nähere Aus kunft dazu geben die.Grundlinien" nicht Ma» beschränkt sich aus die Bemerkung, man erwarte diese Vergrößerung des An- ierlS „nicht von den Utcpien und Dogmen ermS revolutionären Marxistischen Kommunismus, sondern von fortgesetzter poli- tischcr, gewerkfchasilicher und genossenschaftlicher Arbeit aus Grund der vorhandenen Verhältnisse, „deren geschichtliche Um gestaltung wir zu Gunsten der Arbeit beeinflussen wollen." Klarheit und B>stimmtheit ist den Nationalsozialen nicht eigen artig. — Der Streit unter den Sozialdemokraten über die Bedeutung dessen, was sie in Hamburg hinsicht lich der Beteiligung an den Landtagswahlen be schlossen haben, dauert nngeschwächt soi t. Die ganze tage- large Rederei ist vollständig v rgcblich gewesen. So Hst jetzt wieder eine Parteiversammluvg in Bicl»fe!d be schlossen, bei der Provinzialkonfcrcnz in Rehme zu beantragen, „daß die Parteigenossen des östlichen West falens sich an den nächsten Wahlen zum preußischen Landtag gemäß dem Beschlusse des Hamburger Partei tages überall zu beteiligen haben, und zwar da, wo es möglich ist, durch Ausstellung eigener sozialdemo kratischer Wahlmänner, wo aber nicht, durch Unter stützung der Wahlmänner derjenigen links stehenden bürgerlichen Partei, deren Kandidat sich auf die in 4 a der ursprünglichen BebUichen Resolution mthaltencn Mindestforderungen verpflichtet. Dieser Be schluß behält Giltigkeit bis zum nächsten Parteitag der deutschen Sozialdemokratie." Dagegen beschloß in dun benachbarten Herford eine Parteivusammlung, „nach den Beschlüssen des (Hamburger) Parteitages zu leidenschast für die Gräfin Kitty Vastorf gehegt, ihr sein Ehrenwort gegeben sie zu heiraten und hinter drein erfahren, daß sie nicht die reine Frau ist, für die er sie genommen. „Niemand wußte von diesem Wort, weder daß es gegeben, noch daß es gebrochen war, und jene Frau mußte wohl schweigen. Aber," sagt Hr. v Weltzien, „ich konnte keinen Unterschied finden zwischen der verborgenen That und einer, die zufällig an den Tag kommt." Er hat auf den Degen verzichtet, aber er fühlt sich nicht als Schuldiger, weil er im Fieber der Leiden schaft irrte und sich für zu wertvoll hielt an einem Irr tum zu Grunde zu gehen. Aber Isabella, die kein Gebot höher hält als „eure Rede sei ja, ja und nein, nein!", die vom Leben nichts weiß und in deren Seele eine ge fährliche kühle, weil ungeprüfte Selbstgcrechtigkcit ist, wird durch diese Erkenntnis fast zerschmettert Erhard begreift, „daß eine so junge, so keusche und vor lauter Unerfahrenheit so strenge Menschenseele gleichsam auf einem anderen Stern wohne als der Mann, der durch das Leben mit seinem Kampf gegangen war" Und indem ihn Ehrfurcht vor der unberührten Reinheit ergriff, fühlte er wie noch nie, daß er Isabella liebe Aber er verhehlte sich nicht, daß er noch durch sic leiden werde, wie sie durch ihn." Er ahnt gleichwohl nicht, wie tief dies Leiden nach der Hochzeit thatsächlich wird In Isabellas Augen hat der Mann, den sie liebt, eine schwere Sünde begangen, sie heiratet Erhard nur, um ihr gegebenes Wort nicht zu brechen, und weil sie hofft, daß Erhard sie voll Reue und Demut bitten soll, das Vergangene gut zn machen, und daß sie ihm dann nach vielen Thränen und Gebeten verzeihen dürfe. Da umgekehrt Erhard des Glaubens lebt, daß sein Vergehen entschuldbar, daß es schon ausgeglichen sei, leben die Gatten nicht miteinander, sondern gehen, jedes mit einem schweren Druck auf der Seele, nebeneinander her. Nur unter schweren Erschütterungen kommt Isabella allmählich zur Selbsterkenntnis; noch als die Welt in ihre Stille hereindringt, und Gräfin Kitty Vastorf, von ihrer unüberwundenen Liebe für Weltzien ge trieben, selbst kommt, um zu sehen, ob dieser auch glücklich sei, sehnt Isabella nur „die schöne Ein samkeit zurück, in welcher sie still abgewartet, daß Erhard zum Bewußtsein seines Unwertes kommen und demütig von neuem um ihre reine Liebe werben würde." Statt dessen kommt die Stunde, in der sie ihr eignes, schweres Unrecht, den geistigen Hochmut, der sie beseelt und der Erhard unglücklich gemacht, begreifen, in Reuethränen beklagen muß ihm Herzlichkeit, Liebesglück, Sonnenschein, Anerkennung seines männlichen Charakters versagt zu haben Sie fühlt, daß es ihre Pflicht sei, ihn unter Verzicht auf eigne» Glück frei zu geben, wenn er in diesen harten Prüfungen die Liebe zu ihr verloren hat Zu ihrem Glück ist das nicht der Fall, die beiden Ge retteten finden sich wieder und werden nun erst ihrer Zu sammengehörigkeit froh Man sieht, daß wenn alles tiefer, schlagender, knapper dargcstcllt, nicht jede kleinste Regung und jede Aeußerlichkeit, die Stimmung weckt oder Stimmung tötet, peinlich genau ausgesührt wäre, der Vorgang wie feine innere Lösung in einer guten Novelle Naum hätten Doch soll es der feinsinnigen Schriftstellerin nicht zum Vorwurf gereichen, daß sie einem allgemeinen Zuge der Zeit folgend die Episode zum Epos ausgedehnt Hot, sie hat in der frischen Charakteristik einer ganzen Reihe von Gestalten, unter denen Onkel Rümker, die PsarrerSfamilie Harmuth besonders ausgezeichnet sind unv in der glück lichen Wiedergabe von Scenen des häuslichen und geselligen Lebens dafür gesorgt, daß der Roman zwar breit, aber nirgends leer und langweilig wird Iva Boy Ed gehört offenbar zu den weiblichen Talenten, die für gewiße Forderungen und Bestrebungen der jüngsten Erzähler schule viel leichter das rechte Maß gefunden haben, als die Männer Viel weniger als diesem echten Frauenroman, können wir der neuesten Arbeit eines so namhaften Erzählers wie Hermann Heiberg Lebenswahrheit und künstlerische» handeln, daß speziell bei den LandtagSw ihlen die sozialdemokratische Partei nur selbständig vorzugehen habe." Die „Freie Presse" in Elberfeld schreibt gegen Auer, und die „Vollswacht" in Breslau erk ält, daß Auers Anschauung ganz ihrer früher ge äußerten Ansicht entspreche, soweit sic sich auf die Unhallbarkcit der von Auer angegriffenen Auslegung des Beschlusses beziehe. Dann sagt die „Volls wacht": „Darin aber können wir leiker nicht einig gehen mit dem Genossen Auer, daß der Parteitag jenen Unsinn — es giebt kein milderes Wort dafür — gar nicht beschlossen und jene vom „Vorwärts" verteidigte unsinnige Auslegung gar nicht vorgenommen habe. Mag die große Mehrheit der Delegierten auch jetzt begreifen, daß ein arger Fehler gemacht worden ist — auch das ausfällige Schweigen c nes großen Teiles der Parleipresse ist wohl dahin zu deuten — so ist, doch der Fehler gemacht und thatsächlich besteht der Beschluß bez. die ihm vom Parleitag selbst zu teil gewordene Interpretation vollkommen zu Recht; er hat, wie der „Vviwärts" zutreffend erklärt, bindende Krafc für die Partei!" — Wenn im Zukunfttstaate cwmal keine größere Klärung der Geister emtreten wird, als sie seinen jetzigen Verfechtern beschicken ist, dann könnten die sozialistischen Herren nur sehr froh darüber siin, daß sich ihre Hoffnungen ruf den Umsturz des Bestehenden nicht verwirklichen werden! Tas Wiener Abgeordnetenhaus hat gestern abend eine feiner denkwürdigsten Sitzungen beendet, in der eS den Obstruktionsparteien gelungen ist, 27 Stunden lang den Kampf gegen die Majorität auf der Rechten lrsolgreich fortzusitzen und diese endlich zum Rückzüge zu zwingen. Den Hauptanteil an diesem „Siege" hat zweifellos der Äbg. Lecher, der, wie schon gemeldet, in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag eine zwölfstündige Rebe hielt. All gemein wird gerühmt, daß diese Rede nicht bloß der Dauer nach die größte parlamentarische Leistung sei (Parnells achtzehnstündige Rede wurde durch eine Tagespause unterbrochen), sondern auch inhaltlich von großer geistiger Krafc gewesen sri und die beste rednerische Forni aufgewiesen habe. Lecher sprach über olle Teile des Ausgleichs, insbesondere die wirt schaftlichen, mit schneidiger Kritik, außerordentlicher Sachkenntnis und Gelehrsamkeit, frisch bis zuletzt. Im Laufe des gestrigen Tages fuhr die Linke fort, mit todesmutiger Entschlossenheit sich gegen die Er ledigung der ersten Lesung des Ausgleichsprovisoriums zu wehrcn, bis sie denn auch abends H8 Uhr die Aufhebung der Sitzung durchsetzte Im Anschluß an unsere gestrigen Berichte ist über den weiteren Verlauf der Sitzung noch zu melden: Der Abg. Lecher mir bis zur letzten Minute außerordent lich srijch, ging aber nach Hause, uni zu ruhen Seine Partei genossen übersandten ihm einen Lorbcerkranz in seine Wohn ung Nun begann der Kamps der Linken gegen die Fortsetzung der Sitzung. Sie verlangte Pause, dann Sitzungsschluß, dann eine Aufforderung an die Minister, im Saale anwesend zu sein. Hierüber wurden insgesamt nament liche Abstimmung-n beantragt Abg. Psersche (deutschsortjchr.) sagte: Mit Rücksicht auf den schmutz, Dunst und Siaub im Saale und da die Abgeordneten sich nicht nichr in cinem ge- seUschastlich präsentablen Zustande befinden, beantrage er, die Sitzung geheim zu erklären und die Abstimmung in ge heimer Sitzung vorzunehmen Da die Anträge genügend unterstützt wurden, wurden die Zuhöier enlsernt. In der geheimen Sitzung, die den Stenographen und Dienern die Möglichkeit des AuSruhens bot, da außer Ab geordneten und Regicrungsvcrtretern niemand einer geheimen Sitzung beiwohnen darf, fanden fortgesetzt namentliche Ab stimmungen und sormelle Antiäge und Fragen wegen des Schungsschlusses statt. Die Sozialisten Beine: und Daezynski griffen daS Präsidium heftig an, worauf ihnen unter un geheuren Tumulten links das Wort entzogen wurde. Nach Beendigung der namentlichen Abstimmungen erfolgte gegen Verdienst nachrühmen Natürlich enthalt der Roman „Leiden einer Frau" (Breslau, S. Schottländer) einzelne gute und scharfe Beobachtungen Ersetzt frisch und kräftig ein, aber verliert sich bald in ein förmliches Gestrüpp von Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten. Der eigentliche Schuldige in der tragischen Geschichte, durch den die unglückliche Heldin Dorita Busch nach den furchtbarsten Mißhand lungen und schwersten Enttäuschungen wegen „Verfolgungs wahn" ins Irrenhaus gesperrt wird, wo sie den Tod sucht, ist in erster Linie der Gatte Doritas, der Guts besitzer Hermann Zarpen v. Westerthal, der die Frau, die er aus Liebe geheiratet hat, weder gegen die Brutalität seiner Mutter und Schwestern, noch gegen die Verlockungen seines gewissenlosen Bruders Leo zu schützen weiß Die Gestalten des oben bezeichneten weiblichen Quartetts, der Mutter und der drei Schwestern Zarpen, mögen jede einzeln keine Karikaturen sein, aber sie werden es in dieser Zusammenschiebung Die grellen Über treibungen, deren sich der Verfasser bedient, um derb realistisch zu sein und zu wirken, erscheinen stellenweis geradezu un erlaubt. Die allgemeine Parteinahme der Welt und ihrer äußern Einrichtungen gegen eine von der Gemeinheit de» Alltags zertretene Frauennatur braucht nicht entfernt be schönigt zu werden, aber so hilflos, preisgcgeben, un beraten und jedes gesetzlichen Schutzes beraubt ist niemand, wie eS im „Leiden einer Frau" dargestellt wird. Dorita selbst, die lernen will: „Waffen gebrauchen, um die Mörder einer Frauenehre, um diese infame Brut, diese nichts würdigen Burschen, diese elenden Weiber da zu betten, wo mein lechzendes Ich sie alle versammeln möchte" ist es schließlich, die durch die an den Wahnsinn streifende Scene in der Kirche von Westerthal ihren erbarmungslosen Feindinnen die Waffen in die Hand giebt Auch die schließliche Vergebung, die die in den Tod Gehetzte für die Familie Zarpen ausspricht, beruht auf schlechter psychischer Grundlage, nach allem waS vorgcgangrn, ist e» wahrhaftig wenig glaublich, daß die reine Treue des alten
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